Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Aktenzeichen 21 A 4359/96.A) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. Juli 1999 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Die Beschwerde führt nicht zum Erfolg, denn die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe werden teils nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt, teils liegen sie nicht vor.
Die Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), im Zusammenhang mit der Frage, ob die Verschärfung der Strafbestimmungen der Republik Sri Lanka für Verstöße gegen Ein- und Ausreisebestimmungen oder das Paßgesetz nur auf Tamilen angewandt werden und dies politische Verfolgung darstellt (I. der Beschwerdebegründung), ist nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt. Das gilt für den behaupteten Verstoß gegen § 86 Abs. 2 und 3 VwGO (Beschwerdebegründung S. 4) bereits deshalb, weil weder dargetan noch sonst ersichtlich ist, daß der anwaltlich vertretene Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht einen nach § 86 Abs. 2 VwGO zu bescheidenden Beweisantrag gestellt hätte oder der Vorsitzende des Berufungsgerichts seiner Pflicht aus § 86 Abs. 3 VwGO nicht nachgekommen wäre. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang gleichwohl eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) geltend macht, zeigt sie nicht auf, daß sich dem Berufungsgericht trotz der bereits vorliegenden Erkenntnismittel und ohne Beweisantrag eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen. Mit der Rüge, das Berufungsgericht habe sich „in Widersprüche verstrickt” (Beschwerdebegründung S. 2 f.), weil es das Gutachten des Sachverständigen Dr. Wingler vom 1. April 1999 als Beleg für eine nur die Tamilen betreffende Strafpraxis für unergiebig gehalten habe, wendet sich die Beschwerde in Wahrheit gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts, die revisionsrechtlich grundsätzlich dem materiellen Recht und nicht dem Verfahrensrecht zuzuordnen ist. Mit Angriffen gegen die Beweiswürdigung kann daher in der Regel – und so auch hier – eine Verfahrensrüge nicht begründet werden.
Die von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO),
„ob es politische Verfolgung gemäß Art. 16 a Abs. 1 GG bzw. § 51 Abs. 1 AuslG darstellt, wenn Personen allein aufgrund von Merkmalen, die sie mit einer Vielzahl anderer derartiger Personen teilen – wie etwa der Volkszugehörigkeit und/oder der regionalen Herkunft – unter dem pauschalen Verdacht der Unterstützung separatistischer Bestrebungen festgenommen und überprüft werden, auch wenn diese Maßnahmen nur kurze Zeit (bis zu etwa 2 bis 3 Tagen) andauern” (II. der Beschwerdebegründung),
rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, daß staatliche Maßnahmen nicht bereits deshalb eine politische Verfolgung darstellen, weil sie an ein asylerhebliches Merkmal wie die Volkszugehörigkeit anknüpfen, sondern eine bestimmte Intensitätsschwelle überschreiten müssen (BVerfGE 80, 315 ≪335≫; BVerwGE 80, 321 ≪323 f.≫; 87, 141 ≪146≫; 89, 162 ≪166≫; vgl. ferner die bereits in Verfahren derselben Prozeßbevollmächtigten ergangenen Beschlüsse vom 5. August 1998 – BVerwG 9 B 706.98 – und vom 14. April 1999 – BVerwG 9 B 944.98 –). Neue oder weiterführende Fragen von allgemeiner Bedeutung wirft die Beschwerde nicht auf. Das Berufungsgericht hat hierzu in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, daß mit Rücksicht auf den in Sri Lanka herrschenden Bürgerkrieg Inhaftierungen von nicht mehr als zwei Tagen ohne zusätzliche Rechtsgutverletzung eine die Ausgrenzung aus der staatlichen Friedensordnung bewirkende Intensität nicht aufweisen (UA S. 18 ff., 19). Die Auffassung der Beschwerde, Maßnahmen der Terrorismusbekämpfung rechtfertigten „Grundsätzlich nie” Eingriffe unter Anknüpfung an einen pauschalen Verdacht, läuft auf die – mit der zitierten Rechtsprechung unvereinbarte – Annahme hinaus, politische Verfolgung könne allein wegen der Anknüpfung an ein Verfolgungsmerkmal und ohne Berücksichtigung der Intensität der Rechtsgutverletzung zu bejahen sein. Auch insoweit besteht kein Klärungsbedarf.
Auch im Hinblick auf die – im Rahmen einer Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) aufgeworfene – Frage,
„ob Maßnahmen des Staates, die grundsätzlich asylbegründend sind – wie etwa eine längerfristige Inhaftierung wegen des pauschalen Verdachtes der Unterstützung separatistischer Bestrebungen allein wegen der Zugehörigkeit zu einer größeren Personenmehrheit, hier einer ethnischen Gemeinschaft – dadurch gerechtfertigt werden können, daß der betreffende Staat diese Maßnahmen deshalb trifft, weil er damit terroristischen Gefahren widerstreben will” (III. 1. der Beschwerdebegründung),
kann die Beschwerde keinen Erfolg haben. Sie hat eine Abweichung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. November 1990 – BVerwG 9 C 74.90 – (BVerwGE 87, 152) nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt. Entgegen der Auffassung der Beschwerde (Beschwerde-begründung S. 10) hat der Senat in dieser Entscheidung nicht den Rechtssatz aufgestellt, „daß Maßnahmen der Terrorismusbekämpfung grundsätzlich nie Maßnahmen rechtfertigen, die an sich politische Verfolgung darstellen”, demzufolge auch nicht kurzzeitige Inhaftierungen, wenn gegen die betreffende Person kein konkreter Verdacht aktiv separatistischer Bestrebungen vorliegt. Er hat dort vielmehr entschieden, daß Maßnahmen der Terrorismusabwehr nach objektiven Anhaltspunkten zu beurteilen sind und in keinem Fall den Einsatz brutaler Gewalt gegenüber Personen rechtfertigen, bei denen über allgemeine Merkmale hinaus keine objektivierbaren Verdachtsmomente bestehen. Zu dieser Rechtsprechung setzt sich das angegriffene Urteil außerdem nicht in Widerspruch, wenn es davon ausgeht, daß auch längere Inhaftierungen von mehr als zwei Tagen objektiv auf die Prävention terroristischer Anschläge gerichtet sein können, sofern sie „Personen ungeklärter Identität oder mit fehlendem plausiblen Grund für ihren Aufenthalt im Großraum Colombo” treffen (UA S. 23). Zu – grundsätzlich asylerheblichen – längeren Inhaftierungen, die nicht nur der Feststellung der Identität und des Aufenthalts dienen, kommt es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit im übrigen nur dann, wenn Verdachtsmomente für eine Verbindung zu der terroristischen LTTE vorliegen, während Folter in der Haft oder Inhaftierungen ohne erkennbaren Grund jedenfalls nicht mit der für eine Gruppenverfolgung erforderlichen Verfolgungsdichte vorkommen (UA S. 23 ff.; vgl. ferner die ebenfalls in Verfahren der Prozeßbevollmächtigten des Klägers ergangenen Beschlüsse vom 17. Dezember 1997 – BVerwG 9 B 540.97 –, vom 10. Februar 1998 – BVerwG 9 B 136.98 –, vom 11. Juni 1998 – BVerwG 9 B 500.98 –, vom 14. April 1999 – BVerwG 9 B 944.98 – und vom 14. Juli 1999 – BVerwG 9 B 16.99 –).
Auch die in diesem Zusammenhang geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Frage,
„ob nicht nur kurzfristige Inhaftierungen – auch ohne damit verbundene Mißhandlungen –, die allein deshalb erfolgen, weil die betreffende Person zu einer größeren, nach asylerheblichen Merkmalen abgrenzbaren Personenmehrheit gehört (hier einer ethnischen Gemeinschaft), aus der heraus sich auch Personen rekrutieren, die separatistische Ziele mit gewaltsamen Mitteln verfolgen wollen, grundsätzlich politische Verfolgung darstellt oder unter dem Gesichtspunkt der Terrorismusbekämpfung auch dann gerechtfertigt und damit asylirrelevant sein kann, wenn über die Zugehörigkeit zu dieser Personenmehrheit hinaus keine individualisierbaren Verdachtsmomente vorliegen, daß die betreffende Person separatistische Ziele tatsächlich verfolgt” (III. 2. der Beschwerdebegründung),
ist nicht hinreichend dargetan (§ 132 Abs. 2 Nr. 1, § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich nicht, inwiefern sich diese Frage in einem Revisionsverfahren stellen würde. Denn das Berufungsgericht hat zum einen festgestellt, daß Anknüpfungspunkt auch für längere Inhaftierungen nicht „eine pauschale und undifferenzierte Gleichsetzung der tamilischen Volkszugehörigkeit mit der Bereitschaft zu terroristischen Aktivitäten” sei, sondern das Vorliegen von Umständen, die den Verdacht der Unterstützung der LTTE begründeten (UA S. 22). Zum andern hat es, wie bereits erwähnt, die nötige Verfolgungsdichte in bezug auf längere Inhaftierungen verneint (UA S. 19).
Schließlich genügt auch die zu § 53 Abs. 6 AuslG erhobene Verfahrensrüge, die die Gefahr einer Verelendung zurückkehrender Tamilen im Großraum Colombo betrifft (IV. der Beschwerdebegründung, S. 12 f.), nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Der Beschwerdebegründung läßt sich nicht entnehmen, daß ein Beweisantrag gestellt worden wäre und weshalb sich dem Berufungsgericht aus seiner Sicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen. Ebensowenig führen die von der Beschwerde behaupteten Begründungsmängel auf einen Verstoß gegen Verfahrensrecht. Auch hier wendet sich die Beschwerde der Sache nach gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Berufungsgerichts. Darauf kann aber eine Verfahrensrüge nicht gestützt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Unterschriften
Hund, Richter, Beck
Fundstellen