Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 02.08.2011; Aktenzeichen 17 A 2324/09) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 2. August 2011 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 6 150,42 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Rz. 2
1. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die bislang höchstrichterlich nicht oder nicht hinlänglich geklärt ist und die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 17. August 2009 – BVerwG 6 B 9.09 – Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 166 = NVwZ 2009, 1569 und vom 9. September 2011 – BVerwG 8 B 15.11 – ZOV 2011, 226). Daran fehlt es hier.
Rz. 3
Der 1951 geborene Kläger, der im vorliegenden Rechtsstreit die Feststellung begehrt, dass er gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung eines Kinderzuschusses bei Bezugsbeginn seiner Altersrente nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 bis 3 der Satzung der Nordrheinischen Ärzteversorgung (SNÄV) in der bis zum 31. März 2008 gültigen Fassung hat, hält die Rechtssache mit Blick auf die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam,
ob eine Normänderung rechtmäßig ist, “durch die Zusatzleistungen zur Altersrente in deren zweistelligen Prozentbereich ersatzlos und ohne Übergangsregelung für zukünftige Altersrentenbezieher entfallen, wenn diese Leistungen aufgrund der bisherigen Regelung ein halbes Jahrhundert lang gewährt wurden und Rentenanwartschaftsberechtigte im Vertrauen auf den Fortbestand dieser Regelung ihre Finanzplanung im Alter aufgebaut haben”.
Rz. 4
Die Klärung dieser Frage bedarf keines Revisionsverfahrens. Sie lässt sich anhand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts beantworten.
Rz. 5
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts greift die mit Wirkung vom 1. April 2008 in Kraft getretene Änderung des § 16 Abs. 1 Satz 2 SNÄV, nach der nunmehr der Kinderzuschuss nur noch gewährt wird, wenn die Geburt des Kindes und der Beginn des Bezugs der Altersrente vor dem 1. April 2008 liegen, in die Anwartschaft des Klägers auf Gewährung einer Altersrente mit Kinderzuschuss ein. Entgegen der bis zum 31. März 2008 begründeten Erwartung des Klägers wird ihm danach bei Erreichen der Altersgrenze (voraussichtlich: Dezember 2016) zusätzlich zu seiner Altersrente ein Kinderzuschuss für seine in den Jahren 1991, 1994 und 1996 geborenen und dann voraussichtlich noch in der Schul- oder Berufsausbildung befindlichen Kinder nicht mehr gewährt werden, wodurch der Wert seines Anspruchs gegen die Beklagte auf Altersrente entsprechend gemindert ist.
Rz. 6
In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass in berufsständischen Versorgungswerken erworbene Anwartschaften auf Leistungen dem Schutz des Art. 14 GG unterfallen (stRspr, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 31. August 2004 – 1 BvR 1776/97 – BVerfGK 4, 46 ≪Rn. 9≫; BVerwG, Beschluss vom 16. April 2010 – BVerwG 8 B 118.09 – USK 2010, 145 ≪Rn. 6≫). Gegenstand des grundrechtlichen Schutzes ist in der Rentenversicherung die Anwartschaft, wie sie sich ins gesamt aus der jeweiligen Gesetzeslage ergibt. Da Rentenanwartschaften auf verschiedenen Elementen beruhen, die erst in ihrem funktionalen Zusammenwirken zu einem Gesamtergebnis führen, können die Einzelelemente nicht losgelöst voneinander behandelt werden, als seien sie selbstständige Ansprüche. Im Hinblick auf Art. 14 GG ist deshalb die rentenversicherungsrechtliche Position insgesamt Schutzobjekt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 1. Juli 1981 – 1 BvR 874/77 u.a. – BVerfGE 58, 81 ≪109≫, vom 27. Februar 2007 – 1 BvL 10/00 – BVerfGE 117, 272 ≪293≫ und vom 11. Januar 2011 – 1 BvR 3588/08 u.a. – BVerfGE 128, 138 ≪147≫). Bei einem Versorgungswerk, dessen Finanzierungssystem – wie dasjenige der Beklagten – auf einem offenen Deckungsplanverfahren beruht, ist der Grundrechtsschutz grundsätzlich nicht geringer als im umlagefinanzierten gesetzlichen Rentensystem (BVerwG, Urteil vom 21. September 2005 – BVerwG 6 C 3.05 – Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 350; Beschluss vom 16. April 2010 a.a.O. Rn. 8). Es ist nicht ersichtlich, dass insoweit für Anwartschaften auf Altersrenten mit Kinderzuschuss aus berufsständischen Versorgungswerken ein weiterer rechtsgrundsätzlicher Klärungsbedarf besteht. Jedenfalls bei Eingriffen in die Altersrente, die durch den Wegfall von Zusatzleistungen wie dem Kinderzuschuss verursacht werden, bestehen keine weitergehenden Anforderungen als für Eingriffe, die die Altersrente selbst, also das Stammrecht, betreffen. Anderenfalls würde der funktionale Zusammenhang aufgelöst und eine isolierte Betrachtung erfolgen.
Rz. 7
In der Rechtsprechung geklärt ist auch, dass der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz des Art. 14 GG für Rentenanwartschaften deren Umgestaltung durch eine Änderung des Rentenversicherungsrechts nicht ausschließt. Die konkrete Reichweite des Eigentumsschutzes ergibt sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG durch den Normgeber (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Februar 2007 a.a.O.). Die Eigentumsgarantie lässt insbesondere eine Anpassung an veränderte Bedingungen und im Zuge einer solchen Umgestaltung auch eine wertmäßige Verminderung von Anwartschaften grundsätzlich zu (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. April 1999 – 1 BvL 32/95 u.a. – BVerfGE 100, 1 ≪37 f.≫ und Beschluss vom 27. Februar 2007 a.a.O. S. 293 f.; BVerwG, Beschluss vom 16. April 2010 a.a.O. Rn. 6 ff.). Soweit in schon bestehende Anwartschaften eingegriffen wird, ist zu berücksichtigen, dass in ihnen von vornherein die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt ist. Solche Eingriffe müssen allerdings einem Gemeinwohlzweck dienen und verhältnismäßig sein (stRspr, BVerfG, Urteile vom 28. Februar 1980 – 1 BvL 17/77 u.a. – BVerfGE 53, 257 ≪293≫, vom 28. April 1999 a.a.O. S. 38 und Beschluss vom 4. Juni 1985 – 1 BvL 12/83 – BVerfGE 70, 101 ≪111≫; BVerwG, Beschluss vom 16. April 2010 a.a.O. Rn. 6). Knüpft der Gesetzgeber an ein bereits bestehendes Versicherungsverhältnis an und verändert er die in dessen Rahmen begründete Anwartschaft zum Nachteil des Versicherten, so ist darüber hinaus ein solcher Eingriff am rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes in der für Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG maßgeblichen Ausprägung zu messen (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 15. Januar 1974 – 1 BvL 5/70 u.a. – BVerfGE 36, 281 ≪293≫, vom 1. Juli 1981 a.a.O. S. 120, vom 10. Mai 1983 – 1 BvR 820/79 – BVerfGE 64, 87, vom 9. Oktober 1985 – 1 BvL 7/83 – BVerfGE 71, 1 ≪11 f.≫ und vom 15. Juli 1987 – 1 BvR 488/86 u.a. – BVerfGE 76, 220 ≪244 f.≫). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ferner geklärt, dass sich die Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers bei der Beschränkung von Rentenansprüchen und -anwartschaften in dem Maße verengt, in dem Rentenansprüche oder -anwartschaften durch den personalen Bezug des Anteils eigener Leistungen der Versicherten geprägt sind (Beschluss vom 16. April 2010 a.a.O. Rn. 7 m.w.N.).
Rz. 8
Davon ist das Berufungsgericht im angegriffenen Urteil ausgegangen. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen dienen die vom Satzungsgeber vorgenommene und von der zuständigen Landes-Aufsichtsbehörde genehmigte Satzungsänderung und damit auch der Wegfall des Kinderzuschusses dem (Gemeinwohl-)Zweck, die Finanzierung der Rentenleistungen zu sichern und dadurch die Funktionsfähigkeit des Systems der ärztlichen berufsständischen Versicherung im Interesse aller Mitglieder der Beklagten zu erhalten, zu verbessern und den veränderten wirtschaftlichen und vor allem demografischen Entwicklungen anzupassen. Die erfolgte Neuregelung dient damit einem von Verfassungs wegen nicht zu beanstandenden Regelungsziel. Die in Rede stehende Satzungsänderung entspricht nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgebots sowie den Erfordernissen des Vertrauensschutzes, wobei das Gericht den einschlägigen Regelungen entnommen hat, dass der seit dem 1. April 2008 eingetretene Wegfall des Kinderzuschusses ohnehin kein unmittelbares Äquivalent zu erbrachten eigenen Beitragsleistungen des Klägers und der anderen Mitglieder der Beklagten darstellte (UA S. 14). Daran vermag auch eine jahrzehntelange Praktizierung und Anwendung der in Rede stehenden Satzungsregelung über den Kinderzuschuss nichts zu ändern. Angesichts dessen ist ein weitergehender revisionsgerichtlicher Klärungsbedarf im Hinblick auf Art. 14 GG nicht ersichtlich.
Rz. 9
Auch wenn man im vorliegenden Zusammenhang den Vertrauensschutz nicht nur in Art. 14 GG, sondern daneben auch im Rechts- und Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 und 3 GG) “verortet” sieht (vgl. dazu Beschluss vom 16. April 2010 a.a.O. Rn. 10), führt dies nicht zu einem weiteren rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf und damit nicht zur Zulassung der Revision. Ist es zur Sicherung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung geboten, rentenrechtliche Positionen zu verändern, so kann der soziale Bezug, der dem Gesetzgeber größere Gestaltungsfreiheit bei Eingriffen gibt, den Gesetzgeber berechtigen, in Abwägung zwischen Leistungen an Versicherte und Belastungen der Solidargemeinschaft vor allem jene Positionen zu verkürzen, die Ausdruck besonderer Vergünstigungen sind (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 1. Juli 1981 a.a.O. S. 111 und vom 13. Juni 2006 – 1 BvL 9/00 u.a. – BVerfGE 116, 96 Rn. 92). Dass für Rentenleistungen und einen Kinderzuschuss durch berufsständische Versorgungswerke anderes gelten sollte, ist nicht ersichtlich. Ein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen des Klägers darauf, dass neben der Rente auch der Kinderzuschuss ungeachtet der wirtschaftlichen und demografischen Entwicklung geleistet wird, hat das Berufungsgericht ohne Verstoß gegen revisibles Recht verneint.
Rz. 10
Es ist in der Rechtsprechung schließlich auch geklärt, dass es im Rentenversicherungsrecht geboten sein kann, unter dem Gesichtspunkt des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzgebots auf die legitimen Interessen der zum Zeitpunkt der rechtlichen Änderung rentennahen Jahrgänge durch Erlass einer Übergangsregelung Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006 a.a.O. S. 133 f.). Zwar ist auch bei gravierenden Kürzungen von Rentenleistungen keine Übergangsregelung erforderlich, die es den Berechtigten ermöglicht hätte, die dadurch bewirkte Verringerung ihrer Rentenleistungen durch eine Maßnahme der zusätzlichen privaten Altersvorsorge auszugleichen. Die Übergangszeit muss jedoch so bemessen sein, dass die Berechtigten in der Lage sind, ihre Lebensführung darauf einzustellen, dass ihnen auf Dauer deutlich niedrigere Renten zustehen werden, als dies vor der erfolgten Änderung der einschlägigen Rechtsvorschriften zu erwarten war (BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006 a.a.O. S. 133 f. ≪zu Kürzungen im Bereich der Fremdrenten≫). Das Berufungsgericht ist von diesen Grundsätzen ebenfalls ausgegangen. Ein darüber hinausgehender Klärungsbedarf wird für das angestrebte Revisionsverfahren mit der Beschwerde nicht dargetan.
Rz. 11
Auch aus der Frage des Klägers, was unter “rentennahen Jahrgängen” im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu verstehen ist, für die bei gravierenden Kürzungen von Rentenleistungen aus Gründen des Vertrauensschutzes Übergangsregelungen erforderlich sind, ergibt sich ebenfalls kein revisionsgerichtlicher Klärungsbedarf. Es ist höchstrichterlich geklärt, dass jedenfalls das 55. Lebensjahr in der Versicherungsbiografie unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Bestandsschutzes einer rentenrechtlichen Anwartschaft keine eigentumsrelevante Zäsur darstellt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Februar 2007 a.a.O. S. 294 f.; BVerwG, Beschluss vom 16. April 2010 a.a.O. Rn. 7). Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Kläger, der zum Zeitpunkt des Wegfalls des Kinderzuschusses am 1. April 2008 in seinem 57. Lebensjahr stand und damit – anders als der im Jahre 1931 geborene Kläger in dem vom Bundesverfassungsgerichts entschiedenen Verfahren – noch mehr als acht Jahre bis zur Erreichung des Renteneintrittsalters hatte, nicht zu den “rentennahen Jahrgängen” gehört. Es hat im vorliegenden Fall – auch mangels hinreichender substantiierter Darlegungen des Klägers – keine Anhaltspunkte dafür feststellen können, dass es dem Kläger in der ihm ab Satzungsänderung bis zu seinem Renteneintritt zur Verfügung stehenden Zeit von etwa acht Jahren unmöglich sei, sich auf die neue Rechtslage durch andere Vorsorgemaßnahmen oder in anderer geeigneter Weise rechtzeitig einzustellen. Soweit der Kläger die vom Berufungsgericht vorgenommene einzelfallbezogene Anwendung der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Notwendigkeit und zur Ausgestaltung von Übergangsregelungen entwickelten Grundsätze kritisiert, ergibt sich daraus kein weiterer revisionsgerichtlicher Klärungsbedarf.
Rz. 12
2. Auch die mit der Beschwerde erhobene Divergenzrüge hat keinen Erfolg. Eine Divergenz ist nicht dargelegt. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen der in der Vorschrift aufgeführten Gerichte aufgestellten ebensolchen (abstrakten) Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die nach Auffassung eines Beschwerdeführers divergierenden Rechtssätze müssen einander gegenübergestellt werden (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 20. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 35.95 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 = NVwZ-RR 1996, 712 und vom 17. Dezember 2010 – BVerwG 8 B 38.10 – ZOV 2011, 45 = juris Rn. 15). Das bloße Aufzeigen einer vermeintlich fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht oder der Gemeinsame Senat der obersten Bundesgerichte oder das Bundesverfassungsgericht in ihrer Rechtsprechung aufgestellt haben, genügt den Darlegungsanforderungen einer Divergenzrüge nicht (Beschluss vom 17. Januar 1995 – BVerwG 6 B 39.94 – Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342). So aber liegt der Fall hier.
Rz. 13
a) Die vom Kläger geltend gemachte Abweichung von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. November 2008 – 1 BvL 3/05 u.a. – ist nicht ersichtlich. Wie bereits dargelegt, ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass eine Rentenanwartschaft auf verschiedenen Elementen beruht, die erst in ihrem funktionalen Zusammenhang zu dem Gesamtergebnis der ökonomischen Sicherung ihres Inhabers führen. Auch bei der einzelfallbezogenen Prüfung, ob die Satzungsänderung der Beklagten zu einer Grundrechtsverletzung führt, hat das Berufungsgericht auf die durch den Wegfall des Kinderzuschusses bewirkte Minderung der Anwartschaft auf die Altersrente abgestellt und die Einzelelemente entgegen dem Beschwerdevorbringen des Klägers nicht losgelöst voneinander behandelt, als seien sie selbstständige Ansprüche. Abweichende Rechtssätze hat es nicht aufgestellt. Eine vom Kläger behauptete fehlerhafte Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stellt keine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dar.
Rz. 14
b) Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist auch nicht ersichtlich, dass das angegriffene Urteil in einem die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz einem im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Februar 2007 – 1 BvL 10/00 – aufgestellten entscheidungstragenden (abstrakten) Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Der in der Beschwerde herangezogene Rechtssatz des Bundesverfassungsgerichts (juris Rn. 58) bezieht sich auf die Vorschrift des § 109 SGB VI. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu ausgeführt, dass diese Vorschrift keinen gesteigerten verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz rentenversicherungsrechtlicher Anwartschaften von Versicherten nach dem Eintritt des 55. Lebensjahres zu begründen vermag. Die in der Vorlage des Bundessozialgerichts dazu entwickelten (gegenteiligen) Vorstellungen nähmen dem Rentengesetzgeber bei der Ausgestaltung der Versicherungsverhältnisse die Flexibilität, die ihm von Verfassungs wegen nicht verwehrt werden könne. Er müsse insbesondere in der Lage sein, bei unvermeidbaren Anpassungen schon bestehender Versicherungsverhältnisse an eine veränderte gesamtwirtschaftliche oder finanzwirtschaftliche Situation durch Minderung des Werts von Anwartschaften zur Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung die daraus resultierenden Belastungen angemessen zu verteilen, indem er “Versicherungsjahrgänge und Versicherungsbiographien, insbesondere Elemente der Beitragszeit, der Beitragsdichte, der Beitragshöhe und des Lebensalters der Versicherten”, berücksichtige. Dies gelte gerade auch für die Wertminderung solcher Komponenten der Anwartschaft, die zumindest teilweise auf Erwägungen des sozialen Ausgleichs beruhten und nicht Äquivalent eigener Leistung seien. Ein dem widersprechender, auf dieselbe Rechtsvorschrift des § 109 SGB VI bezogener entscheidungstragender abstrakter Rechtssatz im Urteil des Berufungsgerichts lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen.
Rz. 15
c) Gleiches gilt im Ergebnis für die Rüge, das Berufungsgericht habe dem im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten Rechtssatz widersprochen, dass bei Kürzungen im zweistelligen Prozentbereich der Anwartschaft eine Übergangsregelung für rentennahe Jahrgänge geboten sei (BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006 – 1 BvL 9/00 u.a. – BVerfGE 116, 96 Rn. 91, 98 ff., 105 ff.). Wie oben bereits dargelegt, hat das Berufungsgericht diesen Rechtssatz seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Es hat allerdings verneint, dass der Kläger zu den “rentennahen Jahrgängen” im Sinne dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zählt. Dies betrifft nicht die Geltung, sondern die einzelfallbezogene Anwendung des vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten abstrakten Rechtssatzes. Eine Divergenz zwischen abstrakten Rechtssätzen ist nicht ersichtlich.
Rz. 16
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert, Dr. von Heimburg, Dr. Deiseroth
Fundstellen