Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 24.11.1995; Aktenzeichen 24 A 3562/93) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. November 1995 wird zurückgewiesen.
Der Antrag des Klägers, ihm Prozeßkostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin …, beizuordnen, wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Die auf die Zulassung der Revision gerichtete Beschwerde des Klägers ist nicht begründet. Denn die Rechtssache hat nicht die vom Kläger geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Der Kläger hält für höchstrichterlich nicht entschieden und in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig die Frage, “ob der Begriff der ‘bereiten Mittel’ auch solche Geldmittel umfaßt, die auf dem Klagewege erst durchzusetzen wären”. Nach seiner Auffassung fehlen “bereite Mittel”, wenn für die Durchsetzung eines Rechts gerichtliche Schritte erforderlich sind; sonst, so der Kläger, wären “unterhaltsberechtigte Personen, die ihren Anspruch im Wege eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens geltend machen könnten, zunächst darauf zu verweisen”.
Nach § 2 Abs. 1 BSHG erhält Sozialhilfe nicht, wer sich selbst helfen kann oder wer die erforderliche Hilfe von anderen, besonders von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Und nach § 11 Abs. 1 BSHG ist Hilfe zum Lebensunterhalt dem zu gewähren, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem aus seinem Einkommen und Vermögen, beschaffen kann. Demgemäß entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, daß der Hilfe zum Lebensunterhalt der nicht bedarf, dem mit realisierbaren Ansprüchen bzw. Rechten bereite Mittel zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stehen (vgl. BVerwGE 21, 208 ≪212, 213≫; 38, 307 ≪309≫; 55, 148 ≪152≫; 67, 163 ≪166, 167≫; BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 1993 – BVerwG 5 C 38.92 – ≪Buchholz 436.0 § 2 BSHG Nr. 16≫). Der Aufgabe der Sozialhilfe als Hilfe in der Not entsprechend sind Ansprüche bzw. Rechte nur dann in angemessener Zeit realisierbar, wenn sie rechtzeitig zur Deckung des Bedarfs durchgesetzt werden können (vgl. z.B. BVerwGE 55, 148 ≪152≫). Die Notwendigkeit, Ansprüche bzw. Rechte “auf dem Klagewege”, mit Hilfe “gerichtlicher Schritte” oder “im Wege eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens” durchzusetzen, bedeutet nicht von vornherein, daß sie nicht rechtzeitig realisierbar sind und damit als bereite Mittel ausscheiden. So ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, daß auch Ansprüche und Rechte, die der gerichtlichen Durchsetzung bedürfen, als bereite Mittel in Betracht kommen, vorausgesetzt die gerichtliche Durchsetzung ermöglicht eine rechtzeitige Bedarfsdeckung (vgl. BVerwGE 55, 148 ≪152≫: daß Abhilfe “allenfalls im Wege eines langwierigen Rechtsmittelverfahrens möglich ist”, genügt als bereites Mittel nicht; BVerwGE 67, 163 ≪167≫: als bereite Mittel sind Ansprüche berücksichtigungsfähig, die “im Wege der einstweiligen Verfügung” alsbald durchgesetzt werden können).
Daß Ansprüche, die im Wege der einstweiligen Verfügung alsbald durchgesetzt werden können, als bereite Mittel berücksichtigt werden können, hat allerdings nicht, wie der Kläger in seiner Beschwerdebegründung meint, zur Folge, daß “unterhaltsberechtigte Personen, die ihren Anspruch im Wege eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens geltend machen könnten, zunächst darauf zu verweisen wären”. Denn zum einen kann auf die Durchsetzung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nur verwiesen werden, wenn der damit erwartete Rechtsschutz für die Bedarfsdeckung rechtzeitig erlangt werden kann, und zum anderen kann Sozialhilfe auch geleistet werden, wenn Unterhaltsansprüche nach bürgerlichem Recht bestehen. Für diesen Fall regelt § 91 BSHG den Übergang dieser Ansprüche auf den Träger der Sozialhilfe.
Klärungsbedürftig ist auch nicht die vom Kläger aufgeworfene Frage, “ob dem Sozialhilferecht grundsätzlich fremde Verschuldensgesichtspunkte hinsichtlich Verursachung einer Bedürftigkeit darin gesehen werden können, daß eine mittellose Person, die zudem auf den längeren Weg einer vorherigen Prozeßkostenhilfebewilligung angewiesen wäre, die Einleitung gerichtlicher Schritte unterläßt”. Denn ungeachtet (der Relevanz) von Verschuldensgesichtspunkten hinsichtlich der Verursachung einer Bedürftigkeit besteht ein Anspruch auf Sozialhilfe dann nicht, wenn der Hilfesuchende seinen notwendigen Lebensunterhalt aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann (§ 11 Abs. 1 Satz 1 BSHG), wenn er sich selbst helfen kann (§ 2 Abs. 1 BSHG).
Aus den dargelegten Gründen kann dem Kläger mangels hinreichender Erfolgsaussicht nicht Prozeßkostenhilfe bewilligt und seine Prozeßbevollmächtigte beigeordnet werden (§ 166 VwGO, §§ 114, 121 Abs. 1 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf § 188 Satz 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Säcker, Dr. Pietzner, Schmidt
Fundstellen