Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 11.12.2007; Aktenzeichen 2 N 07.293) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.
Gründe
Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz hat die Beschwerde nicht hinreichend bezeichnet. Hierzu hätte sie einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennen müssen, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat; für die behauptete Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gilt Entsprechendes (Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328).
Die Beschwerde macht geltend, der Verwaltungsgerichtshof sei von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. November 1974 – BVerwG 4 C 38.71 – (BVerwGE 47, 144) abgewichen. Dieser Entscheidung entnimmt sie den Rechtssatz, dass ein Bebauungsplan wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam sei, wenn seine Festsetzungen auf einem an das Plangebiet angrenzenden Grundstück bestehende, durch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Rechtspositionen in einer Weise bzw. Intensität betreffen, die dem Eigentümer nicht ausgleichslos zumutbar sei und der Plan die unzumutbare Eigentümerbetroffenheit nicht ausräume. Einen solchen Rechtssatz hat das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung nicht aufgestellt. In dem damals zu entscheidenden Fall grenzte das betroffene Grundstück nicht an das Plangebiet an, sondern lag innerhalb des Plangebiets. Darauf hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich hingewiesen (Urteil vom 1. November 1974 a.a.O. S. 153).
Abgesehen davon bezeichnet die Beschwerde auch keinen abstrakten Rechtssatz, mit dem der Verwaltungsgerichtshof dem zuvor genannten Rechtssatz widersprochen haben könnte. Der Antragsteller hat nicht nur den Bebauungsplan im Wege der Normenkontrolle angegriffen; er hatte darüber hinaus Klage auf positive Bescheidung einer Bauvoranfrage für den Neubau von Schweineställen auf einem etwa 120 m von der Grenze des Plangebiets entfernten Grundstück gestellt. Über diese Klage war im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Normenkontrollantrag noch nicht entschieden. Der Verwaltungsgerichtshof hat unabhängig vom Ausgang des die Bauvoranfrage betreffenden Rechtsstreits für den Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan (UA S. 12) ein Recht des Antragstellers auf Bebauung des Grundstücks, dem die Antragsgegnerin bei der Abwägung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB zwangsläufig den Vorrang vor dem Interesse an einer weiteren baulichen Ortsentwicklung von Bräuningshof hätte einräumen müssen, verneint (UA S. 13). Das Grundstück liege im Außenbereich (§ 35 BauGB) und habe keine Baulandqualität. Unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2000 – BVerwG 4 B 56.00 – (BRS 63 Nr. 107) hat der Verwaltungsgerichtshof weiter dargelegt, aus dem Umstand, dass nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte bauliche Nutzungen generell dem Außenbereich zugewiesen seien, folge noch nicht, dass ein entsprechender Nutzungswunsch eines Landwirts allein schon die Qualität eines Rechts besitze und deshalb eine mit ihm unvereinbare andere bauliche Nutzung ausschließe (UA S. 13). Der Antragsteller habe im Übrigen auch aufgrund seines Vorbescheidsantrags noch kein Recht auf Bebauung; nur ein positiver Vorbescheid könne als abschließend vorweggenommene Teilentscheidung für den entschiedenen Teil die gleiche gesicherte Rechtsstellung wie die Baugenehmigung vermitteln (UA S. 14). Das Urteil vom 1. November 1974 verhält sich zu der Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ein Recht auf Bebauung eines Außenbereichsgrundstücks besteht, nicht.
Das gilt auch für das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. März 2002 – BVerwG 4 CN 14.00 – (BVerwGE 116, 144) und den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Dezember 2002 – 1 BvR 1402/01 – (BRS 65 Nr. 6). Schon aus diesem Grund kann der Verwaltungsgerichtshof auch von diesen Entscheidungen nicht – wie die Beschwerde weiter geltend macht – im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO abgewichen sein.
2. Einen Verfahrensmangel sieht die Beschwerde darin, dass der Verwaltungsgerichtshof in zweifacher Hinsicht gegen den Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 VwGO verstoßen habe. Seine Ausführungen zur Vereinbarkeit des Geltungsbereichs des Bebauungsplans mit dem Abwägungsgebot (UA S. 16) seien aktenwidrig. Sie hätten mit der von der Antragsgegnerin getroffenen Abwägungsentscheidung nichts zu tun; der Verwaltungsgerichtshof habe sich eine eigene Abwägungsentscheidung angemaßt. Er habe außerdem die Auffassung vertreten, für die Rechtmäßigkeit der gemeindlichen Abwägungsentscheidung komme es auf die Frage, ob die Entscheidung des Verwaltungsgerichts über die Klage auf einen positiven Bauvorbescheid in der Begründung oder jedenfalls im Ergebnis richtig sei, schon deswegen nicht an, weil die verwaltungsgerichtliche Entscheidung für die Antragsgegnerin bei der Abwägung keine maßgebliche Rolle gespielt habe (UA S. 15). Dies stehe in unauflösbarem Widerspruch zu dem Beschluss, den die Antragsgegnerin in der Gemeinderatssitzung vom 16. Februar 2004 gefasst habe. Sie habe die verwaltungsgerichtliche Entscheidung ersichtlich als Bestätigung ihrer Planungsabsichten angesehen. In beiden Fällen habe der Verwaltungsgerichtshof den Sachverhalt aktenwidrig gewürdigt.
Ein Verfahrensmangel ist damit nicht hinreichend dargelegt. Erhebt ein Beteiligter die Verfahrensrüge, das Gericht habe den Sachverhalt “aktenwidrig” festgestellt, muss er schlüssig vortragen, zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt sei ein Widerspruch gegeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss dieser Widerspruch offensichtlich sein, so dass es einer weiteren Beweiserhebung zur Klärung des richtigen Sachverhaltes nicht bedarf. Die Verfahrensrüge der “Aktenwidrigkeit” verlangt zudem eine genaue Darstellung des Verstoßes, und zwar durch konkrete Angaben von Textstellen aus den vorinstanzlichen Verfahren, aus denen sich der Widerspruch ergeben soll. Diese Voraussetzungen sind erforderlich, da eine Kritik an der tatrichterlichen Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung als solche nicht als Verfahrensmangel rügefähig ist (Beschluss vom 2. November 1999 – BVerwG 4 BN 41.99 – UPR 2000, 226).
Diesen Anforderungen entspricht das Beschwerdevorbringen nicht. Es stellt lediglich eine Kritik an der tatrichterlichen Würdigung des Streitstoffes dar. Der Verwaltungsgerichtshof ist – legt man das Vorbringen der Beschwerde zugrunde – nicht von einem unzutreffenden Akteninhalt ausgegangen. Es hat den insoweit unstreitigen Sachverhalt lediglich in einem rechtlichen Sinne gewürdigt, der für die von dem Antragsteller in Anspruch genommene Rechtsposition ungünstig ist. Dies stellt keine “aktenwidrige” Sachverhaltsfeststellung dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertentscheidung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Paetow, Dr. Philipp, Dr. Bumke
Fundstellen