Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 09.11.2006; Aktenzeichen 10 D 96/04.NE) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. November 2006 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
Gründe
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.
1. Die erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.
1.1 Dem von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Normenkontrollgericht gestellten Beweisantrag zu Ziffer 2,
“dass der von der Honnschaftenstraße zum Kinderheim führende Weg einschließlich des Parkstreifens täglich nur in der Zeit zwischen 7.00 Uhr und 18.00 Uhr von höchstens sechs Kraftfahrzeugen befahren worden ist”,
musste die Vorinstanz nicht nachgehen. Sie hat den Antrag insbesondere als nicht entscheidungserheblich (entsprechend § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO) abgelehnt. Das ist nicht zu beanstanden. Weder wird die Antragstellerin durch die Ablehnung in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt noch lässt sich ein Aufklärungsmangel (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) feststellen.
Einem Beweisantrag braucht das Tatsachengericht nicht nachzugehen, wenn das mutmaßliche Beweisergebnis nicht entscheidungserheblich ist. Dies ist es dann nicht, wenn sich der behauptete Sachverhalt – als gegeben unterstellt – nicht zugunsten des die Beweiserhebung beantragenden Beteiligten auswirken kann. Darin liegt keine unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung. Die Frage der Entscheidungserheblichkeit des mutmaßlichen Beweisergebnisses beurteilt sich nach der materiellrechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts (Beschlüsse vom 6. Dezember 1999 – BVerwG 5 B 15.99 – und vom 27. April 1999 – BVerwG 6 B 26. 99 – juris; stRspr).
Die bisherige Verkehrsdichte auf dem zum Kinderheim führenden Weg entlang dem Grundstück der Antragstellerin ist einer von mehreren abwägungserheblichen Kriterien bei der Bewertung und Gewichtung des Interesses der Antragstellerin, von dem Kfz-Verkehr auf der geplanten Erschließungsstraße (einschließlich Besucherparkplatz) verschont zu bleiben. Die tatsächliche Vorbelastung wirkt sich dabei zu Lasten der Antragstellerin schutzmindernd aus. Das Normenkontrollgericht hat den Beweisantrag zu Ziffer 2 wegen Unerheblichkeit abgelehnt, weil sich die von der Antragstellerin angenommene und unter Beweis gestellte Vorbelastung im Bereich der Erschließungsstraße im Ergebnis nur unwesentlich von der Vorbelastung von 20 Kraftfahrzeugbewegungen pro Tag unterscheide, welche die Antragsgegnerin ihrer Planung zugrunde gelegt habe. Entgegen der Beschwerde ergibt sich aus den Urteilsgründen (UA S. 24) nicht, dass die Vorinstanz bei dieser vergleichenden Bewertung den Vortrag der Antragstellerin verkannt hat, einschließlich Lastkraftwagen und Schulbussen seien täglich höchstens 12 Fahrzeugbewegungen auf dem Weg zum Kinderheim zu verzeichnen.
Die Ablehnung des Beweisantrages ist auf der Grundlage der entscheidungstragenden Erwägungen des Normenkontrollgerichts gerechtfertigt. Nach Ansicht der Vorinstanz hat die Antragsgegnerin den Konflikt zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an der Schaffung eines neuen Wohngebiets und dem Interesse der Antragstellerin, von einer Immissionszunahme möglichst verschont zu bleiben, gesehen und in vertretbarer Weise gelöst. Das Normenkontrollgericht fasst das Ergebnis seiner Abwägungskontrolle dahin zusammen, die Antragsgegnerin habe das schutzwürdige Vertrauen der Antragstellerin in den Fortbestand des durch den Bebauungsplan Nr. 7/74 normativ abgesicherten ruhigen und komfortablen Wohnens in einer Parklandschaft bzw. das Vertrauen, dass aufgrund der Festsetzungen des angegriffenen Bebauungsplans keine öffentliche Straße um ihr Grundstück herumgeführt werde, mit nachvollziehbaren Überlegungen hinter den von der Antragsgegnerin verfolgten städtebaulich beachtlichen Belangen zurückgestellt. Das Interesse der Antragstellerin, das bislang unbebaute Areal auch künftig baulich ungenutzt zu lassen und damit auch frei von Verkehrslärm, sei nicht in besonderem Maße schützenswert. Ein Grundstückseigentümer habe keinen Anspruch darauf, dass fremdes Eigentum auf Dauer baulich ungenutzt bleibe, damit er weiterhin die Vorteile der unmittelbaren Nachbarschaft unbebauten Geländes genießen könne. Der Verlust solcher faktisch gegebenen Vorteile sei von denjenigen, die sich in der Nachbarschaft von Freiflächen – zumal am Rande von Ballungsräumen wie der Stadt Essen – angesiedelt hätten, grundsätzlich hinzunehmen (UA S. 21). Der zu erwartende Erschließungsverkehr sei vom Grundsatz her unvermeidbar und stelle eine normale Belastung in Wohngebieten dar. Von der umgebenden – ebenfalls in einem reinen Wohngebiet liegenden – Bebauung sei dieser Verkehr regelmäßig hinzunehmen, zumal die Überplanung des hier umstrittenen Wohngebiets eine im Interesse des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden erwünschte Nachverdichtung des innerstädtischen Siedlungsbereichs darstelle (UA S. 30). Von diesem materiellrechtlichen Standpunkt aus und angesichts der Größenordnung der Verkehrszahlen, die zwischen den Beteiligten umstritten sind, war das Normenkontrollgericht nicht gehalten, die numerisch-präzise Anzahl der Fahrzeugbewegungen auf dem bisherigen Weg zum Kinderheim und ihre durchschnittliche Verteilung auf Tages- und Nachtzeiten weiter aufzuklären. Die Vorinstanz durfte bei Anlegung der vorgenannten Kontrollmaßstäbe davon ausgehen, dass der angegriffene Bebauungsplan auch dann, wenn der von der Antragstellerin behauptete und unter Beweis gestellte Sachverhalt als wahr unterstellt wird, weder im Abwägungsvorgang noch im Abwägungsergebnis fehlerhaft wäre.
1.2 Die von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Normenkontrollgericht gestellten Beweisanträge zu Ziffer 1a bis c hat die Vorinstanz ebenfalls nicht verfahrensfehlerhaft abgelehnt. Die Antragstellerin hat (zusammengefasst) unter Beweis gestellt, dass bei Realisierung des angegriffenen Bebauungsplans infolge der Erschließungsstraße (einschließlich der Parkfläche) entlang ihres Grundstücks 0,5 m vor den geöffneten Fenstern der nach Nordwesten gelegenen Schlaf- und Kinderzimmer im Haus der Antragstellerin – beurteilt nach der DIN 18005 – die folgenden Lärmpegel aufträten: tags und nachts eine um mindestens 3 dB(A) höhere Lärmbelastung, ferner Überschreitungen des Immissionsrichtwertes für reine Wohngebiete in der Nacht und schließlich einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen, die den Immissionsrichtwert für reine Wohngebiete tags um mehr als 20 dB(A) und nachts um mehr als 10 dB(A) überschritten.
Nach dem Beschwerdevorbringen zielten diese Beweisanträge darauf ab, die Lärmbelastung von Immissionsorten (Schlaf- und Kinderzimmer auf der rückwärtigen, nordwestlichen Seite des Wohnhauses) festzustellen, die die Antragsgegnerin in ihrer in die planerische Abwägung eingeführten Lärmabschätzung vom 4. Mai 2004 übergangen habe, die aber die Wohnsituation auf dem Grundstück der Antragstellerin offenkundig in besonders erheblicher Weise zu beeinträchtigen geeignet wäre. Das Normenkontrollgericht hat diese Beweisanträge aus zwei Gründen abgelehnt: Die Anträge dienten der Ausforschung; die zum Beweis gestellten Behauptungen beruhten nur auf Vermutungen und sollten erst durch die Beweiserhebung ermittelt werden. Darüber hinaus sei den Beweisanträgen wegen Unerheblichkeit nicht nachzugehen.
Beide Begründungen sind nicht zu beanstanden.
Nach Ansicht der Vorinstanz handelt es sich um Ausforschungsbeweisanträge, weil die Antragstellerin keine ihre Vermutungen stützenden Anhaltspunkte nenne und dementsprechend auch nicht substantiiert darlege, aus welchen Gründen entgegen der Prognose der Antragsgegnerin die unter Beweis gestellten Lärmerhöhungen und Richtwertüberschreitungen tags und nachts zu erwarten seien. Die Antragstellerin führe nicht aus, dass die Prognose der Antragsgegnerin nicht in einer der Materie angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden sei. Eine darüber hinausgehende Prüfung der Prognose sei dem Normenkontrollgericht verwehrt (UA S. 28). Dieser rechtliche Ansatz entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Danach sind Beweisanträge unsubstantiiert und als Ausforschungsbegehren unzulässig, wenn sie dazu dienen sollen, Behauptungen und Vermutungen zu stützen, die erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage erhoben werden. Einem Prozessbeteiligten ist es verwehrt, unter formalem Beweisantritt Behauptungen aufzustellen, deren Wahrheitsgehalt nicht eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben könnte (Beschluss vom 5. Oktober 1990 – BVerwG 4 B 249.89 – Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 6 = NVwZ-RR 1991, 118; Beschluss vom 29. März 1995 – BVerwG 11 B 21.95 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 266; Beschluss vom 29. Juli 1980 – BVerwG 4 B 218.79 – Buchholz 445.4 § 8 WHG Nr. 9 = DVBl 1981, 467).
Gemessen daran ist nicht festzustellen, dass die Ablehnung der Beweisanträge Verfahrensrecht verletzt. Die Beweisanträge richteten sich gegen die Ergebnisse der von der Antragsgegnerin im Normenkontrollverfahren mit Schriftsätzen vom 22. September 2006 und 10. Oktober 2006 vorgelegten ergänzenden Lärmberechnungen betreffend die auf der rückwärtigen Seite des Wohnhauses angeordneten Schlaf- und Wohnräume. Der Schriftsatz der Antragstellerin vom 31. Oktober 2006 und ihre Beschwerdebegründung enthalten keine substantiierte Kritik an diesen ergänzenden schalltechnischen Berechnungen der Antragsgegnerin. In ihrem Schriftsatz vom 31. Oktober 2006 hat die Antragstellerin hingegen den Standpunkt vertreten, die nachgeschobenen Berechnungen seien für die Entscheidung des Normenkontrollgerichts unerheblich, weil sie nicht in das Bebauungsplanverfahren Eingang gefunden hätten.
Der im Schriftsatz der Antragstellerin vom 31. Oktober 2006 erhobene Vorwurf, die von der Antragsgegnerin in ihre ergänzenden Lärmberechnungen vom September und Oktober 2006 eingestellte Zahl von 300 Einzelfahrten über die Erschließungsstraße am Grundstück der Antragstellerin liege noch deutlich unterhalb des realistischerweise zu erwartenden Verkehrsaufkommens, beruht auf der Vermutung, dass die Erschließungsstraße auch dem überörtlichen Schleichverkehr dienen werde. Diesem Einwand tritt das Normenkontrollgericht mit dem Hinweis entgegen, die Anzahl von 300 Einzelfahrten beruhten auf der Annahme des ungünstigsten Falls, der von der Antragstellerin befürchtete Schleichverkehr sei aus mehreren Gründen unwahrscheinlich (UA S. 26, 27). Anhaltspunkte dafür, dass diese Einschätzung der Vorinstanz unrealistisch sein könnte, nennt die Beschwerde nicht.
Mangels Substantiierung brauchte das Normenkontrollgericht auch dem Beweisantrag zu Ziffer 1c betreffend die Immissionen des Parkplatzes an der Westseite des Wohnhauses der Antragstellerin nicht stattzugeben. Die Antragsgegnerin hat in ihrem Schriftsatz vom 10. Oktober 2006 die Methode und die Ergebnisse ihrer ergänzenden Berechnungen zu den vom geplanten Parkplatz ausgehenden Lärmimmissionen in Richtung auf die rückwärtigen Wohn- und Schlafräume näher erläutert und begründet. Weder in ihrem Schriftsatz vom 31. Oktober 2006 noch in ihrer Beschwerdebegründung geht die Antragstellerin auf diese ergänzende Stellungnahme der Antragsgegnerin im Einzelnen ein. Sie lehnt vielmehr schon im Ansatz “alle auf normative und technische Richtlinien bezogenen Betrachtungen der Antragsgegnerin” (Schriftsatz vom 31. Oktober 2006, S. 7) pauschal ab und setzt dem Standpunkt der Antragsgegnerin ihre eigenen Vermutungen über insbesondere nächtliche Lärmspitzen entgegen. Einem Beweisantrag, der ohne Auseinandersetzung mit der Gegenargumentation der planenden Gemeinde die eigenen Behauptungen aufrechterhält, braucht das Tatsachengericht nicht nachzugehen.
Soweit das Normenkontrollgericht den Beweisantrag zu Ziffer 1a bis c wegen Unerheblichkeit abgelehnt hat, liegt ebenfalls kein Verfahrensfehler vor. Bei den in der DIN 18005 für die städtebauliche Planung angeführten Werten, die der Beweisantrag zum Maßstab nimmt, handelt es sich um Orientierungswerte, nicht um Grenzwerte. Welcher Lärm noch zumutbar ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die DIN 18005 stellt eine Orientierungshilfe dar. Eine Abweichung kommt daher in Betracht. Rechtlich entscheidend ist, ob die Abweichung im Einzelfall noch mit dem bauleitplanerischen Abwägungsgebot vereinbar ist. Eine Überschreitung des Orientierungswerts für Wohngebiete um 5 dB(A) kann das Ergebnis einer gerechten Abwägung sein. Maßgebend sind stets die gesamten Umstände des Einzelfalls (Beschluss vom 18. Dezember 1990 – BVerwG 4 N 6.88 – Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 50 = BRS 50 Nr. 25; Urteil vom 22. März 2007 – BVerwG 4 CN 2.06 – zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen).
Die Zurückweisung des Beweisantrages zu Ziffer 1 mangels Entscheidungserheblichkeit rechtfertigt sich aus den materiellrechtlichen Erwägungen des Normenkontrollgerichts, das planerische Konzept der Antragsgegnerin zur Erschließung des Plangebiets (zweiseitige Anbindung) sei vertretbar und der dadurch ausgelöste Erschließungsverkehr stelle eine normale Belastung in Wohngebieten dar, die von der benachbarten Bebauung in reinen Wohngebieten regelmäßig – auch im Interesse des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden – hinzunehmen sei (UA S. 30). In diesen Erwägungen liegt die erforderliche Einzelfallbetrachtung.
Die Entscheidungsgründe sind dahin zu verstehen, dass der angegriffene Bebauungsplan nach Ansicht des Normenkontrollgerichts auch dann nicht abwägungsfehlerhaft wäre, wenn die planbedingten Verkehrslärmimmissionen (Mittelungspegel) an der rückwärtigen Hausseite die ergänzenden Lärmberechnungen der Antragsgegnerin um 5 dB(A) überschritten. Der Vorwurf der Antragsgegnerin, diese Berechnungen seien im Normenkontrollverfahren nachgeschoben worden, die Lärmbelastungen vor den rückwärtigen Schlaf- und Wohnräumen seien nicht Gegenstand der planerischen Abwägung vor Erlass des Bebauungsplans gewesen, wird den Entscheidungsgründen der Vorinstanz nicht gerecht. Das Normenkontrollgericht ist der Ansicht, dass die Antragsgegnerin die Schutzbedürftigkeit der im rückwärtigen Hausbereich liegenden Schlaf- und Wohnräume bereits im Rahmen ihrer planerischen Abwägung unter dem Gesichtspunkt der Wohnqualität erfasst und gewichtet habe und dass die Nachberechnungen für die rückwärtigen Fenster diese Einschätzung der Antragsgegnerin bestätigten (UA S. 25). Die mit den Verfahrensrügen zur Ablehnung der Beweisanträge verbundene materiellrechtliche Kritik an der vorinstanzlichen Rechtsanwendung kann den Rügen nicht zum Erfolg verhelfen.
1.3 Die Beschwerde macht ferner geltend, das Normenkontrollgericht habe – abgesehen von allen hinsichtlich der Ablehnung der gestellten Beweisanträge geltend gemachten Verfahrensfehler – seine Verpflichtung aus § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur umfassenden Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen und damit auch das Recht der Antragstellerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Auch diese Rügen müssen erfolglos bleiben.
Die Beschwerde trägt hierzu vor, eine zutreffende Gewichtung der Lärmvorbelastung an den rückwärtigen Schlaf- und Wohnzimmerfenstern sowie die auf diese Fenster einwirkende Zusatz- und Gesamtbelastung durch Verkehrsimmissionen setze voraus, dass die Antragsgegnerin und nachfolgend auch das Normenkontrollgericht die jeweilige Lärmsituation vollständig und zutreffend von Amts wegen ermittelt habe. Dies habe das Normenkontrollgericht unterlassen. Es habe damit seine von Amts wegen bestehende Pflicht zur umfassenden Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts verletzt. Zur Begründung wiederholt die Beschwerde ihre Kritik an der Auffassung der Vorinstanz, zu einer weiteren Aufklärung der planbedingten Lärmimmissionen habe mangels Entscheidungserheblichkeit der von der Antragstellerin unter Beweis gestellten Tatsachen kein Anlass bestanden. Die unterlassene Aufklärung hätte zu der Erkenntnis geführt, dass ein zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führendes Abwägungsdefizit gegeben sei.
Diese Rügen müssen erfolglos bleiben, weil die Beschwerde nicht darlegt, dass die Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts auf der Grundlage des materiellrechtlichen Prüfungsprogramms des Normenkontrollgerichts unzureichend gewesen sei. Die Vorinstanz überprüft die planerische Abwägung der Antragsgegnerin (§ 1 Abs. 7 BauGB) wie dargelegt daraufhin, ob die Antragsgegnerin das Interesse der Antragstellerin am Fortbestand ihrer ruhigen Wohnlage gesehen und mit nachvollziehbaren (vertretbaren) Überlegungen zurückgestellt hat. Sie bejaht diese Frage und lässt sich dabei u.a. von der Erwägung leiten, dass das Interesse der Antragstellerin, das bislang unbebaute Areal auch künftig baulich ungenutzt und damit frei von Verkehrslärm zu lassen, nicht in besonderem Maße schützenswert sei (UA S. 21). Der Flächennutzungsplan sehe für den hier fraglichen Bereich Fläche für Wohnbebauung vor. Die Überplanung des Gebiets sei im Interesse des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden erwünscht. Das Erschließungskonzept (zweiseitige Anbindung des Plangebiets) sei im Ergebnis vertretbar und bewege sich im Rahmen des planerischen Gestaltungsspielraums der Antragsgegnerin (UA S. 20 f., 30 ff.). Der erforderliche Ermittlungsaufwand des Normenkontrollgerichts wird durch diese materiellrechtlichen Maßstäbe gesteuert und begrenzt.
Die Beschwerde überspannt die Anforderungen an die gerichtliche Aufklärung, wenn sie formuliert, das Normenkontrollgericht habe “die jeweilige Lärmsituation vollständig” von Amts wegen zu ermitteln. Das Normenkontrollgericht erfüllt seine Aufklärungspflicht, wenn der festgestellte Sachverhalt ausreicht, um die Frage zu beantworten, ob die planende Gemeinde die ihr gezogenen Grenzen des planerischen Abwägungsgebots eingehalten hat. Es ist nicht abwägungsfehlerhaft, wenn sich die Gemeinde in Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen Belangs entscheidet.
2. Die gerügte Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Dezember 1990 – BVerwG 4 N 6.88 – (Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 50 = BRS 50 Nr. 25) und vom 26. Mai 2004 – BVerwG 4 BN 24.04 – (BauR 2005, 830) liegt nicht vor. Die Beschwerde entnimmt den vorgenannten Entscheidungen zu Recht den abstrakten Rechtssatz, dass eine Überschreitung der Orientierungswerte der DIN 18005 um 5 dB(A) das Ergebnis einer gerechten bauleitplanerischen Abwägung der Gemeinde sein kann, aber keineswegs in jedem Fall sein muss. Der beschließende Senat hat in diesem Zusammenhang stets betont, dass die Umstände des Einzelfalles maßgeblich seien. Für ein Überschreiten der Orientierungswerte der DIN 18005 könnten im Einzelfall gewichtige städtebauliche Belange sprechen (vgl. auch Urteil vom 22. März 2007 – BVerwG 4 CN 2.06 – zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen).
Entgegen der Beschwerde widerspricht das Normenkontrollurteil dieser Rechtsprechung nicht. Die Vorinstanz hat nicht jede Überschreitung des Orientierungswertes bis zu 5 dB(A) “ausnahmslos” zum Ergebnis einer fehlerfreien Abwägung erklärt. Sie hat in Anwendung der vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätze zu den Orientierungswerten der DIN 18005 eine umfassende Einzelfallbetrachtung vorgenommen und ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass der angegriffene Bebauungsplan auch bei einer Überschreitung der Orientierungswerte für reine Wohngebiete um 5 dB(A) abwägungsfehlerfrei wäre. Dieser rechtliche Ansatz steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
3. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Antragstellerin beimisst. Die Beschwerde wirft keine im vorliegenden Streitfall entscheidungserhebliche Rechtsfrage auf, die in einem Revisionsverfahren in verallgemeinerungsfähiger Weise klärungsbedürftig sein könnte. Der Hinweis auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 1. September 2005 – OVG 8 A 2810/03 – (BauR 2006, 82 = DÖV 2006, 224) führt hier nicht weiter. Dieser Beschluss stellt u.a. den Rechtssatz auf, durch textliche Festsetzungen im Bebauungsplan nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB könne das Schutzniveau nicht mit Wirkung für das Immissionsschutzrecht gegenüber einer gebietsbezogen zu ermittelnden Zumutbarkeitsschwelle abgesenkt werden; bei solchen Festsetzungen habe sich die Gemeinde am Schutzmodell des Bundesimmissionsschutzgesetzes auszurichten; sie könne dieses Schutzmodell nicht im Wege der Abwägung überwinden. Derartige Rechtsfragen stellen sich im vorliegenden Streitfall nicht. Ein Revisionsverfahren gäbe dem Senat daher keinen Anlass, auf den angeführten Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 1. September 2005 näher einzugehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Paetow, Prof. Dr. Rojahn, Gatz
Fundstellen