Tenor
Auf die Erinnerung des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 3. Mai 2021 werden in Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 14. April 2021 die vom Bund dem Antragsteller zu erstattenden Aufwendungen auf 851,44 € (in Worten: achthunderteinundfünfzig 44/100 Euro) festgesetzt.
Tatbestand
Rz. 1
Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Kostenerinnerung um die Höhe eine Rahmengebühr.
Rz. 2
Mit Beschluss vom 26. November 2020 hat der Senat dem Begehren des Antragstellers, die für ihn gebildete Referenzgruppe aufzuheben, stattgegeben und dem Bund die Kosten des Verfahrens auferlegt. Mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2020 hat der Bevollmächtigte des Antragsstellers die Kostenfestsetzung beantragt und wegen der besonderen Schwierigkeit des Falles eine Verfahrensgebühr i.H.v. 700 € (netto) angesetzt. Nach kontroversen Äußerungen über die Höhe der Gebühr hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die vom Bund zu erstattenden notwendigen Aufwendungen mit Beschluss vom 14. April 2021 auf insgesamt 689,04 € festgelegt. Die vom Bevollmächtigten veranschlagte Verfahrensgebühr sei in Anlehnung an das "Kieler Kostenkästchen" unbillig, weswegen das Gericht einen Wert von vier Dritteln der Mittelgebühr i.H.v. 560 € (netto) bestimme. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Kostenerinnerung des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 3. Mai 2021.
Entscheidungsgründe
Rz. 3
Die zulässige Erinnerung (§ 21 Abs. 2 Satz 1, § 20 Abs. 4 WBO i.V.m. § 142 WDO), über die der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern entscheidet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. April 2010 - 1 WDS-KSt 6.09 - Buchholz 450.1 § 20 WBO Nr. 3 Rn. 9 f.), hat Erfolg.
Rz. 4
Dem Bevollmächtigten des Antragstellers steht eine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 6402 VV-RVG in der bis zum 29. Dezember 2020 geltenden Fassung für das gerichtliche Verfahren zu. Diese Regelung sieht eine Rahmengebühr von 100,00 bis 790,00 € vor. Bei einer Rahmengebühr bestimmt der Rechtsanwalt die Höhe der Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen; bei Rahmengebühren, die sich - wie hier - nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist auch das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 und 3 RVG). In Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung sind vor allem die beiden erstgenannten Kriterien (Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Bedeutung der Angelegenheit) maßgeblich, während den beiden zuletzt genannten Kriterien in der Regel keine wesentliche Rolle zukommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. September 2018 - 1 WDS-KSt 1.18 - juris Rn. 9).
Rz. 5
Ist die Gebühr - wie hier - von einem Dritten zu ersetzen, so ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG). Die hierdurch eröffnete gerichtliche Kontrolle erstreckt sich - in einem negativen Sinne - nur darauf, ob der Rechtsanwalt die Grenzen des billigen Ermessens bei der Bestimmung der Gebühr überschritten hat (zu den verschiedenen Formeln der Rechtsprechung - "Ermessensmissbrauch", "völlig abwegige Überlegungen", "grobe Abweichung vom Üblichen" u.ä. - vgl. Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 25. Aufl. 2021, § 14 Rn. 5). Das Gericht ist nicht befugt, durch eine eigene positive Bestimmung der "billigen Gebühr" das dem Rechtsanwalt zustehende Ermessen an sich zu ziehen. Diese Gefahr besteht allerdings bei allzu detaillierten Methoden zur Beurteilung der Billigkeit wie dem "Kieler Kostenkästchen" (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. September 2018 - 1 WDS-KSt 1.18 - juris Rn. 10 und vom 6. November 2019 - 1 WDS-KSt 2.19 - juris Rn. 9).
Rz. 6
Bei dem der Kostenfestsetzung zugrunde liegenden Rechtsstreit handelt es sich um die Anfechtung einer Referenzgruppe, die für den Antragsteller als hauptberuflichen Personalrat gebildet worden ist. Innerhalb des Spektrums der Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung zählt diese Streitigkeit zu den anspruchsvollsten Fallgestaltungen. Denn sie erfordert die Kenntnis oder Einarbeitung in eine eher selten vorkommende Spezialmaterie. Die anwaltliche Tätigkeit ist darum als überdurchschnittlich schwierig zu bewerten. Der Arbeitsaufwand ist im konkreten Fall vom Bevollmächtigten des Antragstellers mit 13 bis 15 Arbeitsstunden als überdurchschnittlich hoch beschrieben worden. In seiner Darstellung hat er allerdings den vorliegenden Rechtsstreit mit einem vorangegangenen separaten Beschwerdeverfahren vermengt, sodass wohl nur von einem durchschnittlichen Arbeitsaufwand auszugehen ist. Der Referenzgruppenbildung kommt regelmäßig eine hohe Bedeutung für das dienstliche Fortkommen der Betroffenen zu. Denn von einer korrekten Referenzgruppenbildung hängt jede weitere Beförderung eines freigestellten Personalratsmitglieds ab. Da der Antragsteller als Oberstleutnant eine Förderung auf die Ebene eines Obersts angestrebt hat, hat der Rechtsstreit für ihn eine weit überdurchschnittliche persönliche und wirtschaftliche Bedeutung. Zudem sind seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse ebenfalls im Vergleich zu anderen Soldaten als überdurchschnittlich einzustufen, sodass insgesamt eine Festlegung der Verfahrensgebühr im oberen Drittel des Rahmens (560 bis 790 €) gerechtfertigt ist.
Rz. 7
Dabei ist nicht - wie die Urkundsbeamtin annimmt - ein Ansatz im untersten Bereich des oberen Drittels geboten. Da die Mehrzahl der nach § 14 Abs. 1 RVG zu berücksichtigenden Kriterien mit Gewicht für eine überdurchschnittliche Einstufung sprechen, würde auch ein Außenstehender bei der von § 14 Abs. 1 RVG geforderten Gesamtabwägung (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - XI ZR 345/10 - JurBüro 2013, 418 Rn. 62; Toussaint, Kostenrecht, 51. Aufl. 2021, § 14 RVG Rn. 19) eine Taxierung im mittleren Bereich des oberen Drittels (675 €) für gerechtfertigt halten. Der vom Bevollmächtigten bestimmte Wert von 700 € liegt von diesem mittleren Wert nicht derart weit entfernt, dass von einer unbilligen Bestimmung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG gesprochen werden kann.
Rz. 8
Im vorliegenden Fall ist daher bei der Festsetzung der vom Bund zu erstattenden Aufwendungen eine Verfahrensgebühr von 700 € zugrunde zu legen, so dass sich bei Berücksichtigung der Postpauschale von 20 €, der Honorarauslagen von 14 € und der (im Jahr 2020 ermäßigten) Umsatzsteuer von 117,44 € die zu erstattenden notwendigen Aufwendungen auf insgesamt 851,44 € belaufen.
Fundstellen
Dokument-Index HI15627316 |