Verfahrensgang
Sächsisches OVG (Urteil vom 26.03.2003; Aktenzeichen 5 B 604/02) |
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 26. März 2003 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 902,10 € festgesetzt.
Gründe
Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Als grundsätzlich bedeutsam wirft die Beschwerde die Fragen auf,
ob im Abwasserbeitragsrecht der Grundsatz der Typengerechtigkeit in den Fällen unterschiedlicher Vorteilssituationen bei der Grundstücksentwässerung Anwendung findet bzw. ob die Vernachlässigung einer Fläche von – wie hier – 2,07 % der beitragsfähigen Gesamtnutzungsfläche, der nur der Vorteil der Schmutzwasserentsorgung geboten wird, mit diesem Grundsatz vereinbar ist
und
ob es der Grundsatz der Typengerechtigkeit erfordert, jeweils unterschiedliche Beitragssätze festzusetzen, wenn nur ein Grundstück eine geringere Vorteilsgewährung aufweist oder ob Einzelfälle in diesem Zusammenhang unbeachtlich sind.
Diese Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht. Denn sie lassen sich, soweit ihnen Entscheidungserheblichkeit zukommt, auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantworten, ohne dass es hierzu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte.
Der Sache nach – und nur insoweit sind die aufgeworfenen Fragen entscheidungserheblich – will die Beschwerde geklärt wissen, ob das Oberverwaltungsgericht bei der Prüfung, ob der von ihm festgestellte Mangel der Abwasserbeitragssatzung “unerheblich” ist, zutreffend sowohl auf den Flächenanteil der von dem Mangel betroffenen Grundstücke als auch auf den Umfang der mängelbedingten Gebührenmehrbelastung abgestellt hat. Die Beschwerde meint demgegenüber, Kriterium für die Fehlerunbeachtlichkeit dürfe nur der Flächenanteil sein.
Das Oberverwaltungsgericht hat sich zur Begründung seiner Auffassung auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 16. September 1981 – BVerwG 8 C 48.81 – Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 45) gestützt. Sie bezieht sich – wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausführt – auf den Fall, dass der Satzungsgeber von einer Beitragserhebung für eine Abwasserabgabe abgesehen hatte und eine Refinanzierung allein über Gebühren vollzog. Ob aus dieser Rechtsprechung eine “Unerheblichkeitsschwelle” für Satzungsmängel, die nicht die Gebühren- bzw. Beitragskalkulation, sondern die Maßstabsregelungen betreffen, abgeleitet werden kann, erscheint zweifelhaft (vgl. etwa Schulte/Wiesemann in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2002, § 6 Rn. 252 f.). Diese Frage kann jedoch im vorliegenden Zusammenhang offen bleiben. Denn sollten derartige Fehler tatsächlich wegen Unerheblichkeit unbeachtlich bleiben können, könnte es, wie aus der erwähnten Entscheidung und dem auch insoweit maßgeblichen Gleichheitssatz abzuleiten ist, entgegen der Auffassung der Beschwerde jedenfalls nicht allein auf den Flächenanteil der betroffenen Grundstücke ankommen. Denn die Unerheblichkeit von Mängeln kann dort, wo es wie im Beitragsrecht um die Verteilung von Kosten geht, überhaupt nur ergebnisorientiert und mithin im Blick auf das Ausmaß der mängelbedingten Veränderungen des Beitragssatzes beurteilt werden. Nur auf diese Weise kann auch der fehlenden “Parallelität” von “Flächenseite” und “Kostenseite”, auf die die Beschwerde besonders hinweist, Rechnung getragen werden.
Die mängelbedingten Veränderungen des Beitragssatzes hat das Oberverwaltungsgericht jedoch – mangels substanziierter Verfahrensrüge für den Senat bindend – mit mindestens 46 % beziffert und in bundesrechtlich nicht zu beanstandender Weise als jedenfalls erheblich bezeichnet. Auf die Frage, ob eine “Erheblichkeitsschwelle” für den vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Satzungsmangel überhaupt in Betracht kommen kann, kommt es somit nicht an.
Soweit die Beschwerde sich mit ihrer Grundsatzrüge gegen die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts zum “Einrichtungsbegriff” wenden will, ist darauf hinzuweisen, dass insoweit irrevisibles Landesrecht in Frage steht, dessen Auslegung und Anwendung vom Revisionsgericht nicht nachgeprüft wird (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO). Bundesrechtliche Bezüge zeigt die Beschwerde insoweit – auch in ihrem ohnehin erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO eingegangenen Schriftsatz vom 30. Oktober 2003 – nicht auf.
Soweit die Beschwerde eine Divergenz der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts von einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (vom 17. April 2002 – BVerwG 9 CN 1.01 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 155) rügt, genügt dieser Vortrag schon nicht den Anforderungen, die § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Bezeichnung eines solchen Zulassungsgrundes stellt. Denn danach ist ein inhaltlich bestimmter, die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter Rechtssatz zu benennen, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder anderer oberster Bundesgerichte aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung dieser Gerichte tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26). Die Beschwerde zitiert zwar zwei Passagen aus diesem Urteil und mag damit bestimmte Rechtssätze benennen, wobei allerdings hinsichtlich der von der Beschwerde thematisierten “ungefragten Fehlersuche” darauf hinzuweisen ist, dass der Senat insoweit lediglich von einer Frage der “richtigen Balance” und des “Fingerspitzengefühls im Einzelfall” gesprochen hat, wodurch die rechtliche Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes in § 86 Abs. 1 VwGO nicht in Frage gestellt werde, sodass durchaus fraglich ist, ob es sich hierbei um einen Rechtssatz handelt. Jedenfalls versäumt es die Beschwerde, widersprechende Rechtssätze des Oberverwaltungsgerichts zu formulieren. Das bloße Aufzeigen einer (angeblich) fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen des Bundesverwaltungsgerichts, auf das sich die Beschwerde beschränkt, erfüllt nicht die Anforderungen einer Divergenzrüge (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 – a.a.O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 2, § 14 GKG.
Unterschriften
Hien, Dr. Storost, Prof. Dr. Rubel
Fundstellen