Tenor
Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens jeweils zur Hälfte.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 11 853 € festgesetzt.
Tatbestand
Rz. 1
1. Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 1. und 8. Dezember 2010 das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. Januar 2010 in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt (zur Zulässigkeit einer solchen auf das Beschwerdeverfahren beschränkten Erledigungserklärung vgl. die Beschlüsse vom 9. Juni 1992 – BVerwG 5 B 166.91 – Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 96 S. 38 und vom 22. April 1994 – BVerwG 9 C 456.93 – Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 106 S. 2 m.w.N.). In entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist das Verfahren einzustellen.
Entscheidungsgründe
Rz. 2
2. Weiter ist gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten zu entscheiden. Entgegen der Ansicht der Kläger rechtfertigt der Umstand, dass die Beklagte inzwischen die Bescheide über den endgültigen Erschließungsbeitrag erlassen hat, es nicht, ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, weil sie das erledigende Ereignis “willentlich herbeigeführt” habe. Denn mit dem Erlass der endgültigen Beitragsbescheide ist sie lediglich ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen (§ 127 Abs. 1, § 133 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Vielmehr ist es angemessen, die Kosten des Verfahrens den Klägern je zur Hälfte aufzuerlegen (§ 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO). Denn die Beschwerde hätte voraussichtlich keinen Erfolg gehabt.
Rz. 3
a) Allerdings war die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe gegen § 88 VwGO verstoßen, dem Grunde nach berechtigt. Aus dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht an zweiter Stelle gestellten Antrag dürfte (in Abgrenzung zu dem an erster Stelle formulierten Aufhebungsantrag) mit hinreichender Deutlichkeit zu erkennen gewesen sein, dass die Kläger einen Erstattungsanspruch (hinsichtlich Haupt- und Zinsforderung) geltend machten, der über die 1. Vorausleistung hinausging. Über diesen Antrag hätte das Oberverwaltungsgericht (ebenfalls) entscheiden (und die Klage insoweit ggf. abweisen) müssen. Die vom Oberverwaltungsgericht in dessen Beschluss vom 10. März 2010 über die Ablehnung einer Urteilsergänzung stattdessen gegebene Begründung, es habe “bewusst nicht über eine Erstattung der sog. 2. Vorausleistung entschieden”, dürfte verfahrensrechtlich nicht tragfähig sein. Gleichwohl hätte dieser Verfahrensmangel im Ergebnis nicht zur Zulassung der Revision geführt, weil die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts entsprechend § 144 Abs. 4 VwGO im Ergebnis richtig ist (zur entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift im Beschwerdeverfahren vgl. den Beschluss vom 17. März 1998 – BVerwG 4 B 25.98 – Buchholz 406.17 Bauordnungsrecht Nr. 66 S. 28 m.w.N.). Denn die in dem weitergehenden Erstattungsbegehren liegende Klageänderung war mangels Zustimmung der Beklagten unzulässig und die Klage aus diesem Grunde abzuweisen. Im Übrigen stand dem weitergehenden Erstattungsbegehren der Kläger (bis zum Erlass der endgültigen Beitragsbescheide) die Bestandskraft der von den Klägern nicht angefochtenen Bescheide vom 30. August 2005 als Rechtsgrund für das Behaltendürfen der sog. 2. Vorausleistung entgegen.
Rz. 4
b) Der weiter geltend gemachte Verfahrensmangel eines Verstoßes gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 86 Abs. 1 VwGO) lag nicht vor. Die Beschwerde rügt, das Oberverwaltungsgericht habe seiner Entscheidung fehlerhafter Weise das von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2009 vorgelegte Zahlenwerk zugrunde gelegt, das aber keine Neuberechnung der streitgegenständlichen 1. Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag, sondern eine Endabrechnung des Erschließungsbeitrags darstelle und aus der nicht erkennbar sei, ob die vom beschließenden Senat im vorangegangenen Revisionsurteil vom 10. Juni 2009 (BVerwG 9 C 2.08 – NVwZ 2009, 1369 ≪1374≫) bezeichneten Ungereimtheiten der seinerzeit vorliegenden Berechnung korrigiert seien. Dies genügt schon deshalb nicht den Darlegungsanforderungen, weil die Beschwerde nicht dartut, dass die Kläger bereits im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht durch Stellung eines Beweisantrags auf die nunmehr vermisste weitere Sachaufklärung hingewirkt haben; ebenso wenig legt die Beschwerde dar, aufgrund welcher Umstände das Oberverwaltungsgericht die vorgelegte Neuberechnung hätte als fehlerhaft erkennen und sich ihm weitere Ermittlungen hätten aufdrängen müssen (vgl. zu diesen Anforderungen den Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 14 f.).
Rz. 5
c) Eine Zulassung der Revision wegen der von der Beschwerde als grundsätzlich klärungsbedürftig (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bezeichneten Frage,
“ob Gemeinden Rückzahlungsansprüche des Beitragsschuldners aus rechtswidriger Beitragsveranlagung erst ab Rechtshängigkeit zu verzinsen haben”,
hätte die Beschwerde ebenfalls nicht erreicht, weil die Frage, soweit sie Bundesrecht betrifft, rechtsgrundsätzlich geklärt ist und im Übrigen nichtrevisibles Landesrecht betrifft. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die in § 133 Abs. 3 Satz 4 BauGB angeordnete Verzinsung einer gezahlten Vorausleistung sich einzig auf den durch § 133 Abs. 3 Satz 3 BauGB begründeten Rückzahlungsanspruch, mithin auf den Fall bezieht, dass sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheides die Beitragspflicht noch nicht entstanden und die Erschließungsanlage noch nicht benutzbar ist (Urteil vom 13. Dezember 1991 – BVerwG 8 C 8.90 – Buchholz 406.11 § 133 BauGB Nr. 115 S. 37 f.). Weitergehende Zinsansprüche können sich allein aus dem Landesrecht ergeben, das solche entweder selbst regelt (hier etwa § 7 Abs. 5 Satz 4 KAG RP) oder insoweit auf die Verzinsungsregelungen der Abgabenordnung verweist (hier § 3 Abs. 1 Nr. 5 KAG RP). Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die in den Kommunalabgabengesetzen der Länder kraft landesrechtlichen Anwendungsbefehls Geltung beanspruchenden Vorschriften der Abgabenordnung insoweit in das irrevisible Landesrecht inkorporiert werden, mithin dessen Rechtscharakter teilen und daher nicht Maßstab der revisionsgerichtlichen Überprüfung sein können (vgl. Urteil vom 19. März 2009 – BVerwG 9 C 10.08 – Buchholz 406.11 § 133 BauGB Nr. 135 Rn. 9 m.w.N.). Die Beschwerde zeigt keinen darüber hinausgehenden bundesrechtlichen Klärungsbedarf auf.
Rz. 6
d) Für den Fall, dass die eher beiläufige Bemerkung der Beschwerdebegründung, das Berufungsurteil weiche von Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts ab, als Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) verstanden werden sollte, war die Beschwerde insoweit unzulässig, weil sie schon nicht den Darlegungserfordernissen genügte (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Es fehlt an der erforderlichen Gegenüberstellung von die jeweiligen Entscheidungen tragenden abstrakten Rechtssätzen einerseits des Bundesverwaltungsgerichts, andererseits des Berufungsgerichts, mit denen Letzteres von Ersteren abgewichen sein soll.
Rz. 7
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 und 3 GKG. Die geforderten Zinsen erhöhen den Streitwert nicht (§ 43 Abs. 1 GKG).
Unterschriften
Dr. Storost, Domgörgen, Buchberger
Fundstellen