Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Aktenzeichen 1 N 98.3647) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. September 2001 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision kann nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen werden.
Das Normenkontrollgericht hat die Antragsbefugnis der Antragstellerin verneint und den Antrag aus diesem Grund als unzulässig angesehen. Darin sieht die Beschwerde einen Verfahrensmangel. Sie meint, das Normenkontrollgericht habe die Anforderungen an die Antragsbefugnis überspannt und dadurch die Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO verkannt. Das Gericht habe zu Unrecht angenommen, dass eine Verletzung ihrer Rechte durch den angefochtenen Bebauungsplan nicht möglich sei.
Die Beschwerde geht zutreffend davon aus, dass es einen Verfahrensmangel darstellen kann, wenn ein Gericht fehlerhaft nicht durch Sachurteil, sondern durch Prozessurteil entscheidet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Juli 1968 – BVerwG 8 B 110.67 – BVerwGE 30, 111 ≪113≫; Beschluss vom 21. Januar 1993 – BVerwG 4 B 206.92 – BayVBl 1994, 90). Zu ihren Gunsten mag auch unterstellt werden, dass das Normenkontrollgericht den Antrag zu Unrecht als unzulässig behandelt hat; denn soweit es das Fehlen der Antragsbefugnis mit der Unbeachtlichkeit von Abwägungsmängeln gemäß § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB begründet hat, könnten in der Tat Bedenken bestehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Januar 2001 – BVerwG 4 BN 14.00 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 146; vgl. auch ≪zur Erheblichkeit von Abwägungsmängeln gemäß § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB≫: BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 – BVerwG 4 CN 2.98 – BVerwGE 107, 215 ≪219≫). Obwohl das Prozessurteil auf der Verneinung der Antragsbefugnis beruht, kommt die Zulassung der Revision nicht in Betracht; denn das Urteil erweist sich jedenfalls im Sinne des § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig. Dies kann bereits im Verfahren über die Zulassung der Revision berücksichtigt werden (BVerwG, Beschluss vom 13. Juni 1977 – BVerwG 4 B 13.77 – BVerwGE 54, 99 ≪101≫).
Aus den Erwägungen zur Zulässigkeit des Normenkontrollantrags ergibt sich, dass das Normenkontrollgericht auch dann nicht zu einem stattgebenden Urteil hätte kommen können, wenn es von der Zulässigkeit des Antrags ausgegangen wäre. Die Gründe, mit denen das Normenkontrollgericht die Möglichkeit einer Verletzung des § 1 Abs. 6 BauGB zu Lasten der Antragstellerin verneint hat, tragen auch den Befund, dass ein Verstoß gegen § 1 Abs. 6 BauGB tatsächlich nicht vorliegt. Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Antragstellerin greifen nicht durch. Andere mögliche Gründe für die Nichtigkeit des Bebauungsplans, über die der Verwaltungsgerichtshof im Fall der Zurückverweisung des Rechtsstreits bei der dann erforderlich werdenden Prüfung der Begründetheit des Normenkontrollantrags noch zu befinden hätte, sind von der Antragstellerin nicht geltend gemacht und nach Aktenlage auch nicht erkennbar.
Das Normenkontrollgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein Bebauungsplan nicht an einem Abwägungsfehler leidet, wenn private Belange nicht berücksichtigt worden sind, die der Betroffene im Zuge der Bürgerbeteiligung nicht vorgetragen hat und die sich der planenden Gemeinde auch nicht aufdrängen mussten (BVerwG, Beschluss vom 9. November 1979 – BVerwG 4 N 1.78, 4 N 2-4.79 – BVerwGE 59, 87 ≪104≫). In tatsächlicher Hinsicht hat es festgestellt, dass die Antragstellerin in dem Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans „Oberbrunn-Nord” mit keinem Wort auf den behaupteten Immissionskonflikt zwischen ihrem Gartenbaubetrieb und der in den beiden Baugebietsteilen zulässigen Wohnbebauung hingewiesen hat. Diese Feststellung hat die Antragstellerin nicht mit einer nach § 132 Abs. 2 Nr. 3, § 137 Abs. 2 VwGO beachtlichen Verfahrensrüge angegriffen. Nach Auffassung des vorinstanzlichen Gerichts musste die Antragsgegnerin dem vermeintlichen Konflikt auch nicht von sich aus nachgehen, weil die Ausweisung von zwei kleinen Dorfgebieten in der Nachbarschaft eines Gartenbaubetriebes in Bezug auf den Immissionsschutz typischerweise keine Probleme aufwerfe. Dies gelte auch für den betriebsbedingten Zu- und Abgangsverkehr. Denn neben dem Mischgebiet sei in einem Dorfgebiet ein Gartenbaubetrieb nach § 5 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO regelmäßig zulässig. Der dagegen erhobene Einwand der Antragstellerin, das Normenkontrollgericht habe übersehen, dass es sich bei ihrem Gartenbaubetrieb eher um ein kleines Gartencenter handele, das nicht von § 5 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO erfasst werde, geht fehl. Nach den Feststellungen des Normenkontrollgerichts, hinsichtlich derer die Beschwerde keine im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3, 137 Abs. 2 VwGO beachtlichen Verfahrensrügen vorgetragen hat, ist die Antragstellerin Inhaberin eines Gärtnerei- und Baumschulbetriebes mit Gewächshäusern und einer Kompostieranlage. Dies zwingt zu dem Schluss, dass der Betrieb auf die gartenbauliche Erzeugung von Kulturpflanzen ausgerichtet ist. Er ist deshalb – auch wenn ergänzend Fremdwaren verkauft werden – ein Gartenbaubetrieb im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO (vgl. König/Roeser/Stock, BauNVO, § 5 Rn. 36 i.V.m. § 2 Rn. 26) und keine Handelsgärtnerei, deren Geschäftsgegenstand der An- und Verkauf von Pflanzen ist und die als Einzelhandelsbetrieb bauplanungsrechtlich anderen Zulässigkeitsregeln unterliegt. Dass das Normenkontrollgericht wegen der generellen Verträglichkeit von Dorfgebiet und Gärtnereibetrieben der allgemein gehaltenen Äußerung des Landratsamts, gegenseitige Beeinträchtigungen zwischen der heranrückenden Wohnbebauung im südlichen Bereich des Baugebiets B und dem Betrieb der Antragstellerin seien nicht auszuschließen, die Eignung abgesprochen hat, eine Ermittlungspflicht im Rahmen der Abwägung zu begründen, ist nicht zu beanstanden.
Die Rüge der Antragstellerin, schon zum Zeitpunkt der Aufstellung des Bebauungsplans sei ihr Betrieb nächtlich von Lastkraftwagen angefahren worden und dieser Umstand habe bei der Abwägung berücksichtigt werden müssen, geht ins Leere. Das Normenkontrollgericht hat sie mit Recht nach § 215 Abs. 1 BauGB als unbeachtlich behandelt.
Nichts zu erinnern ist schließlich gegen den vorinstanzlichen Befund, die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan in kleinerem Umfang praktizierte Kompostablagerung auf dem Flurstück 974/1 habe zu wenig Gewicht gehabt, als dass sie ohne diesbezügliche Einwände von der Antragsgegnerin im Rahmen der Abwägung habe berücksichtigt werden müssen. Er beruht auf einer tatrichterlichen Würdigung, die durch die Behauptung der Antragstellerin, die Entfernung zwischen der früheren Kompostanlage und den geplanten Wohnhäusern betrage nur 150 m, und den Hinweis auf die Hauptwindrichtung nicht als willkürlich gekennzeichnet wird und deshalb revisionsrechtlich nicht zu bemängeln ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertentscheidung auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Paetow, Lemmel, Gatz
Fundstellen
BauR 2002, 1829 |
ZfBR 2003, 49 |