Verfahrensgang

OVG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 20.09.2001; Aktenzeichen 6 A 10069/01)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. September 2001 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 251 EUR (entspr. 2 447 DM) festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, welche einen Optikerbetrieb mit einer Filiale führt, wandte sich in den Vorinstanzen erfolglos gegen die Festsetzung eines Handwerkskammerbeitrags für 1999. Sie erstrebt die Zulassung der Revision gegen das Berufungsurteil. Sie hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob das Satzungsrecht der Beklagten mit § 113 HwO und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.

§ 3 der Beitragsordnung der Beklagten trifft folgende Regelungen über den Beitrag: Nach Absatz 1 setzt sich der Beitrag aus einem Grund- und einem Zusatzbeitrag (Umlage) zusammen. Nach Absatz 2 besteht der Grundbeitrag aus einem gestaffelten Betrag; der Staffelung wird der Ertrag/Gewinn aus dem Gewerbebetrieb zugrunde gelegt. Von Mitgliedsbetrieben in der Rechtsform der juristischen Personen und der GmbH & Co KG wird ein einheitlicher höherer Grundbeitrag erhoben; eine Staffelung nach Gewinn/Ertrag erfolgt bei diesen Unternehmen nicht. Für zusätzlich unterhaltene Betriebsstätten (Filialen) ist jeweils der Grundbeitrag des Hauptbetriebs zu entrichten. Nach Absatz 3 ist Bemessungsgrundlage für den Zusatzbeitrag der Gewerbeertrag bzw. der Gewinn aus dem Gewerbebetrieb. Der Hebesatz wird jährlich festgelegt. Eine Staffelung ist zulässig. Für das Haushaltsjahr 1999 hat die Vollversammlung den Grundbeitrag für Einzelunternehmen und Personengesellschaften außer der GmbH & Co KG jeweils bis zu einem Höchstbetrag von 760 DM gestaffelt und für juristische Personen einschließlich der GmbH & Co KG auf einheitlich 900 DM festgelegt. Der Zusatzbeitrag wurde bei den Einzelbetrieben und Personengesellschaften auf einen bestimmten Promillebetrag des Ertrags/Gewinns unter Berücksichtigung eines Freibetrags von 48 000 DM, bei juristischen Personen ohne Anrechnung eines Freibetrags bis zur Höchstgrenze von 2 500 DM bestimmt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Berufungsentscheidung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Berufungsentscheidung beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muss in der Beschwerdebegründung die grundsätzlich Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Berufungsurteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Prüfung des beschließenden Senats ist demgemäß auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO beschränkt. Diese rechtfertigen keine Revisionszulassung.

Die Beschwerde wird allein auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützt. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen verleihen der Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.

Die Klägerin möchte mit drei zusammenhängenden Fragen geklärt wissen, ob es mit § 113 HwO und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, dass eine Handwerkskammer den als Grundbeitrag erhobenen Beitrag allein für juristische Personen als Pauschalbeitrag und für sämtliche juristische Personen unabhängig von dem jeweiligen Vorteil in gleicher Höhe pauschal festsetzen und die Vorteils- und Leistungsbezogenheit der Beiträge allein über den Zusatzbeitrag erreichen darf.

Die Klägerin hält außerdem für klärungsbedürftig, ob es mit § 113 Abs. 2 HwO in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, Filialbetriebe juristischer Personen mit einem gleich hohen pauschalen Grundbeitrag wie den Hauptbetrieb heranzuziehen.

Mit diesem Vorbringen wird keine in einem Revisionsverfahren zu klärende Frage des revisiblen Rechts mit grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen, weil die für die Beitragserhebung maßgeblichen Rechtsfragen des Bundesrechts durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt sind. Durch § 113 Abs. 1 HwO sind die Kammern ermächtigt, die durch ihre Errichtung und ihre Tätigkeit entstehenden Kosten, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, von den selbständigen Handwerkern und den Inhabern handwerksähnlicher Betriebe nach einem von der Handwerkskammer mit Genehmigung der obersten Landesbehörde festgesetzten Beitragsmaßstab zu erheben. Für die nach § 113 Abs. 1 HwO auf die selbständigen Handwerker und die Inhaber handwerksähnlicher Betriebe umzulegenden Kosten der Kammertätigkeit können gemäß § 113 Abs. 2 Satz 1 HwO als Beiträge Grund- und Zusatzbeiträge sowie Sonderbeiträge erhoben werden. Nähere Vorschriften über die Wahl der Beitragsart enthält das Gesetz nicht. Es steht somit weitgehend im normativen Ermessen der Kammern, ob und inwieweit sie umlagefähige Kosten außer durch Grundbeiträge durch Zusatzbeiträge oder Sonderbeiträge decken will. Die Mitgliedsbeiträge berufsständischer Kammern sind Beiträge im Rechtssinne (vgl. z.B. Urteile vom 26. Juni 1990 – BVerwG 1 C 45.87 – Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 22 = GewArch 1990, 398 und vom 17. Dezember 1998 – BVerwG 1 C 7.98 – BVerwGE 108, 169 = GewArch 1999, 193), deren Rechtmäßigkeit an den für Beiträge geltenden Maßstäben zu messen ist. Beiträge sind Gegenleistungen für Vorteile, die das Mitglied aus der Kammerzugehörigkeit oder einer besonderen Tätigkeit der Kammer zieht oder ziehen kann. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass für die Beitragserhebung durch öffentlich-rechtliche Berufsorganisationen das Äquivalenzprinzip ebenso wie der Gleichheitssatz zu beachten sind (Beschluss vom 25. Juli 1989 – BVerwG 1 B 109.89 – Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 19 = GewArch 1989, 328 und Urteil vom 26. Juni 1990 – BVerwG 1 C 45.87 – a.a.O.). Das Äquivalenzprinzip fordert, dass zwischen der Höhe des Beitrages und dem Nutzen des Mitgliedes ein Zusammenhang besteht. Die Höhe des Beitrages darf nicht in einem Missverhältnis zu dem Vorteil stehen, den er abgelten soll, und einzelne Mitglieder dürfen nicht im Verhältnis zu anderen übermäßig hoch belastet werden (Urteile vom 26. Juni 1990 – BVerwG 1 C 45.87 – a.a.O. und vom 3. September 1991 – BVerwG 1 C 24.88 – Buchholz 451.45 § 73 HwO Nr. 1 S. 3 = GewArch 1992, 28). Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verlangt, niemanden im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, ohne dass zwischen ihnen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen (Urteil vom 26. Juni 1990 – BVerwG 1 C 45.87 – a.a.O.). Für die Erhebung vorteilsbezogener Mitgliedsbeiträge durch eine öffentlich-rechtliche Körperschaft bedeutet dies, dass wesentlichen Verschiedenheiten der Mitglieder Rechnung getragen werden muss. Aus dem Gleichheitssatz ergibt sich insbesondere, dass die Beiträge im Verhältnis der Beitragspflichtigen zueinander grundsätzlich vorteilsgerecht bemessen werden müssen (Urteil vom 3. September 1991 – BVerwG 1 C 24.88 – a.a.O.).

Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen. Die Beschwerde legt nicht dar, dass die genannten Grundsätze weiterer Klärung bedürfen, sondern beschränkt sich auf die Rüge, das Berufungsgericht habe ihre Wahrung zu Unrecht angenommen. Mit bloßen Angriffen gegen die Rechtsauffassung der Vorinstanz kann die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache selbst dann nicht dargelegt werden, wenn die Klägerin zur Begründung ihrer abweichenden Rechtsauffassung verfassungsrechtliche Erwägungen anführt (Beschluss vom 3. Mai 1995 – BVerwG 1 B 222.93 – Buchholz 451.45 § 113 HwO Nr. 2 = GewArch 1995, 425).

Außerdem ist nicht zweifelhaft, dass die Bemessung der Grundbeiträge nach der hier anzuwendenden Beitragsordnung den dargelegten Anforderungen entspricht. Sie beruht auf der Erwägung, dass bei typisierender Betrachtung leistungsstärkere Mitglieder aus der Wahrnehmung der den Handwerkskammern nach Maßgabe von § 90 Abs. 1, § 91 HwO obliegenden Aufgaben regelmäßig höheren Vorteil ziehen können als wirtschaftlich schwächere. § 113 Abs. 2 Satz 2 HwO erlaubt eine Staffelung der Beiträge nach der Leistungskraft, fordert dies aber nicht zwingend. Stets müssen aber die Grundsätze der Äquivalenz und der Gleichheit gewahrt sein. Der Normgeber darf typisierend davon ausgehen, dass die Leistungskraft juristischer Personen und der GmbH & Co KG größer ist als diejenige von Einzelunternehmen und Personengesellschaften mit Ausnahme der GmbH & Co KG. Dies folgt namentlich aus den von der Klägerin mit der Beschwerde nicht angegriffenen Ausführungen des Berufungsgerichts zur Möglichkeit, Geschäftsführer- oder Betriebsleitergehälter steuerlich ertragsmindernd absetzen zu können, was dem Einzelunternehmen und der Personengesellschaft versagt ist. Weder das Äquivalenzprinzip noch der Gleichheitsgrundsatz fordern im Hinblick auf den hier in Rede stehenden Beschluss über die Beitragsbemessung für 1999 eine weitere Differenzierung des Grundbeitragssatzes für juristische Personen. Die höchste Stufe des Grundbeitrags für Personengesellschaften (mit einem Ertrag/Gewinn von über 36 000 DM) beträgt 760 DM, der Grundbeitrag für juristische Personen beträgt 900 DM. Angesichts der vom Berufungsgericht aufgezeigten steuerlichen Vorteile der juristischen Personen wäre eine Staffelung allenfalls dergestalt vorstellbar, dass noch höhere Grundbeiträge vorgesehen werden müssten. Dazu besteht aber grundsätzlich keine Verpflichtung, wenn ein höherer Ertrag, wie hier, bei den Zusatzbeiträgen noch berücksichtigt wird. Denn Grund- und Zusatzbeiträge dienen beide der Deckung der durch Errichtung und Tätigkeit der Handwerkskammern entstehenden Kosten, während in der Form der Sonderbeiträge vor allem die durch Erfüllung einer Aufgabe entstehenden Kosten umgelegt werden können, die sich von den allgemeinen Kosten der Kammer abgrenzen lassen und für deren getrennte Festsetzung besondere Gründe sprechen, etwa deswegen, weil sie einen besonderen Vorteil betreffen, der nicht allen Mitgliedern zugute kommt (Urteil vom 17. Dezember 1998 – BVerwG 1 C 7.98 – a.a.O., S. 178 bzw. 195). Demgemäß genügt es grundsätzlich, dass Grund- und Zusatzbeiträge zusammen den dargelegten Anforderungen gerecht werden.

Ebenfalls nicht zweifelhaft ist, dass es mit dem Äquivalenzprinzip und dem Gleichheitsgrundsatz regelmäßig vereinbar ist, für eine Filiale einen weiteren Grundbeitrag zu erheben. Auch dies dient der Berücksichtigung von Unterschieden in der Leistungskraft der Unternehmen. Bei zulässiger typisierender Betrachtung darf der Normgeber davon ausgehen, dass der Betrieb einer Filiale Ausdruck einer besonderen Leistungskraft ist und dass dem Unternehmen auch dafür die Tätigkeit der Handwerkskammer zugute kommt. Eine denkbare generelle Überbelastung derartiger Filialunternehmen wird dadurch vermieden, dass sie zwar hinsichtlich des Grundbeitrags mehrfach, jedoch hinsichtlich des Zusatzbeitrags nur einmal in Anspruch genommen werden. Bei im Einzelfall entstehenden Härten kann eine Billigkeitsmaßnahme nach § 9 der Beitragsordnung in Betracht kommen, wie das Berufungsgericht dargelegt hat.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 13 Abs. 2, § 73 GKG.

 

Unterschriften

Bardenhewer, Hahn, Graulich

 

Fundstellen

GewArch 2002, 245

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