Verfahrensgang
VG Dresden (Urteil vom 30.01.2003; Aktenzeichen 3 K 3564/99) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 30. Januar 2003 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 383 469 € festgesetzt.
Gründe
Die Kläger wenden sich gegen die vermögensrechtliche Rückübertragung eines Mietwohngrundstücks, das ihre Rechtsvorgänger aufgrund notariellen Kaufvertrags vom 29. November 1933 von den jüdischen Voreigentümern erworben hatten, an die Beigeladene. Das Verwaltungsgericht hat ihre nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage abgewiesen, weil sie die Vermutung, dass die Verkäufer ihr Eigentum aus verfolgungsbedingten Gründen verloren hätten (§ 1 Abs. 6 VermG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Buchst. b REAO), nicht widerlegt hätten. Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Kläger hat keinen Erfolg.
Die Revision ist nicht wegen der allein geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Die Beschwerde sieht einen Aufklärungsmangel und einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz darin, dass das Verwaltungsgericht den Verkehrswert des Grundstücks nicht ermittelt hat. Die Rügen sind unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat bei der Frage, ob die Verkäufer einen angemessenen Kaufpreis im Sinne des Art. 3 Abs. 2 REAO erhalten haben, zu Recht auf den damaligen Einheitswert des Grundstücks abgestellt. Es durfte sich die allgemeine Erfahrungstatsache, dass der Einheitswert regelmäßig die unterste Grenze des Verkehrswerts bildete, unabhängig davon zunutze machen, ob sich der Verkehrswert noch ermitteln ließ (vgl. Urteil vom 24. August 2000 – BVerwG 7 C 85.99 – Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 7). Tatsachen, die diese allgemeine Erfahrungstatsache erschüttern konnten, lagen nicht vor. Namentlich wurde eine solche Tatsache nicht dadurch begründet, dass das Grundstück der Gebäudeentschuldungssteuer unterlag.
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die Gebäudeentschuldungssteuer vom Einheitswert nicht abzuziehen ist, wenn auf den festgesetzten Einheitswert als unterste Grenze des Verkehrswerts zurückgegriffen werden darf. Die Belastung eines Grundstücks mit der Gebäudeentschuldungssteuer ging gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 des Reichsbewertungsgesetzes vom 22. Mai 1931 (RGBl I S. 222) in den Einheitswert ein, soweit dieser – wie bei Mietwohngrundstücken – nach dem Ertragswert zu bemessen war (Urteil vom 17. Januar 2002 – BVerwG 7 C 13.01 – Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 12); sie wurde beim Bewertungssatz berücksichtigt und zur Ermittlung des Reinertrags mit 70 % angesetzt (§ 29 i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 2 und 3, § 30 der Durchführungsbestimmungen vom 22. Mai 1931 ≪RGBl I S. 252≫). Für die Bewertung nach dem Reichsbewertungsgesetz vom 16. Oktober 1934 (RGBl I S. 1035) galt im Grundsatz nichts anderes. Bewertungsmaßstab war die Jahresrohmiete nach Maßgabe eines Vervielfältigers, der von den Präsidenten der Landesfinanzämter nach den Verhältnissen auf dem Grundstücksmarkt zu bestimmen war; der sich hieraus ergebende Wert war zu ermäßigen, wenn Umstände tatsächlicher Art – insbesondere eine Belastung mit Gebäudeentschuldungssteuer – vorlagen, die von den bei der Bildung der Vervielfältiger zugrunde gelegten Verhältnissen wesentlich abwichen (vgl. § 52 Abs. 1 RBewG 1935 i.V.m. § 33 Abs. 1, § 36 und § 37 der Durchführungsbestimmungen vom 2. Februar 1935 ≪RGBl I S. 81≫). Der Satz, dass der Einheitswert regelmäßig die unterste Grenze des Verkehrswerts bildete, gilt für die Einheitswerte 1931 und 1935 gleichermaßen.
In Übereinstimmung hiermit ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Gebäudeentschuldungssteuer nicht vom Einheitswert in Abzug zu bringen oder dem gezahlten Kaufpreis zuzuschlagen ist. Da es von diesem Rechtsstandpunkt aus auf die Ermittlung des Verkehrswerts nicht ankam, hat es seine Pflicht zur Sachaufklärung nicht verletzt. Die Behauptung der Beschwerde, die Gebäudeentschuldungssteuer sei bei der Feststellung der Einheitswerte 1931 und 1935 für das in Rede stehende Grundstück entgegen den einschlägigen Rechtsvorschriften nicht berücksichtigt worden, entbehrt jedes tatsächlichen Anhaltspunkts. Deshalb musste sich dem Verwaltungsgericht eine Beweiserhebung in dieser Richtung nicht aufdrängen. Das Beschwerdevorbringen ergibt auch nicht den behaupteten Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz. Die Beschwerde macht keine mangelhafte Überzeugungsbildung im tatsächlichen Bereich, sondern der Sache nach eine fehlerhafte Anwendung des materiellen (Bewertungs-)Rechts geltend. Mit derartigen Angriffen lässt sich die Verfahrensrüge nicht begründen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Sailer, Kley, Herbert
Fundstellen