Verfahrensgang

VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 12.05.1997; Aktenzeichen 2 S 1523/96)

 

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 12. Mai 1997 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 11 839 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden (vgl. u.a. Beschluß vom 2. Oktober 1961 – BVerwG VIII B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91≫), daß und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.

1. Die erste von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage,

„ob die bloße Möglichkeit des Heranfahrens an die Grundstücksgrenze bei der Zweiterschließung des klägerischen Grundstücks die Heranziehung zur Leistung von Erschließungsbeiträgen rechtfertigt”,

ist nicht klärungsbedürftig. Nach der auch vom Berufungsgericht zutreffend angeführten ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist es im wesentlichen eine bebauungsrechtliche Frage, welche Form der Erreichbarkeit eines Grundstücks – lediglich für Fußgänger (Zugang), die Möglichkeit, mit Personen- und Versorgungsfahrzeugen auf der Fahrbahn bis zur Höhe des Grundstücks heranzufahren und es von da ab (u.U. über einen Geh- und/oder Radweg) betreten zu können, oder eine Möglichkeit, auf das Grundstück mit Kraftfahrzeugen herauffahren zu können – für das erschließungsbeitragsrechtliche Erschlossensein im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu fordern ist (vgl. u.a. Urteil vom 17. Juni 1994 – BVerwG 8 C 24.92 – Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 93 S. 17 ≪19 f.≫ m.w.N.). Eine generalisierende Beantwortung der Frage, welche Art der Erreichbarkeit für welche Art von Grundstücken erforderlich ist, scheitert schon daran, daß die Anforderungen an die (plangemäße) Erschließung voraussetzungsgemäß dem jeweiligen Bebauungsplan zu entnehmen sind. Soweit die Frage verallgemeinernd beantwortet werden kann, hat das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls bereits entschieden, daß in Wohngebieten jedenfalls die Möglichkeit ausreicht, mit Fahrzeugen auf der Straße an die Grenze des Grundstücks heranzufahren (vgl. Urteil vom 3. November 1987 – BVerwG 8 C 77.86 – BVerwGE 78, 237 ≪242≫). Dies gilt auch in Fällen der Mehrfacherschließung (vgl. u.a. Urteil vom 10. Dezember 1993 – BVerwG 8 C 59.91 – Buchholz 406.11 § 127 BauGB Nr. 72 S. 110 ≪113≫). Soweit die Möglichkeit des Heranfahrens an die Grundstücksgrenze für das Erschlossensein ausreicht, steht dem auch ein – wie hier – bestehendes bauplanungsrechtliches Zu- und Abfahrverbot nicht entgegen (Urteil vom 3. November 1987 a.a.O.).

Die Beschwerde hat nicht dargetan, warum die von ihr als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage einer weitergehenden Klärung bedürfte (vgl. auch Beschluß vom 25. November 1992 – BVerwG 6 B 27.92 – Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 306 S. 223 ≪224≫). Der – im übrigen nicht zutreffende – Hinweis, die „maßgeblichen veröffentlichten Entscheidungen” lägen schon einige Jahre zurück, reicht dafür nicht aus.

2. Auch die zweite von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Die Beschwerde hat nicht dargetan, daß die Frage,

„ob die Möglichkeit des Heranfahrens selbst dann eine Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen rechtfertigt, wenn der Grundstückseigentümer im Falle des Gebrauchmachens von dieser Möglichkeit gegen Normen verstoßen und sich u.U. sogar strafbar machen würde”,

in einem künftigen Revisionsverfahren entscheidungserheblich wäre. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat den in der Beschwerdebegründung dargestellten Sachverhalt, auf dessen Grundlage die Frage überhaupt nur entscheidungserheblich werden könnte, nicht festgestellt. Verfahrensrügen sind nicht erhoben. Im übrigen sind die Behauptungen der Beschwerde, daß es selbst bei einem kurzfristigen Abstellen von Kraftfahrzeugen in dem Wendehammer vor der Grundstücksgrenze des Klägers zum Zweck des Be- oder Entladens zu Behinderungen der Nachbarschaft kommen müßte und daß bei jedem Heranführen von Fahrzeugen an das Grundstück der Kläger die Einfahrt zu einer benachbarten Tiefgarage mit der Folge blockiert wäre, daß sich die Kläger „Ansprüchen auf Wiedereinräumung des Besitzes nach § 862 BGB und Unterlassung nach § 1004 BGB aussetzten” und „selbst die Erfüllung des strafrechtlichen Tatbestandes der Nötigung, § 240 StGB, nicht von der Hand zu weisen” sei, in dieser Form im Berufungsverfahren auch nicht vorgetragen worden. Hat aber das Berufungsgericht Tatsachen, die vorliegen müßten, damit die mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochene Rechtsfrage sich in einem Revisionsverfahren stellten könnte, nicht getroffen, kann die Revision nicht im Hinblick auf diese Rechtsfrage wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen werden (Beschluß vom 30. Juni 1992 – BVerwG 5 B 99.92 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 309 S. 43 f.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13, 14 GKG.

 

Unterschriften

Dr. Kleinvogel, Sailer, Golze

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1464903

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