Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 31.03.1998; Aktenzeichen 22 B 96.3592) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 31. März 1998 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 142 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Berufungsurteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem das Berufungsurteil beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muß in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Berufungsurteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden. Die Prüfung des Senats ist demgemäß auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe beschränkt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
1. Die Klägerin, die sich gegen ihre Pflichtmitgliedschaft bei der beklagten Industrie- und Handelskammer wehrt, macht geltend, das angegriffene Urteil weiche von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab und beruhe auf dieser Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Das Berufungsgericht habe eine Pflichtmitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten nach § 2 IHKG bejaht, weil die Klägerin aufgrund ihrer Tätigkeit als selbständige Finanz- und Lohnbuchhalterin der Gewerbesteuer unabhängig davon unterliege, ob sie tatsächlich zur Gewerbesteuer veranlagt werde oder ob ein einheitlicher Steuermeßbetrag gem. § 14 GewStG zu bilden sei oder tatsächlich gebildet worden sei. Mit dieser Auffassung weiche das Berufungsgericht von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Oktober 1977 – BVerwG 1 C 35.73 – (BVerwGE 55, 1 ≪7≫) ab. Dort habe der Senat den Satz aufgestellt, “Veranlagung” zur Gewerbesteuer bedeute nicht Festsetzung der Gewerbesteuer durch die Gemeinde, die die Steuerhöhe bestimme, sondern Bildung des einheitlichen Steuermeßbetrages durch das Finanzamt, durch den u.a. über die Gewerbesteuerpflicht, auf die es hier ankomme, entschieden werde.
Eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz liegt nicht vor. In dem angeführten Urteil vom 25. Oktober 1977 hatte der Senat die Frage zu entscheiden, ob eine Gesellschaft, zu deren Unternehmensgegenständen nach der Eintragung im Handelsregister neben steuerberatenden, ihre Mitgliedschaft in einer Steuerberaterkammer begründenden Tätigkeiten auch weitere Tätigkeiten gehörten, deretwegen das Finanzamt einen Gewerbesteuermeßbescheid erlassen hatte, zusätzlich Mitglied der Industrie- und Handelskammer war oder nicht. Der Senat hat die Frage bejaht und dabei ausgeführt, die Pflichtmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer finde ihren verläßlichen Anknüpfungspunkt allein in dem durch den Kammerpflichtigen selbst bestimmten Gegenstand seiner beruflichen Tätigkeit, nicht dagegen in deren vom Pflichtigen nur begrenzt steuerbaren und zeitlich schwankenden Umfang. Die damalige Klägerin sei auch “zur Gewerbesteuer veranlagt”. Veranlagung zur Gewerbesteuer bedeute nicht Festsetzung der Gewerbesteuer durch die Gemeinde, die die Steuerhöhe bestimme, sondern Bildung des einheitlichen Steuermeßbetrages durch das Finanzamt, durch den u.a. über die Gewerbesteuerpflicht, auf die es hier ankomme, entschieden werde.
Zu diesen Ausführungen hat sich das Berufungsgericht nicht in Widerspruch gesetzt.
Die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts betreffen die Frage, ob eine Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer im Hinblick auf eine Tätigkeit bestehen kann, für die das Finanzamt einen Gewerbesteuermeßbescheid erlassen hat, ohne daß Gewerbesteuer tatsächlich erhoben worden ist. Hier dagegen hat das Berufungsgericht den Satz aufgestellt, eine IHK-Mitgliedschaft könne auch dann bestehen, wenn ein Gewerbesteuermeßbetrag weder gebildet worden noch zu bilden sei; maßgeblich sei die Gewerbesteuerpflicht, die nicht von der Festsetzung eines Meßbetrages, von der Überschreitung von Freibeträgen und von der Abgabe einer Gewerbesteuererklärung abhängig sei. Die beiden Sätze widersprechen einander nicht, sondern betreffen unterschiedliche Sachverhalte. Eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt darin nicht.
2. Die Frage, ob eine Mitgliedschaft in einer Industrie- und Handelskammer deshalb zu verneinen ist, weil ein Meßbetrag nicht festgesetzt worden ist, rechtfertigt die Zulassung der Revision auch nicht unter dem von der Beschwerde ebenfalls geltend gemachten Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Frage ist nicht klärungsbedürftig, sondern ohne weiteres aus dem Gesetz im Sinne des Berufungsgerichts zu entscheiden. Unstreitig erfüllt die Klägerin nach der Art ihrer Tätigkeit die tatbestandlichen Voraussetzungen des Gewerbesteuergesetzes. Die Festsetzung einer Gewerbesteuer ist nach ihren eigenen Angaben lediglich deshalb unterblieben, weil ihr Gewinn unter der Grenze des § 25 GewStDV liegt, sie deshalb keine Gewerbesteueranmeldung abzugeben hat und ein einheitlicher Meßbetrag deshalb nicht festgesetzt wird. Kommt es nur wegen der geringen Höhe des Gewerbegewinns nicht zur Festsetzung des Meßbetrages, so beseitigt dies nicht die dem Grunde nach bestehende Gewerbesteuerpflicht, auf die es für die Begründung der Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer ankommt (Urteil vom vom 25. Oktober 1977, a.a.O.; vgl. auch Urteil vom 24. September 1965 – BVerwG 7 C 52.62 – BVerwGE 22, 58 ≪59 ff.≫). Das Berufungsgericht verweist mit Recht auf § 3 Abs. 3 Satz 3 IHKG; die Bestimmung beweist, daß die Festsetzung eines Gewerbesteuermeßbetrages nur Bedeutung für die Höhe des Beitrags, nicht aber für die Frage der Kammerzugehörigkeit hat. Erneut bestätigt wird dies durch die Ergänzung, die § 3 Abs. 3 IHKG durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes vom 23. Juli 1998 (BGBl I S. 1887) gefunden hat; danach sind “nicht in das Handelsregister eingetragene Kammerzugehörige, deren Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, deren nach dem Einkommen- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb” bestimmte Grenzen nicht überschreitet, vom Beitrag freigestellt. Der Gesetzgeber, der mit dieser Regelung eine Befreiung nicht in das Handelsregister eingetragener Kleingewerbetreibender von ihrer Beitragspflicht ermöglichen und nicht die Verschärfung der die Kammermitgliedschaft begründenden Voraussetzungen herbeiführen will (BTDrucks 13/9378), geht also nach wie vor davon aus, daß die Kammerzugehörigkeit nicht von der Festsetzung eines Gewerbesteuermeßbetrages abhängt.
3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 13 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Meyer, Hahn, Groepper
Fundstellen