Verfahrensgang
VG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 09.04.2002; Aktenzeichen 3 K 2157/96) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. April 2002 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 80 954,55 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde der Kläger ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die begehrte Zulassung der Revision liegen nicht vor.
1. Der Sache kommt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht zu. Die von der Beschwerde allein aufgeworfene Frage,
- ob der von ihr gerügte zivilrechtliche Mangel des von dem staatlichen Verwalter vorgenommenen Verfügungsgeschäfts die Beurteilung des Vermögensverlustes beeinflusst und den Rückübertragungsanspruch begründet oder nicht,
betrifft maßgeblich die konkreten Umstände des vorliegenden Falles und ist überdies nicht klärungsbedürftig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, auf die das angefochtene Urteil zutreffend Bezug nimmt, kommt es für die Beurteilung der Frage, ob eine schädigende Maßnahme im Sinne des Vermögensgesetzes, insbesondere ob ein Vermögensverlust eingetreten ist, maßgeblich auf die Rechtswirklichkeit in der DDR an. Ein vermögensrechtlicher Restitutionsanspruch ist also bereits dann grundsätzlich möglich, wenn – trotz häufig feststellbarer zivil- oder verfahrensrechtlicher Mängel – der “Alteigentümer” faktisch aus seinem Eigentum verdrängt worden ist und der Erwerber eine Eigentümerstellung erhalten hat, die gemessen an der Rechtswirklichkeit in der DDR unangreifbar war (vgl. Urteil vom 30. Juni 1994 – BVerwG 7 C 24.93 – BVerwGE 96, 178 ≪180≫).
Die Beschwerde übersieht im Übrigen, dass ihre Rechtsauffassung – ein Vermögensverlust der Kläger bzw. ihrer Rechtsvorgänger sei in Wahrheit gar nicht eingetreten – dem von ihnen geltend gemachten Rückübertragungsanspruch nach dem Vermögensgesetz von vornherein den Boden entziehen würde (vgl. Urteil vom 30. Juni 1994, a.a.O.).
2. Das angefochtene Urteil weicht auch nicht im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 1994 (a.a.O.) ab.
Die Beschwerde sieht die Divergenz darin, dass das Bundesverwaltungsgericht – auf das sich das angefochtene Urteil ausdrücklich bezieht (vgl. UA S. 9) – zwar zunächst von der Unbeachtlichkeit zivilrechtlicher Mängel des Veräußerungsgeschäfts für die Frage des Vermögensverlusts ausgegangen sei, dann aber – anders als das Verwaltungsgericht – die Unerheblichkeit des zivilrechtlichen Mangels eingeschränkt habe, “soweit er ohne Einfluss auf den Vermögensverlust zu Zeiten der DDR war”. Diese Auffassung der Beschwerde ist unzutreffend, eine Divergenz liegt nicht vor. Die von der Beschwerde zitierte “Einschränkung” stellt nämlich – wie die Lektüre der vermeintlichen Divergenzentscheidung im Zusammenhang eindeutig belegt – lediglich das zuvor zur Maßgeblichkeit der Rechtswirklichkeit der DDR Gesagte klar. Damit wird ersichtlich nur die Aussage wiederholt, dass ein Vermögensverlust im Sinne des Vermögensgesetzes anzunehmen ist, wenn “zu Zeiten der DDR” von einem Eigentumswechsel faktisch unangreifbar ausgegangen wurde; beachtlich sind zivilrechtliche Mängel des Veräußerungsgeschäfts hingegen, wenn sie “zu Zeiten der DDR” – also in der damaligen Rechtswirklichkeit – den Vermögensverlust (auch faktisch) verhinderten.
3. Das angefochtene Urteil beruht auch nicht auf dem gerügten Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Die Beschwerde meint, das Verwaltungsgericht hätte nach dem Tod der früheren Klägerin zu 3 – Frau Hedwig Th. – mangels Benennung ihrer Erben nicht nur gemäß § 173 VwGO i.V.m. §§ 246, 239 ZPO deren Verfahren abtrennen und aussetzen dürfen, sondern das gesamte Verfahren aller übrigen – mit der früheren Klägerin zu 3 in ungeteilter Erbengemeinschaft als Streitgenossen verbundenen – Kläger gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 246 ZPO aussetzen müssen.
Diese Auffassung ist falsch; die Verfahrensweise des Verwaltungsgerichts ist vielmehr nicht zu beanstanden. Die Beschwerde geht von der unrichtigen Rechtsauffassung aus, die klagenden Miterben seien als ungeteilte Erbengemeinschaft “wegen der Unteilbarkeit des Streitgegenstandes” als notwendige Streitgenossen anzusehen mit der Folge, dass das streitige Rechtsverhältnis nur einheitlich festgestellt werden und in Rechtskraft erwachsen könne. Demgegenüber hat das Bundesverwaltungsgericht unter Hinweis u.a. auf die höchstrichterliche Rechtsprechung der Zivilgerichte entschieden, dass § 2039 BGB dem Miterben ein von dem gleichen Recht der übrigen Miterben unabhängiges Sonderrecht gewährt und deshalb das im Rechtsstreit eines Miterben ergangene Urteil weder für noch gegen die übrigen Miterben wirkt (Beschluss vom 9. Oktober 1995 – BVerwG 7 AV 8.95 – Buchholz 428 § 2a VermG Nr. 1 S. 1 unter Hinweis auf RGZ 93, 127 ≪129≫ und BFHE 156, 8 ≪10≫). Das Gesetz nimmt demnach bei mehreren zeitlich aufeinander folgenden Klagen einzelner Miterben nach § 2039 BGB trotz der Identität des geltend gemachten Anspruchs einander widersprechende Gerichtsentscheidungen in Kauf. Ebenso wenig ist eine einheitliche Entscheidung des Gerichts dann geboten, wenn einzelne Miterben gleichzeitig auf Leistung an die Erbengemeinschaft klagen. Daraus folgt, dass solche Miterben keine notwendigen Streitgenossen im Sinne des § 64 VwGO, § 62 Abs. 1 ZPO sind (Beschluss vom 9. Oktober 1995, a.a.O. unter Hinweis auf BGHZ 23, 207 ≪212 f.≫ und BFHE 156, 8 ≪10≫).
Das Verwaltungsgericht hat deshalb zu Recht nur das Verfahren der früheren Klägerin zu 3 abgetrennt und zur Feststellung von deren Erben ausgesetzt. Die Richtigkeit dieser Vorgehensweise wird im Übrigen durch § 2a VermG belegt, der davon ausgeht, dass Restitutionsverfahren betrieben und zur Entscheidung gebracht werden können, auch wenn nicht alle Mitglieder einer Erbengemeinschaft bekannt sind. Dementsprechend ist in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass die Klagen von (nur) einzelnen Miterben auf Erlass eines Rückübertragungsbescheides zu Gunsten der Erbengemeinschaft zulässig sind (Beschluss vom 9. Oktober 1995, a.a.O.) und der Antrag nur eines Miterben für die Einhaltung der Anmeldefrist zu Gunsten der gesamten Erbengemeinschaft genügt (vgl. Beschluss vom 30. November 2000 – BVerwG 8 B 206.00 – Buchholz 428 § 30a VermG Nr. 22; Urteil vom 28. März 1996 – BVerwG 7 C 28.95 – Buchholz 428 § 30a VermG Nr. 2 S. 2 ≪4≫).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13, 14 GKG.
Unterschriften
Dr. Pagenkopf, Sailer, Krauß
Fundstellen