Verfahrensgang
VG Berlin (Aktenzeichen 31 A 106.98) |
Tenor
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 19. Januar 2001 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 Million DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Beigeladenen geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO liegen nicht vor.
Die Grundsatzrüge greift nicht durch. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur dann zu, wenn die Beschwerde eine Rechtsfrage aufwirft, deren zu erwartende revisionsgerichtliche Klärung der Einheit oder der Fortentwicklung des Rechts zu dienen vermag. Daran fehlt es hier. Die Beschwerde hält eine Vielzahl von Fragen für klärungsbedürftig, die allerdings einen Sachverhalt voraussetzen, den das Verwaltungsgericht nicht festgestellt hat, ohne dass seitens der Beschwerde diesbezüglich Verfahrensrügen erhoben worden sind. Das gilt für die von der Beschwerde für rechtsgrundsätzlich gehaltenen Fragen,
- Läßt sich ein Zurechnungszusammenhang zu den von der sowjetischen Besatzungsmacht zu verantwortenden Enteignungen aufgrund des Einziehungsgesetzes vom 08.02.1949 und der „Liste 3” auch dann herstellen, wenn der in der „Liste 3” verzeichnete Vermögenswert beim Erlaß des Gesetzes zwar noch nicht ausdrücklich aufgrund des Befehls Nr. 124 beschlagnahmt, jedoch gemeldet war, die rechtlichen Voraussetzungen der Beschlagnahme nach Befehl Nr. 124 vorlagen und diese sodann durch deklaratorischen Beschluß nach dem 08.02.1949 umgesetzt wurde?
- Stellt sich die „Meldung” eines Vermögenswertes vor dem 09.02.1949 als bloße technische Abwicklung dar, wenn bereits zuvor der Zugriff auf das Vermögen erfolgte und das Vermögen des Betroffenen faktisch den Bestimmungen des Befehls Nr. 124 unterlag?
- Stellt sich die Beschlagnahme eines Vermögenswertes durch deklaratorischen Beschluß nach dem 08.02.1949 als bloße technische Abwicklung dar, wenn bereits zuvor der Zugriff auf das Vermögen durch Meldung und Unterstellung unter Treuhandverwaltung faktisch den Bestimmungen des Befehls Nr. 124 unterlag?
- Trat die Beschlagnahme faktisch bereits in dem Zeitpunkt ein, in dem der Zugriff auf das Vermögen erfolgte und ein Tatbestand erfüllt war, an den der SMAD Befehl Nr. 124 die Beschlagnahmewirkung knüpfte?
- Genügt es zur Annahme einer Beschlagnahme, den Vermögenswert als am 08.02.1949 dem sachlichen Anwendungsbereich des Befehls Nr. 124 unterfallend anzunehmen, wenn auf diesen bereits zuvor durch Meldung und Unterstellung unter Treuhandverwaltung zugegriffen worden war, das Vermögen und Einkommen des Hauptnutzungsberechtigten als Gruppenführer der SA und repräsentatives Aushängeschild der NSDAP den Bestimmungen des Befehls Nr. 124 der SMA unterlag und das gesamte sonstige außerhalb Berlins in der SBZ belegene Vermögen des Betroffenen bereits 1945, zumindest vor dem 08.02.1949 enteignet worden ist?”
Das Gleiche gilt für die beiden unter I. 2. gestellten Fragen. Sämtliche Fragen sind nicht entscheidungserheblich, weil sie einen Sachverhalt voraussetzen, der so vom Verwaltungsgericht nicht festgestellt ist und deshalb in dem Revisionsverfahren nicht zugrunde gelegt werden dürfte. Das Verwaltungsgericht ist unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon ausgegangen, dass Enteignungen nach der Liste 3 grundsätzlich auf besatzungshoheitlicher Grundlage nach § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG erfolgt sind. Eine andere rechtliche Beurteilung lässt die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch dann zu, wenn der in der Liste 3 verzeichnete Vermögenswert nicht bereits beim Erlass des Gesetzes vom 8. Februar 1949 beschlagnahmt war, da es in solchen Fällen wegen des in dem Bestätigungsschreiben des damaligen sowjetischen Stadtkommandanten vom 9. Februar 1949 enthaltenen Verbots künftiger Beschlagnahmen an einem die Gründung der DDR überdauernden Auftrag der Besatzungsmacht an den Magistrat zur Erledigung der anhängigen Beschlagnahmefälle fehlt (Urteil vom 13. Februar 1995 – BVerwG 7 C 53.94 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 38 S. 76). Dieser rechtliche Ausgangspunkt liegt dem angefochtenen Urteil ebenfalls zugrunde. Das Verwaltungsgericht hat indes nicht festgestellt, dass die streitbefangenen Vermögenswerte bereits zu dem genannten Zeitpunkt beschlagnahmt gewesen sind. Es ist vielmehr davon ausgegangen, dass der streitbefangene Wohnblock nur den zuständigen Stellen gemeldet worden sei und dass in einer bloßen Meldung eines Vermögenswertes nach dem Befehl Nr. 124 noch keine Beschlagnahme zu sehen sei. Das Verwaltungsgericht hat damit weder einen Zugriff sowjetischer oder deutscher Stellen auf den genannten Vermögenswert noch einen förmlichen Beschlagnahmeakt festgestellt. Ebenso wenig ist es von einem billigenden Verhalten der Besatzungsmacht ausgegangen. Das Verwaltungsgericht hat damit zu solchen Tatsachen, die vorliegen müssten, damit die mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochenen Fragen sich in einem Revisionsverfahren stellen könnten, keine Feststellungen getroffen. Deshalb kann die Revision im Hinblick auf diese Fragen nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden (stRspr des BVerwG, vgl. Beschluss vom 30. Juni 1992 – BVerwG 5 B 99.92 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 309 S. 43, Beschluss vom 20. September 1999 – BVerwG 8 B 278.99 –).
Auch der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt nicht vor. Eine solche Divergenz ist im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung u.a. des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Das Verwaltungsgericht hat keinen von den in der Beschwerde genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts abweichenden Rechtssatz aufgestellt. Es ist vielmehr unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts davon ausgegangen, dass eine Beschlagnahme auf besatzungshoheitlicher Grundlage überhaupt nicht vorgelegen hat. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist das Verwaltungsgericht auch nicht in eine Rechtmäßigkeitsprüfung von Hoheitsakten eingetreten, die auf besatzungshoheitlicher oder besatzungsrechtlicher Grundlage im Sinne des § 1 Abs. 8 lit. A VermG ergangen sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 13, 14 GKG.
Unterschriften
Dr. Müller, Dr. Pagenkopf, Sailer
Fundstellen