Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 4. Juni 2009 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 70 000 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Rz. 2
1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragsgegnerin beimisst. Die Beschwerde wirft als grundsätzlich klärungsbedürftig die Fragen auf:
Welche Anforderungen und Kriterien sind an die Sicherheit der Durchführung eines Bebauungsplanes zu stellen, in dem der Konflikt aus einem anderen Bebauungsplanverfahren bewältigt wird?
Ist hierfür eine Beschlussfassung des Stadtrates gemäß § 10 BauGB ausreichend oder müssen weitere Voraussetzungen der Konfliktbewältigung geschaffen werden?
Ist es ausreichend, den Konflikt durch Aufstellung eines weiteren Bebauungsplans zu lösen oder müssen weitere Maßnahmen durch die Antragsgegnerin ergriffen werden. Wenn ja, welche?
Rz. 3
Mit diesen Fragen wendet sich die Antragsgegnerin gegen die Auffassung des Normenkontrollgerichts, das den angefochtenen Bebauungsplan für unwirksam erklärt hat, weil die Antragsgegnerin die von den Antragstellern schon bei ihren Einwendungen aufgeworfene Frage der den geplanten Markt erschließenden Verkehrsanbindung bei der Abwägung aufgrund einer ungesicherten Prognose entschieden habe. Die Antragsgegnerin habe verkannt oder jedenfalls hingenommen, dass die verkehrsmäßige Erschließung des Plangebietes mit dem geplanten Markt im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Satzung nicht gesichert gewesen sei; sie sei es im Übrigen auch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Normenkontrollanträge der Antragsteller noch nicht (UA S. 28). Die Antragsgegnerin habe dieses Problem zwar erkannt und mit der Einleitung – und dem zwischenzeitlich sogar bereits erfolgten Abschluss – des Planaufstellungsverfahrens für die Verbindungsstraße zwischen der Illinger Straße und der Straße Im Alten Weiher sowie der Erstellung eines Entwurfsplans für die künftige Straße wichtige Schritte zur Problemlösung unternommen (UA S. 29). Ungeachtet des mittlerweile abgeschlossenen Planungsverfahrens für die Verbindungsstraße sei bezogen auf den Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses über den hier im Streit stehenden Bebauungsplan und auch noch gegenwärtig die Verwirklichung dieser Straße derart ungewiss, dass die Antragsgegnerin im Rahmen der von ihr anzustellenden Prognose nicht realistischerweise habe darauf vertrauen dürfen, dass es gelingen werde, die durch das Hinzutreten des Verbrauchermarktes zu erwartenden Verkehrsprobleme mittels dieses Straßenneubaus bis zur Inbetriebnahme des Marktes zu lösen. Die Antragsgegnerin habe zwar erklärt, Interessenten würden den “Zuschlag” – für die entsprechenden stadteigenen Grundstücke im Plangebiet – nur dann erhalten, wenn sie auch die Straße bauten bzw. die Kosten für den Straßenbau übernähmen. Einen Stadtratsbeschluss, der diese Verknüpfung festschriebe, gebe es indes nicht. Beide Planverfahren seien vielmehr völlig unabhängig voneinander durchgeführt worden. Das bedeute, dass das Markt-Projekt, dessen Verwirklichung durch den Bebauungsplan ermöglicht werden solle, planungsrechtlich auch dann realisierbar wäre, wenn die geplante Straße nicht gebaut würde. Zwar könne die Antragsgegnerin die Straße auch auf eigene Kosten bauen; ob dies der Absicht des Stadtrates entspräche, sei offen, da es auch insoweit keinen Beschluss gebe (UA S. 30). Außerdem sei der die Verbindungsstraße festsetzende Bebauungsplan noch anfechtbar, so dass noch nicht feststehe, ob er Bestand haben werde und die Verbindungsstraße auf seiner Grundlage gebaut werden könne. Etwaigen Rechtsmitteln gegen den Bebauungsplan für diese Straße könne nicht von vornherein jegliche Erfolgsaussicht abgesprochen werden (UA S. 31).
Rz. 4
Die von der Antragsgegnerin aufgeworfenen Fragen richten sich ungeachtet der allgemein gehaltenen Formulierungen gegen die Anwendung der in der Rechtsprechung entwickelten und vom Normenkontrollgericht zugrunde gelegten Grundsätze (UA S. 27, 29) zur Zulässigkeit der Verlagerung von Problemlösungen auf ein nachfolgendes Verwaltungsverfahren im konkreten Einzelfall.
Rz. 5
Wie auch die Antragsgegnerin erkennt, ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die Gemeinde von einer abschließenden Konfliktbewältigung im Bebauungsplan Abstand nehmen darf, wenn bei vorausschauender Betrachtung die Durchführung der als notwendig erkannten Konfliktlösungsmaßnahmen außerhalb des Planungsverfahrens auf der Stufe der Verwirklichung der Planung sichergestellt ist (Beschlüsse vom 8. November 2006 – BVerwG 4 BN 32.06 – juris Rn. 4, vom 30. März 1998 – BVerwG 4 BN 2.98 – juris Rn. 4, vom 25. August 1997 – BVerwG 4 BN 4.97 – Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 94, vom 14. Juli 1994 – BVerwG 4 NB 25.94 – Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 75 und vom 28. August 1987 – BVerwG 4 N 1.86 – Buchholz 406.11 § 1 BBauG Nr. 29). Um die Durchführung der als Folge planerischer Festsetzungen gebotenen Maßnahmen einem anderen Verfahren im Sinne der Rechtsprechung des Senats überlassen zu können, muss die Gemeinde hinreichend sicher darauf vertrauen dürfen, dass dort für die offengebliebenen Fragen eine sachgerechte Lösung gefunden werden wird.
Rz. 6
Die Frage, unter welchen Umständen eine Konfliktlösung außerhalb des Planungsverfahrens hinreichend sicher ist, beurteilt sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalles und entzieht sich einer abstrakten Klärung (Beschluss vom 14. Juli 1994 a.a.O. S. 12 ≪juris Rn. 5≫). Die von der Antragsgegnerin gewünschte Präzisierung der Kriterien entzieht sich rechtsgrundsätzlicher Klärung. Nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Normenkontrollgerichts sind ernsthafte Zweifel daran angebracht, ob der zur Erschließung erforderliche Straßenbau, der Gegenstand der mittlerweile abgeschlossenen straßenrechtlichen Planfeststellung ist, überhaupt realisiert werden kann. Der Sache nach handelt es sich bei dem Vorbringen der Antragsgegnerin um schlichte Kritik an der diesen Feststellungen zugrunde liegenden Tatsachenwürdigung im Gewande von Grundsatzrügen.
Rz. 7
2. Auch die Divergenzrügen verhelfen der Beschwerde nicht zum Erfolg.
Rz. 8
Die Antragsgegnerin führt selbst aus, dass das Normenkontrollgericht auf der Grundlage des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. August 1997 (a.a.O.) entschieden hat (Beschwerdebegründung S. 6).
Rz. 9
Einen Rechtssatzwiderspruch sieht die Antragsgegnerin unter Wiedergabe von Zitaten mit Blick auf den Beschluss vom 28. August 1987 (a.a.O. S. 6 f. ≪juris Rn. 30 und 31≫), aus dem sich ergebe, dass die Gemeinde an den Katalog möglicher Festsetzungen gebunden sei. Auch hier habe die Antragsgegnerin lediglich Festsetzungen nach § 9 BauGB vornehmen können. Weder die vom Normenkontrollgericht angesprochene “Verknüpfung” durch einen Stadtratsbeschluss noch die Frage der verbindlichen Kostenübernahme habe durch Festsetzungen nach § 9 BauGB erreicht werden können (Beschwerdebegründung S. 8). Abgesehen davon, dass die Antragsgegnerin zwar Rechtssätze des Senats, nicht jedoch darauf bezogene abstrakte Rechtssätze des Normenkontrollgerichts zitiert, ist auch der Sache nach kein Rechtssatzwiderspruch dargelegt. Das Normenkontrollgericht hat keine Anforderungen an den Bebauungsplan gestellt, die nicht erfüllbar wären, sondern darauf abgestellt, dass beide Planverfahren völlig unabhängig voneinander durchgeführt worden seien und die Einlassungen der Antragsgegnerin mit Gewicht gegen die Annahme sprächen, sie sei bereit, die Straße auf eigene Kosten zu bauen, wenn es nicht gelänge, diese Kosten dem künftigen Marktbetreiber zu überbürden (UA S. 31). Auch hier zeigt sich, dass sich die Antragsgegnerin letztlich nur gegen die Würdigung der Gegebenheiten des Einzelfalls und die Einschätzung des Normenkontrollgerichts wendet, dass im vorliegenden Fall nicht von einer hinreichend verfestigten Planung ausgegangen werden könne. Das gilt auch soweit die Antragsgegnerin als Abweichung rügt, das Normenkontrollgericht habe ausschließlich auf den Bebauungsplan der Verbindungsstraße abgestellt, obwohl auch hier noch ein Verwaltungsverfahren nachgeschaltet sei, und meint, sie habe mehr getan, als sie hätte tun müssen (Beschwerdebegründung S. 8). Abgesehen davon fehlt es auch an der Gegenüberstellung sich widersprechender Rechtssätze.
Rz. 10
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Jannasch, Dr. Philipp, Dr. Bumke
Fundstellen