Entscheidungsstichwort (Thema)
Revision in Personalvertretungssachen nach dem Landespersonalvertretungsgesetz Rheinland-Pfalz
Leitsatz (amtlich)
1. Die Zulassung der Revision kann in Pesonalvertretungssachen nach dem Personalvertretungsgesetz Rheinland-Pfalz nur auf die Verletzung von Bundesrecht oder von revisibel erklärtem Landesrecht gestützt werden, nicht aber generell auf die Verletzung von Vorschriften dieses Gesetzes.
2. Vorschriften des Landespersonalvertretungsrechts sind gemäß § 127 Nr. 2 BRRG kraft Bundesrechts nur revisibel, wenn es sich um eine Streitigkeit „aus dem Beamtenverhältnis” handelt. Dies ist nur der Fall, wenn und soweit sich die für die Entscheidung maßgeblichen Vorschriften des Landespersonalvertretungsgesetzes auf die Beteiligung des Personalrats an beamtenrechtlichen Maßnahmen beziehen. Das Informationsrecht nach § 69 Abs. 3 Satz 1 RhPPersVG zählt nicht dazu, weil es bereits vor Einleitung eines konkreten Beteiligungsverfahrens besteht.
Normenkette
RhPPersVG § 122; VwGO § 232 Abs. 2 Nr. 1, § 137 Abs. 1
Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 27.06.1995; Aktenzeichen 5 A 12134/94) |
VG Mainz (Entscheidung vom 27.06.1994; Aktenzeichen 5 K 5057/93) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. Juni 1995 wird verworfen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 000 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unzulässig und daher zu verwerfen. Mit der Beschwerdebegründung wird allein der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend gemacht. Es kann offenbleiben, ob das Beschwerdevorbringen insoweit den Anforderungen genügt, die § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung eines Zulassungsgrundes stellt. Jedenfalls betreffen die Ausführungen, mit denen die Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung darlegen will, weder Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) noch revisibles Landesrecht. Denn es geht dabei ausschließlich um die Auslegung des § 69 Abs. 3 Satz 1 RhPPersVG 1992. Hierbei handelt es sich um Landesrecht. Dieses kann nur revisibel sein, wenn es entweder durch Bundesgesetz oder gemäß Art. 99 GG durch Landesgesetz ausdrücklich für revisibel erklärt wird. Beides ist hier nicht der Fall.
1. Das Personalvertretungsgesetz Rheinland-Pfalz selbst enthält keine Regelung, in der Streitigkeiten nach diesem Gesetz generell für revisibel erklärt würden. Eine solche läßt sich insbesondere nicht § 122 RhPPersVG 1992 entnehmen, der wie folgt lautet: „Die Verwaltungsgerichte, im dritten Rechtszug das Bundesverwaltungsgericht, sind zuständig für alle Streitigkeiten aus diesem Gesetz”.
In dieser Vorschrift wird zwar das Bundesverwaltungsgericht erwähnt. Sie enthält jedoch nur eine gerichtsverfassungsrechtliche Verweisung auf den Verwaltungsrechtsweg und den dort vorgesehenen Instanzenzug, nicht jedoch eine solche über das Gerichtsverfahren und insbesondere nicht eine solche über die Voraussetzungen einer zulässigen Revision. Das läßt ein Vergleich mit den untereinander nahezu wortgleichen Regelungen in § 83 Abs. 1 BPersVG und § 114 Abs. 1 RhPPersVG in der bis zur Novellierung im Jahre 1992 gültigen Fassung erkennen:
Der Wortlaut des § 122 RhPPersVG 1992 ist in seinem ersten Teil identisch sowohl mit dem bundesrechtlichen Vorbild als auch mit dem landesrechtlichen Vorgänger. Beide Regelungen werden bzw. wurden jedoch in einem zweiten Absatz um eine ausdrückliche verfahrensrechtliche Regelung ergänzt. Dort war bzw. ist nämlich jeweils die entsprechende Geltung der Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes über das Beschlußverfahren vorgesehen. Der Neufassung des Landespersonalvertretungsgesetzes von 1992 hingegen fehlt es an einer vergleichbaren Regelung. Ob der Landesgesetzgeber dies gewollt hat, mag zweifelhaft sein (vgl. auch Felser/Meerkamp/Vohs, LPVG RhP, 1994, § 122 Rn. 2). Das läßt sich an den Gesetzesmaterialien verdeutlichen: Sowohl im Regierungsentwurf (LTDrucks 12/1562) als auch in der der Beschlußempfehlung des zuständigen Landtagsausschusses (LTDrucks 12/2194) war dem Gesetzestext des § 122 jeweils die in Klammern gesetzte Ziffer eins vorangestellt, also die Zeichenfolge „(1)”. Daraus wiederum läßt sich schließen, daß der einzige Gesetz gewordene Satz des § 122 RhPPersVG 1992 ursprünglich nur ein erster Absatz sein sollte. Dem so gekennzeichneten Absatz 1 sollte sich folglich zumindest ein weiterer Absatz anschließen. Manches spricht dafür, daß dies wohl dieselbe Regelung sein sollte, wie sie in § 114 Abs. 2 RhPPersVG a.F. und in § 83 Abs. 2 BPersVG vorgesehen war bzw. ist. Denn hätte der Gesetzgeber von dem landesrechtlichen Vorgänger und dem bundesrechtlichen Vorbild abweichen wollen, wäre dies bei der neu zu fassenden Regelung wohl kaum aus dem Blickfeld geraten. Im Ergebnis jedenfalls schweigt das Gesetz zum maßgeblichen Verfahren gänzlich. Dieses Schweigen aber bewirkt, daß gemäß § 122 RhPPersVG 1992 i.V.m. § 40 VwGO die Verwaltungsgerichtsordnung uneingeschränkt anzuwenden ist. Mithin gelten auch deren Regelungen über das Verfahren im dritten Rechtszug und gilt insbesondere auch § 137 Abs. 1 VwGO ohne jeden Abstrich (vgl. im Ergebnis auch Felser/Meerkamp/Vohs a.a.O. § 122 Rn. 9; Ruppert, PersVR RhP, § 122 Rn. 206).
2. § 69 Abs. 3 Satz 1 RhPPersVG 1992, wonach zu „allen Vorstellungs- und Auswahlgesprächen … ein von der Personalvertretung benanntes Personalratsmitglied einzuladen” ist, wird auch nicht etwa durch Bundesgesetz für revisibel erklärt. Insbesondere wird die Regelung nicht von § 127 Nr. 2 BRRG erfaßt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt eine aufgrund dieser Vorschrift revisible „Klage aus dem Beamtenverhältnis” in personalvertretungsrechtlichen Angelegenheiten nur vor, wenn und soweit sich Vorschriften der Landespersonalvertretungsgesetze auf die Beteiligung des Personalrats an beamtenrechtlichen Maßnahmen beziehen. Derartige Vorschriften werden als revisibel angesehen, weil sie Einfluß auf die Rechtmäßigkeit und Rechtsbeständigkeit beamtenrechtlicher Maßnahmen haben und sie daher materiell dem Landesbeamtenrecht zuzuordnen sind (vgl. zuletzt BVerwGE 66, 291, ≪292≫). Um eine solche Vorschrift handelt es sich bei § 69 Abs. 3 Satz 1 RhPPersVG 1992 nicht.
Zwar können von dem Recht auf Teilnahme eines Personalratsmitgliedes an Vorstellungs- und Auswahlgesprächen auch Beamte als Bewerber betroffen sein. Die Teilnahme stellt sich jedoch aus landesrechtlicher Sicht nicht als Beteiligung im personalvertretungsrechtlichen Sinne dar. Vielmehr geht es nach Auffassung des Berufungsgerichts in § 69 Abs. 3 Satz 1 RhPPersVG ausschließlich um Informationsrechte der Personalvertretung; insbesondere stehe die Vorschrift außerhalb der Regelungen über die verschiedenen Beteiligungsverfahren, weil der Gesetzgeber das Teilnahmerecht als eine spezielle Ausformung des Informationsrechts bewußt „in einen Verfahrensabschnitt vor … Beginn des eigentlichen Mitbestimmungsverfahrens verlagert hat” (S. 17 d.U.). Diese Auffassung wiederum entspricht der Rechtsprechung des Senats insoweit, als er für das Bundespersonalvertretungsgesetz, das eine dem § 69 Abs. 3 Satz 1 RhPPersVG vergleichbare Regelung nicht kennt, entschieden hat, daß Vorstellungs- und Auswahlgespräche lediglich der Vorbereitung einer Maßnahme auf der Stufe der internen Willensbildung dienen und daher noch nicht Teil einer Maßnahme sind, auch nicht einer „beabsichtigten Maßnahme” als Gegenstand der Mitbestimmung (BVerwGE 57, 151, ≪153 f.≫).
Auch aus der bundesrechtlichen Sicht des § 127 Nr. 2 BRRG handelt es sich bei dem Recht auf (informelle) Teilnahme nicht um eine „Beteiligung” des Personalrats an beamtenrechtlichen Maßnahmen. Als Beteiligung des Personalrats kann aus dieser Sicht nur die Ausübung eines Rechts angesehen werden, das – wie die Mitbestimmung, Mitwirkung oder Anhörung – dem Personalrat einen wie auch immer gearteten Einfluß auf Maßnahmen beamtenrechtlicher Art einräumt und von deren Beachtung im internen Verfahrensgang das Gesetz die Rechtmäßigkeit oder Rechtswirksamkeit dieser Maßnahmen abhängig macht. Beides ist hier nicht der Fall.
Rechtliche Bindungen, wie sie in § 74 Abs. 1 RhPPersVG 1992 mit potentiellen Auswirkungen auf die Rechtsbeständigkeit der beabsichtigten Maßnahme vorgesehen sind, hat der Landesgesetzgeber für das Teilnahmerecht nicht ausdrücklich vorgesehen. Die genannte Regelung ist aber auch nicht entsprechend anzuwenden. Darauf weist zunächst die systematische Stellung des § 69 Abs. 3 Satz 1 RhPPersVG 1992 innerhalb des VI. Abschnitts des Gesetzes hin. Das Teilnahmerecht ist nämlich nicht – wie § 74 Abs. 1 RhPPersVG – im 2. Unterabschnitt „Formen der Durchführung der Mitbestimmung und Mitwirkung” und auch nicht einmal im 3. Unterabschnitt „Sonstige Beteiligung” geregelt. Daß es bei diesem Recht auch sonst (noch) nicht um eine aktive Einflußnahme auf den Inhalt der Maßnahme geht, ergibt sich aus dem Rechtscharakter des Teilnahmerechts als dem eines reinen Informationsrechts.
Dieses Auslegungsergebnis wird noch durch den Wortlaut der Überschrift unterstrichen, die dem § 69 RhPPersVG vorangestellt ist: „Allgemeine Aufgaben und Informationsrecht der Personalvertretung”. Mit Recht führt daher das Berufungsgericht aus, die Vertreter des Personalrats seien „auf die bloße Informationsbeschaffung beschränkt und keinesfalls dazu berufen, auf die Führung der Gespräche, die der internen Willensbildung der Dienststelle dienen, bestimmenden Einfluß zu nehmen” (S. 19 f. d.U.). Derart eingeschränkte Befugnisse sind ihrem Wesen nach keine Beteiligung im hier vorausgesetzten Sinne.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1, § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Unterschriften
Niehues, Albers, Vogelgesang
Fundstellen