Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Aktenzeichen 18 L 1717/98) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2000 wird zurückgewiesen.
Gründe
1. Die Beteiligte zu 1 wurde bei der Antragstellerin zur Verwaltungsfachangestellten in der Kommunalverwaltung ausgebildet und war dort Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung. Nachdem die Beteiligte zu 1 ihre Abschlussprüfung bestanden hatte, hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht die Auflösung des Arbeitsverhältnisses beantragt, weil ihr kein Vollarbeitsplatz für sie zur Verfügung stehe. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 den erstinstanzlichen Beschluss aufgehoben und den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses abgelehnt. Die Rechtsbeschwerde hat das Oberverwaltungsgericht nicht zugelassen. Dagegen wendet die Antragstellerin sich mit der vorliegenden Nichtzulassungsbeschwerde, welche ausschließlich auf die Abweichungsrüge gestützt ist.
2. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Eine die Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG, §§ 92 a, 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG eröffnende Divergenz besteht nur dann, wenn das Beschwerdegericht seinem Beschluss einen abstrakten, die Entscheidung tragenden Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der im Widerspruch zu einem ebensolchen Rechtssatz in einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesverfassungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, oder solange eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, eines anderen Senats des Oberverwaltungsgerichts oder eines anderen Oberverwaltungsgerichts steht (§ 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG analog).
a) Zur Darlegung der Abweichung benennt die Antragstellerin drei abstrakte Rechtssätze aus Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts [aa) – cc)], welche zur Auslegung des § 58 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 NdsPersVG und des § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BPersVG, und zwar insbesondere dem Begriff der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung, ergangen sind.
aa) Zunächst verweist sie auf den Rechtssatz, wonach es im Sinne der vorgenannten Vorschrift einem Arbeitgeber unter anderem nur dann zuzumuten sei, ein (früheres) Mitglied einer Jugend- und Auszubildendenvertretung nach erfolgreicher Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses weiterzubeschäftigen, wenn ihm dafür eine Stelle oder ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht, auf dem der nach § 9 Abs. 2 BPersVG bzw. § 58 Abs. 2 NdsPersVG Weiterbeschäftigungsberechtigte dauernd beschäftigt werden könne. Zum Beleg führt sie mehrere Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts an (Beschluss vom 15. Oktober 1985 – BVerwG 6 P 13.84 – BVerwGE 72, 154 – Leitsatz 1 –; Urteil vom 31. Mai 1990 – BVerwG 6 P 16.88 – Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 8 S. 30 f.; Beschluss vom 2. November 1994 – BVerwG 6 P 39.93 – Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 10 S. 9; Beschluss vom 2. November 1994 – BVerwG 6 P 48.93 – Buchholz § 9 BPersVG Nr. 11 S. 13; Beschluss vom 30. September 1996 – BVerwG 6 PB 16.96 – Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 15 Leitsatz), in denen sich der entsprechende Satz jeweils auch findet.
bb) Als weiteren abstrakten Rechtssatz führt sie an, dass es für die Beurteilung, ob eine Stelle oder ein Arbeitsplatz zur Verfügung stehe, maßgeblich auf die Sachlage in dem Zeitpunkt ankommt, in dem nach § 9 Abs. 2 BPersVG bzw. § 58 Abs. 2 NdsPersVG ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet gelte. Die Feststellung, ob die Weiterbeschäftigung zuzumuten ist, beantwortete sich also nicht anhand einer Prognose über den künftigen Arbeitskräftebedarf, sondern aufgrund eines im Zeitpunkt der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses tatsächlich vorhandenen Arbeitskräftebedarfs. Zum Beleg führt sie wiederum mehrere Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts an (Beschluss vom 30. Oktober 1987 – BVerwG 6 P 25.85 – BVerwGE 78, 223 – Leitsatz –; Beschluss vom 2. November 1994 – BVerwG 6 P 48.93 – a.a.O. S. 13; Beschluss vom 28. Juni 1996 – BVerwG 6 PB 19.95 – Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 12 Leitsatz), in denen sich der entsprechende Rechtssatz jeweils findet.
cc) Schließlich führt die Antragstellerin als abstrakten Rechtssatz an, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt für das Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung kein Dauerarbeitsplatz vorhanden sei, müsse der Arbeitgeber weder eine neue Stelle oder einen Dauerarbeitsplatz einrichten, noch durch betriebliche oder betriebsorganisatorische Maßnahmen eine unbefristete Beschäftigungsmöglichkeit schaffen. Zum Beleg führt sie auch dazu mehrere Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts an (Beschluss vom 15. Oktober 1985 – BVerwG 6 P 13.84 – a.a.O. Leitsatz; Beschluss vom 30. Oktober 1987 – BVerwG 6 P 25.85 – a.a.O. S. 229), in denen sich der entsprechende Rechtssatz findet.
b) Die behauptete Abweichung liegt nicht vor.
Das Oberverwaltungsgericht ist weder ausdrücklich noch sinngemäß von den vorgenannten Rechtssätzen abgewichen; es hat zunächst lediglich dahingestellt sein lassen, ob als entscheidungserheblicher Zeitpunkt im Sinne der überkommenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses oder in Anlehnung an die neuere Rechtsprechung anderer Gerichte auf einen ausgedehnteren Zeitraum abzustellen sei, weil es darauf nicht ankomme. Das Beschwerdegericht hat dies auf die Überlegung gestützt, auch wenn die Beurteilung auf den 13. Juni 1997, den Tag des erfolgreichen Ausbildungsabschlusses der Beteiligten zu 1, beschränkt werde und die erst am 31. August 1997 durch Versetzung des Stelleninhabers in den Ruhestand frei gewordene Stelle in der Meldeabteilung danach außer Betracht zu bleiben habe, sei an dem maßgeblichen Tag eine besetzbare Stelle für die Beteiligte zu 1 vorhanden gewesen. Damit hat es sich die zitierte Senatsrechtsprechung zur Notwendigkeit eines vorhandenen und besetzbaren Arbeitsplatzes und zu dem nach § 9 Abs. 4 BPersVG maßgeblichen Zeitpunkt für seine Entscheidung zu Eigen gemacht, sodass die gerügte Abweichung in Wirklichkeit nicht vorliegt.
Die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts von einer auf alle Fälle vorhandenen besetzbaren Stelle beruht im Übrigen – und ohne dass es dafür für die vorliegende Divergenzrüge entscheidend ankommt – auf einer Beurteilung nach Beweislastgrundsätzen. Nicht der Beschäftigte müsse die Rechtswidrigkeit der Ablehnung seiner Einstellung in den öffentlichen Dienst darlegen und beweisen, sondern der Arbeitgeber habe sich über die Gründe seiner ablehnenden Entscheidung zu erklären und im Einzelnen darzulegen, um jeden Verdacht auszuräumen, die Tätigkeit des Auszubildenden in einem Personalvertretungsorgan könne seine Entscheidung beeinflusst haben. Der Arbeitgeber müsse also den Nachweis führen, dass und aus welchen gewichtigen Gründen ihm die Weiterbeschäftigung ausnahmsweise unzumutbar sei; diesen Nachweis habe die Antragstellerin nicht erbracht. Diese Rechtsansicht befindet sich in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 31. Mai 1990 – BVerwG 6 P 16.88 – a.a.O. S. 30; Beschluss vom 2. November 1994 – BVerwG 6 P 39.93 – a.a.O. S. 8).
Der Versuch der Beschwerdeführerin, gleichwohl eine Divergenz darzutun, überzeugt nicht. Sie folgert aus den Ausführungen der Beschwerdeentscheidung zur Beweislastregelung und zu den mangelhaften Darlegungen der Antragstellerin über die Nichtverfügbarkeit einzelner, nach ihrem Vorbringen für andere Mitarbeiter bereit gehaltene Stellen, das Oberverwaltungsgericht müsse inzident angenommen haben, es sei keine besetzbare Stelle vorhanden gewesen. Es müsse daher davon ausgegangen werden, „dass auch das OVG festgestellt hat, dass bei der Antragstellerin in dem nach der Rechtsprechung des BVerwG maßgebenden Zeitpunkt keine … für die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1) geeigneten besetzbaren Stellen oder Vollzeitarbeitsplätze vorhanden waren”. Dies wiederum müsse zu der Annahme führen, das Oberverwaltungsgericht habe damit „fallübergreifende, abstrakte Rechtssätze aufgestellt”, die von den oben stehenden Rechtssätzen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abwichen. Damit unterstellt die Beschwerde dem Oberverwaltungsgericht jedoch eine Rechtsauffassung, die es im angefochtenen Beschluss weder ausdrücklich noch sinngemäß geäußert hat. Im Gegenteil hat es auf Seite 8 seines Beschlusses für die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung ausdrücklich darauf abgestellt, ob dem öffentlichen Arbeitgeber eine freie Stelle zur Verfügung stand. Es hat diesen auch nicht etwa für verpflichtet gehalten, Vorkehrungen für die Weiterbeschäftigung des ehemaligen Jugendvertreters zu treffen. Es hat lediglich aus der Stellenbesetzungsliste der Antragstellerin und den personellen Veränderungen, die im maßgeblichen Zeitpunkt der beruflichen Abschlussprüfung bereits feststanden oder absehbar waren, auf das Vorhandensein eines freien Dauerarbeitsplatzes geschlossen. Dabei hat es Rücksicht genommen auf die mit dem Haushaltsrecht vereinbare Stellenbesetzungspraxis bei der Antragstellerin. Dies steht mit der Senatsrechtsprechung in Einklang. Danach steht ein Dauerarbeitsplatz z.B. auch dann zur Verfügung, wenn der ehemalige Jugendvertreter zunächst auf einer „Beförderungsstelle” weiterbeschäftigt werden und später ein Stellenwechsel mit einem erfolgreichen Beförderungsbewerber erfolgen kann (Beschluss vom 17. Mai 2000 – BVerwG 6 PB 8.99 – ZfPR 2000, 232, 234).
Unterschriften
Bardenhewer, Büge, Graulich
Fundstellen