Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 19.04.1988; Aktenzeichen 6 A 30/87) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. April 1988 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.989 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Der Kläger beruft sich zunächst auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Eine solche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 132 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt in diesem Zusammenhang, daß in der Beschwerdeschrift eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage bezeichnet und ein Hinweis auf den Grund angegeben wird, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll.
Die Beschwerde wirft die Frage auf, ob hinsichtlich des Landesgesetzes für die rheinland-pfälzische Rechtsanwaltsversorgung vom 29. Januar 1985 (GVBl. S. 37) dem Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz gefehlt habe, weil es sich um das der konkurrierenden Gesetzgebung unterliegende Sachgebiet der Rechtsanwaltschaft im Sinne von Art. 74 Abs. 1 GG handele und der Bundesgesetzgeber seine Kompetenz hinsichtlich der Rechtsanwaltsversorgung ausgeübt habe. Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision; denn sie läßt sich aufgrund der Gesetzesentwicklung sowie der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ohne weiteres im Sinne des Berufungsgerichts beantworten.
Entgegen der Ansicht des Klägers läßt sich eine Verdrängung des Landesgesetzgebers hinsichtlich der Altersversorgung der Rechtsanwälte nicht daraus herleiten, daß die Bundesregierung in den Jahren 1961 und 1964 Entwürfe für ein Rechtsanwaltsversorgungsgesetz vorgelegt hat und in späteren Jahren auf Bundesebene die Einführung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die freien Berufe erörtert worden ist. Diese bundesrechtlichen Vorhaben sind nämlich nicht verwirklicht worden, so daß sie gerade keine Inanspruchnahme der Gesetzgebungskompetenz durch den Bundesgesetzgeber darstellen.
Auch die Öffnung der gesetzlichen Rentenversicherung für den freiwilligen Beitritt der Selbständigen durch das Rentenreformgesetz von 1972 hat dem Landesgesetzgeber die Möglichkeit für ein landesrechtliches Rechtsanwaltsversorgungsgesetz belassen. Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung behalten die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht keinen Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG). Der Landesgesetzgeber wird daher nur dann völlig verdrängt, wenn die Materie durch den Bundesgesetzgeber erschöpfend geregelt ist (vgl. BVerfGE 2, 232 ≪235≫; 18, 407 ≪415≫; 20, 238 ≪248≫). Dies ist hier nicht der Fall; denn eine freiwillige Versicherungsmöglichkeit stellt keine umfassende Regelung dar, sondern eröffnet nur eine weitere Alternative für die Altersversorgung. Dies folgt auch daraus, daß die seinerzeit bereits bestehenden landesrechtlichen Regelungen zur berufsständischen Altersversorgung mit Versicherungspflicht unberührt geblieben sind; die Kompetenz des Landesgesetzgebers sollte insoweit also erhalten bleiben. Dies wird bestätigt durch die vom Berufungsgericht herangezogene Regelung des § 7 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes in der Fassung des Art. 3 Nr. 2 des Gesetzes zur Einführung eines Mutterschaftsurlaubs vom 25. Juni 1979, die die Befreiungsmöglichkeit von der Angestelltenpflichtversicherung im Falle einer berufsständischen Versorgung vorsieht; denn damit wird das Besetehen solcher Versorgungseinrichtungen bestätigt und dem Landesgesetzgeber die entsprechende Gesetzgebungskompetenz belassen (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25. November 1982 – BVerwG 5 C 69.79 –, NJW 1983, 2650).
Entgegen der Ansicht des Klägers entfältt die Kompetenz des rheinland-pfälzischen Landesgesetzgebers auch nicht deshalb, weil der Bundesgesetzgeber bei Aufhebung der Rechtsanwaltsordnung des Saarlandes durch § 232 Abs. 1 Nr. 28 BRAO den § 117 der Rechtsanwaltsordnung des Saarlandes betreffend die Fürsorge- und Versorgungseinrichtungen der Anwaltskammer von der Aufhebung ausgenommen hat; denn dies kann die Kompetenz des rheinland-pfälzischen Gesetzgebers nicht berührt haben. Im übrigen ist in § 232 Abs. 1 Nr. 28 BRAO entgegen dem Beschwerdevorbringen auch ein späteres Außerkrafttreten des genannten § 117 nicht angeordnet worden.
Die Beschwerde leitet eine grundsätzliche Bedeutung der Sache ferner daraus her, daß das Berufungsgericht eine Rückwirkung der am 1. April 1986 veröffentlichten Satzung des rheinland-pfälzischen Rechtsanwaltsversorgungswerkes für das Jahr 1985 als zulässig angesehen hat. Dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision; denn die Beschwerde legt nicht dar, inwieweit diese Frage von grundsätzlicher Bedeutung sei. Sie macht lediglich geltend, daß das Berufungsurteil insoweit in unzulässiger Weise die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Erschließungsbeiträgen bemüht hätte. Dies betrifft jedoch nur die Richtigkeit des Berufungsurteils, ohne daß sich daraus eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage ergäbe. Im übrigen ist die Frage der Zulässigkeit der Rückwirkung von Gesetzen hinreichend geklärt (vgl. BVerfGE 18, 429 ≪439≫, 25, 269 ≪289 ff.≫).
2. Die Revision kann auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zugelassen werden (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Zu Unrecht meint der Kläger, das Berufungsgericht habe gegen § 86 VwGO verstoßen, weil es ohne Einholung eines versicherungsmathematischen Gutachtens davon ausgegangen sei, daß die völlige Befreiung verschiedener Mitglieder von der Beitragspflicht bei Gründung des Versorgungswerkes aus versicherungsmathematischen Gründen Probleme bringen würde. Das Berufungsgericht hat insoweit lediglich festgestellt, daß bei dem auf dem Prinzip der Solidargemeinschaft aufbauenden Versorgungswerk ein erlaßbedingter Beitragsausfall unmittelbar den übrigen Mitgliedern zur Last fallen und deren Ansprüche mindern würde. Dies ist eine der allgemeinen Erkenntnis zugängliche Schlußfolgerung, für die das Gericht eine eigene Sachkunde in Anspruch nehmen durfte.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes auf § 13 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Dr. Heinrich, Dr. Diefenbach, Dr. Scholz-Hoppe
Fundstellen