Verfahrensgang

Hessischer VGH (Beschluss vom 08.08.1990; Aktenzeichen TK 903/90)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluß des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 8. August 1990 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Der angegriffene Beschluß beruht auf der Rechtsauffassung, aus der Informationsverpflichtung des Dienststellenleiters gegenüber dem Personalrat gemäß § 68 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 68 Abs. 1 BPersVG ergebe sich kein Anspruch des Personalrats, vor der Aufforderung gegenüber einer Beschäftigten, sich einer postbetriebsärztlichen Eignungsuntersuchung zu unterziehen, unterrichtet zu werden.

Nach § 68 Abs. 2 Satz 1 BPersVG sei die Personalvertretung „zur Durchführung ihrer Aufgaben” rechtzeitig zu unterrichten. Ein Informationsanspruch der Personalvertretung bestehe daher nur insoweit, als sie Auskünfte von Seiten der Dienststelle benötige, um die ihr obliegenden Aufgaben zu erfüllen und ihre Beteiligungsrechte rechtzeitig und uneingeschränkt wahrnehmen zu können. Daraus könne eine Verpflichtung der Dienststelle, regelmäßig bereits vor Erteilung eines arbeitsmedizinischen Untersuchungsauftrags den Personalrat von einer solchen Absicht zu unterrichten, nicht entnommen werden. Auch wenn die Ausübung der Überwachungsrechte gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 und § 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG unter bestimmten Voraussetzungen verlange, daß die Personalvertretung zur Gewährleistung der kollektiven Belange über sachlich abgrenzbare Zusammenhänge und konkrete Einzelfälle hinaus durch den Dienstherrn informiert werde, so endeten diese Befugnisse des Personalrats jedenfalls dort, wo individuelle Rechte berührt seien, die der einzelne selbst in Anspruch nehmen und verteidigen könne. Das sei bei einer Aufforderung, sich einer postbetriebsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, der Fall. Es handele sich ausschließlich um individuelle Rechte der betroffenen Angestellten, die sie selbst in Anspruch nehmen und verteidigen könne und nicht um die Gewährleistung der kollektiven Belange der Beschäftigten der Dienststelle.

Mit diesen Erwägungen ist das Beschwerdegericht nicht von tragenden Rechtssätzen der von dem Antragsteller als Divergenzentscheidungen angeführten Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen.

1. In dem Beschluß vom 26. Februar 1960 – BVerwG 7 P 4.59 – (BVerwGE 10, 196) hat das Bundesverwaltungsgericht den Rechtssatz aufgestellt, daß dem Personalrat auf Verlangen „Personalbewirtschaftungslisten” vorzulegen sind, soweit er im einzelnen dartut, daß die Vorlage zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. In diesem Beschluß ist weiter im einzelnen dargelegt worden, für welche im Personalvertretungsgesetz den Personalvertretungen zugewiesenen Aufgaben die Kenntnis der „Personalbewirtschaftungslisten” erforderlich ist. Ein allgemeines „Überwachungsrecht” des Personalrats, losgelöst von seinen Aufgaben, hat das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung nicht festgestellt.

Die Ausführungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs stehen dazu nicht im Widerspruch. Er hat in Übereinstimmung mit dem zitierten Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts festgestellt, daß ein Informationsanspruch der Personalvertretung nur insoweit bestehe, als sie Auskünfte von der Dienststelle benötige, um die ihr obliegenden Aufgaben zu erfüllen und die Beteiligungsrechte rechtzeitig und uneingeschränkt wahrnehmen zu können.

2. Der angefochtene Beschluß steht auch nicht in Widerspruch zu den vom Antragsteller zitierten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Oktober 1983 – BVerwG 6 P 22.82 – (BVerwGE 68, 137), vom 1. November 1983 – BVerwG 6 P 28.82 – (PersV 1985, 473), vom 21. September 1984 – BVerwG 6 P 24.83 – (Buchholz 238.3 A § 68 BPersVG Nr. 5) sowie vom 27. Februar 1985 – BVerwG 6 P 9.84 – (Buchholz 238.3 A § 67 BPersVG Nr. 5).

Entgegen der Meinung des Antragstellers ergibt sich aus der Begründung, die der Senat diesen Beschlüssen gegeben hat, nicht, daß die Entscheidung „hinsichtlich der Vertretung der Einzelinteressen nur dort gelten soll, wo die Gefahr widerstrebender Gerichtsentscheidungen besteht”. In den vom Antragsteller genannten Entscheidungen des Senats ist im Gegenteil der allgemeine Rechtssatz aufgestellt und durchgängig vertreten worden, daß der Auftrag der Personalvertretung es seinem Wesen nach ausschließt, daß sich die Personalvertretung in die Rolle des Rechtsvertreters oder Sachwalters eines einzelnen Beschäftigten begibt, um dessen individuelle Belange mit ihren Mitteln durchzusetzen. Die Befugnisse der Personal Vertretung endeten dort, wo individuelle Rechte berührt seien, die der einzelne Beschäftigte selbst in Anspruch nehmen oder verteidigen könne. Die Personalvertretung habe als Kollektivorgan der Gesamtheit der Beschäftigten auch – und zwar vorrangig – Sorge dafür zu tragen und darüber zu wachen, daß die gemeinsamen rechtlichen und sozialen Belange aller Beschäftigten sowie der Gruppen und letztlich auch der einzelnen Beschäftigten untereinander nach Recht und Billigkeit gewahrt würden. Demzufolge ist diesen Entscheidungen auch nicht – wie der Antragsteller meint – zu entnehmen, daß die Einschränkung hinsichtlich der Vertretung der Einzelinteressen nur dort gelten solle, wo die Gefahr widerstrebender Gerichtsentscheidungen bestehe.

3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts weicht schließlich nicht von dem Beschluß des Senats vom 29. August 1990 – BVerwG 6 P 30.87 – (Buchholz 251.8 § 68 RhPPersVG Nr. 3) ab.

In dieser Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist in Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung ausgeführt, ein Informationsanspruch der Personalvertretung bestehe nur insoweit, als sie Auskünfte von Seiten der Dienststelle benötige, um die ihr obliegenden allgemeinen Aufgaben erfüllen und ihre Beteiligungsrechte uneingeschränkt wahrnehmen zu können. Die Information müsse ebenso wie die Vorlage von Unterlagen in untrennbarer Beziehung zu den Aufgaben der Personalvertretung und ihrer Wahrnehmung stehen, d.h. zur Erledigung einer bestimmten und konkreten Aufgabe erforderlich sein. Dem Verlangen nach Information müsse ein konkreter Bezug zu einer vom Personalrat zu erfüllenden bestimmten Aufgabe zugrunde liegen; deshalb reiche allein der Hinweis auf allgemeine Überwachungsaufgaben zur Begründung eines Informationsanspruchs nicht aus. In dem Beschluß ist des weiteren ausgeführt, daß in dem dort zu entscheidenden Fall der Personalrat die allgemeine Aufgabe habe, darüber zu wachen, daß u.a. die zugunsten der Mitarbeier geltenden Gesetze durchgeführt werden, was für den Bereich des Mutterschutzes bejaht wurde.

Das Beschwerdegericht hat demgegenüber die Voraussetzungen des § 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG verneint, weil daraus keine Verpflichtung zu entnehmen sei, regelmäßig bereits vor Erteilung eines arbeitsmedizinischen Untersuchungsauftrags den Personalrat von einer solchen Absicht zu unterrichten. Der angefochtene Beschluß weicht somit nicht von der Entscheidung des Senats vom 29. August 1990 ab, weil der Informationsanspruch des Personalrats sich nicht – wie in dem vom Senat entschiedenen Fall (Einhaltung der Bestimmungen des Mutterschutzes) – auf eine vom Personalrat zu erfüllende bestimmte gesetzlich festgelegte Aufgabe bezog. Der Antragsteller stützt seinen Unterrichtungsanspruch allein auf das von ihm beanspruchte Recht auf rechtzeitige und umfassende (allgemeine) Information ohne Bezug auf eine konkrete Aufgabe der Personalvertretung.

Nach alledem fehlt es an einem rechtlichen Grund, die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist daher zurückzuweisen.

 

Unterschriften

Dr. Niehues, Nettesheim, Dr. Vogelgesang

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1214369

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge