Leitsatz (amtlich)
1. Der Geschäftsführer eines Jobcenters ist gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 BPersVG i.V.m. § 14 Abs. 3 Alt. 2 BPersVG zu selbstständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten der Agentur für Arbeit befugt und steht als solcher (auch) dem dortigen Personalrat als Gegenspieler gegenüber.
2. Bei der von einer Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit beabsichtigten Versetzung des Geschäftsführers eines Jobcenters von der Agentur für Arbeit zu einer anderen Dienststelle obliegt die Mitbestimmung unter dem Aspekt der Wegversetzung dem bei der Regionaldirektion gebildeten Bezirkspersonalrat als Stufenvertretung gemäß § 82 Abs. 4 i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BPersVG nur dann, wenn der Beschäftigte dies beantragt hat.
Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 05.02.2019; Aktenzeichen OVG 62 PV 9.18) |
VG Berlin (Entscheidung vom 09.05.2018; Aktenzeichen 70 K 9.17 PVB) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes - vom 5. Februar 2019 wird zurückgewiesen.
Gründe
I
Rz. 1
Zwischen der Beteiligten (der Geschäftsführung der Regionaldirektion B. der Bundesagentur für Arbeit) und dem Antragsteller (dem dortigen Bezirkspersonalrat) steht im Streit, ob diesem bei der Versetzung des Geschäftsführers eines Jobcenters ein Mitbestimmungsrecht zusteht.
Rz. 2
Herr W. war Arbeitnehmer der Agentur für Arbeit N. und dem Jobcenter P. als Geschäftsführer zugewiesen. Diese Aufgabe endete mit Wirkung vom 1. Juli 2017. Die Beteiligte unterrichtete den Antragsteller davon mit Schreiben vom 24. Mai 2017 "im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit" und teilte ihre Absicht mit, Herrn W. von der Agentur für Arbeit N. zu ihr, der Beteiligten, zu versetzen. Die Agentur für Arbeit N. unterrichtete Herrn W. mit Schreiben vom 3. Juli 2017 darüber, dass er mit Wirkung vom 1. Juli 2017 von der Agentur für Arbeit N. zur Regionaldirektion B. versetzt werde, womit automatisch auch seine bislang bestehende Zuweisung zum Jobcenter P. ende. Herr W. beantragte nicht die Mitbestimmung der Personalvertretung. Ein von dem Antragsteller geltend gemachtes Mitbestimmungsrecht an der Personalmaßnahme lehnte die Beteiligte unter anderem unter Hinweis auf § 77 Abs. 1 Satz 1 BPersVG ab.
Rz. 3
Das auf Feststellung des Bestehens eines Mitbestimmungsrechts gerichtete Begehren des Antragstellers ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, in Fällen, die dem Anlassfall glichen, löse die Versetzung von einer Dienststelle des Trägers zu einer anderen gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 75 Abs. 1 Nr. 3 Fall 1 sowie § 14 Abs. 3 BPersVG nur dann die Mitbestimmung aus, wenn die Dienstkraft dies beantrage. Der Geschäftsführer einer gemeinsamen Einrichtung stehe dem Antragsteller zwar nicht als Dienststellenleiter gegenüber, sei aber wegen seines Anhörungs- und Vorschlagsrechts gemäß § 44d Abs. 6 SGB II und dem Zustimmungserfordernis bei der Zuweisung von Tätigkeiten an das Jobcenter gemäß § 44g Abs. 1 Satz 1 SGB II sowie seines Widerspruchsrechts bei der Beendigung einer Zuweisung gemäß § 44g Abs. 5 Satz 2 SGB II als zu selbstständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten befugter Beschäftigter im Sinne des § 14 Abs. 3 BPersVG anzusehen. Insoweit könne er (auch) ein Gegenspieler des Personalrats der Agentur für Arbeit sein, der gemäß § 82 Abs. 2 BPersVG mit ihn betreffenden Personalmaßnahmen befasst werden könne, so dass sich der denkbare Interessenkonflikt im Bezirkspersonalrat fortsetzen könne.
Rz. 4
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde und macht im Wesentlichen geltend, das Oberverwaltungsgericht habe den Schutzzweck des § 77 Abs. 1 Satz 1 BPersVG überdehnt. Insbesondere entfalle das Antragserfordernis mit Beendigung der Personalverantwortung, weil der Schutzbedarf des Beschäftigten nicht fortbestehe.
Rz. 5
Die Beteiligte ist der Auffassung, der abstrakte Feststellungsantrag sei zu weit gefasst und deshalb unzulässig. Zudem sei fraglich, ob das vorliegende Verfahren überhaupt durch eine ihr zurechenbare Maßnahme ausgelöst worden sei. Im Übrigen verteidigt sie die angegriffene Entscheidung.
II
Rz. 6
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Der Antrag ist zulässig (1.), aber nicht begründet (2.).
Rz. 7
1. Der vom Antragsteller der Beschwerdeinstanz formulierte Antrag ist zulässig.
Rz. 8
a) Der Antrag ist als abstrakter Feststellungsantrag auszulegen und erfüllt die Anforderungen an diese Antragsform (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 6. November 2018 - 5 P 8.16 - ZfPR-online 2019, Nr. 2 S. 7 ff.). Der im erstinstanzlichen Verfahren gestellte konkrete Feststellungsantrag konnte in einen abstrakten Feststellungsantrag umgestellt werden, zumal sich die Maßnahme, die dem geltend gemachten konkreten Feststellungsbegehren zugrunde lag, erledigt hatte. Gemäß § 69 Abs. 1 BPersVG darf eine der Mitbestimmung unterliegende Maßnahme nur mit Zustimmung des Personalrats durchgeführt werden. Deshalb hat nach § 69 Abs. 2 Satz 1 BPersVG der Dienststellenleiter den Personalrat bereits von der beabsichtigten Maßnahme zu informieren und dessen Zustimmung zu beantragen. Das Mitbestimmungsverfahren wird nicht durch die vollzogene Maßnahme, sondern dadurch initiiert, dass der Dienststellenleiter eine solche Maßnahme durchzuführen beabsichtigt. Rechtlicher Bezugspunkt des Mitbestimmungsbegehrens des Antragstellers war daher die Ankündigung der Beteiligten vom 24. Mai 2017, Herrn W. nach Beendigung seiner Zuweisung von der Agentur für Arbeit N. zur Regionaldirektion B. zu versetzen. Zwar hat die Beteiligte in der Annahme, dass ein Mitbestimmungsrecht nicht bestehe, die Zustimmung des Antragstellers zu der Maßnahme nicht beantragt. Gleichwohl hat sie mit diesem Schreiben eine von ihr beabsichtigte Maßnahme angekündigt. Diese hat sich jedoch dadurch erledigt, dass Herr W. entgegen der Ankündigung der Beteiligten nicht von dieser, sondern von der Arbeitsagentur N. versetzt worden ist. Dieser Versetzung ist er - wovon auf der Grundlage der für das Rechtsbeschwerdegericht bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts auszugehen ist - unabhängig von der Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme nachgekommen und hat seine Tätigkeit bei der Regionaldirektion B. aufgenommen. Einer (nochmaligen) Versetzung durch die Beteiligte bedurfte es daher nicht mehr.
Rz. 9
b) Der im Beschwerdeverfahren formulierte Antrag, festzustellen, dass der Antragsteller mitzubestimmen hat, wenn ein Mitarbeiter als Geschäftsführer eines Jobcenters abberufen worden ist und versetzt werden soll, ist entgegen der Auffassung der Beteiligten nicht zu unbestimmt. Bereits dem Wortlaut nach bezieht sich der Antrag nur auf den abgebenden Aspekt der Versetzung. Dieses Verständnis wird durch den im Tatbestand des angegriffenen Beschlusses wiedergegebenen - unwidersprochenen - Vortrag der Beteiligten im Beschwerdeverfahren bestätigt, wonach lediglich der abgebende Aspekt einer Versetzung nach § 75 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG in Betracht zu ziehen sei, nachdem im anlassgebenden Fall der Personalrat der Regionaldirektion B. der Versetzung des Arbeitnehmers hinsichtlich des aufnehmenden Aspekts zugestimmt habe. Darüber hinaus ergibt sich aus der Begründung des Antrags, die bei seiner vom Rechtsbeschwerdegericht vorzunehmenden Auslegung mit heranzuziehen ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Februar 2015 - 5 P 1.14 - Buchholz 250 § 25 BPersVG Nr. 18 Rn. 9, vom 29. Mai 2018 - 5 P 6.16 - Buchholz 250 § 25 BPersVG Nr. 20 Rn. 15 und vom 6. November 2018 - 5 P 8.16 - ZfPR-online 2019, Nr. 2 S. 7 Rn. 8, jeweils m.w.N.), dass sich der Antrag nur auf die anlassgebende Fallkonstellation bezieht, also nur solche Fälle in den Blick nimmt, in denen der Geschäftsführer einer gemeinsamen Einrichtung nach § 44b SGB II (Jobcenter, § 6d SGB II) zugleich Bundesbediensteter und die Regionaldirektion für seine Versetzung zuständig ist.
Rz. 10
2. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass in Fällen, die dem Anlassfall gleichen, dem Antragsteller das geltend gemachte Mitbestimmungsrecht nicht zusteht.
Rz. 11
Bei der von einer Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit beabsichtigten Versetzung des Geschäftsführers eines Jobcenters, der im Dienst der Bundesagentur für Arbeit mit entsprechend hohen Bezügen steht, von der Agentur für Arbeit zu einer anderen Dienststelle obliegt die Mitbestimmung unter dem Aspekt der Wegversetzung dem bei der Regionaldirektion gebildeten Bezirkspersonalrat (a). Das Mitbestimmungsrecht besteht gemäß § 82 Abs. 4 i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BPersVG aber nur auf Antrag des zu versetzenden Geschäftsführers des Jobcenters (b). Gemessen hieran steht dem Antragsteller in den dem anlassgebenden Fall vergleichbaren Fällen kein Mitbestimmungsrecht zu (c).
Rz. 12
a) Gemäß § 88 BPersVG gilt das Bundespersonalvertretungsgesetz auch für die Bundesagentur für Arbeit mit den in dieser Vorschrift genannten Abweichungen, die hier nicht zum Tragen kommen. Die Versetzung eines Beschäftigten unterliegt gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG sowohl der Mitbestimmung des Personalrats der aufnehmenden als auch desjenigen der abgebenden Dienststelle (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16. September 1994 - 6 P 32.92 - BVerwGE 96, 355 ≪361 f.≫, vom 16. April 2012 - 6 P 1.11 - BVerwGE 143, 6 Rn. 54 und vom 24. September 2013 - 6 P 4.13 - BVerwGE 148, 36 Rn. 21 m.w.N.). Gemäß § 82 Abs. 1 BPersVG ist in Angelegenheiten, in denen die Dienststelle nicht zur Entscheidung befugt ist, anstelle des (dortigen) Personalrats die bei der zuständigen Dienststelle gebildete Stufenvertretung zu beteiligen. Diese Regelung stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz auf, dass in allen Angelegenheiten, die die Dienststelle betreffen, der bei ihr gebildete Personalrat zu beteiligen ist. Sie greift ein, wenn die Entscheidungsbefugnis für eine Angelegenheit aufgrund der Behördenorganisation und Zuständigkeitsverteilung nicht bei der betroffenen Dienststelle selbst, sondern bei einer übergeordneten Dienststelle liegt. An die Stelle des Personalrats derjenigen Dienststelle, über deren Angelegenheit von einer übergeordneten Dienststelle entschieden wird, tritt die bei dieser Dienststelle gebildete Stufenvertretung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2017 - 5 P 10.15 - BVerwGE 157, 266 Rn. 28). So liegt es hier. Zuständig für die Versetzung des Geschäftsführers eines Jobcenters, der im Dienst der Bundesagentur für Arbeit mit entsprechend hohen Bezügen steht, ist nach den internen Regelungen der Bundesagentur für Arbeit über die Verteilung der Zuständigkeiten in Personalangelegenheiten (vgl. Abschnitt 1.1, Anlage I.2 des Handbuchs Personalrecht/Gremien der Bundesagentur für Arbeit, Stand: Dezember 2017) nicht die Agentur für Arbeit, bei der der Geschäftsführer beschäftigt ist und die dessen Tätigkeit dem jeweiligen Jobcenter zuweist, sondern die Regionaldirektion, so dass der bei ihr gebildete Bezirkspersonalrat zu beteiligen ist.
Rz. 13
b) Die Mitbestimmung des Bezirkspersonalrats bei der Versetzung des Geschäftsführers eines Jobcenters steht aber gemäß § 82 Abs. 4 i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BPersVG unter dem Vorbehalt, dass dieser die Mitbestimmung beantragt. Danach bestimmt der Personalrat unter anderem in Personalangelegenheiten der in § 14 Abs. 3 BPersVG genannten Beschäftigten nur mit, wenn diese es beantragen. Dazu gehören die in § 7 BPersVG genannten Personen, insbesondere also der Leiter der Dienststelle und sein ständiger Vertreter, sowie Beschäftigte, die zu selbstständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten befugt sind. Das Antragserfordernis soll die Unabhängigkeit dieser Beschäftigten bei der Führung ihrer Dienstgeschäfte sicherstellen, bei der sie als Vertreter der Dienststelle dem die Interessen der Beschäftigten vertretenden Personalrat gegenüberstehen und in diesem Sinne dessen "Gegenspieler" sind (BVerwG, Beschluss vom 21. Oktober 1993 - 6 P 18.91 - Buchholz 251.8 § 81 RhPPersVG Nr. 1 S. 3 f).
Rz. 14
Die in § 82 Abs. 4 BPersVG angeordnete entsprechende Anwendung des § 77 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BPersVG bedeutet bei einer mehrstufigen Verwaltung im Falle der originären Zuständigkeit der Stufenvertretung nach § 82 Abs. 1 BPersVG, dass die in § 14 Abs. 3 BPersVG bezeichneten Beschäftigten das Antragsrecht deswegen haben, weil sie Gegenspieler des Personalrats ihrer Beschäftigungsdienststelle sind. Sinn und Zweck der in § 77 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BPersVG getroffenen Regelung gebieten ein Antragsrecht nicht nur in denjenigen Mitbestimmungsverfahren, in denen ein Mitbestimmungsrecht von dem Personalrat der Dienststelle, in dem der Beschäftigte die entsprechende Funktion ausübt, selbst wahrzunehmen ist, sondern auch in Mitbestimmungsverfahren, auf deren Wahrnehmung er legalen Einfluss nehmen darf. Auch das Mitbestimmungsrecht der Stufenvertretung ist deshalb von einem Antrag abhängig zu machen, wenn es um Personalangelegenheiten von Beschäftigten geht, die in nachgeordneten Dienststellen zum Personenkreis des § 14 Abs. 3 BPersVG zählen. Die Stufenvertretung hat nämlich gemäß § 82 Abs. 2 Satz 1 BPersVG in Angelegenheiten, die einzelne Beschäftigte oder Dienststellen betreffen, dem örtlichen Personalrat Gelegenheit zur Äußerung zu geben (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 21. Oktober 1993 - 6 P 18.91 - Buchholz 251.8 § 81 RhPPersVG Nr. 1 S. 4 und vom 20. März 2002 - 6 P 6.01 - Buchholz 250 § 77 BPersVG Nr. 16 S. 2 f.).
Rz. 15
Nach Sinn und Zweck des Antragserfordernisses gemäß § 82 Abs. 4 i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BPersVG erfasst dieses außerdem Fälle, in denen der betreffende Beschäftigte zwar nicht in der von der Stufenvertretung nach § 82 Abs. 2 Satz 1 BPersVG anzuhörenden nachgeordneten Dienststelle selbst tätig ist, aber maßgeblichen Einfluss auf deren Personalentscheidungen nehmen und so zum "Gegenspieler" auch des dortigen Personalrats werden kann. Demnach greift in Fällen wie denen des Anlassfalles der Zustimmungsvorbehalt zwar nicht deshalb ein, weil der Geschäftsführer eines Jobcenters insoweit als Dienststellenleiter im Sinne des § 14 Abs. 3 Alt. 1 i.V.m. § 7 BPersVG anzusehen wäre (aa), wohl aber, weil er im Sinne des § 14 Abs. 3 Alt. 2 BPersVG zu selbstständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten der Agentur für Arbeit befugt ist und als solcher (auch) dem dortigen Personalrat als "Gegenspieler" gegenübersteht (bb).
Rz. 16
aa) Der Geschäftsführer des Jobcenters ist im Verhältnis zum Personalrat der Agentur für Arbeit nicht Dienststellenleiter im Sinne des § 14 Abs. 3 Alt 1 i.V.m. § 7 BPersVG. Er ist zwar gemäß § 44d Abs. 5 SGB II Leiter der Dienststelle "Jobcenter" im personalvertretungsrechtlichen Sinne. Als solcher steht er aber nicht dem Personalrat der Agentur für Arbeit (oder gar unmittelbar dem Antragsteller) gegenüber, sondern nur dem Personalrat des Jobcenters, der auf die Entscheidungen des Beteiligten keinen legalen Einfluss hat. Wie das Oberverwaltungsgericht zu Recht ausführt, kann sich ein möglicher Interessenkonflikt zwischen dem Geschäftsführer und dem Personalrat des Jobcenters auf der Ebene des Bezirkspersonalrats nicht fortsetzen. Denn das Jobcenter ist eine einstufige Verwaltung, die nicht in den Geschäftsbereich einer mehrstufigen Verwaltung eingebunden, sondern gegenüber den Trägern unabhängig ist, so dass der Antragsteller im Verhältnis zum Personalrat des Jobcenters keine Stufenvertretung ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. September 2013 - 6 P 4.13 - BVerwGE 148, 36 Rn. 27 m.w.N.). Der Personalrat des Jobcenters ist deshalb bei Personalentscheidungen, die den Geschäftsführer betreffen, weder gemäß § 82 Abs. 2 BPersVG vom Bezirkspersonalrat anzuhören, noch dürfen sich die Personalvertretungen mit Rücksicht auf die Geheimhaltungspflicht gemäß § 10 BPersVG untereinander austauschen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Oktober 1993 - 6 P 18.91 - Buchholz 251.8 § 81 RhPPersVG Nr. 1 S. 4).
Rz. 17
bb) Der Geschäftsführer des Jobcenters ist aber im Sinne des § 14 Abs. 3 Alt. 2 BPersVG als Beschäftigter zu selbstständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten der Agentur für Arbeit befugt und deshalb (auch) "Gegenspieler" des dortigen Personalrats.
Rz. 18
Der Begriff der "Personalangelegenheiten" in § 14 Abs. 3 BPersVG ist mit dem in anderen Vorschriften des Bundespersonalvertretungsgesetzes wortgleich verwandten Begriff identisch und umfasst nur die in § 75 Abs. 1, § 76 Abs. 1 BPersVG aufgezählten Angelegenheiten (BVerwG, Beschluss vom 11. März 1982 - 6 P 8.80 - BVerwGE 65, 127 ≪129 ff.≫). Nach § 77 Abs. 1 Satz 1 BPersVG i.V.m. § 14 Abs. 3 Alt. 2 BPersVG sind aber auch solche Beschäftigten als zu selbstständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten befugt anzusehen, die Entscheidungen dieser Art zwar nicht selbst veranlassen, die aber durch ihre Zustimmung oder deren Verweigerung entscheidenden Einfluss auf die Durchführung der Personalmaßnahmen haben. Der Wortlaut des § 14 Abs. 3 Alt. 2 BPersVG ist insofern offen, weil der Begriff "Entscheidung" als Oberbegriff auch eine Teil- oder Mitentscheidung umfassen kann. Dass auch Beschäftigte, die die Entscheidung in Personalangelegenheiten der Dienststelle nicht selbst treffen, aber maßgeblich an diesen Entscheidungen mitwirken, in den Schutz des § 77 Abs. 1 Satz 1 BPersVG einzubeziehen sind, gebieten Sinn und Zweck der Regelung, die die Unabhängigkeit der Entscheidungen der in § 14 Abs. 3 BPersVG bezeichneten Beschäftigten gewährleisten soll. Dieser Schutzzweck ist auch bei der Auslegung der in Bezug genommenen Norm zu berücksichtigen. Die zu einer maßgeblichen Mitwirkung an einer Personalmaßnahme befugten Beschäftigten stehen dem Personalrat der für die Maßnahme zuständigen Dienststelle ebenso als "Gegenspieler" gegenüber wie diejenigen Beschäftigten, die zum Erlass der Maßnahme befugt sind. Wegen des möglichen Interessenkonflikts ist die Unabhängigkeit ihrer Entscheidungen in vergleichbarer Weise gefährdet, weil auch in diesem Verhältnis die Gefahr besteht, dass der zur maßgeblichen Mitwirkung Befugte bei seinen Entscheidungen Rücksicht darauf nehmen könnte, dass der Personalrat auch in seinen eigenen Personalangelegenheiten mitzubestimmen hat. So liegt es hier.
Rz. 19
Der Geschäftsführer des Jobcenters hat die Möglichkeit, maßgeblichen Einfluss auf Zuweisungsentscheidungen der Agentur für Arbeit zu nehmen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. September 2013 - 6 P 4.13 - BVerwGE 148, 36 Rn. 22 m.w.N.), die gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 4a BPersVG eine Personalangelegenheit im Sinne des § 14 Abs. 3 Alt. 2 BPersVG sind, wenn die Zuweisung für eine Dauer von mehr als drei Monaten erfolgt. Gemäß § 44g Abs. 1 Satz 1 SGB II setzt die Zuweisung von Tätigkeiten bei der gemeinsamen Einrichtung durch die dafür innerhalb der Bundesagentur für Arbeit zuständige Agentur für Arbeit die Zustimmung des Geschäftsführers voraus. Soll eine Zuweisung aus wichtigem Grund auf Verlangen des Beschäftigten beendet werden (§ 44g Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 SGB II), besitzt er gemäß § 44g Abs. 5 Satz 2 SGB II ein Widerspruchsrecht. Dadurch kann er in einen Interessenkonflikt mit dem Personalrat der Agentur für Arbeit geraten, der sich auf der Ebene des Antragstellers zu seinen Lasten fortsetzen kann.
Rz. 20
Auf die Frage, ob der Schutzzweck des § 77 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BPersVG mit der Abberufung des Geschäftsführers eines Jobcenters durch die Trägerversammlung endet, kommt es in Fällen, die dem Anlassfall gleichen, nicht an. Denn zum Zeitpunkt der die Mitbestimmung auslösenden Kundgabe der Versetzungsabsicht durch die Regionaldirektion am 24. Mai 2017 war der betreffende Geschäftsführer nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts jedenfalls bis Ende Juni 2017 noch im Amt.
Rz. 21
c) Demnach steht dem Antragsteller das geltend gemachte Mitbestimmungsrecht nicht zu, wenn - wie in dem hier beispielgebenden Fall - der Geschäftsführer eines Jobcenters, der versetzt werden soll, die Mitbestimmung nicht beantragt.
Fundstellen
Haufe-Index 14188408 |
DÖV 2021, 87 |
JZ 2020, 757 |
LKV 2021, 75 |
RiA 2021, 43 |