Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert (Streitwert), Anfechtung der Zustimmung der Hauptfürsorgestelle zur Kündigung eines Schwerbehinderten. Hauptfürsorgestelle, Zustimmung der – zur Kündigung eines Schwerbehinderten, Gegenstandswert
Leitsatz (amtlich)
Der Senat hält an seiner ständigen Rechtsprechung fest, daß Verwaltungsstreitigkeiten über die Rechtmäßigkeit der Zustimmung der Hauptfürsorgestelle zur Kündigung eines Schwerbehinderten entsprechend § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG mit 6 000 DM zu bewerten sind.
Normenkette
SchwbG F. 1986 § 15 ff.; GKG § 13 Abs. 1 S. 2; ArbGG § 12 Abs. 7 S. 1
Tenor
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Revisionsverfahren auf 6 000 DM festgesetzt.
Gründe
Die Gegenstandswertfestsetzung beruht auf § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 BRAGO i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG. Streitigkeiten über die in Form eines Verwaltungsakts ergehende Zustimmung der Hauptfürsorgestelle zur Kündigung eines Schwerbehinderten bewertet der Senat in ständiger Rechtsprechung in Anwendung des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG mit 4 000 DM und seit der Neufassung des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG durch das Gesetz zur Änderung von Kostengesetzen vom 9. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2326) mit 6 000 DM (ebenso VGH Mannheim, Beschlüsse vom 29. Dezember 1987 – 6 S 1186/87 – und vom 26. Juni 1987 – 6 S 1166/87 –; VGH München, Beschluß vom 9. Februar 1981 – 38 XII 78 – ≪BayVBl. 1982, 59/60≫; OVG Bremen, Beschluß vom 13. November 1985 – 2 BA 18/85 – ≪KostRsp. GKG § 13 Nr. 148≫; OVG Münster, Beschlüsse vom 26. Juni 1986 – 10 B 1020/85 – und vom 4. April 1989 – 13 B 265/89 – ≪KostRsp. GKG § 13 Nrn. 162 und 241≫ sowie vom 10. Februar 1992 – 13 E 1352/91 – ≪DB 1992, 692≫; OVG Lüneburg, Beschluß vom 25. Mai 1989 – 4 L 22/89 –).
Mit der Gegenauffassung, die derartige Streitigkeiten nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG mit dem Vierteljahresbetrag des Bruttoarbeitsentgeltes bewertet (vgl. OVG Berlin, Beschluß vom 20. Juni 1972 – OVG VI L 9.72 – ≪OVGE 12, 104 f.≫; VGH Kassel, Beschlüsse vom 14. November 1985 – 9 TE 1926/84 – und vom 23. Dezember 1987 – 9 TE 3288/86 – ≪AnwBl. 1988, 488 = ZfSH/SGB 1988, 321≫; OVG Hamburg, Beschluß vom 12. März 1987 – Bf I 91/84 – ≪ZfSH/SGB 1987, 382≫ sowie Albers in: Hartmann, Kostengesetze, 24. Aufl. 1991, Anh. I zu § 13 GKG, Stichwort “Schwerbehindertenrecht”, – Zimmer/Schmidt, Der Streitwert im Verwaltungs- und Finanzprozeß, 1991, Rdnr. 198 halten dagegen einen Bruchteil, etwa 3/4, des Vierteljahresbetrages nach § 12 Abs. 7 ArbGG für angemessen.), hat sich der Senat in seinem Beschluß vom 20. April 1988 – BVerwG 5 B 7.88 – (Buchholz 360 § 13 GKG Nr. 18 = KostRsp. GKG § 13 Nr. 202 mit Anm. Lappe) eingehend auseinandergesetzt; hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. An dieser Rechtsprechung hat der Senat durch Beschluß vom 17. April 1991 – BVerwG 5 B 114.89 – (Buchholz 362 § 10 BRAGO Nr. 4) ausdrücklich festgehalten. Er sieht sich auch nicht durch den zwischenzeitlich veröffentlichten “Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit” (DVBl. 1991, 1239 ≪1243≫), der den dreifachen Betrag des Bruttomonatseinkommens für die Wertfestsetzung vorschlägt, veranlaßt, seine ständige Rechtsprechung aufzugeben.
Eine an § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG orientierte Bewertung von Sonderkündigungsschutzstreitigkeiten nach dem Schwerbehindertengesetz führt in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle zu einer wesentlichen Erhöhung des Gegenstandswertes und würde den sozialen Schutzzweck des § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG in sein Gegenteil verkehren. Denn der von der Hauptfürsorgestelle zu gewährende Sonderkündigungsschutz bringt bereits im Vorfeld der Kündigung die spezifischen Schutzinteressen schwerbehinderter Arbeitnehmer zur Geltung; es ist dagegen nicht seine Aufgabe, den von den Arbeitsgerichten nach erfolgter Kündigung zu gewährenden arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz zu ersetzen oder gar überflüssig zu machen (vgl. BVerwG, Urteile vom 2. Juli 1992 – BVerwG 5 C 39.90 und BVerwG 5 C 51.90 – ≪beide zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung bestimmt = DVBl. 1992, 1487/1488 f. und 1490/1491 f.≫). Ein schwerbehinderter Arbeitnehmer, dem nach Zustimmung der Hauptfürsorgestelle gekündigt worden ist, muß deshalb häufig zwei Prozesse in unterschiedlichen Rechtswegen führen, um seinen Arbeitsplatz zu verteidigen, dessen Erhalt § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG aus sozialen Gründen mit höchstens drei Bruttomonatsgehältern bewertet wissen will. Wäre dieser Wert auch im Verwaltungsprozeß gegen die erteilte Zustimmung der Hauptfürsorgestelle zugrunde zu legen, würde dies zu einer Verdoppelung des Streit- bzw. Gegenstandswertes führen, obwohl in beiden Rechtswegen insgesamt nur einmal um den wirtschaftlichen Wert gestritten wird, den der Arbeitsplatz für den gekündigten Arbeitnehmer repräsentiert. Die Anwendung des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG im Verwaltungsprozeß läßt dagegen dem Arbeitsrichter Raum, den vom Verwaltungsrichter anzusetzenden Gegenstandswert von 6 000 DM im Rahmen der Streitwertfestsetzung nach § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG durch eine entsprechende Reduktion angemessen zu berücksichtigen; denn § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG legt lediglich eine Obergrenze, aber keinen Regelstreitwert fest (vgl. BAG, Beschluß vom 30. November 1984 – 2 AZN 572/82 – ≪AP § 12 ArbGG 1979 Nr. 9 = NZA 1985, 369≫). Ob in den seltenen Fällen, in denen der Wert des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG den des § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG übersteigt (Lappe ≪NJW 1989, 3254/3257≫ nennt als Beispiel einen Lehrling mit 500 DM monatlicher Vergütung), der soziale Schutzzweck des § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG eine Einschränkung des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG gebieten kann, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Denn bereits der einfache Betrag des Bruttomonatseinkommens des Klägers lag weit über dem Wert des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Unterschriften
Dr. Franke, Dr. Pietzner, Dr. Storost
Fundstellen