Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 29.09.1993; Aktenzeichen 2 S 2500/92) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 29. September 1993 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 50 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen der mit ihr begehrten Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) oder wegen Abweichung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegen nicht vor bzw. sind nicht ausreichend dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Hierfür wäre u.a. erforderlich, daß der Fall eine – näher bezeichnete – entscheidungserhebliche Rechtsfrage aufwirft, die revisionsgerichtlich klärungsfähig und im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsfortentwicklung klärungsbedürftig ist (vgl. Beschluß vom 2. Oktober 1961 – BVerwG VIII B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91 f.≫). An letzterem fehlt es. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der von der Beschwerde gerügten Ungleichbehandlung von Männern und Frauen im Zusammenhang mit der Leistung des Feuerwehrdienstes in Baden-Württemberg und der – als Ausgleich für die Nichtheranziehung zur Dienstpflicht erhobenen – Feuerwehrabgabe gem. § 37 des baden-württembergischen Feuerwehrgesetzes ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt. Sowohl das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 20. März 1959 – BVerwG VII C 55.57 – KStZ 1959, 148 ≪149 f.≫, Beschlüsse vom 10. Januar 1983 – BVerwG 8 B 122.82 –, vom 6. Oktober 1986 – BVerwG 8 B 65.86 –, vom 15. November 1989 – BVerwG 8 CB 85.89 – und vom 20. Juni 1990 – BVerwG 8 B 84.90 –) als auch das Bundesverfassungsgericht (Beschluß vom 17. Oktober 1961 – 1 BvL 5/61 – BVerfGE 13, 167 ≪171≫) haben die dargestellte unterschiedliche Behandlung von Männern und Frauen unter dem Blickwinkel des Art. 3 GG für zulässig gehalten. Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Beschlüssen nach § 93 a Abs. 3 BVerfGG a.F. und § 93 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BVerfGG noch in jüngster Zeit unter Bestätigung der Beschwerdeentscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts an dieser Auffassung festgehalten (vgl. Beschlüsse vom 31. Januar 1987 – 1 BvR 1476/86 –, vom 9. Februar 1990 – 1 BvR 1614/89 – und vom 15. August 1990 – 1 BvR 914/90 –). Darin hat es ausgeführt, auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 2 GG sei zwischenzeitlich kein Wandel der Rechtsauffassung eingetreten, der die Beschränkung der Dienstpflicht auf männliche Gemeindeeinwohner als nicht sachgerecht erscheinen lasse, selbst wenn einzelne Aufgaben im Bereich der Feuerwehr von Frauen wahrgenommen würden und auf freiwilliger Grundlage neuerdings sogar Frauenfeuerwehren eingerichtet worden seien; auch mit Blick auf die Regelung einer geschlechterunabhängigen Feuerwehrdienstpflicht durch die Länder Niedersachsen und Rheinland-Pfalz seien weiterhin sachliche Anknüpfungspunkte vorhanden, die es dem Gesetzgeber erlaubten, bei der Inpflichtnahme der Bürger zu berücksichtigen, daß Männer von ihren körperlichen Voraussetzungen her in der Regel eher geeignet seien, a l l e Fähigkeiten wahrzunehmen, die den Feuerwehrdienst ausmachten (vgl. Beschluß vom 15. August 1990). Eine Pflicht des Gesetzgebers zu einer differenzierten Regelung ergibt sich daraus nicht (Beschluß vom 9. Februar 1990). Das Berufungsgericht hat keine gegenüber den bisher verfassungsgerichtlich gewürdigten Sachverhalten neuen Tatsachen festgestellt. Für das beabsichtigte Revisionsverfahren stünde danach fest (vgl. BU S. 8), daß die Beklagte trotz ihrer vertraglichen Vereinbarung mit der Stadt Freiburg nach wie vor über eine Feuerwehr im Sinne des Feuerwehrgesetzes verfügt, weil sämtliche freiwilligen Aufgaben und einige Pflichtaufgaben der Feuerwehr bei der Beklagten verblieben sind (vgl. auch BU S. 7). Da der Kläger keine Verfahrensrügen gegen die Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts erhoben hat, scheidet die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung insoweit mangels Klärungsbedürftigkeit aus.
Unter diesen Umständen verleiht auch die Bezugnahme der Beschwerde auf Art. 4 und Art. 14 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (vgl. dazu Gesetz vom 7. August 1952 ≪BGBl II, S. 685≫) – EMRK – der bezeichneten Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung. Die in diesem Zusammenhang formulierte Frage (Beschwerdeschrift S. 3),
ob die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten die unterschiedliche Behandlung von Männern und Frauen in bezug auf eine landesgesetzlich bestimmte Feuerwehrdienstpflicht und die daran anknüpfende Feuerwehrabgabenpflicht verbietet,
ist ohne weiteres zu verneinen. Gemäß Art. 14 EMRK ist der Genuß der in der Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten ohne Benachteiligung u.a. wegen des Geschlechts zu gewährleisten; Art. 4 Nr. 2 EMRK verbietet „Zwangs- oder Pflichtarbeit”, wobei nach Art. 4 Nr. 3 Buchst. d EMRK „jede Arbeit oder Dienstleistung, die zu den normalen Bürgerpflichten gehört”, nicht als „Zwangs- oder Pflichtarbeit” im Sinne dieses Artikels gilt. Der Feuerwehrdienst fällt unter die genannte Ausnahme (Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar, Art. 4 Rn. 16). Das Diskriminierungsverbot des Art. 14 EMRK schließt sachlich gerechtfertigte Differenzierungen nicht aus (vgl. Frowein/ Peukert, a.a.O., Art. 14 Rn. 25 ff.). Damit gehen Art. 14, 4 EMRK ersichtlich nicht über Art. 3 Abs. 2 und 3 sowie Art. 12 Abs. 2 GG hinaus (vgl. das im Berufungsurteil zitierte Urteil des baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. September 1990 – 2 S 606/90 –, UA S. 7).
Nicht grundsätzlich bedeutsam ist schließlich auch die Frage (Beschwerdeschrift S. 5),
ob Art. 12 Abs. 2 GG nachrangig zu Art. 3 Abs. 2 GG ist, wenn Dienste im Sinne des Art. 12 Abs. 2 GG herkömmlich nur Männern auferlegt waren.
Im Hinblick auf die allein auf Art. 3 Abs. 2 GG abstellende und zum gleichen Ergebnis führende Hilfsbegründung des Berufungsurteils (BU S. 10 unter Bezugnahme auf den Beschluß vom 13. April 1993 – 2 S 1174/91 –, dort S. 7) würde sich diese Frage in einem Revisionsverfahren nämlich entscheidungserheblich nicht stellen.
Das gleiche gilt für die Frage (Beschwerdeschrift S. 6),
ob Art. 12 Abs. 2 GG dem Gesetzgeber die Erweiterung des Kreises der Dienstpflichtigen auf Frauen verbieten würde, wenn eine Unterscheidung nach Art. 3 Abs. 2 GG heute nicht mehr gerechtfertigt wäre.
Die Zulässigkeit der Differenzierung zwischen Männern und Frauen nach Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 GG ist jedoch – wie dargelegt – in der höchstrichterlichen Rechtsprechung im positiven Sinne geklärt.
Soweit die Beschwerde die Zulassung der Revision wegen Abweichung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) geltend macht, ist ihr Vortrag unbeachtlich, weil er dem Bezeichnungsgebot des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht genügt. Um den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO in einer dem Gesetz entsprechenden Weise darzutun, bedarf es außer der Angabe der höchstrichterlichen Entscheidungen, von denen das angegriffene Urteil angeblich abweicht, der Kenntlichmachung, inwiefern dieses Urteil in seinen rechtlichen Darlegungen nach Meinung des Beschwerdeführers von den angeführten höchstrichterlichen Entscheidungen abweicht, d.h. eine identische abstrakte Rechtsfrage unterschiedlich beantwortet. Ferner muß ausgeführt werden, inwiefern die Abweichung entscheidungserheblich ist, d.h. inwiefern das angegriffene Urteil auf dieser Abweichung beruht (vgl. u.a. Beschlüsse vom 11. Juni 1974 – BVerwG VI B 42.74 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 122, S. 70, vom 30. Juni 1988 – BVerwG 2 B 89.87 – Buchholz 421.20 Hochschulpersonalrecht Nr. 38, S. 19 f. und vom 21. Juli 1988 – BVerwG 1 B 44.88 – Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 32, S. 4 f.). Angaben dazu fehlen in der Beschwerdeschrift.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf den §§ 13, 14 GKG.
Unterschriften
Dr. Kleinvogel, Prof. Dr. Driehaus, Sailer
Fundstellen