Beteiligte

1. des Herrn Michael Cyplakov

2. der Frau Nadja Cyplakov

3. des Herrn Michael Cyplakov

4. des Herrn Johann Cyplakov

die Eltern, Michael und Nadja Cyplakov

Rechtsanwältinnen Kerstin Pausch-Trojahn u.a.

Freistaat Bayern

Landesanwaltschaft Bayern

 

Verfahrensgang

Bayerischer VGH (Aktenzeichen 5 B 99.2679)

 

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. November 2000 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 32 000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger führen aufgrund einer auf Antrag des Standesbeamten ergangenen gerichtlichen Anordnung nach § 47 PStG den Familiennamen „Cyplakov”, der auf den angeblich von russischen Behörden „gekauften” Familiennamen des Großvaters des Klägers zu 1 zurückgeht, welcher als Vollwaise bei Pflegeeltern aufgewachsen war. Die Kläger möchten den Geburtsnamen der Großmutter des Klägers zu 1 „Peniker” führen. Ihr Begehren blieb in der Vorinstanz erfolglos. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.

Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Berufungsurteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem das Berufungsurteil beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muss in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Berufungsurteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Prüfung des beschließenden Senats ist demgemäß auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO beschränkt. Die von den Klägern geltend gemachten Beschwerdegründe rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.

1. Die Beschwerde wird auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Sache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützt. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihrer Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen verleihen der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung in dem dargelegten Sinn.

a) Die Kläger halten die Frage für klärungsbedürftig, „wie der unbestimmte Rechtsbegriff des wichtigen Grundes in § 3 Abs. 1 NÄndG auszulegen ist”. Diese Frage ist indessen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits beantwortet, soweit sie fallübergreifend geklärt werden kann. Danach ist ein wichtiger Grund für eine Änderung des Familiennamens gegeben, wenn das schutzwürdige Interesse des Namensträgers an der Ablegung seines bisherigen Namens und der Führung des neuen Namens Vorrang hat vor dem schutzwürdigen Interesse der durch eine Namensänderung betroffenen Träger des bisherigen und des neuen Namens und vor den in den gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck gekommenen Grundsätzen der Namensführung, zu denen auch die Ordnungsfunktion des Namens sowie sicherheitspolizeiliche Interessen an der Beibehaltung des bisherigen Namens gehören (Urteil vom 5. September 1985 – BVerwG 7 C 2.84 – Buchholz 402.10 § 3 NÄG Nr. 53). Von diesem Grundsatz hat sich das Berufungsgericht leiten lassen. Seine von den Klägern kritisierte Bemerkung, es müsse berücksichtigt werden, dass das bürgerliche Recht die Namensführung dem Grundsatz nach abschließend regelt, steht auf dem Boden der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die in den gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck kommenden Grundsätze der Namensführung zu berücksichtigen sind (Beschluss vom 18. Februar 1981 – BVerwG 7 B 69.80 – Buchholz 402.10 § 3 NÄG Nr. 43). Dies gilt auch für die Namensführung innerhalb von Familien, hinsichtlich derer das Bundesverwaltungsgericht die Verringerung des Gewichts der Namenseinheit in der Familie durch gesetzgeberische Entscheidungen berücksichtigt hat (Urteil vom 13. Dezember 1995 – BVerwG 6 C 6.94 – BVerwGE 100, 148 ≪151≫).

Unter welchen Umständen ein wichtiger Grund vorliegt, kann über die dargelegten Grundsätze hinaus nicht allgemein gültig formuliert werden. Erst unter Berücksichtigung typischer Fallkonstellationen und der sich unter Umständen wandelnden normativen Bewältigung häufiger vorkommender Fälle lässt sich das dargelegte Normverständnis konkretisieren. Eine derartige Fallkonstellation stellt auch die Führung ausländisch klingender Familiennamen dar. Insoweit ist zu berücksichtigen, ob der Namensträger bei seiner Eingliederung in das wirtschaftliche und soziale Leben der Bundesrepublik Deutschland infolge der Führung seines Namens nachvollziehbare Schwierigkeiten gewärtigen muss (Urteil vom 7. Dezember 1962 – BVerwG 7 C 123.61 – BVerwGE 15, 183; Beschluss vom 18. Mai 1989 – BVerwG 7 B 69.89 – Buchholz 402.10 § 3 NÄG Nr. 63). Dabei kann allerdings nicht außer Betracht bleiben, dass infolge einer seit Jahren erfolgenden Migration fremdklingende Namen nichts Ungewöhnliches sind.

Grundsätzlicher Klärung entzieht sich die hier vorliegende Situation, dass eine Familie, bestehend aus Eltern und zwei Kindern, von mehreren in der Generationenfolge geführten Familiennamen abweichend von dem personenstandsrechtlich richtigen einen bestimmten anderen Familiennamen führen wollen. Insofern kann nur der vom Berufungsgericht hervorgehobene Gesichtspunkt herangezogen werden, dass die öffentlich-rechtliche Namensänderung nur Unzuträglichkeiten im Einzelfall beseitigen kann (Beschluss vom 6. September 1985 – BVerwG 7 B 197.84 – Buchholz 402.10 § 3 NÄG Nr. 54). Ob solche Unzuträglichkeiten vorliegen, ist eine Frage des Einzelfalles, die sich revisionsgerichtlicher Beantwortung entzieht.

b) Die vorstehenden Erwägungen schließen zugleich die Zulassung der Grundsatzrevision zur Klärung der von den Klägern ebenfalls aufgeworfenen Frage aus, „wie bei der Abwägung zwischen individuellen Interessen und Belangen der Allgemeinheit bei der Bestimmung eines wichtigen Grundes im Sinne des § 3 NÄG zu gewichten ist”. Insoweit werfen die Kläger dem Verwaltungsgerichtshof vor, nicht alle von ihnen für maßgeblich erachteten Aspekte hinreichend zu ihren Gunsten berücksichtigt zu haben. Dies führt lediglich auf die Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalles, ohne eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache erkennen zu lassen.

c) Die Kläger messen der Sache ferner grundsätzliche Bedeutung wegen der Frage bei „inwieweit hier ein unverschuldeter Beweisnotstand für die Kläger vorlag”. Auch diese Frage zielt auf die besonderen Umstände des Falles und rechtfertigt schon deshalb nicht die Zulassung der Grundsatzrevision. Im Übrigen sind die Probleme eines unverschuldeten Beweisnotstandes bereits in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Das Gericht darf danach eine Tatsache nur dann feststellen, wenn es davon überzeugt ist, dass sie vorliegt. Dabei kann einem unverschuldeten Beweisnotstand dahingehend Rechnung zu tragen sein, dass auch Tatsachen berücksichtigt werden, die nur vom jeweiligen Antragsteller ohne weiteren Beleg vorgetragen werden. Stets muss das Gericht jedoch von der Richtigkeit dieser Tatsachen überzeugt sein. Kann das Gericht diese Überzeugung nicht gewinnen, bleibt es bei dem Grundsatz, dass ein Beteiligter die Folgen der Ungewissheit hinsichtlich einer anspruchsbegründenden Tatsache gegen sich gelten lassen muss (vgl. z.B. Urteil vom 16. Februar 1993 – BVerwG 9 C 25.92 – BVerwGE 92, 70 ≪78≫). Die Kläger machen nicht deutlich, dass ein Revisionsverfahren zu anderen oder weitergehenden Erkenntnissen führen könnte.

2. Sollten die Kläger geltend machen wollen, das Gericht habe entgegen § 108 Abs. 1 VwGO in seiner Beweiswürdigung einen Beweisnotstand der Kläger nicht genügend beachtet, so ginge dieser Vorwurf fehl. Die Kläger halten dem Berufungsgericht vor, es habe zu Unrecht angenommen, der Name „Cyplakov” sei der richtige Name des Großvaters gewesen. Die Überzeugungsbildung des Gerichts beruht jedoch darauf, dass die Kläger „auch wenn den Eltern des Klägers zu 1 von der Großmutter des Klägers zu 1 gewisse Zweifel daran überliefert worden sein mögen, dass der Großvater des Klägers zu 1 den Namen ‚Zyplakov’ schon seit seiner Geburt trug”, keinen einleuchtenden Grund dafür hätten anführen und belegen können, „warum es ihnen nicht gelingen hätte sollen, sich mit diesem Namen zu identifizieren, obwohl sie ihn von Geburt an führten”. Der Verwaltungsgerichtshof hat danach nicht entscheidend auf fehlende Belege über die Einzelheiten der Namensführung des Großvaters des Klägers zu 1 abgestellt, sondern seine Überzeugung gerade auf der Grundlage gewisser Zweifel an der Namensführung des Großvaters von Geburt an gewonnen. Damit hat er berücksichtigt, dass das Geschehen insoweit nicht vollständig aufzuklären war.

3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes folgt aus § 14 Abs. 1 und 3, § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG i.V.m. einer entsprechenden Anwendung des § 5 ZPO.

 

Unterschriften

Bardenhewer, Hahn, Graulich

 

Fundstellen

Haufe-Index 604754

StAZ 2001, 336

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