Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Urteil vom 01.08.2012; Aktenzeichen 10 LB 86/09) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 1. August 2012 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 3 572,81 € festgesetzt.
Tatbestand
I
Rz. 1
Der Kläger begehrt die Berücksichtigung weiterer Investitionen und damit einen zusätzlichen betriebsindividuellen Betrag bei der Berechnung des Wertes seiner Zahlungsansprüche für die Betriebsprämie im Jahr 2005.
Rz. 2
Mit Bescheid vom 7. April 2006 setzte die Beklagte Zahlungsansprüche fest und berücksichtigte bei der Berechnung ihres Wertes im betriebsindividuellen Betrag (lediglich) eine auf Investitionen des Klägers beruhende zusätzliche Produktionskapazität von 53 Mutterschafen. Dessen darüber hinaus gehendes Verpflichtungsbegehren hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg. Hingegen hat das Oberverwaltungsgericht dieses Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf einen zusätzlichen betriebsindividuellen Betrag, denn der geltend gemachte Erwerb von Prämienrechten stelle keine Investition in die Produktionskapazität dar; weitere Investitionen in die Haltung von Mutterschafen könnten nicht berücksichtigt werden, weil deren Vorliegen nicht fristgerecht nachgewiesen worden sei.
Entscheidungsgründe
II
Rz. 3
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor.
Rz. 4
Die aufgeworfenen Fragen,
Rz. 5
“Liegt eine Investition im Sinne von Art. 21 VO (EG) 795/2004 in den Produktionsbereich ‘Mutterkuhhaltung’ auch dann vor, wenn der Betriebsinhaber ausschließlich Mutterkuhprämienansprüche erworben hat?”
Rz. 6
und
Rz. 7
“Liegt ein objektiver Nachweis einer Investition in die Mutterschafhaltung nach Art. 21 Abs. 2 Unterabsatz 2 VO (EG) 795/2004 vor, wenn der Betriebsinhaber den Kauf von Mutterschafen sowie die Zuweisung bzw. den Erwerb von Mutterschafprämienansprüchen in seinem Antrag belegt?”,
Rz. 8
betreffen auslaufendes Recht, ohne dass Umstände dargelegt oder sonst ersichtlich sind, deretwegen ihnen gleichwohl grundsätzliche Bedeutung zukommen würde.
Rz. 9
Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat, wenn dargelegt ist, dass in einem zukünftigen Revisionsverfahren zur Auslegung einer entscheidungserheblichen unionsrechtlichen Regelung voraussichtlich gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen sein wird (Beschluss vom 22. Oktober 1986 – BVerwG 3 B 43.86 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 243; vgl. auch Beschluss vom 30. Januar 1996 – BVerwG 3 NB 2.94 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 111). Damit werden aber nur Fragen des Unionsrechts Fragen des Bundesrechts (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und die Beantwortung klärungsbedürftiger Fragen durch den Europäischen Gerichtshof einer Klärung durch das Bundesverwaltungsgericht gleichgestellt. Das ändert aber nichts daran, dass Rechtsfragen, die sich auf auslaufendes, ausgelaufenes oder nur übergangsweise geltendes Recht beziehen, regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung haben, da § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO eine richtungweisende Klärung für die Zukunft herbeiführen soll. Eine Revisionszulassung wegen solcher Fragen kommt deshalb nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Fragen sich für Nachfolgevorschriften offensichtlich in gleicher Weise stellen oder wenn ihre Beantwortung für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung ist und dies substantiiert dargelegt wird (stRspr, Beschlüsse vom 24. Oktober 1994 – BVerwG 9 B 83.94 – DVBl 1995, 568, vom 20. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 35.95 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9, vom 8. März 2000 – BVerwG 2 B 64.99 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 21, vom 17. Mai 2004 – BVerwG 1 B 176.03 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 29 und vom 15. Dezember 2005 – BVerwG 6 B 70.05 – juris Rn. 6); insofern gilt für Unionsrecht nichts anderes als für Bundesrecht (Beschlüsse vom 13. Juli 2007 – BVerwG 3 B 16.07 – Buchholz 451.511 § 6 MOG Nr. 9 und vom 17. November 2006 – BVerwG 3 B 61.06 – juris).
Rz. 10
Die Verordnung (EG) Nr. 795/2004 der Kommission vom 21. April 2004 (ABl Nr. L 141 S. 1) wurde von der Verordnung (EG) Nr. 1120/2009 der Kommission vom 29. Oktober 2009 (ABl Nr. L 316 S. 1) abgelöst und gilt nur noch für Beihilfeanträge, die sich auf Prämienzeiträume vor dem 1. Januar 2010 beziehen (Art. 52 VO ≪EG≫ Nr. 1120/2009). Darüber hinaus handelte es sich bei der Bestimmung des Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004 um Übergangsrecht, das die Umstellung auf die mit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik 2003/2004 eingeführte einheitliche Betriebsprämie betraf. Denn mit ihr sollten Betriebsinhaber, die vor Inkrafttreten der Reform bis spätestens 15. Mai 2004 mit näher bestimmten Investitionen begonnen hatten, nach Maßgabe objektiver, vom jeweiligen Mitgliedstaat zu bestimmender Kriterien aus Mitteln der nationalen Reserve erhöhte Zahlungsansprüche erhalten. Dies war bis zum 15. Mai 2005 zu beantragen (§ 13 Abs. 1, § 35 Abs. 4 InVeKoSV). Dass die Beantwortung der gestellten Fragen gleichwohl für einen nicht überschaubaren Personenkreis noch von Bedeutung sein könnte, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
Rz. 11
Die Verordnung (EG) Nr. 1120/2009 enthält auch keine Nachfolgeregelung, bei der sich die Fragen in gleicher Weise stellen könnten. Art. 21 VO (EG) Nr. 1120/2009 räumt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, Betriebsinhabern, die in einen Sektor investieren, der im Zuge der fortschreitenden Entkoppelung in die Betriebsprämie einbezogen wird, erhöhte Zahlungsansprüche zuzuweisen. Anders als bisher handelt es sich jedoch um eine Ermächtigung, die ohne weitere Eingrenzung an Investitionen in bestimmte Sektoren anknüpft. Die Regelung enthält weder die in Art. 21 Abs. 1 und 3 VO (EG) Nr. 795/2004 vorgesehene tatbestandliche Beschränkung auf Investitionen zur “Steigerung der Produktionskapazität” noch die Voraussetzung, dass die Investition in einem Plan vorgesehen oder durch andere objektive Nachweise belegt ist (Art. 21 Abs. 2 VO ≪EG≫ Nr. 795/2004), um die hier gestritten wird. Darüber hinaus wurde die Durchführungsregelung des § 15 BetrPrämDurchfV aufgehoben und findet nur noch für Altfälle Anwendung (Art. 1 Nr. 8 und 12 Verordnung vom 7. Mai 2010 eBAnz AT51 2010 V1), ohne dass mit Blick auf die Ermächtigung des Art. 21 VO (EG) Nr. 1120/2009 neue Regelungen für die Berücksichtigung von Investitionen erlassen worden wären.
Rz. 12
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Kley, Dr. Wysk, Rothfuß
Fundstellen