Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsplätze, Gestaltung der –. Diensträume, Neu-, Um- und Erweiterungsbauten von –. Beteiligungsrechte der Personalvertretung, Konkurrenz von –. Organisatorische Angelegenheiten
Normenkette
BPersVG § 75 Abs. 3 Nrn. 11, 16, § 78 Abs. 4, § 104 S. 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg – Fachsenat für Personalvertretungssachen – vom 8. November 1983 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Im Rahmen der Einrichtung einer Gruppenvermittlungsstelle in dem Fernmeldedienstgebäude der Ortsvermittlungsstelle Stuttgart 23/24 sollten der 265 qm große Vermittlungsraum im Erdgeschoß des Gebäudes mit einer EMD-Technik ausgerüstet und im Untergeschoß ein Kabelaufteilungs-, ein Gleichrichter- und ein Batterieraum untergebracht werden. Die neuen Einrichtungen der Gruppenvermittlungstechnik sollten in dem Vermittlungsraum in 16 Gestellreihen zu je 11 m Länge aufgestellt werden. Mit Schreiben vom 13. Mai 1982 teilte die für den Fernmeldebetrieb zuständige Abteilung 2 der Oberpostdirektion Stuttgart den für die Durchführung der Bauarbeiten zuständigen Referaten mit, welche Umbaumaßnahmen im einzelnen aus betrieblichen Gründen notwendig seien. Dabei ordnete sie an, aus Sicherheitsgründen sämtliche Fensteröffnungen im Untergeschoß und im Bereich des neuen Vermittlungsraumes zuzumauern.
Dieses Schreiben wurde dem Antragsteller, dem Bezirkspersonalrat bei der Oberpostdirektion Stuttgart, zur Kenntnisnahme zugeleitet. Der Antragsteller machte daraufhin geltend, daß mit dem beabsichtigten Umbau beteiligungspflichtige Tatbestände nach § 75 Abs. 3 Nrn. 11 und 16 BPersVG verwirklicht würden. Demgegenüber vertrat der Beteiligte, der Präsident der Oberpostdirektion Stuttgart, die Auffassung, daß die Baumaßnahmen durch die „Richtlinien für die hochbautechnische und haustechnische Planung von Dienstgebäuden mit Fernmeldetechnik” vorgeschrieben und daher nicht beteiligungspflichtig seien.
Der Antragsteller hat daraufhin das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet und beantragt,
festzustellen, daß die Anordnung des Beteiligten, beim Umbau der Ortsvermittlungsstelle Stuttgart 23/24 seien die bisher vorhandenen Fensteröffnungen zu verschließen, der Mitbestimmung des Personalrats bedürfe.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgewiesen. Während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hat der Beteiligte das Bauvorhaben dahin geändert, daß in dem Vermittlungsraum Lichtöffnungen in einer Fläche von 22 qm verbleiben sollen, die mit Drei-Scheiben-Sicherheitsverbundglas versehen werden sollten. Der Antragsteller ist auch der geänderten Baumaßnahme entgegengetreten. Das Vorhaben ist inzwischen in der geänderten Form ausgeführt worden.
Mit seiner Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung hat der Antragsteller daher den Antrag gestellt,
unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts festzustellen, daß der Beteiligte durch das Zumauern der Fenster im Untergeschoß des Betriebsgebäudes Blumenstraße 8–14 und durch die Verkleinerung der Fenster des neuen Vermittlungsraumes im Erdgeschoß dieses Gebäudes von ursprünglich 50 qm auf 22 qm das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verletzt habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerde zurückgewiesen, im wesentlichen aus folgenden Gründen:
Das Verwaltungsgericht habe den Antrag zu Recht abgewiesen, da die ausgeführten baulichen Maßnahmen nicht der Mitbestimmung des Antragstellers nach § 75 Abs. 3 Nr. 16 oder Nr. 11 BPersVG unterlegen hätten. Es erscheine bereits zweifelhaft, ob sich in den Räumen des Untergeschosses und in dem Vermittlungsraum im Erdgeschoß Arbeitsplätze im Sinne des § 75 Abs. 3 Nr. 16 BPersVG befänden. Denn in diesen Räumen seien die Dienstaufgaben nicht an festen, für Arbeiten hergerichteten Plätzen zu verrichten; die Beschäftigten müßten die Arbeiten vielmehr jeweils „vor Ort” ausführen, d.h. dort, wo sie anfielen. In dem 265 qm großen Vermittlungsraum müßten sie sich innerhalb der 16 Gestellreihen teilweise mit Hilfe von Leitern an den Ort der Arbeitsverrichtung begeben. Selbst wenn es sich aber um Arbeitsplätze im Sinne des § 75 Abs. 3 Nr. 16 BPersVG handele, werde das daraus abzuleitende Mitbestimmungsrecht des Antragstellers durch das Anhörungsrecht nach § 78 Abs. U BPersVG verdrängt, das bei „Neu-, Um- und Erweiterungsbauten von Diensträumen” gegeben sei.
Der Gesetzgeber habe sich ersichtlich nicht in der Lage gesehen, bei derartigen, sich auf die Gestaltung von Arbeitsplätzen auswirkenden Maßnahmen den Personalvertretungen das stärkere Beteiligungsrecht der Mitbestimmung einzuräumen. Nach der rahmenrechtlichen Regelung des § 104 BPersVG dürften Entscheidungen, die wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt seien, darunter Entscheidungen in organisatorischen Angelegenheiten, nicht den Stellen entzogen werden, die der Volksvertretung verantwortlich seien. Es liege aber auf der Hand, daß durch Neu-, Um- und Erweiterungsbauten von Diensträumen in ganz erheblichem Maße organisatorische Vorstellungen verwirklicht werden könnten. Daß im Zusammenhang mit entsprechenden Maßnahmen auch ganz erhebliche Auswirkungen auf das Gemeinwesen anderer Art auf dem Spiel stehen könnten, zeige augenscheinlich die vorliegende Baumaßnahme, die u.a. auch aus Gründen der Sicherheit des Fernmeldeverkehrs in der gegebenen Weise verwirklicht werde. Wenn insoweit das Mitbestimmungsrecht „Gestaltung der Arbeitsplätze” gegeben sei, würde die Entscheidung über Baumaßnahmen den der Volksvertretung verantwortlichen Stellen entzogen, weil dieses Mitbestimmungsrecht so ausgestaltet sei, daß nach einem erfolglosen Einigungs- und Stufenverfahren die Einigungsstelle verbindlich entscheide. Das in § 78 Abs. 4 BPersVG vorgesehene Anhörungsrecht bei Neu-, Um- und Erweiterungsbauten von Diensträumen stelle demnach eine Sondervorschrift dar, die bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen diese Maßnahmen auch dann nur der Anhörung unterwerfe, wenn die Maßnahme gleichzeitig auch die Voraussetzungen des stärkeren Rechts der Mitbestimmung aus § 75 Abs. 3 Nr. 16 BPersVG erfülle.
Dasselbe gelte für den Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG, wonach der Personalrat über Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen mitzubestimmen habe. Davon abgesehen erfülle das vollständige oder teilweise Zumauern von Fenstern diesen Tatbestand nicht, weil diese Baumaßnahme nicht zu dem in der Vorschrift genannten Zweck ergangen und auch nicht darauf angelegt sei. Soweit der Antragsteller geltend mache, die Maßnahme sei. da sie zu künstlicher Belichtung und Belüftung führe, geeignet, Gesundheitsschädigungen herbeizuführen, bestätige er nur diese Feststellung.
Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt. Er beantragt,
unter Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen festzustellen, daß der Beteiligte durch das Zumauern der Fenster im Untergeschoß des Betriebsgebäudes Blumenstraße 8–14 und durch die Verkleinerung der Fenster des neuen Vermittlungsraumes im Erdgeschoß dieses Gebäudes von ursprünglich 50 qm auf 22 qm sein Mitbestimmungsrecht verletzt hat.
Der Antragsteller macht geltend, entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts könne das Anhörungsrecht nach § 78 Abs.4 BPersVG ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats nicht verdrängen. Der Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Februar 1980 – BVerwG 6 P 35–78 – sei nicht einschlägig, weil er nicht zum Bundespersonalvertretungsgesetz, sondern zu anders lautenden Vorschriften des Berliner Personalvertretungsgesetzes ergangen sei. Außerdem sei nach dieser Entscheidung die Verdrängung des weitergehenden Beteiligungsrechts durch ein schwächeres Recht nur dann zulässig, wenn der Gesetzgeber unter Beachtung der rahmenrechtlichen Vorschrift des § 104 BPersVG nur diese schwächere Form der Beteiligung habe gewähren wollen. Dafür biete die Vorschrift des § 78 Abs. 4 BPersVG aber keinen Anhaltspunkt. Bei dieser Anhörungsregelung handele es sich erkennbar nur um einen Auffangtatbestand. Der Gesetzgeber habe möglichen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine uneingeschränkte Mitbestimmung zu bestimmten, für die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung besonders bedeutsamen Angelegenheiten dadurch Rechnung getragen, daß er in Fällen der eingeschränkten Mitbestimmung des § 76 BPersVG die letzte Entscheidung der Dienststelle vorbehalten habe. § 78 Abs. 4 BPersVG sei auch nicht eine Sondervorschrift, die allgemeinere Regelungen verdränge, da die dem Anhörungsrecht unterliegenden Tatbestände weiter gefaßt seien als die Mitbestimmungs- und Mitwirkungstatbestände. Nach Sinn und Zweck des § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG sei diese Vorschrift nicht nur dann anwendbar, wenn die Maßnahme ausdrücklich den Zweck verfolge, Unfälle zu vermeiden.
Der Beteiligte beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluß für zutreffend.
Der Oberbundesanwalt hat sich an dem Verfahren beteiligt. Er tritt der Auffassung des Beschwerdegerichts bei, daß der Beteiligungstatbestand des § 78 Abs. 4 BPersVG bei Vorliegen seiner Voraussetzungen die Mitbestimmung aus § 75 Abs. 3 Nrn. 11 und 16 BPersVG verdrängt. Wenn es jedoch der eigentliche oder ein wesentlicher Zweck der Baumaßnahme sei, Unfälle oder Gesundheitsschäden zu vermeiden bzw. Arbeitsplätze zu gestalten, verstärke sich das Anhörungsrecht zu einem Mitbestimmungsrecht. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts habe aber die Maßnahme des Beteiligten nicht eine solche Zweckbestimmung gehabt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben den Feststellungsantrag des Antragstellers zu Recht abgelehnt. Dem Antragsteller stand das geltend gemachte Mitbestimmungsrecht nicht zu.
1. Die vom Verwaltungsgerichtshof offengelassene Frage, ob durch die Baumaßnahme des Beteiligten im Sinne der Mitbestimmungsvorschrift des § 75 Abs. 3 Nr. 16 BPersVG Arbeitsplätze gestaltet worden sind, ist zu bejahen. Nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats (vgl. BVerwGE 72, 94; 74, 28; Beschluß vom 25. August 1984 – BVerwG 6 P 16.84 – ≪Buchholz 238.3 A § 75 BPersVG Nr. 46 = ZBR 1987, 60 = NJW 1987, 1658≫) ist als Arbeitsplatz im Sinne dieser Vorschrift der räumliche Bereich anzusehen, in dem der Beschäftigte tätig ist, sowie dessen unmittelbare Umgebung. Die Mitbestimmungsvorschrift ist mithin auf alle innerhalb der Räumlichkeiten einer Dienststelle nach deren Aufteilung, der Untergliederung ihrer Räumlichkeiten oder der Zuordnung bestimmter Raumzonen zu einem Arbeitsgerät abgrenzbaren Bereiche anzuwenden, in denen von einem Beschäftigten oder mehreren Beschäftigten zugleich oder nacheinander einzelne Arbeitsschritte oder ineinandergreifende Arbeitsvorgänge geleistet werden. Gegenstand der Mitbestimmung des Personalrats ist die Ausgestaltung – vorhandener oder künftig einzurichtender – Arbeitsplätze, also insbesondere ihre räumliche Unterbringung, ihre Ausstattung mit Geräten und Einrichtungsgegenständen sowie ihre Beleuchtung und Belüftung, wobei einerseits die dort zu erledigenden Arbeiten, andererseits die Zielsetzung des Mitbestimmungstatbestandes, die Beschäftigten bei der Arbeit vor Gefährdungen und Überbeanspruchung zu schützen, zu berücksichtigen sind. Unbedeutende Umstellungen an einem Arbeitsplatz unterliegen jedoch nicht der Mitbestimmung, auch wenn sie von den dort tätigen Beschäftigten subjektiv als belastend empfunden werden.
Hiernach ist davon auszugehen, daß sich jedenfalls in dem neuen Vermittlungsraum im Erdgeschoß des Fernmeldedienstgebäudes für die dort tätigen Beschäftigten Arbeitsplätze befinden. Denn nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs werden in diesem Raum täglich etwa sechs Stunden Arbeiten verrichtet. Die Arbeiten bestehen im wesentlichen in der Überprüfung von Störungen, der Vornahme von Messungen sowie dem Reinigen von Kontakten bei den einzelnen Bauteilen, gegebenenfalls auch deren Austausch. Dazu müssen sich die Beschäftigten innerhalb der 16 Gestellreihen teilweise mit Hilfe von Leitern an den Ort der Arbeitsverrichtung begeben. Damit sind diese Einrichtungen der Gruppenvermittlungstechnik insgesamt als ein räumlicher Arbeitsbereich anzusehen, in dem mehrere Beschäftigte nebeneinander Arbeitsvorgänge leisten. Diese Arbeitsplätze sind dadurch gestaltet worden, daß die ursprünglich vorhandene Fläche der Fensteröffnungen von 50 auf 22 qm verkleinert worden ist.
Dennoch kann sich der Antragsteller nicht auf das Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 3 Nr. 16 BPersVG berufen, weil die Baumaßnahme zugleich den Beteiligungstatbestand des § 78 Abs. 4 BPersVG (Anhörung des Personalrats bei Neu-, Um- und Erweiterungsbauten von Diensträumen) erfüllt. Denn durch das vollständige oder teilweise Zumauern der Fensteröffnungen wird die bauliche Substanz des Vermittlungsraumes verändert, wobei es auf den Umfang dieser Maßnahme nicht ankommt. Der Beteiligte hatte demnach den Antragsteller zu dem Vorhaben anzuhören, was auch tatsächlich geschehen ist. Durch die Anhörung des Antragstellers gemäß § 78 Abs. U BPersVG ist jedoch sein Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 3 Nr. 16 BPersVG verdrängt worden.
Wie der beschließende Senat in dem Beschluß vom 7. Februar 1980 – BVerwG 6 P 35.78 – (PersV 1980, 238 = ZBR 1981, 72) in einer nach dem Berliner Personalvertretungsgesetz zu beurteilenden Sache entschieden hat, geht, wenn eine beabsichtigte Maßnahme mehrere Beteiligungstatbestände erfüllt, die unterschiedliche Beteiligungsrechte auslösen, das weniger weitgehende Beteiligungsrecht dem stärkeren vor, falls der Landesgesetzgeber unter Beachtung der rahmenrechtlichen Vorschrift des § 104 BPersVG nur diese schwächere Form der Beteiligung gewähren wollte. Zur Begründung hat der Senat darauf hingewiesen, daß das Berliner Personalvertretungsgesetz ebenso wie das Bundespersonalvertretungsgesetz und andere neue Landespersonalvertretungsgesetze mitbestimmungsfreundlich sei, indem der Gesetzgeber viele frühere Mitwirkungsrechte in Mitbestimmungstatbestände umgewandelt und damit das Mitbestimmungsrecht in sehr wesentlichem Umfang ausgedehnt habe. Mit der Erweiterung der Mitbestimmung der Personalvertretung sei der Gesetzgeber meist bis an die Grenzen gegangen, die in einem demokratischen Rechtsstaat von der Verfassung her einer Mitbestimmung im öffentlichen Dienst gezogen seien. Aus dieser Mitbestimmungsfreundlichkeit der Gesetze ergebe sich aber nicht der Rechtssatz, beim Zusammentreffen mehrerer Beteiligungstatbestände gehe das stärkere Beteiligungsrecht dem schwächeren vor, sondern es müsse aus dem Bestreben des Gesetzgebers vielmehr geschlossen werden, daß er sich nach sorgfältiger Prüfung bestimmter Tatbestände nicht in der Lage gesehen habe, sie der Mitbestimmung – auch nicht in einer eingeschränkten Form – zu unterwerfen. Diese Entscheidung hat in Rechtsprechung und Schrifttum überwiegend Zustimmung gefunden (vgl. VGH Mannheim, PersV 1985, 332; OVG Münster, RiA 1985, 263; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG 6. Aufl. 1986 § 75 RdNr. 192, § 104 RdNr. 9; Lorenzen/Eckstein/Haas/Schmitt, BPersVG 4. Aufl. 1986, § 75 RdNr. 192; Fischer/Goeres in Fürst, GKÖD Band V/2 K vor § 66 RdNr. 17).
Dieser in dem Beschluß vom 7. Februar 1980 zur Konkurrenz von Beteiligungsrechten entwickelte Grundsatz ist, wenngleich die Entscheidung konkret auf bestimmte Vorschriften des Berliner Personalvertretungsgesetzes und deren Entstehungsgeschichte abstellt, auch in Mitbestimmungsangelegenheiten nach anderen Personalvertretungsgesetzen anzuwenden. Das gilt, obwohl sich die Rahmenvorschrift des § 104 BPersVG nur an die Landesgesetzgeber richtet und sich der Bundesgesetzgeber nicht ausdrücklich in gleicher Weise gebunden hat, auch für die Rechtslage nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz. Denn der Bundesgesetzgeber wollte, wie die Entstehungsgeschichte des § 104 BPersVG belegt, mit dieser rahmenrechtlichen Vorschrift „ein möglichst einheitliches Personalvertretungsrecht in Bund und Ländern … erzielen” (BT-Drucks. VI/3721, S. 35/36 zu §§ 87 bis 99).
Das läuft entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht darauf hinaus, daß ein tatbestandsmäßig gegebenes Mitbestimmungsrecht immer dann nicht anerkannt werden kann, wenn zugleich ein schwächeres Beteiligungsrecht besteht. Die in den Personalvertretungsgesetzen geregelten Beteiligungsrechte der Personalvertretung sind vielmehr grundsätzlich nebeneinander gegeben, so daß beim Zusammentreffen verschiedenartiger Beteiligungsrechte der Personalrat regelmäßig in allen in Betracht kommenden Beteiligungsformen zu beteiligen ist. Ergibt sich jedoch aus dem Wortlaut, dem systematischen Zusammenhang oder der Entstehungsgeschichte von Beteiligungsvorschriften, daß der Gesetzgeber aus verfassungsrechtlichen Gründen, deren über den Geltungsbereich des Bundespersonalvertretungsgesetzes hinausgehende rahmenrechtliche Geltung aus § 104 Satz 3 BPersVG folgt, das stärkere Beteiligungsrecht nicht gewähren wollte, kann sich der Personalrat im Mitbestimmungsverfahren nicht darauf berufen.
Die im Schrifttum (vgl. insbesondere Altvater/Bacher/Sabottig/Schneider/Thiel, BPersVG, 2. Aufl. 1985, § 104 RdNr. 18) hiergegen im Hinblick auf den Wortlaut des § 104 Satz 3 BPersVG erhobenen rechtssystematischen Einwendungen greifen nicht durch. Gemäß § 104 Satz 3 BPersVG dürfen Entscheidungen, die wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt sind, insbesondere Entscheidungen in personellen Angelegenheiten der Beamten, über die Gestaltung von Lehrveranstaltungen und in organisatorischen Angelegenheiten, nicht den Stellen entzogen werden, die der Volksvertretung verantwortlich sind. Mit dieser Regelung hat der Bundesgesetzgeber dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. April 1959 – 2 BvF 2/58 – (BVerfGE 9, 268 ≪282≫), in dem ausgesprochen ist, daß es Regierungsaufgaben gibt, die wegen ihrer politischen Tragweite nicht generell der Regierungsverantwortung entzogen und auf Stellen übertragen werden dürfen, die von der Regierung und vom Parlament unabhängig sind (vgl. BT-Drucks. VI/3721 S. 36), in dem rahmenrechtlich gebotenen Mindestmaß Rechnung getragen. § 104 Satz 3 BPersVG enthält deswegen zwar unmittelbar nur das an die Adresse des jeweiligen Landesgesetzgebers gerichtete Verbot, derartige Angelegenheiten einer verbindlichen Entscheidung der Einigungsstelle zu unterwerfen. Das schließt aber nicht aus, daß der Bundesgesetzgeber im Geltungsbereich des Bundespersonalvertretungsgesetzes oder ein Landesgesetzgeber in seinem Regelungsbereich über diese rahmenrechtliche Forderung hinaus auch bestimmte Angelegenheiten wegen ihrer politischen Tragweite überhaupt einer Mitbestimmung der Personalvertretung entzieht (vgl. BVerwGE 57, 168 ≪173≫; Beschluß vom 7. Februar 1980 ≪a.a.O.≫).
Bei den in § 78 Abs. 4 BPersVG aufgezählten baulichen Maßnahmen hat sich der Gesetzgeber nicht in der Lage gesehen, der Personalvertretung ein stärkeres Beteiligungsrecht als ein Anhörungsrecht zu gewähren. Dies beruht ersichtlich auf dem Umstand, daß durch die Planung und Durchführung von Neu-, Um- oder Erweiterungsbauten von Diensträumen häufig auch organisatorische Vorstellungen der Dienststelle verwirklicht werden sollen, was erhebliche Auswirkungen auf die Aufgabenerfüllung der Dienststelle und damit auf die Funktionsfähigkeit der Verwaltung haben kann. Damit wäre es unvereinbar, wenn die Personalvertretung bei solchen baulichen Maßnahmen, die zugleich eine Entscheidung in organisatorischen Angelegenheiten enthalten, ein volles oder auch nur eingeschränktes Mitbestimmungsrecht hätte. Denn schon durch eine infolge der Durchführung eines Mitbestimmungsverfahrens eintretende Verzögerung könnten in diesen Fällen wichtige Belange der Allgemeinheit wie auch der Beschäftigten empfindlich beeinträchtigt werden; bei einem vollen Mitbestimmungsrecht des Personalrats müßte die Maßnahme sogar ganz unterbleiben (vgl. OVG Münster, RiA 1985, 263). Die Beteiligungsvorschrift des § 78 Abs. 4 BPersVG enthält somit entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht nur einen Auffangtatbestand; sie stellt vielmehr eine Sondervorschrift dar, die eine beabsichtigte Maßnahme in organisatorischen Angelegenheiten auch dann nur der Anhörung der Personalvertretung unterwirft, wenn sie gleichzeitig den Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 16 BPersVG erfüllt. Andernfalls würde dem Anhörungsrecht des Personalrats nach § 78 Abs. 4 BPersVG und der in ihm zum Ausdruck kommenden Einschränkung der Beteiligungsbefugnis des Personalrats praktisch keine Bedeutung mehr zukommen, weil bei Baumaßnahmen an Diensträumen in der Regel auch die Arbeitsplätze der dort tätigen Beschäftigten gestaltet werden. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß der Gesetzgeber das beabsichtigt hätte.
Bei einer Konkurrenz mit dem Beteiligungsrecht nach § 78 Abs. 4 BPersVG ist somit die Anwendbarkeit der Mitbestimmungsvorschrift des § 75 Abs. 3 Nr. 16 BPersVG davon abhängig, ob mit der beabsichtigten Baumaßnahme auch organisatorische Ziele verfolgt werden. Zu den organisatorischen Angelegenheiten zählen nicht nur solche Maßnahmen, die sich auf die Organisation der Dienststelle selbst, also auf ihre Errichtung oder Gliederung, auswirken. Darunter können vielmehr auch arbeitsorganisatorische Maßnahmen fallen, die für den Ablauf des Dienstbetriebes und für die Art und Weise der Erledigung der der Dienststelle übertragenen Aufgaben von erheblicher Bedeutung sind (so auch Lorenzen/Eckstein/Haas/Schmitt, a.a.O. § 104 RdNr. 21; a.A. Altvater/Bacher/Sabottig/Schneider/Thiel, a.a.O. § 104 RdNr. 17). Das gilt insbesondere auch für Betriebsverwaltungen wie die Deutsche Bundespost, bei denen der Betriebsablauf zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben immer wieder sich ständig verändernden wirtschaftlichen und personellen Gegebenheiten angepaßt werden muß und deshalb stetigen Wandlungen unterliegt. Solche organisatorischen Maßnahmen können allerdings nur dann ein Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 3 Nr. 16 BPersVG verdrängen, wenn sie über den innerdienstlichen Bereich hinauswirken und auf die nach außen zu erfüllenden Aufgaben der Dienststelle in nicht nur unerheblicher Weise einwirken (vgl. zur Aufstellung eines Lehrerstundenplans: Beschluß vom 23. Dezember 1982 – BVerwG 6 P 36.79 – ≪Buchholz 238.31 § 79 LPVG BW Nr. 2 = ZBR 1983, 307).
Bei Anwendung dieser Grundsätze kann nicht zweifelhaft sein, daß der Umbau des Fernmeldedienstgebäudes der Ortsvermittlungsstelle Stuttgart 23/24 für die Deutsche Bundespost von erheblicher Bedeutung für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben war. Denn durch die Einrichtung einer neuen Gruppenvermittlungsstelle sollte insbesondere die Einführung zweistelliger Durchwahlrufnummern im Raum Stuttgart ermöglicht werden. Die Maßnahme wurde daher in dem Schreiben des Fernmeldeamts 2 vom 1. März 1982 als ein „Objekt mit hoher regionaler Bedeutung” bezeichnet. Damit ist das an sich bestehende Mitbestimmungsrecht des Antragstellers gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 16 BPersVG durch seine Anhörung gemäß § 78 Abs. 4 BPersVG verdrängt worden.
2. Die Maßnahme des Beteiligten war schließlich auch nicht gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG mitbestimmungspflichtig. Denn es handelte sich nicht um eine „Maßnahme zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen”. Dieser Mitbestimmungstatbestand setzt, wie die Formulierung „zur Verhütung” erkennen läßt, voraus, daß die Maßnahme maßgeblich zu dem Zweck erlassen worden ist, in der Dienststelle einen effektiven Arbeits- und Gesundheitsschutz zu gewährleisten. Damit unterliegen Maßnahmen des Dienststellenleiters, die in erster Linie andere Zwecke verfolgen und sich nur mittelbar auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten auswirken, nicht dem Mitbestimmungsrecht des Personalrats (vgl. BVerwGE 74, 28 ≪30≫). Das vollständige oder teilweise Zumauern der Fensteröffnungen in der neuen Gruppenvermittlungsstelle erfolgte jedoch aus Gründen der Sicherheit des Fernmeldeverkehrs.
Die Rechtsbeschwerde ist somit zurückzuweisen.
Unterschriften
Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Ernst, Dr. Seibert
Fundstellen