Verfahrensgang
Sächsisches OVG (Urteil vom 15.01.2016; Aktenzeichen 5 A 529/13) |
VG Leipzig (Entscheidung vom 19.07.2010; Aktenzeichen 6 K 531/07) |
Gründe
Rz. 1
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Rz. 2
1. Die Revision ist nicht deshalb zuzulassen, weil ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Rz. 3
Die Beschwerde beanstandet sinngemäß, das Berufungsgericht habe seine Hinweispflicht nach § 139 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 ZPO verletzt, weil es nicht auf die Zahlungsverjährung und das Erlöschen des Abgabenschuldverhältnisses ab 2013 hingewiesen habe. Dies führt nicht auf einen Verfahrensfehler. Dahinstehen kann, ob die von der Klägerin aus § 139 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 ZPO hergeleiteten Hinweispflichten trotz der speziellen Regelungen in § 86 Abs. 2 und § 108 Abs. 2 VwGO gemäß § 173 VwGO entsprechend gelten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. August 2016 - 8 B 24.15 - juris Rn. 16). Denn die Beschwerde kann schon deswegen keinen Erfolg haben, weil sie sich im Gewande einer Verfahrensrüge gegen die materiell-rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts wendet. Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die Beitragsforderung verjährt ist, ausdrücklich geprüft und ausgeführt, die vierjährige Festsetzungsverjährungsfrist sei bis zur Veranlagung im Jahre 2006 nicht abgelaufen gewesen. Die Frage der Zahlungsverjährung erörtert das Urteil dagegen nicht (UA S. 14). Ob die Zahlungsverjährung zusätzlich zur Festsetzungsverjährung hätte geprüft werden müssen, ist eine Frage der materiell-rechtlichen Würdigung des Streitstoffs und nicht des Verfahrensrechts. Einen Hinweis auf eine von ihm nicht geprüfte Rechtsfrage kann und muss ein Gericht nicht geben. Aus dem gleichen Grund ist auch ein Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht dargetan. Der Umfang der Aufklärungspflicht bestimmt sich nämlich allein anhand der Rechtsauffassung der Tatsachengerichte. Diese haben auf der Grundlage ihrer materiell-rechtlichen Auffassung zu entscheiden, ob sie weitere Aufklärungsmaßnahmen ergreifen, insbesondere Beweisangeboten nachgehen. Die Aufklärungspflicht verlangt nicht, dass das Gericht Ermittlungen anstellt, auf die es nach seinem Rechtsstandpunkt für den Ausgang des Rechtsstreits nicht ankommt, auch wenn dieser Standpunkt verfehlt sein sollte (BVerwG, Urteile vom 24. Oktober 1984 - 6 C 49.84 - BVerwGE 70, 216 ≪221 f.≫ und vom 14. Januar 1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 ≪119≫).
Rz. 4
Ebenfalls ohne Erfolg bleibt die Rüge, das Berufungsgericht habe seine richterliche Hinweispflicht deshalb verletzt, weil es die Klägerin nicht darauf hingewiesen habe, dass es ihren Vortrag, die der Globalberechnung zugrunde liegenden Flächenangaben seien unpräzise, für unsubstantiiert erachte. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die von ihr erhobene (erste) Anhörungsrüge darauf abstellt, die Abweichung der Grundstücksfläche betrage wegen einer auf ihrem Grundstück verlaufenden öffentlichen Straße 10 % der Grundstücksfläche, geht sie von Tatsachen aus, die das Berufungsgericht nicht festgestellt hat. Dieses hat seiner Aussage, die Klägerin habe außer den Fall ihres Grundstücks keine konkreten Abweichungen in anderen Fällen benannt, die Angaben der Klägerin zugrunde gelegt, die tatsächliche Fläche ihres Grundstücks weiche um 3 m² oder 0,235 % von der Buchgrundstücksfläche ab. Vor dem Hintergrund einer derart geringfügigen Abweichung ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Rüge der Klägerin, die der Globalberechnung zugrunde liegenden Grundstücksflächen beruhten insgesamt auf unpräzisen Angaben, als unsubstantiierte Behauptung ins Blaue hinein gewertet hat. Abgesehen davon kann die Beschwerde auch deswegen mit ihrer Rüge keinen Erfolg haben, weil sich das Berufungsgericht die Annahme der Klägerin, die der Globalberechnung zugrunde liegenden Angaben der Grundstücksflächen seien unzutreffend, selbständig tragend auch deswegen als unerheblich angesehen hat, weil sich bei einer vergleichbaren Abweichung bei anderen Grundstücken im Verbandsgebiet der höchstzulässige Beitragssatz wie auch der höchstens angemessene Beitragssatz erhöhen würden.
Rz. 5
Die Rüge, das Gericht sei bei der mündlichen Verhandlung nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision. Die Klägerin übersieht, dass hier nach mündlicher Verhandlung auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet worden und die Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 101 Abs. 2 VwGO ergangen ist. In einem solchen Fall liegt dem Urteil die mündliche Verhandlung nicht zugrunde (BVerwG, Urteil vom 2. August 1984 - 3 C 31.83 - Buchholz 310 § 112 VwGO Nr. 6). Ein etwaiger Besetzungsfehler in der mündlichen Verhandlung hätte sich daher nicht ausgewirkt. Ein solcher ist im Übrigen nicht erkennbar. In einer mit den Akten übersandten dienstlichen Erklärung hat der Vorsitzende Richter am Oberverwaltungsgericht R. erklärt, er sei am Tag der mündlichen Verhandlung erkrankt gewesen. Dies erklärt, weshalb er nicht an der mündlichen Verhandlung mitgewirkt hat und für ihn ein Vertreter berufen wurde.
Rz. 6
2. Der Beschwerde kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu.
Rz. 7
Die Beschwerde hält es für grundsätzlich klärungsbedürftig, inwieweit die bundesrechtlichen Regelungen der §§ 228 bis 232 AO in ihrer Auslegung durch den Bundesfinanzhof bei verwaltungsrechtlichen und insbesondere kommunalabgabenrechtlichen Rechtsstreitigkeiten anzuwenden sind. Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Die durch die gesetzliche Verweisung in § 3 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a SächsKAG in Bezug genommenen Regelungen der (an sich bundesrechtlichen) Abgabenordnung gehören dem irrevisiblen Landesrecht an (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 8. August 2008 - 9 B 31.08 - Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 33 Rn. 4 und vom 10. August 2007 - 9 B 19.07 - Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 29 Rn. 5, jeweils m.w.N.). Dessen Auslegung hat daher ungeachtet des übereinstimmenden Wortlauts von Bundes- und Landesrecht keine grundsätzliche Bedeutung.
Rz. 8
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.
Fundstellen
Dokument-Index HI10158574 |