Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 24.09.2014; Aktenzeichen 1 N 10.3051) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. September 2014 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 40 000 EUR festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
Rz. 2
1. Der Antragsteller macht als Verfahrensfehler geltend, er habe unmittelbar nach der mündlichen Verhandlung in einem nachgereichten Schriftsatz dargelegt, dass es sich bei der vom Verwaltungsgerichtshof in Bezug genommenen Wohnanlage um einen Fremdkörper handele, was zur Folge habe, dass diese Bebauung nicht als Maßstab für eine Fortentwicklung der Bebauung zähle.
Rz. 3
Ein Verfahrensfehler gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist damit nicht dargelegt. Das Normenkontrollgericht hat den Schriftsatz zur Kenntnis genommen. Das ergibt sich aus dem Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (UA Rn. 15). Der Antragsteller macht auch nicht geltend, aus dem Schriftsatz ergäben sich Tatsachen, die dem Gericht Anlass gegeben hätten, eine Wiedereröffnung der mit einem Ortstermin verbundenen mündlichen Verhandlung gemäß § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO zu beschließen. Im Übrigen verkennt der Antragsteller, dass ein Verfahrensmangel nur dann bezeichnet ist, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 – 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26). Daran fehlt es hier. Der Antragsteller beschränkt sich darauf, unter Verweis auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der rechtlichen Bewertung des Normenkontrollgerichts die eigene Auffassung entgegenzusetzen.
Rz. 4
2. Die Divergenzrügen gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genügen ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen. Eine Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat.
Rz. 5
Der Antragsteller zitiert zwar einen Rechtssatz aus dem Urteil des Senats vom 10. Dezember 1982 – 4 C 28.81 – (Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 89), stellt diesem jedoch keinen Rechtssatz aus der angefochtenen Entscheidung gegenüber. Er beschränkt sich vielmehr auf den Einwand, zum tatsächlich gegebenen Bebauungszusammenhang zähle auch die Hotelanlage, die im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans liege. Damit wendet er sich lediglich gegen die Würdigung der tatsächlichen Gegebenheiten durch das Normenkontrollgericht. Für den Vorwurf, das Normenkontrollurteil basiere auf der Annahme, dass auch Bebauung in einem qualifiziert überplanten Bereich zu dem für die Fortentwicklung maßgeblichen Bebauungszusammenhang zähle, gibt weder die angefochtene Entscheidung noch der zitierte Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts etwas her.
Rz. 6
Die weitere Divergenzrüge, die der Antragsteller mit einer Abweichung vom Urteil des Senats vom 31. Oktober 1975 – 4 C 16.73 – (Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 50) begründet, scheitert ebenfalls daran, dass kein Rechtssatz aus der angefochtenen Entscheidung dargelegt wird. Soweit der Antragsteller auf die „Ausführungen in Rn. 26 a.E. und 27” verweist, wird kein Rechtssatz markiert, sondern die Sachverhaltswürdigung im Einzelfall angegriffen.
Rz. 7
3. Die vom Antragsteller als grundsätzlich klärungsbedürftig i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO aufgeworfene Frage:
„Kann einem tatsächlich vorhandenen Bebauungszusammenhang von ausreichendem Gewicht die für § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB erforderliche Ortsteileigenschaft wegen Mangelns einer organischen Siedlungsstruktur fehlen, obwohl die Gemeinde diese vorhandene Bebauungsstruktur zum Inhalt (mehrerer) qualifizierter Bebauungspläne macht?”,
Rz. 8
führt nicht zur Zulassung der Revision. Feststellungen dazu, dass „die Gemeinde diese vorhandene Bebauungsstruktur zum Inhalt (mehrerer) qualifizierter Bebauungspläne macht”, hat das Normenkontrollgericht nicht getroffen. Sollte der Antragsteller damit Bezug nehmen wollen auf die vom Verwaltungsgerichtshof nicht beanstandeten Festsetzungen für das von der Stiftung K. genutzte Grundstück sowie das von der Fachhochschule der Polizei verwaltete Grundstück (UA Rn. 29), fehlt es an Darlegungen, dass sich daraus ein verlässlicher Maßstab für die bauliche Fortentwicklung ergeben könnte. In diesem Zusammenhang auf § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB zu verweisen, genügt nicht.
Rz. 9
Unabhängig davon sind die Maßstäbe, die an eine organische Siedlungsstruktur zu stellen sind, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Wie das Normenkontrollgericht ausgeführt hat, schließt die Anforderung einer organischen Siedlungsstruktur das ein, was in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB entspricht, nämlich die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereichs. Während unter einem Ortsteil jeder Bebauungszusammenhang zu verstehen ist, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist, ist eine Splittersiedlung eine bloße Anhäufung von Gebäuden (BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 2014 – 4 B 40.13 – BayVBl 2014, 477 unter Bezugnahme auf das auch vom Antragsteller genannte Urteil des Senats vom 6. November 1968 – 4 C 31.66 – BVerwGE 31, 22 ≪27≫). Hieraus folgt, dass einer Bebauung nach tatrichterlicher Würdigung auch dann die organische Siedlungsstruktur fehlen kann, wenn sie zwar hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung einen ausreichenden Rahmen für die Fortentwicklung vorgibt, aber das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubare Grundstücksfläche sowie die Bauweise, nicht einmal ansatzweise eine Regelmäßigkeit erkennen lassen (UA Rn. 26). Ob optisch wahrnehmbare Merkmale, die eine gewisse Regelmäßigkeit oder einen Plan erkennen lassen, feststellbar sind, ist keine Rechtsfrage, sondern eine Frage der tatrichterlichen Würdigung.
Rz. 10
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Rubel, Dr. Bumke, Dr. Decker
Fundstellen