Verfahrensgang

Niedersächsisches OVG (Beschluss vom 10.11.1995; Aktenzeichen 4 L 3141/94)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluß des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. November 1995 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

 

Gründe

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht bleibt ohne Erfolg. Denn die für die Zulassung der Revision allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt der Rechtssache nicht zu. Dies ist nur dann der Fall, wenn zu erwarten ist, daß die Entscheidung in künftigen Revisionsverfahren dazu dienen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten und/oder die weitere Entwicklung des Rechts zu fördern. Dazu ist erforderlich, daß die von der Beschwerde darzulegende Rechtsfrage klärungsfähig und klärungsbedürftig ist (vgl. BVerwG, Beschluß vom 22. Oktober 1986 – BVerwG 3 B 43.86 – ≪Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 243≫). An dieser Klärungsbedürftigkeit fehlt es aber, wenn sich die Antwort auf die Rechtsfrage bereits ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt (vgl. BVerwG, Beschluß vom 31. Juli 1987 – BVerwG 5 B 49.87 – ≪Buchholz 436.0 § 69 BSHG Nr. 14≫) oder sich auf der Grundlage höchstrichterlicher Entscheidungen beantworten läßt (vgl. BVerwGE 13, 90 ≪92≫).

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist – wie auch die Beschwerdebegründung nicht verkennt – bereits geklärt, daß die Hilfe eines Dritten den Sozialhilfeanspruch nicht ausschließt, wenn der Dritte vorläufig – gleichsam anstelle des Sozialhilfeträgers und unter Vorbehalt des Erstattungsverlangens – nur deshalb einspringt, weil der Träger der Sozialhilfe nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt hat (vgl. BVerwGE 96, 152 ≪157≫ m.w.N.). Soweit die Klägerin meint, dieser Grundsatz bedürfe der Bestätigung und Ausweitung, insbesondere der Klarstellung, daß “Geldleistungen Dritter grundsätzlich nur dem Betreffenden zugute kommen sollen, nicht jedoch dem Sozialamt”, kann dies nach der genannten Rechtsprechung einen Bedarf an revisionsgerichtlicher Klärung nicht begründen. Soweit die Klägerin mit Blick auf die für sie ungünstige Bewertung des Beweisergebnisses durch die Berufungsinstanz (vgl. S. 8 der Entscheidungsgründe mit der Feststellung, keiner der Zeugen habe bekundet, “er habe der Klägerin nur deshalb Darlehen gewährt, weil der Sozialhilfeträger nicht rechtzeitig geleistet habe”) eine Umkehr der Beweislast dahin gehend fordert, daß das Sozialamt nachweisen müsse, “daß die Leistungen Dritter in jedem Fall erfolgt wären”, begründet auch dies keinen revisionsrechtlichen Klärungsbedarf. Da es nach der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Beurteilung der bedarfsdeckenden Wirkung der Hilfe Dritte darauf ankommt, aus welchen – subjektiven – Gründen die Dritten dem Anspruchsteller beigesprungen sind, besteht hier für eine Umkehr der Beweislast im Sinne der Klägerin kein Anlaß. Vielmehr ergibt sich aus dieser Rechtsprechung ohne weiteres, daß die Hilfe des Dritten den Sozialhilfeanspruch (nur) dann nicht ausschließt, wenn der Dritte gerade wegen des Ausbleibens rechtzeitiger Sozialhilfe eingesprungen ist. Wenn sich dies – wie im Verfahren der Klägerin ausweislich der Feststellungen des Berufungsgerichts – nicht feststellen läßt, ist für ein Eingreifen der Sozialhilfe kein Raum.

Soweit die Klägerin unter Hinweis auf den Inhalt der Zeugenaussagen geltend macht, die Berufungsinstanz habe gegen den von ihr selbst angeführten Rechtsgrundsatz verstoßen, erhebt sie den Vorwurf fehlerhafter Rechtsanwendung im Einzelfall. Damit kann die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nicht dargelegt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf § 188 Satz 2 VwGO.

 

Unterschriften

Dr. Säcker, Dr. Rojahn, Dr. Franke

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1622088

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