Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Urteil vom 07.07.2005; Aktenzeichen 5 LB 51/05) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde ist nicht begründet.
In dem Berufungsurteil hat das Oberverwaltungsgericht einen Anspruch der Klägerin, einen während eines Schullandaufenthalts in einem Waldheim zwischen dem 6. und 13. August 2002 erlittenen Zeckenbiss als Dienstunfall anzuerkennen, mit der Begründung verneint, es fehle an der gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG erforderlichen örtlichen und zeitlichen Bestimmbarkeit des schädigenden Ereignisses. Hierfür müsse in zeitlicher Hinsicht der Tag, an dem das Ereignis eingetreten sei, datumsmäßig feststehen. Die durch den Zeckenbiss hervorgerufene Infektion könne auch nicht gemäß § 31 Abs. 3 BeamtVG als Dienstunfall gelten, weil der Schullandaufenthalt nach den Umständen des Einzelfalles nicht mit einem besonders erhöhten Risiko einer solchen Erkrankung verbunden gewesen sei.
Die Klägerin hält die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob das Tatbestandsmerkmal der zeitlichen Bestimmbarkeit des schädigenden Ereignisses gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG erfüllt sei, wenn sich der Zeitraum, in dem das Ereignis stattgefunden habe, auf eine Woche eingrenzen lasse.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (Beschluss vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91≫; stRspr). Mit einer Rechtsfrage, die das Bundesverwaltungsgericht bereits beantwortet hat, kann die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nur erreicht werden, wenn neue rechtliche Gesichtspunkte vorgebracht werden, die die Frage trotz der vorliegenden Entscheidung als klärungsbedürftig geblieben oder wieder klärungsbedürftig geworden erscheinen lassen (Beschluss vom 2. August 1960 – BVerwG 7 B 54.60 – DVBl 1960, 854; stRspr).
Der in der Beschwerdebegründung aufgeworfenen Frage nach dem Bedeutungsgehalt des Begriffs „zeitliche Bestimmbarkeit” des schädigenden Ereignisses als Merkmal des Dienstunfallbegriffs gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG kommt keine grundsätzliche Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu, weil sie durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist:
Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Während das Merkmal „plötzlich” der Abgrenzung eines Einzelgeschehens gegen dauernde Einwirkungen dient, ist die örtliche und zeitliche Konkretisierung Bezugsrahmen und Voraussetzung für die Zurechnung zum Dienst. Daraus folgt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass sich genau bestimmen lassen muss, wann und wo sich das Ereignis abgespielt hat. Ort und Zeitpunkt müssen feststehen. Für die zeitliche Bestimmbarkeit genügt es nicht, dass sich ein über mehrere Tage erstreckender Zeitraum nach Anfangs- und Schlusstag eingrenzen lässt. Demnach reicht es bei Infektionen nicht aus, dass die Inkubationszeit und der Ort, an dem sich der Beamte während dieser Zeit aufgehalten hat, bekannt sind, um die Infektionserkrankung als einen Unfall zu bewerten. Es ist zwar anzuerkennen, dass sich der Zeitpunkt der Ansteckung mit einer Infektionskrankheit fast ausnahmslos nicht mit der gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG erforderlichen Genauigkeit feststellen lässt. Dieser Schwierigkeit hat der Gesetzgeber aber dadurch Rechnung getragen, dass diejenigen Infektionskrankheiten, die in der Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung i.d.F. vom 31. Oktober 1997 (BGBl I S. 2623) aufgeführt sind, gemäß § 31 Abs. 3 BeamtVG als Dienstunfälle gelten, wenn die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind (Urteile vom 9. November 1960 – BVerwG 6 C 144.58 – BVerwGE 11, 229 ≪230≫; vom 24. Oktober 1962 – BVerwG 6 C 18.61 – ZBR 1963, 49 ≪50≫; vom 11. Februar 1965 – BVerwG 2 C 11.62 – ZBR 1965, 244 ≪245≫ und vom 28. Januar 1993 – BVerwG 2 C 22.90 – abgedruckt in Schütz, Beamtenrecht, ES/C II 3.1 Nr. 49).
Diese Rechtsgrundsätze hat das Oberverwaltungsgericht in den Gründen des Berufungsurteils dargestellt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Die Klägerin zeigt in der Beschwerdebegründung keine rechtlichen Gesichtspunkte auf, die Anlass geben könnten, die dargestellte Rechtsprechung zu dem Merkmal „zeitliche Bestimmbarkeit” gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG in Frage zu stellen. Vielmehr beschränkt sich die Klägerin darauf, der mit dieser Rechtsprechung in Einklang stehenden Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts ihre eigene Rechtsauffassung gegenüberzustellen, wonach die Eingrenzbarkeit des Zeitraums, in dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, auf eine Woche für die zeitliche Bestimmbarkeit ausreichen müsse.
Die Auslegung und Anwendung des § 31 Abs. 3 BeamtVG durch das Oberverwaltungsgericht greift die Klägerin in der Beschwerdebegründung nicht an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 52 Abs. 2 GKG n.F.
Unterschriften
Albers, Dr. Kugele, Dr. Heitz
Fundstellen