Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OVG (Beschluss vom 19.04.2007; Aktenzeichen 15 P 4/06) |
Tenor
Die Beschwerde der Beigeladenen zu 1 gegen den Beschluss des Fachsenats für Entscheidungen nach § 99 Abs. 2 VwGO des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 19. April 2007 in der berichtigten Fassung vom 9. Mai 2007 wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussbeschwerde der Kläger wird der vorgenannte Beschluss hinsichtlich der Angaben über die Siebgröße des verwandten Bruchkaffees auf Blatt 276 und Blatt 294 der Beiakte B… geändert. Es wird festgestellt, dass die Verweigerung der Aktenvorlage auch hinsichtlich dieser Angaben rechtswidrig ist.
Die Beigeladene zu 1 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5 000 € festgesetzt.
Tatbestand
I
Die Kläger wohnen in der Umgebung des Betriebs der Beigeladenen zu 1, in dem aus gerösteten Kaffeebohnen Kaffeearomastoffe gewonnen werden. Sie begehren mit der diesem Zwischenverfahren zugrunde liegenden Klage uneingeschränkte Einsicht in die dem beschließenden Senat vorgelegten Betriebsakten. Der Beigeladene zu 2 hat als oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage der vollständigen Akten an das Verwaltungsgericht verweigert.
Der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts hat auf den Antrag der Kläger auf Überprüfung der Weigerungserklärung mit Beschluss vom 19. April 2007, berichtigt durch Beschluss vom 9. Mai 2007, festgestellt, dass der Beklagte aus Gründen des Geheimnisschutzes hinsichtlich der im Tenor des Beschlusses bezeichneten Aktenblätter mit den Angaben über das gegenwärtig eingesetzte Extraktionsmittel, das gegenwärtig verwandte Extraktionsverfahren sowie über die Siebgröße des verwandten Bruchkaffees zur Verweigerung der Aktenvorlage befugt sei. Hinsichtlich des in der Vergangenheit eingesetzten Lösemittel-Extraktionsverfahrens, der Prozessparameter und des speziellen Lösemittels hat der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts festgestellt, dass die Verweigerung der Aktenvorlage rechtswidrig sei. Da das Lösemittel in Deutschland nicht mehr verwendet werden dürfe, sei seine Zusammensetzung kein schützenswertes Geschäftsgeheimnis mehr. Gegen diesen Beschluss haben die Beigeladene zu 1 Beschwerde und die Kläger Anschlussbeschwerde eingelegt.
Die Beigeladene zu 1 macht geltend, dass das in der Vergangenheit eingesetzte Lösemittel-Extraktionsverfahren, die damaligen Prozessparameter sowie das spezielle Lösemittel auf einer langjährigen firmeninternen Forschung beruhten und strikter Geheimhaltung unterlägen. Die Qualität des unter Einsatz dieses Extraktionsverfahrens hergestellten Produkts sei bis heute mit keinem anderen Verfahren erreicht worden. Zwar dürfe das damals verwendete Lösemittel in Deutschland nicht mehr verwendet werden, doch sei eine Wiederaufnahme der Produktion im Ausland nicht ausgeschlossen. Die Offenlegung der streitigen Daten gefährde ihren Wettbewerbsvorteil und führe zu einem nicht unerheblichen wirtschaftlichen Schaden.
Die Kläger machen geltend, die angefochtene Entscheidung enthalte keine zutreffende Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Geheimhaltungsinteresse der Beigeladenen zu 1. Soweit es um Angaben zur Siebgröße bei der Herstellung des Bruchkaffees gehe, diene die Akteneinsicht zur Klärung der Frage, ob die Beigeladene zu 1 eine genehmigungsbedürftige Anlage betreibe. Würden die Kaffeebohnen nicht gebrochen, sondern gemahlen, sei die Anlage genehmigungsbedürftig. Die Größe des Siebes könne darüber Aufschluss geben.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde der Beigeladenen zu 1 bleibt ohne Erfolg, die Anschlussbeschwerde der Kläger ist begründet.
1. Beide Beschwerden scheitern nicht schon daran, dass das Gericht der Hauptsache die Vorlage an den Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts ohne einen förmlichen Beschluss, aus dem sich ergibt, dass es die Vorlage des Akten als entscheidungserheblich ansieht, verfügt hat. In der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2006 hat das Hauptsachegericht zwar die Sach- und Rechtslage erörtert. Zur Entscheidungserheblichkeit findet sich aber in der Sitzungsniederschrift keine Erklärung; ein Beweisbeschluss wird (nur) deswegen für entbehrlich gehalten, “da nicht damit zu rechnen sei, dass eine weitere Entscheidung der obersten Aufsichtsbehörde eine andere Entscheidung zu Tage fördern wird”. Ein Beweisbeschluss oder eine vergleichbare förmliche Äußerung des Hauptsachegerichts war vorliegend aber entbehrlich, weil sich die Entscheidungserheblichkeit des Inhalts der zurückgehaltenen Unterlagen ohne Weiteres aus dem materiellen Recht ergibt (Beschluss vom 24. November 2003 – BVerwG 20 F 13.03 – BVerwGE 119, 229 ≪230 f.≫). Gegenstand des Hauptsacheverfahrens ist der Informationsanspruch selbst.
2. Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind Behörden im Verwaltungsrechtsstreit zur Vorlage von Urkunden oder Akten und zu Auskünften verpflichtet. Ist – wie hier – die Vorlage der Akten selbst Gegenstand des Rechtsstreits und hängt nach der Rechtsauffassung des Gerichts die Entscheidung über das Klagebegehren von der Kenntnis des Akteninhalts ab, so beschränkt sich die Vorlagepflicht nach § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht auf die Vorlage der Akten, die bei der Behörde vor dem Rechtsstreit aus Anlass des Streits über die Aktenvorlage entstanden sind. Vielmehr gehören zu den grundsätzlich vorzulegenden Akten auch die behördlichen Akten, in die Einblick zu nehmen die zuständige Behörde unter Berufung auf etwaige im jeweiligen Fachgesetz normierte Geheimhaltungsgründe abgelehnt hat (vgl. Beschlüsse vom 13. Juni 2006 – BVerwG 20 F 5.05 – Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 42 und vom 21. Februar 2008 – BVerwG 20 F 2.07 – BVerwGE 130, 236 Rn. 9). Wenn aber das Bekanntwerden des Inhalts der Akten dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Vorlage der Akten verweigern. § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO regelt die Auskunftserteilung und Aktenvorlage im Verhältnis der mit geheimhaltungsbedürftigen Vorgängen befassten Behörde zum Verwaltungsgericht, das in einem schwebenden Prozess für eine sachgerechte Entscheidung auf die Kenntnis der Akten angewiesen ist. In diesem Verhältnis stellt das Gesetz die Auskunftserteilung und Aktenvorlage in das Ermessen der Behörde, lässt dieser also die Wahl, ob sie die Akten oder die Auskunft wegen ihrer Geheimhaltungsbedürftigkeit zurückhält oder ob sie davon um des effektiven Rechtsschutzes willen absieht (Beschlüsse vom 13. Juni 2006 a.a.O. und vom 21. Februar 2008 a.a.O. Rn. 18).
Wie im Senatsbeschluss vom 21. Februar 2008 (a.a.O. Rn. 19) ebenfalls bereits entschieden wurde, sind die Gründe, die eine Sperrerklärung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigen können, von denjenigen Gründen zu unterscheiden, die im Verfahren der Hauptsache zur Verweigerung der Aktenvorlage angeführt werden, soweit die Aktenvorlage auch Gegenstand des Rechtsstreits selbst ist. Diese Gründe können, müssen aber nicht deckungsgleich sein. Da die Sperrerklärung als Erklärung des Prozessrechts auf die Prozesslage abgestimmt sein muss, in der sie abgegeben wird, genügt es grundsätzlich nicht, in ihr lediglich auf die die Sachentscheidung tragenden Gründe des – je nach Fachgesetz im Einzelnen normierten – Geheimnisschutzes zu verweisen. Die oberste Aufsichtsbehörde ist vielmehr im Rahmen des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO gefordert, in besonderer Weise in den Blick zu nehmen, welche rechtsschutzverkürzende Wirkung die Verweigerung der Aktenvorlage im Prozess für den Betroffenen haben kann. Darin liegt die Besonderheit ihrer Ermessensausübung nach dieser Verfahrensbestimmung. Dementsprechend ist der obersten Aufsichtsbehörde auch in den Fällen Ermessen zugebilligt, in denen das Fachgesetz der zuständigen Fachbehörde kein Ermessen einräumt.
Das Ergebnis der Ermessensausübung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann in bestimmten Fallkonstellationen jedoch durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit rechtlich zwingend vorgezeichnet sein. Dies kommt namentlich dann in Betracht, wenn ein privates Interesse an der Geheimhaltung besteht, das grundrechtlich geschützt ist. Denn Beeinträchtigungen von Grundrechten sind nur dann zulässig, wenn sie durch hinreichende, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügende Gründe gerechtfertigt werden. Die Frage nach der ausreichenden Rechtfertigung eines mit der Aktenvorlage verbundenen Grundrechtseingriffs stellt sich vor allem in Dreieckskonstellationen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass neben dem Kläger und dem beklagten Staat auch ein privater Dritter am Prozess beteiligt ist, dessen Interessen denen des Klägers entgegengesetzt sind. In solchen Fällen sind neben dem öffentlichen und privaten Interesse an der Wahrheitsfindung und an effektivem Rechtsschutz auch die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden und seinen Inhalt prägenden widerstreitenden Individualinteressen in die Entscheidung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO einzubeziehen und gegeneinander abzuwägen. Ergibt sich dabei, dass die auf die Aktenvorlage gerichteten und durch die genannten öffentlichen Interessen verstärkten privaten Interessen an Bedeutung hinter dem grundrechtlich gebotenen Geheimnisschutz zurückbleiben, muss sich dieser Schutz durchsetzen. Aber auch unabhängig von den Anforderungen der Grundrechte sind Fälle denkbar, in denen das Geheimhaltungsinteresse so gewichtig ist, dass die Vorlage der Akten unterbleiben muss. Ebenso kann umgekehrt bei einem geringen Gewicht des Geheimhaltungsinteresses die Vorlage im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit rechtlich geboten sein. In allen diesen Fällen verbleibt für die Ausübung des in § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO um der Wahrheitsfindung und des effektiven Rechtsschutzes willen eröffneten Ermessens kein Raum. Dies kann bei Rechtsstreitigkeiten, die wie das Ausgangsverfahren einen Anspruch auf Informationszugang betreffen, dazu führen, dass sich das Prüfprogramm für die prozessuale Entscheidung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO faktisch – nicht jedoch rechtlich – weitgehend den fachgesetzlichen Vorgaben der Hauptsache annähert (Beschluss vom 21. Februar 2008 a.a.O. Rn. 20).
3. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Beschwerde der Beigeladenen zu 1 zurückzuweisen. Der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts hat zu Recht festgestellt, dass die Verweigerung der Aktenvorlage hinsichtlich des in der Vergangenheit eingesetzten Lösemittel-Extraktionsverfahrens, der Prozessparameter und des speziellen Lösemittels rechtswidrig ist. Der Beigeladene zu 2 hätte bei seiner Entscheidung über die Vorlage dieser Aktenbestandteile den öffentlichen und privaten Interessen an einer uneingeschränkten Aktenvorlage gegenüber den von der Beigeladenen zu 1 geltend gemachten privaten Interessen am Geheimnisschutz den Vorzug geben müssen.
Der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts hat die Behörde in Bezug auf die Verhältnisse in der Vergangenheit bereits mangels eines schützenswerten Geschäftsgeheimnisses für verpflichtet gehalten, die Akten uneingeschränkt vorzulegen; dies ergebe sich aus der Unerlaubtheit des früher verwendeten Lösemittels. Die Beigeladene zu 1 bestreitet die Unerlaubtheit des Lösemittels und des darauf beruhenden Extraktionsverfahrens nicht, wendet aber ein, dass das Verfahren gleichwohl als ein durch Art. 12 und 14 GG geschütztes Geschäftsgeheimnis angesehen werden müsse, weil die Wiederaufnahme der Produktion im Ausland oder im Inland nach einer Änderung der einschlägigen Rechtsvorschriften nicht auszuschließen sei. Die Berechtigung dieser Einwände ist (zumindest) zweifelhaft. Ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis setzt neben dem – hier gegebenen – Mangel an Offenkundigkeit der zugrunde liegenden Informationen ein berechtigtes Interesse des Unternehmens an deren Nichtverbreitung voraus. Ein solches Interesse besteht, wenn die Offenlegung der Informationen geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen (BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 – 1 BvR 2087, 2111/03 – BVerfGE 115, 205 ≪230 f.≫). Das von der Beigeladenen zu 1 früher verwendete Produktionsverfahren hat auch bei Zugrundelegung ihres Vorbringens für die aktuellen Markt- und Wettbewerbsverhältnisse, an denen die Beigeladene zu 1 beteiligt ist, keinerlei Bedeutung, und eine Änderung dieses Zustands ist zwar denkbar, aber gänzlich ungewiss. Ob unter diesen Umständen noch von einem berechtigten Interesse der Beigeladenen zu 1 an der Geheimhaltung des Produktionsverfahrens gesprochen werden kann, erscheint fragwürdig.
Einer abschließenden Klärung dieser Frage bedarf es nicht. Sollte ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beigeladenen zu 1 noch anzuerkennen sein, war der Beigeladene zu 2 jedenfalls wegen überwiegender öffentlicher und privater Offenbarungsinteressen zur uneingeschränkten Aktenvorlage verpflichtet. In diesem Sinne war das Ergebnis der nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geforderten Abwägung vorgezeichnet; für Ermessenerwägungen des Beigeladenen zu 2 war kein Raum.
Die Kläger machen Ansprüche auf Zugang zu Informationen nach dem Informationsfreiheitsgesetz für das Land Schleswig-Holstein vom 9. Februar 2000 (GVOBl S. 166) oder dem Umweltinformationsgesetz für das Land Schleswig-Holstein vom 2. März 2007 (GVOBl S. 132) geltend. Der Anspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz besteht, ohne dass hierfür ein Interesse geltend gemacht werden muss (§§ 4, 6 des Gesetzes). Jede natürliche oder juristische Person ist mit der Antragstellung anspruchsberechtigt. Der Anspruch dient mithin nicht oder nicht in erster Linie der Befriedigung privater Informationsinteressen. Vielmehr geht es zum einen darum, die Arbeit der Behörden transparenter zu machen, um deren Akzeptanz und das Vertrauen in ihre Arbeit in der Bevölkerung zu stärken; zum anderen sollen die politischen Mitgestaltungsmöglichkeiten der Bevölkerung erhöht werden (vgl. LTDrucks 14/2374 S. 10 f.). Ähnliches gilt für den auf Umweltinformationen gerichteten Informationsanspruch nach dem Umweltinformationsgesetz. Auch dieses Gesetzes setzt kein berechtigtes Informationsinteresse der Anspruchsteller voraus (§§ 3, 4), und es zielt darauf ab, das allgemeine Umweltbewusstsein zu schärfen, einen freien Meinungsaustausch und eine wirksamere Teilnahme der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren zu ermöglichen und auf diese Weise den Umweltschutz zu verbessern (vgl. Beschluss vom 21. Februar 2008 – BVerwG 20 F 2.07 – BVerwGE 130, 236 Rn. 24).
Vor dem Hintergrund dieser Gesetzesziele sowie in Anbetracht des Umstands, dass die Beigeladene zu 1 – wie sie nicht in Abrede stellt – in ihrem Unternehmen viele Jahre lang ein unerlaubtes Produktionsverfahren eingesetzt hat, ergibt sich in Bezug auf die Verhältnisse bis zur Aufgabe dieses Verfahrens und der Einführung des gegenwärtigen Verfahrens ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit an uneingeschränkter Aktenkenntnis, welches von den Klägern mit ihrer Klage geltend gemacht wird. Denn diese Kenntnis ermöglicht ein Urteil darüber, ob und in welcher Weise die rechtswidrige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 behördlich überwacht wurde und ob dieser Tätigkeit bereits früher ein Ende hätte gesetzt werden können und müssen. Nach dem zuvor Gesagten gehören die Prüfung eines ordnungsgemäßen Gesetzesvollzugs sowie die Aufdeckung etwaiger behördlicher Versäumnisse zu den Zielen, die mit den Informationsansprüchen nach dem Informationsfreiheitsgesetz und dem Umweltinformationsgesetz erreicht werden sollen. Da das Produktionsverfahren illegal war, die Beigeladene zu 1 sich also nicht gesetzeskonform verhalten hat, überwiegt das von den Klägern verfolgte öffentliche (und zugleich private) Interesse an vollständiger Aktenkenntnis die Geheimhaltungsinteressen der Beigeladenen zu 1 – sofern sie überhaupt anerkannt werden können – so eindeutig, dass der Beigeladene zu 2 zur uneingeschränkten Aktenvorlage verpflichtet war. Die diesbezügliche Feststellung des Fachsenats des Oberverwaltungsgerichts ist daher im Ergebnis nicht zu beanstanden.
4. Die gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 567 Abs. 3 ZPO ohne Fristbindung zulässige Anschlussbeschwerde der Kläger (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 146 Rn. 46; Meyer-Ladewig/Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand März 2008, § 146 Rn. 18a; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 146 Rn. 46 f.) ist begründet. Der Beklagte ist auch hinsichtlich der Angaben über die Siebgröße des Bruchkaffees, auf die allein sich die Anschlussbeschwerde bezieht, zur Aktenvorlage gegenüber dem Verwaltungsgericht verpflichtet. Insoweit fehlt es bereits an einem schutzwürdigen Betriebsgeheimnis der Beigeladenen zu 1, das die Verweigerung der Aktenvorlage gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigen könnte.
Zwar hat der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts das gegenwärtige Produktionsverfahren der Beigeladenen zu 1 – soweit es nicht offenkundig ist – grundsätzlich zu Recht als ein durch Art. 12 und 14 GG sowie § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geschütztes Betriebsgeheimnis angesehen, weil durch das Bekanntwerden dieses Verfahrens im Prozess und nachfolgend in der Öffentlichkeit die Wettbewerbsposition der Beigeladenen zu 1 nachteilig beeinflusst werden kann. Anders verhält es sich jedoch ausnahmsweise hinsichtlich der Angaben über die Siebgröße des verwandten Bruchkaffees. Denn diese Angaben sind bereits auf der Grundlage von gleichlautenden Informationen, die die Kläger von der Beigeladenen zu 1 selbst erlangt haben, in den Prozess eingeführt worden. Wie die Kläger mit Schriftsatz vom 28. November 2006 vorgetragen haben, hat der Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1 im Zivilprozess auf Unterlassung vor dem Landgericht Lübeck (Az.: 5 O 358/04) während der mündlichen Verhandlung vom 22. April 2005 zu Protokoll gegeben, dass nach der Zerkleinerung der Kaffeebohnen deren Größe ca. 3 mm beträgt. Die Beigeladene zu 1 ist diesem Vortrag der Kläger nicht entgegengetreten. Da die Beigeladene zu 1 schon bei ihrem von den Klägern wiedergegebenen Vortrag vor dem Landgericht mit einem Bekanntwerden dieses Vortrags in der Öffentlichkeit rechnen musste, wird die bestehende Lage durch die Offenlegung der entsprechenden Angaben in den Behördenakten (“75 % ≫ 3 mm”), die ebenfalls von der Beigeladenen zu 1 selbst herrühren, nicht zu ihrem Nachteil verändert. Dieser Umstand schließt ein nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO beachtliches Interesse der Beigeladenen zu 1 an der Geheimhaltung des betreffenden Akteninhalts aus.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 52 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Prof. Dr. Kugele, Dr. Bumke
Fundstellen