Entscheidungsstichwort (Thema)

Hauptpersonalrat, Vorbehaltsbeschlüsse des –. Vorbehaltsbeschlüsse des Hauptpersonalrats. Informationsrechte der Mitglieder des Hauptpersonalrats. Alleinige Befugnis zur Beschlußfassung durch das Plenum des Hauptpersonalrats

 

Leitsatz (amtlich)

Sogenannte „Vorbehaltsbeschlüsse” des Hauptpersonalrats, die vor Eingang der Stellungnahme des örtlichen Personalrats getroffen werden, verletzen die Informationsrechte und Entscheidungsbefugnisse der Mitglieder des Hauptpersonalrats.

 

Normenkette

BPersVG § 34 Abs. 2 S. 2, § 69 Abs. 2 S. 3, § 82 Abs. 2 S. 1, Abs. 4

 

Verfahrensgang

OVG für das Land NRW (Beschluss vom 10.02.1992; Aktenzeichen CB 260/88)

VG Köln (Entscheidung vom 15.09.1988; Aktenzeichen PVB 363/88)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 10. Februar 1992 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 6 000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit von sogenannten „Vorbehaltsbeschlüssen” des Beteiligten zu 1).

Der Beteiligte zu 1), der Hauptpersonalrat beim Bundesministerium des Innern, verfährt in Mitbestimmungsangelegenheiten, die einzelne Beschäftigte oder Dienststellen betreffen, häufig in der Weise, daß er sogenannte „Vorbehaltsbeschlüsse” faßt. Das bedeutet, daß er vor Eingang einer Stellungnahme des örtlichen Personalrats nach § 82 Abs. 2 Satz 1 BPersVG einen Beschluß unter Vorbehalt faßt, der weder dem örtlichen Personalrat noch dem Beteiligten zu 2), dem Bundesministerium des Innern, mitgeteilt wird. Äußert sich dann der örtliche Personalrat, dem Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird, nicht oder äußert er sich im Sinne des „Vorbehaltsbeschlusses”, wird dieser Beschluß auf Veranlassung des Vorstands des Hauptpersonalrats bekanntgegeben. Stimmt der örtliche Personalrat nicht zu oder macht er Sachausführungen gegenüber dem Hauptpersonalrat, entfällt der „Vorbehaltsbeschluß”; der zustimmungsbedürftige Vorgang wird dann neu im Rahmen der nächsten Sitzung des Hauptpersonalrats beraten und entschieden.

Der Antragsteller, der Mitglied des Hauptpersonalrats ist, hält dieses Verfahren für unzulässig. Er hat zur Klärung der rechtlichen Zulässigkeit dieser Geschäftsführungspraxis das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet und beantragt, festzustellen, daß die unter dem Vorbehalt einer Anhörung der Personalvertretung erfolgenden Beschlußfassungen des Beteiligten zu 1) in Angelegenheiten, die einzelne Beschäftigte oder Dienststellen betreffen, seine Rechte verletzen.

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag stattgegeben.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Beschwerde des Beteiligten zu 1) mit im wesentlichen folgender Begründung zurückgewiesen:

Der Antragsteller werde durch die praktizierte Handhabung der „Vorbehaltsbeschlüsse” in seiner personalvertretungsrechtlichen Stellung als Mitglied des Hauptpersonalrats verletzt. Dadurch werde der ihm zustehende Informationsanspruch beeinträchtigt, denn er werde nur über diejenigen Stellungnahmen unterrichtet, die nach Einschätzung des Vorstands des Hauptpersonalrats nicht zu einem Wegfall des Vorbehalts führten. Der Vorstand und nicht der zuständige Hauptpersonalrat entscheide, ob die Stellungnahme des örtlichen Personalrats über die bloße Zustimmungserklärung hinausgehe. Durch diese Verfahrensweise werde auch der Anspruch des Personalratsmitglieds gegenüber dem Plenum des Hauptpersonalrats auf Einhaltung der verfahrensrechtlichen Vorschriften bei der Beschlußfassung verletzt. Die Stufenvertretung könne nicht einzelne Entscheidungselemente an den Vorstand delegieren, so daß auch die Entscheidung über den Wegfall der gefaßten Beschlüsse nicht auf den Vorstand übertragen werden dürfe. Die Rechtfertigung des Beteiligten zu 1), er sei zu dieser Praxis wegen der kurzen Fristen, die dem Hauptpersonalrat zur Stellungnahme eingeräumt würden, gezwungen, habe seit der Verdoppelung der Erklärungsfrist gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3, § 82 Abs. 2 Satz 2 BPersVG durch das Gesetz zur Änderung des Bundespersonalvertretungsgesetzes vom 10. Juli 1989 weitgehend an Gewicht verloren.

Hiergegen richtet sich die wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1). Er ist der Auffassung, durch die Praxis der Vorbehaltsbeschlußfassung werde der Antragsteller entgegen der Meinung des Beschwerdegerichts nicht in seinen Rechten verletzt. Das Oberverwaltungsgericht habe seine Auffassung, die beanstandete Praxis führe in Grenzfällen zu nicht notwendigen Unsicherheiten, lediglich mit einer hypothetischen Fallkonstruktion belegt. Der Antragsteller habe auch keinen konkreten Fall benennen können. Unabhängig davon führe der Vorstand die laufenden Geschäfte unter voller Einbindung in die Beschlußfassungen des Hauptpersonalrats. Sollte im Einzelfall der Vorbehalt einmal nicht ausgeräumt sein, müsse er erneut die Beschlußfassung des Hauptpersonalrats herbeiführen. Im übrigen könne jedes Personalratsmitglied jederzeit die Geschäftsunterlagen einsehen. Die Interpretation des Oberverwaltungsgerichts, durch die Vorbehaltsbeschlußfassung werde ein Element der Entscheidung dem alleinzuständigen Gremium, dem Hauptpersonalrat, entzogen und auf den Vorstand übertragen, sei gleichfalls nicht richtig, denn die Vorbehaltsbeschlüsse seien abschließende Entscheidungen. Der Vorbehalt selbst sei kein Element der Sachentscheidung, sondern des Vollzugs, der aber dem Vorstand obliege.

Entgegen der Meinung des Oberverwaltungsgerichts sei durch das Gesetz zur Änderung des Bundespersonalvertretungsgesetzes keine Entlastung geschaffen worden, weil vielfach die Personalmaßnahmen dem Hauptpersonalrat erst kurz vor Beginn der turnusmäßig angesetzten Plenumssitzungen vorgelegt würden.

Der Beteiligte zu 1) beantragt,

unter Abänderung der Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen und des Verwaltungsgerichts Köln den Antrag abzulehnen.

Der Antragsteller beantragt,

die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Beschluß. Er ist entgegen der Meinung des Beteiligten zu 1) der Auffassung, daß die Auslegung, ob die örtliche Personalvertretung Einwendungen erhoben habe, Bestandteil des Anhörungsverfahrens vor dem Hauptpersonalrat und nicht des Vollzugs sei, so daß die Entscheidung darüber nur vom Hauptpersonalrat selbst getroffen werden könne.

Die von den Beteiligten dagegen geltend gemachten personalwirtschaftlichen Belange seien nicht geeignet, das beanstandete Beschlußverfahren zu rechtfertigen. Zum einen müßten sie sich an den rechtlichen Grundlagen orientieren, was nicht der Fall sei. Andererseits laufe dieses Verfahren allein darauf hinaus, den Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum der Dienststelle zu erweitern. Es nütze nur den betroffenen Beschäftigten, die von der Dienststelle begünstigt, nämlich zur Beförderung vorgeschlagen würden. Der Hauptpersonalrat müsse aber auch die Interessen der nichtbegünstigten Beschäftigten vertreten. Der Beteiligte zu 2) könne sich durchaus auf die langfristig bekannten Sitzungstermine des Hauptpersonalrats einstellen.

Der Beteiligte zu 2) ist wie der Beteiligte zu 1) der Meinung, daß die angegriffene Praxis des Beschlußverfahrens mit dem Bundespersonalvertretungsgesetz zu vereinbaren sei. Es führe bei unstreitigen Personalverfahren im Extremfall zu einem Zeitgewinn von einem Monat. Die Sitzungen des Hauptpersonalrats könnten nicht in Permanenz, also an jedem Arbeitstag, stattfinden, sondern er könne seine Beschlüsse nur in bestimmten zeitlichen Abständen fassen. Die Stufenvertretung habe ihren Sitzungsturnus und das Geschäftsgebahren auch im Hinblick auf das Gebot der sparsamen Verwendung der Haushaltsmittel so festzulegen, wie es jetzt die Praxis sei. Wegen der Besonderheiten im Zuge der Wiedervereinigung (Auflösung von Dienststellen, Erweiterung bestehender Dienststellen und Einrichtung neuer Dienststellen) sei es unvermeidlich, daß zahlreiche Personalmaßnahmen dem Hauptpersonalrat erst kurzfristig vor Beginn der turnusmäßig angesetzten Sitzungen vorgelegt werden könnten.

Die gebotene Flexibilität liege auch im Interesse der Beschäftigten, die beispielsweise bei Beförderungsmaßnahmen ein Interesse an einer baldigen Entscheidung hätten, die aber bei der vom Beschwerdegericht für erforderlich gehaltenen Verfahrensweise erheblich verzögert und erschwert werde.

Falls trotzdem Bedenken bestünden, sei ein „verbessertes” Verfahren einem generellen Verbot von Vorbehaltsbeschlüssen vorzuziehen. Dieses könne etwa darin bestehen, daß bei der Einholung der Äußerung der örtlichen Personalvertretung eine Formularerklärung mit folgenden Rubriken vorgesehen werde: „Einvernehmen”, „Ablehnung” und „Bemerkungen”. Die Auflösung des Vorbehalts solle nur dann gestattet werden, wenn die örtliche Personalvertretung schriftlich ein uneingeschränktes „Einvernehmen” erkläre.

Der Senat hat diesen Vorschlag den anderen Verfahrensbeteiligten zur Stellungnahme übersandt. Der Antragsteller hat mitgeteilt, daß die Bemühungen, zu einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung zu gelangen, erfolglos geblieben seien, insbesondere deshalb, weil kein Einvernehmen darüber habe erzielt werden können, ob die Stufenvertretung den Wortlaut des Vorbehaltsbeschlusses der örtlichen Personalvertretung vorher ausnahmslos schriftlich übermitteln müsse.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.

Gegen die Antragsbefugnis des Antragstellers bestehen keine Bedenken. Der Antragsteller, der Mitglied des Hauptpersonalrats ist, macht geltend, er sei durch die Praxis der „Vorbehaltsbeschlüsse” in seinen Rechten auf Information und auf Beschlußfassung im Hauptpersonalrat verletzt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist derjenige antragsberechtigt, der durch die begehrte Entscheidung unmittelbar in seiner personalvertretungsrechtlichen Stellung betroffen ist (Beschluß vom 15. Dezember 1978 – BVerwG 6 P 10.78 – PersV 1980, 105 m.w.N.). Das ist hier der Fall.

Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, daß der Antragsteller durch die Praxis der „Vorbehaltsbeschlüsse” in seinen Rechten als Mitglied des Hauptpersonalrats verletzt ist. Das Beschwerdegericht hat seine Auffassung darauf gestützt, daß dadurch das Recht des Antragstellers auf Information verletzt werde. Außerdem sei diese Art der Beschlußfassung auch eine unzulässige Übertragung von Befugnissen des Hauptpersonalrats auf den Vorstand. In beiden Punkten ist dem Oberverwaltungsgericht zu folgen.

Zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht seine Auffassung, Informationsrechte des Antragstellers würden durch die Vorbehaltsbeschlußfassung beim Beteiligten zu 1) verletzt, auf § 34 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 82 Abs. 2 Satz 1 BPersVG gestützt.

Nach § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG, der gemäß § 82 Abs. 1 BPersVG auch für den Hauptpersonalrat gilt, beschränkt sich das Informationsrecht der Mitglieder des Personalrats bzw. des Hauptpersonalrats zwar vor der Sitzung auf die rechtzeitige Mitteilung der Tagesordnung. Die weiteren Informationen sind ihnen aber dann während der Sitzung des Hauptpersonalrats zu geben. Hierbei sind die Personalratsmitglieder vom Personalratsvorstand in umfassender und objektiver Weise zu unterrichten. Der Vorstand ist gehalten, alles offenzulegen, was er in der Sache an Unterlagen erhalten oder sonst ermittelt hat. Er hat aufgrund dieses Materials in der Sitzung eingehend vorzutragen und auf Verlangen jede sachdienliche Auskunft zu geben (Beschluß vom 29. August 1975 – BVerwG 7 P 13.73 – PersV 1976, 305).

Zu den Informationen, die für die Entscheidungsfindung im Hauptpersonalrat erforderlich sind, gehören auch die Stellungnahmen, die der örtliche Personalrat gemäß § 82 Abs. 2 Satz 1 BPersVG abgibt. Sie sind erforderlich, weil der Hauptpersonalrat meist nicht über die Kenntnisse, die für die Entscheidung des Einzelfalles erforderlich sind, verfügt wie der örtliche Personalrat. Dazu gehört nicht nur die reine Information, d.h. die Faktenübermittlung. Durch § 82 Abs. 2 Satz 1 BPersVG soll auch sichergestellt werden, daß die örtliche Personalvertretung zu Wort kommt und zu der Angelegenheit Stellung nehmen kann (Beschluß vom 8. Juli 1977 BVerwG 7 P 19.75 – PersV 1978, 278).

Das Oberverwaltungsgericht sieht insbesondere in den Fällen eine Verletzung des Informationsrechts des Antragstellers, in denen die Stellungnahmen des örtlichen Personalrats über die bloße Zustimmungserklärung hinausgehen. Ob es sich um eine Zustimmung oder eine Einschränkung handele, sei in diesen Fällen oft eine Frage der Interpretation. Diese werde bei den „Vorbehaltsbeschlüssen” aber vom Vorstand und nicht von dem dafür zuständigen Plenum des Hauptpersonalrats vorgenommen.

Dieser Bewertung ist zu folgen. Durch die Praxis der „Vorbehaltsbeschlüsse” wird es in die Hand des Vorstands des Hauptpersonalrats gelegt, zu bestimmen, ob und welche Äußerungen des örtlichen Personalrats den Mitgliedern des Hauptpersonalrats zur Kenntnis gebracht werden. Nach der oben dargestellten Rechtslage hat er aber den Mitgliedern alle in Betracht kommenden Unterlagen und sonstigen Informationen zur Verfügung zu stellen. Ein Auswahlrecht steht dem Vorstand danach nicht zu.

Diese Bedenken werden nicht dadurch ausgeräumt, daß die Mitglieder des Hauptpersonalrats die Unterlagen auf der Geschäftsstelle einsehen können. Abgesehen davon, daß damit die Information an Zufälligkeiten gebunden ist, stehen auch praktische Schwierigkeiten entgegen. Die Mitglieder des Hauptpersonalrats kommen aus den verschiedenen Dienststellen im Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern, die über die ganze Bundesrepublik Deutschland verteilt sind. Sie treffen sich in der Regel nur zu den Sitzungen und haben schon deshalb nicht die Möglichkeit, zwischenzeitlich die Unterlagen einzusehen.

Der Hinweis des Beteiligten zu 2) auf den durch die Praxis sich ergebenden Zeitgewinn und die personalwirtschaftlichen Vorteile für die Dienststelle und die Beschäftigten vermag angesichts des klaren Wortlauts und des Zwecks der genannten personalvertretungsrechtlichen Vorschriften, die den Personalratsmitgliedern ein uneingeschränktes Informationsrecht zubilligen, die Bedenken nicht auszuräumen. Es wäre allenfalls Sache des Gesetzgebers, wegen der bestehenden praktischen Unzulänglichkeiten eine Sonderregelung für Stufenvertretungen zu treffen. Das hat er nicht getan.

Auch der Einwand des Beteiligten zu 1), es handele sich lediglich um eine hypothetische Fallkonstruktion, die durch keinen konkreten Fall belegt sei, kann zu keiner anderen Betrachtungsweise führen. Die Tatsache, daß solche Fälle nicht ausgeschlossen werden können, weil sie durchaus im Bereich des Möglichen und Vorstellbaren liegen, reicht aus, Informationsrechte des Antragstellers als verletzt anzusehen. Außerdem kann eine rechtswidrige Praxis nicht damit gerechtfertigt werden, daß bisher solche Fälle nicht bekanntgeworden sind.

Dem Oberverwaltungsgericht ist auch recht zu geben, wenn es in dieser Praxis eine unzulässige Übertragung von Befugnissen des Hauptpersonalrats auf den Vorstand sieht. Dafür sprechen folgende Erwägungen:

Der Beschluß des Hauptpersonalrats unter Vorbehalt ist ein Beschluß unter einer aufschiebenden Bedingung. Der Vorbehalt ist entgegen der Meinung des Beteiligten zu 1) Element des Beschlusses und nicht des Vollzugs. Der Beschluß wird erst dann wirksam, wenn der örtliche Personalrat sich nicht äußert oder eine Erklärung im Sinne des „Vorbehaltsbeschlusses” abgibt.

Bedingte Personalratsbeschlüsse sind grundsätzlich nicht unzulässig. Allerdings darf damit keine Verschiebung der Befugnisse von der Personalvertretung auf den Vorstand erfolgen. Der Beschluß, mit dem die Zustimmung erteilt oder verweigert wird, muß gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG von „dem Personalrat”, im Falle der Zuständigkeit des Hauptpersonalrats als Stufenvertretung gemäß § 82 Abs. 4 BPersVG also von dem Plenum des Hauptpersonalrats gefaßt werden; diese Beschlußfassung kann und darf nicht auf den Vorstand delegiert werden (Beschluß vom 11. Oktober 1972 – BVerwG 7 P 2.72 – BVerwGE 41, 30).

Es ist dem Oberverwaltungsgericht auch darin zuzustimmen, daß die Feststellung, ob eine Äußerung des örtlichen Personalrats eine Zustimmungserklärung ist oder hinter einer Zustimmungsreklärung zurückbleibt, eine Frage der Auslegung dieser Äußerung ist. Das kann letztlich dazu führen, daß ein unter Vorbehalt gefaßter Beschluß wirksam wird, obwohl die Voraussetzungen für den Wegfall des Vorbehalts in Wirklichkeit nicht vorgelegen haben, etwa weil der Vorstand die Äußerung des örtlichen Personalrats fälschlich als Zustimmung interpretiert hat.

Es ist auch nicht auszuschließen, daß der örtliche Personalrat zwar zustimmt, aber in seiner Erklärung noch weitere, dem Hauptpersonalrat bisher nicht bekannte Informationen übermittelt, die möglicherweise zu einer anderen Willensbildung im Hauptpersonalrat führen können. Diese Informationen werden bei der geltenden Praxis dem Hauptpersonarat vorenthalten.

Nach alledem war die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurückzuweisen. Dem Antrag wurde zu Recht stattgegeben. Durch die derzeitige Praxis der „Vorbehaltsbeschlüsse” des Beteiligten zu 1) werden sowohl die Informationsrechte des Antragstellers als auch die Befugnisse des Hauptpersonalrats, selbst über die Zustimmung zu Maßnahmen der Dienststelle im Beteiligungsverfahren zu befinden, und damit auch die Rechte des Antragstellers als Mitglied des Hauptpersonalrats, verletzt.

In diesem Zusammenhang ist aber auf folgendes hinzuweisen: Mit der Praxis der „Vorbehaltsbeschlüsse” sollte offensichtlich praktischen Erfordernissen von nicht unerheblichem Gewicht Rechnung getragen werden. Insbesondere sollten Zeitverzögerungen in Grenzen gehalten werden, die sich aus der Zusammensetzung des Hauptpersonalrats, dessen Mitglieder aus den verschiedenen Dienststellen im Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern kommen, und der Vielzahl der eilbedürftigen Beteiligungsangelegenheiten des Hauptpersonalrats ergeben. Dieses Anliegen ist beachtenswert, zumal damit in vielen Fällen auch die Belange der betroffenen Beschäftigten berührt sind, etwa in den Fällen, in denen Beförderungsvorschläge durch die Beratungen im Hauptpersonalrat verzögert werden können. Solange der Gesetzgeber keine Neuregelung trifft, die sowohl die Informations- und Entscheidungsrechte der Mitglieder des Hauptpersonalrats garantiert als auch den dargestellten, nicht zu übersehenden Anforderungen der praktischen Handhabung angemessen Rechnung trägt, könnte eine Praxis hingenommen werden, die in aller Regel zu Ergebnissen führt, die nicht auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung beruhen. In diesem Zusammenhang scheint der vom Beteiligten zu 2) mit Schriftsatz vom 28. September 1992 gemachte Verfahrensvorschlag eine rechtlich gangbare und auch praktikable Grundlage zu sein. Er sieht bei der Einholung der Äußerung der örtlichen Personalvertretung eine Formularerklärung mit folgenden Rubriken vor: „Einvernehmen”, „Ablehnung” und „Bemerkungen”. Der Wegfall des Vorbehalts soll nur dann gestattet werden, wenn die anzuhörende örtliche Personalvertretung schriftlich ein uneingeschränktes „Einvernehmen” erklärt. Damit wären „Vorbehaltsbeschlüsse” weiterhin möglich; den Mitgliedern des Hauptpersonalrats wurden auf diese Weise sämtliche zusätzlichen Informationen der örtlichen Personalvertretung übermittelt, und ihre Befugnis ihrerseits über die Zustimmung oder die Verweigerung der Zustimmung zu beschließen, würde nicht eingeschänkt werden. Die in diesem Zusammenhang vom Antragsteller vertretene Auffassung, die Stufenvertretung müsse den Wortlaut des „Vorbehaltsbeschlusses” der anzuhörenden örtlichen Personalvertretung ausnahmslos schriftlich übermitteln, steht hingegen im Widerspruch zu § 82 Abs. 2 Satz 1 BPersVG. Danach ist „vor” einem Beschluß in Angelegenheiten, die einzelne Beschäftigte oder Dienststellen betreffen, dem örtlichen Personalrat Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Da ein „Vorbehaltsbeschluß” ein, wenn auch unter einer Bedingung gefaßter, Beschluß im Sinne dieser Bestimmung ist, ist er der örtlichen Personalvertretung in diesem Verfahrensabschnitt nicht mitzuteilen.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO i.V.m. § 8 Abs. 2 BRAGO.

 

Unterschriften

Niehues, Ernst, Seibert, Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers ist aus Urlaubsgründen gehindert, seine Unterschrift beizufügen. Niehues, Vogelgesang

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1214079

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