Entscheidungsstichwort (Thema)

Freistellungsanspruch – des Personalrats hinsichtlich Anwaltskosten. Anwaltskosten. Genehmigung der Beauftragung eines Anwalts

 

Leitsatz (amtlich)

Der Personalrat kann von der Dienststelle eine Freistellung von Anwaltskosten für die Durchführung eines personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahrens nur verlangen, wenn er die Beauftragung des Anwalts vor Durchführung des gerichtlichen Verfahrens und für jede Instanz gesondert beschlossen hat. Eine nachträgliche Genehmigung einer vom Vorsitzenden des Personalrats allein vorgenommenen Beauftragung ist jedenfalls nach Abschluß der jeweiligen Instanz ausgeschlossen (wie Beschluß vom heutigen Tage – BVerwG 6 P 10.94 –).

 

Normenkette

BPersVG § 44 Abs. I S. 1, § 83 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, § 2 Abs. 1; ArbGG § 83 Abs. 1, § 84 S. 1; BGB § 177 Abs. 1, § 184 Abs. 1

 

Verfahrensgang

VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 03.05.1994; Aktenzeichen PB 15 S 2604/93)

VG Stuttgart (Entscheidung vom 08.09.1993; Aktenzeichen PB 21 K 2/93)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg – Fachsenat für Personalvertretungssachen – vom 3. Mai 1994 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 8.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Verfahrensbeteiligten streiten über die Freistellung von Anwaltskosten anläßlich der Durchführung eines personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahrens.

Der Antragsteller rief im September 1989 wegen der angeblichen Verletzung seines Beteiligungsrechts aus Anlaß der Einführung neuer Dienstpläne das Verwaltungsgericht an, das seinem Antrag stattgab; das auf die Beschwerde des Beteiligten anhängig gewordene Beschwerdeverfahren wurde auf übereinstimmenden Antrag aller Beteiligten durch Beschluß vom 22. Juli 1991 ruhend gestellt und ist seitdem nicht mehr betrieben worden. In diesem personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren wurde der Antragsteller in beiden Instanzen durch einen Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigten vertreten. Der Anwalt war vom damaligen Vorsitzenden des Antragstellers beauftragt worden, nachdem der Antragsteller zuvor über die Eröffnung des gerichtlichen Beschlußverfahrens, nicht jedoch über die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts beschlossen hatte. Der Antragsteller erklärte sich am 19. Juli 1993 – also noch während des ruhenden Beschwerdeverfahrens – nachträglich mit der Bevollmächtigung des Rechtsanwalts einverstanden und genehmigte das Handeln seines Vorsitzenden.

Nachdem der Beteiligte eine Erstattung der Rechtsanwaltskosten abgelehnt hatte, erhob der Prozeßbevollmächtigte des Antragstellers im Jahr 1992 im eigenen Namen eine zivilrechtliche Klage gegen die Deutsche Bundespost auf Zahlung seiner Anwaltskosten. Das Amtsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, ein Anwaltsvertrag zwischen der Deutschen Bundespost und dem Anwalt sei nicht zustande gekommen.

Der Antragsteller hat am 16. Februar 1993 das vorliegende personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet und beantragt festzustellen, daß der Beteiligte verpflichtet ist, ihn von der Kostenforderung des Rechtsanwalts für dessen Tätigkeit in beiden Instanzen freizustellen.

Zur Begründung hat der Antragsteller ausgeführt, er sei befugt gewesen, einen Rechtsanwalt mit der Prozeßführung zu beauftragen. Der Rechtsanwalt sei auch ordnungsgemäß beauftragt worden. Bei allen Personalratsmitgliedern habe Klarheit bestanden, daß der Vorsitzende befugt gewesen sei, eine geeignete Prozeßvertretung auszuwählen. Der Einwand fehlender Beschlußfassung zur Beauftragung des Rechtsanwalts könne nach „rechtskräftigem Abschluß” des seinerzeitigen Beschlußverfahrens nicht mehr erhoben werden. Aufgrund der inzwischen erfolgten Genehmigung der Beauftragung sei ein etwaiger Verfahrensverstoß jedenfalls geheilt.

Der Beteiligte ist dem Antrag entgegengetreten und hat vorgetragen, eine ordnungsgemäße Beauftragung des Rechtsanwalts sei nicht gegeben. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts sei im übrigen nicht erforderlich gewesen, weil dieser als Gewerkschaftssekretär für den Personalrat tätig geworden sei. Schließlich sei die Beauftragung auch mutwillig gewesen, da der Rechtsanwalt 17 gleichgelagerte Beschlußverfahren durchgeführt habe.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluß vom 8. September 1993 abgelehnt. Die Erstattungspflicht der Dienststelle setze einen ausdrücklichen Beschluß über die Beauftragung des Rechtsanwalts voraus, den der Antragsteller jedoch nicht gefaßt habe. Daß der Beteiligte diesen Mangel im gerichtlichen Verfahren nicht gerügt habe, führe nicht zu seiner Heilung, denn zu einer solchen Rüge sei er nicht berechtigt gewesen, weil der Mangel der Beschlußfassung sich auf das vertragliche Verhältnis zwischen Anwalt und Antragsteller nicht auswirke. Der Antragsteller bedürfe auch keines Schutzes durch das Gebot von Treu und Glauben, weil das Kostenausfallrisiko wegen nicht ordnungsgemäßer Beschlußfassung allein den Rechtsanwalt treffe.

Mit seiner Beschwerde hat der Antragsteller geltend gemacht, die Überlegungen des Verwaltungsgerichts zur Frage der Beauftragung eines Rechtsanwalts entbehrten der Rechtsgrundlage. Fehlerhaft seien auch die Ausführungen zur unterlassenen Rüge der angeblich fehlerhaften Bestellung: Es sei widersprüchlich, die Mandatierung dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit zu unterwerfen, jedoch den Dienststellenleiter nicht für verpflichtet zu halten, den Personalrat auf die Mangelhaftigkeit der Beschlußfassung hinzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat auf die Beschwerde mit Beschluß vom 3. Mai 1994 – insoweit rechtskräftig – den Beschluß des Verwaltungsgerichts geändert und dem Antrag stattgegeben, soweit er die Kostenforderung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof betrifft. Im übrigen hat er die Beschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung der Zurückweisung hat er ausgeführt, dem Antragsteller sei die Möglichkeit eröffnet gewesen, sich im gerichtlichen Verfahren durch seinen Vorsitzenden, einen von der Gewerkschaft gestellten Vertreter oder einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen. Wegen der ihm insoweit zustehenden Beurteilungsermächtigung müsse der gesamte Personalrat für jede Instanz unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit über die Beauftragung beschließen. Fehle ein solcher Beschluß, könne die Beauftragung eines Rechtsanwalts durch den Personalratsvorsitzenden wegen mangelnder Vertretungsbefugnis nicht den Abschluß eines Anwaltsvertrags herbeiführen und auch nicht die Kostentragungspflicht nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG auslösen. Es sei eine Obliegenheit des Rechtsanwalts, das Vorliegen der Vertretungsbefugnis in jeder Instanz zu prüfen. Der Antragsteller habe über die Einschaltung eines Rechtsanwalts und dessen Person im vorliegenden Fall keine Entscheidung getroffen. Daß der Beteiligte diesen Umstand im rechtskräftig abgeschlossenen Beschlußverfahren nicht gerügt habe, sei unbeachtlich. Der Rechtsanwalt sei gleichzeitig Rechtssekretär beim Hauptvorstand der Deutschen Postgewerkschaft gewesen. Der Beteiligte habe annehmen können, er sei in seiner Eigenschaft als Rechtssekretär tätig geworden oder als ein von der Gewerkschaft beschäftigter Rechtsanwalt oder aufgrund eines Anwaltsvertrags mit der Gewerkschaft. Es habe für ihn kein Anlaß bestanden, in die internen Verhältnisse zwischen Personalrat, Deutscher Postgewerkschaft und Rechtsanwalt einzudringen. Auch eine nachträgliche Genehmigung der Beauftragung des Rechtsanwalts könne den Kostenerstattungsanspruch nicht auslösen. Das insoweit allein maßgebliche Personalvertretungsrecht sehe eine solche Möglichkeit nicht vor. Damit solle der Gefahr eigenständiger Handlungen und nachfolgender Genehmigungsbeschlüsse aus Gründen der Solidarität vorgebeugt sowie das Hinarbeiten auf die ständige innere Abstimmung personalvertretungsrechtlichen Handelns gefördert werden.

Mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Rechtsbeschwerde macht der Antragsteller geltend, zwar sei kein ausdrücklicher Beschluß zur Beauftragung eines Rechtsanwalts gefaßt worden, jedoch müsse der Beschluß des Personalrats über die Einleitung des Beschlußverfahrens in dieser Weise ausgelegt werden. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Erfordernis einer der Beauftragung vorhergehenden Beschlußfassung des Personalrats sei erst im Jahre 1992 ergangen und habe deswegen vom Antragsteller nicht berücksichtigt werden können. Aus praktischen Erwägungen müsse aber ohnehin die Beauftragung eines Rechtsanwalts als laufendes Geschäft und somit in die Kompetenz des Vorsitzenden des Personalrats fallend angesehen werden. Eine – praktisch kaum handhabbare – Obliegenheit des Prozeßbevollmächtigten, die Voraussetzungen seiner Beauftragung zu prüfen, lasse sich aus dieser Entscheidung jedenfalls nicht ableiten. Seinen Vortrag zu der Frage, in welcher Eigenschaft der Prozeßvertreter des Antragstellers aufgetreten sei, habe der Verwaltungsgerichtshof im Tatbestand nur wiedergegeben; er habe ihn aber nicht gewertet, sondern kommentarlos den Vortrag des Beteiligten übernommen. Hierin liege ein Verstoß gegen die Verpflichtung des Gerichts, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären. Im übrigen seien die Überlegungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage, in welcher Eigenschaft der Prozeßvertreter des Antragstellers aufgetreten sei, nicht nachvollziehbar. Von der Unanwendbarkeit der Genehmigungsregelungen im Personalvertretungsrecht hätte der Verwaltungsgerichtshof nur ausgehen dürfen, wenn dies eine Rechtsnorm ausdrücklich gebiete. Das sei jedoch nicht der Fall. Ein Genehmigungsverbot lasse sich auch nicht aus Sinn und Zweck des § 44 Abs. 1 BPersVG herleiten; es sei nicht einsichtig, daß einer nachträglichen Genehmigung des Personalrats eine andere Qualität zukomme als einem der Beauftragung vorhergehenden Beschluß.

Der Antragsteller beantragt,

unter teilweiser Aufhebung der Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg – Fachsenat für Personalvertretungssachen – vom 3. Mai 1994 und des Verwaltungsgerichts Stuttgart – Fachkammer für Personalvertretungssachen (Bund) – vom 8. September 1993 festzustellen, daß der Beteiligte verpflichtet ist, den Antragsteller von der Kostenforderung des Rechtsanwalts Sabottig für das Beschlußverfahren vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart (PVS 48/89) freizustellen.

Der Beteiligte beantragt,

die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Beschluß. Der Antragsteller hätte einen ausdrücklichen Beschluß fassen müssen, da er zwischen zwei gleichwertigen, aber unterschiedliche Kosten verursachenden Möglichkeiten zu wählen gehabt habe, nämlich der Beauftragung des Rechtsanwalts als Anwalt oder dessen Inanspruchnahme als Gewerkschaftssekretär. Eine spätere Genehmigung komme nach Wortlaut und Sinngehalt des § 44 Abs. 1 BPersVG nicht in Betracht. Der Beteiligte sei in dem gerichtlichen Verfahren weder berechtigt noch verpflichtet gewesen, die fehlende vorhergehende Beschlußfassung des Antragstellers zu rügen. Es sei nicht seine Aufgabe aufzuklären, in welcher Eigenschaft und mit welcher Befugnis der gegnerische Prozeßbevollmächtigte auftritt.

Der Oberbundesanwalt beteiligt sich am Verfahren. Er weist darauf hin, daß es bereits vor der einschlägigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts herrschender Meinung entsprochen habe, daß vor der Beauftragung eines Rechtsanwalts ein ausdrücklicher Beschluß des Personalrats erfolgen müsse. Eine Nachholung der Beschlußfassung komme wegen der veränderten Kenntnislage nicht in Betracht. Nach Sinn und Zweck des § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG und des darin enthaltenen Gedankens der sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln müsse der Personalrat vor Ausgabe oder Bindung öffentlicher Gelder in seiner Gesamtheit die Erforderlichkeit dieser Maßnahmen prüfen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben eine Verpflichtung des Beteiligten, die Rechtsanwaltskosten des Antragstellers aus dem erstinstanzlichen Verfahren zu erstatten, zutreffend verneint und die insoweit begehrte Feststellung zu Recht abgelehnt.

1. Zutreffend ist der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen, daß ein Freistellungsanspruch des Personalrats gegen die Dienststelle nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG u.a. voraussetzt, daß der Beauftragung des Rechtsanwalts ein ausdrücklicher Beschluß des Personalrats vorhergegangen ist, der nicht lediglich für das Verfahren selbst, sondern für die jeweilige Instanz zu treffen ist. Das entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluß vom 9. März 1992 – BVerwG 6 P 11.90BVerwGE 90, 76 ≪84≫). Hieran ist festzuhalten.

Weder Praktikabilitätserwägungen noch das Erfordernis einer wirkungsvollen Vertretung der Belange des Personalrats geben Anlaß zu einer abweichenden Beurteilung, insbesondere nicht dazu, die Beauftragung eines Rechtsanwalts als laufendes Geschäft anzusehen zu dessen Wahrnehmung der Vorsitzende des Personalrats allein berechtigt wäre. Es ist nicht erkennbar, warum der Personalrat im Rahmen der ohnehin von ihm zu treffenden Entscheidung über die Einleitung eines personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahrens nicht auch über die Frage der Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Durchführung dieses Verfahrens entscheiden können soll. Falls der Personalrat vorrangig eine gewerkschaftliche Prozeßvertretung wünscht, ohne sicher zu sein, daß die Gewerkschaft hierzu bereit ist, kann er diesem Umstand durch einen aufschiebend bedingten Beschluß zur Beauftragung eines Rechtsanwalts hinreichend Rechnung tragen; einer erneuten Befassung des Personalrats bedarf es nicht. Ebensowenig ist erkennbar, daß der mit erheblichen Kosten verbundenen Entscheidung zur Beauftragung eines Rechtsanwalts geringere Bedeutung zukommt als derjenigen zur Einleitung des – gerichtskostenfreien – Verfahrens, die unzweifelhaft vom Personalrat selbst zu treffen ist. Unerheblich ist schließlich, daß der erwähnte Senatsbeschluß, in dem der Anspruch des Personalrats auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten von einem der Beauftragung des Rechtsanwalts vorhergehenden Beschluß des Personalrats abhängig gemacht wird, zum Zeitpunkt der vom Personalrat zu treffenden Entscheidung noch nicht ergangen war. Mit dieser Entscheidung hat der Senat keine Rechtsprechungsänderung bewirkt. Er hat sich vielmehr der in der personalvertretungsrechtlichen und der arbeitsrechtlichen Literatur und Rechtsprechung hierzu praktisch einhellig vertretenen Auffassung angeschlossen. Schon in der damaligen Entscheidung hat er keine Veranlassung für etwaige Übergangsregelungen gesehen.

Auch das Erfordernis eines ausdrücklich gefaßten Beschlusses des Personalrats zur Beauftragung eines Rechtsanwalts ist unverzichtbar. Wegen der dem Personalrat einzuräumenden Beurteilungsermächtigung ist diese Entscheidung, obwohl sie Kosten zu Lasten der Dienststelle verursacht, nur in sehr begrenztem Maße überprüfbar (Beschluß des Senats vom 9. März 1992 a.a.O.). Dann aber muß wenigstens der entsprechende Wille des Personalrats, im Beschlußverfahren anwaltlich vertreten zu sein, im Interesse der Rechtssicherheit aus dem Beschlußwortlaut eindeutig erkennbar sein. Für vom Wortlaut abweichende, nachträglich erweiternde Auslegungen, wie sie der Antragsteller für möglich hält, ist insoweit kein Raum.

2. Ohne Erfolg macht der Antragsteller geltend, den Anforderungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG sei dadurch Genüge getan, daß der Personalrat die Beauftragung eines Rechtsanwalts durch den Personalratsvorsitzenden nachträglich genehmigt habe. Eine solche Möglichkeit haben die Vorinstanzen für die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren angefallenen Anwaltskosten, über die im Rechtsbeschwerdeverfahren allein noch zu entscheiden ist, zu Recht verneint.

Eine stillschweigende nachträgliche Genehmigung kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil der Personalratsbeschluß nach dem unter 1. Gesagten ausdrücklich gefaßt werden muß. Das vom Antragsteller für seine gegenteilige Auffassung herangezogene Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Dezember 1961 (AP Nr. 1 § 615 BGB Kurzarbeit) betrifft die stillschweigende Billigung einer vom Betriebsratsvorsitzenden ohne entsprechenden Beschluß des Betriebsrats geschlossenen Betriebsvereinbarung und ist auf den hier in Frage stehenden personalvertretungsrechtlichen Freistellungsanspruch nicht übertragbar. Davon geht auch das Bundesarbeitsgericht selbst aus (AP Nr. 31 § 40 BetrVG; BAGE 68, 232 ≪236≫).

Auch eine ausdrückliche nachträgliche Genehmigung der Beauftragung des Rechtsanwalts vermag einen Freistellungsanspruch des Personalrats gegen die Dienststelle nicht zu begründen. Das Erfordernis eines der Beauftragung eines Rechtsanwalts vorhergehenden Beschlusses des Personalrats hat der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 9. März 1992 (BVerwG 6 P 11.90 – a.a.O.) hervorgehoben. Dieses Erfordernis schließt die Möglichkeit einer nachträglichen Genehmigung jedenfalls nach Abschluß der jeweiligen Instanz aus.

Die Regelungen der §§ 177 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB, die eine nachträgliche Genehmigung von Rechtsgeschäften eines vollmachtslosen Vertreters zulassen, stehen diesem Ergebnis nicht entgegen. Sie können nur im zivilrechtlichen Auftragsverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Personalrat Anwendung finden, nicht jedoch auf den hiervon zu trennenden Freistellungsanspruch im Rechtsverhältnis zwischen Personalrat und Dienststelle. Die Unanwendbarkeit der §§ 177 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB auf dieses Rechtsverhältnis setzt entgegen der Auffassung des Antragstellers keine entsprechende gesetzliche Anordnung voraus. Denn der Erstattungsanspruch des Personalrats gegen die Dienststelle ist ausschließlich personalvertretungsrechtlicher und nicht zivilrechtlicher Natur. Das schließt zwar die ergänzende Heranziehung anderer öffentlich-rechtlicher oder zivilrechtlicher Normen auf dieses Rechtsverhältnis nicht von vornherein aus. Voraussetzung hierfür ist aber eine entsprechende Regelungslücke, die wiederum nur unter Beachtung der Besonderheiten des Personalvertretungsrechts geschlossen werden darf.

Eine solche Regelungslücke enthält § 44 Abs. 1 BPersVG im Hinblick auf die Möglichkeit einer nachträglichen Genehmigung nicht. Vielmehr schließen Sinn und Zweck dieser Norm die Anwendung der §§ 177 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB aus. Der Senat hat hierzu in der bereits erwähnten Entscheidung vom 9. März 1992 (BVerwG 6 P 11.90 – a.a.O. m.w.N.) ausgeführt, daß das Erfordernis eines der Beauftragung vorhergehenden Personalratsbeschlusses daraus folgt, daß die diesem Gremium insoweit eingeräumte Beurteilungsermächtigung nur dem Personalrat in seiner Gesamtheit zusteht und ihr sachgerechter Gebrauch pflichtmäßig eine Würdigung und Abwägung aller rechtlichen Umstände durch dieses Gremium voraussetzt. Damit ist nicht nur ein Recht des Personalrats beschrieben, das ihm eine erhebliche Freiheit einräumt und seine Unabhängigkeit wahrt; die Einräumung einer Beurteilungsermächtigung bedingt zugleich die Verpflichtung, von dieser Ermächtigung in der vorgesehenen Weise Gebrauch zu machen. Diese Verpflichtung ist das Gegenstück seiner Freiheit und Preis seiner Unabhängigkeit. Ihr kann sich der Personalrat nicht etwa dadurch entziehen, daß er es seinem Vorsitzenden überläßt, über die Beauftragung eines Rechtsanwalts zu entscheiden. Ebensowenig kann sich der Personalrat auf eine bloße Bestätigung des Handelns seines Vorsitzenden nach Beendigung des gerichtlichen Verfahrens beschränken: Eine derartige Entscheidung würde unter wesentlich anderen Umständen erfolgen als diejenige, die der Personalrat vor Beginn des gerichtlichen Verfahrens trifft. Zwar ließe sich das Risiko der Rechtsverfolgung nach Abschluß des gerichtlichen Verfahrens naturgemäß besser beurteilen. Es wäre dann jedoch nur noch darüber zu befinden, wer die durch die bereits erfolgte Beauftragung des Rechtsanwalts entstandenen Kosten zu tragen hat, nicht aber darüber, ob diese Kosten überhaupt entstehen sollen; insoweit wäre der Personalrat vor vollendete Tatsachen gestellt. Die seinem Beurteilungsspielraum unterliegende Entscheidung über die Beauftragung des Rechtsanwalts wäre ihm entzogen. Dem Gebot der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit, die das Rechtsverhältnis zwischen Personalrat und Dienststelle in besonderer Weise prägen, könnte der Personalrat nicht mehr bzw. nur noch in eingeschränktem Umfang Rechnung tragen. Die Gefahr, daß sachwidrige Gesichtspunkte die – nachträgliche – Genehmigungsentscheidung bestimmen, ist ungleich größer als bei einer der Beauftragung vorhergehenden Entscheidung.

Daß praktische Erwägungen die Anwendbarkeit der Genehmigungsregelungen forderten, ist nicht erkennbar. Ob ausnahmsweise dann etwas anderes gelten kann, wenn es dem Personalrat unmöglich ist, rechtzeitig die nötigen Entscheidungen zu treffen, und wenn der Personalratsvorsitzende alle Möglichkeiten zur Wahrung der Rechte des Personalrats erfolglos ausgeschöpft hat (vgl. VGH Kassel, HessVGRspr, 1995, 57 f.) kann offenbleiben. Solche Umstände liegen nach den bindenden und vom Antragsteller insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hier nicht vor.

3. Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß ein Erstattungsanspruch nicht deswegen zu bejahen ist, weil es dem Beteiligten verwehrt wäre, sich auf den fehlenden Beauftragungsbeschluß des Personalrats zu berufen, nachdem er in den rechtskräftig abgeschlossenen Beschlußverfahren die Vertretung des Personalrats durch den Rechtsanwalt rügelos hingenommen hat.

Dabei kann offenbleiben, ob und in welchem Umfang der Grundsatz vertrauensvoller Zusammenarbeit zwischen Dienststelle und Personalvertretung in § 2 Abs. 1 BPersVG als besondere Ausprägung des Prinzips von Treu und Glauben überhaupt geeignet ist, fehlende tatbestandliche Voraussetzungen für einen Freistellungsanspruch nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG zu ersetzen. Auf der Grundlage der insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist eine solche Möglichkeit jedenfalls zu verneinen. Das ergibt sich allerdings nicht erst – wie der Verwaltungsgerichtshof angenommen hat – daraus, daß der Beteiligte davon ausgehen konnte, daß die Kosten des in diesem Prozeß auftretenden Verfahrensbevollmächtigten von dritter Seite – nämlich von der Postgewerkschaft – getragen würden. Maßgeblich ist vielmehr bereits, daß sich aus § 2 Abs. 1 BPersVG Pflichten nur im Verhältnis zwischen Dienststelle und Personalvertretung, nicht jedoch gegenüber Dritten ergeben können (vgl. auch Beschluß vom 24. Oktober 1969 – BVerwG 7 P 14.68 – BVerwGE 34, 143 ≪145≫). Eine Hinweispflicht des Dienststellenleiters gegenüber dem Personalrat, wie sie der Antragsteller der Sache nach geltend macht und deren Unterlassen nach seiner Auffassung – im Sinne einer Verwirkung – einen Freistellungsanspruch begründen soll, ist deswegen nur insoweit denkbar, als sie darauf gerichtet ist, Nachteile gerade für den Personalrat abzuwenden. Für den Personalrat können jedoch Nachteile aus einer Beauftragung eines Rechtsanwalts durch seinen Vorsitzenden ohne vorhergehenden Personalratsbeschluß nicht entstehen. Der Senat hat schon in seiner mehrfach erwähnten Entscheidung vom 9. März 1992 (BVerwG 6 P 11.90BVerwGE 90, 76 ≪87 f.≫) dem Rechtsanwalt das Kostenausfallrisiko dafür zugewiesen, daß die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 BPersVG nicht vorliegen. Das schließt – wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend erkannt hat – nicht nur die materiellrechtlichen Voraussetzungen für einen Freistellungsanspruch nach dieser Norm, sondern auch diejenigen des Verfahrensrechts ein. Es ist mithin eine Obliegenheit des Rechtsanwalts zu prüfen, ob seine Beauftragung auf einem entsprechenden Beschluß des Personalrats beruht. Daß das Vertrauensverhältnis zwischen Personalrat und Rechtsanwalt durch eine solche Verpflichtung des Rechtsanwalts unzumutbar belastet würde, ist entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht erkennbar. Vielmehr setzt dieses Vertrauensverhältnis gerade voraus, daß der Rechtsanwalt den Personalrat über die rechtlichen Voraussetzungen seiner Hinzuziehung nicht im Unklaren läßt.

4. Die Anwendung der rechtlichen Maßstäbe auf den vorliegenden Fall läßt Rechtsfehler des Beschwerdegerichts nicht erkennen. Auf die vom Antragsteller als verfahrensfehlerhaft gerügten Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage, in welcher Eigenschaft der Prozeßbevollmächtigte des Antragstellers in den rechtskräftig abgeschlossenen Beschlußverfahren aufgetreten ist, kommt es nach dem unter 3. Gesagten nicht an. Im übrigen erfüllt diese Rüge des Antragstellers nicht die prozessualen Mindestvoraussetzungen, die an die Erhebung einer ordnungsgemäßen Verfahrensrüge zu stellen sind. Das Vorbringen hierzu ist nicht hinreichend substantiiert: Es läßt nicht erkennen, welche Tatsachen der Verwaltungsgerichtshof noch hätte aufklären bzw. berücksichtigen müssen und auf welche Weise und mit welchem Ergebnis dies hätte geschehen müssen (vgl. etwa BVerwGE 55, 159 ≪169 f.≫).

5. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO i.V.m. § 8 Abs. 2 BRAGO.

 

Unterschriften

Niehues, Seibert, Vogelgesang, Eckertz-Höfer, Rubel

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1215825

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