Verfahrensgang
VG Greifswald (Aktenzeichen 6 A 1608/95) |
Tenor
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 2. März 1999 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladenen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 243 320 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde ist nicht begründet. Weder liegen die behaupteten Verfahrensmängel vor (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) noch ist die geltend gemachte Divergenz gegeben (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
1. Das Verwaltungsgericht hat seine Pflicht zur Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht verletzt. Es hat die Voraussetzungen des für die Unredlichkeit eines Rechtserwerbs in § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG aufgeführten Regelbeispiels mit der Begründung bejaht, der Verkauf des Grundstücks durch den staatlichen Verwalter habe gegen § 1 Abs. 2 der Verwalterverordnung vom 11. Dezember 1968 (GBl II 1969 S. 1) verstoßen. Nach dieser Vorschrift konnte der Verwalter die verwalteten Vermögenswerte verkaufen, wenn die Höhe der zu befriedigenden Forderungen dem Wert dieser Vermögenswerte gleichkam oder ihn überstieg, oder wenn die Befriedigung der Forderungen auf andere Weise nicht möglich war. Das Bestehen derartiger Forderungen hat das Verwaltungsgericht verneint. Von diesem materiellrechtlichen Ausgangspunkt aus, der für die verfahrensrechtliche Pflicht zur Sachaufklärung maßgebend ist, war es nicht entscheidungserheblich und damit nicht ermittlungsbedürftig, ob und welche Kosten für Reparaturen und Werterhaltungsmaßnahmen den Beigeladenen nach dem Verkauf des Grundstücks entstanden sind. Was die Beschwerde insoweit vorträgt, hat keinen ausreichenden rechtlichen Bezug zu § 1 Abs. 2 der Verwalterverordnung vom 11. Dezember 1968. Das Vorbringen ist vielmehr an dem hier nicht in Rede stehenden Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 2 VermG orientiert und zudem in bezug auf den entscheidenden Zeitpunkt, nämlich den Erwerb des Grundstücks, gänzlich unsubstantiiert. Unbeschadet dessen ist das Beschwerdeverfahren aber auch in sich unschlüssig, denn die Beschwerde behauptet zugleich, dem Kaufantrag der Kläger sei insbesondere deshalb entsprochen worden, „weil damit das Grundstück in der Familie Schütt verblieb und der mit der Verwaltung verbundene Aufwand wegfiel”.
Aus den vorgenannten Gründen kann auch die Gehörsrüge (§ 108 Abs. 2 VwGO) keinen Erfolg haben.
Der gerügte Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ist ebenfalls nicht gegeben. Das Verwaltungsgericht ist in Würdigung der Aussagen der vernommenen Zeuginnen zu dem Ergebnis gelangt, daß das von den Beigeladenen behauptete Einverständnis des Klägers mit dem Verkauf des Grundstücks ebensowenig wie die gegenteilige Behauptung des Klägers als erwiesen angesehen werden könne. Zu Unrecht wirft die Beschwerde dem Verwaltungsgericht eine willkürliche, mit § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht zu vereinbarende Würdigung der Aussage der Zeugin T. vor. Das Verwaltungsgericht (Urteilsabdruck S. 22 bis 24) hat ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, aus welchen Gründen es die Aussage der Zeugin, zwischen dem Kläger und den Beigeladenen sei auch über einen Kauf gesprochen worden, für nicht glaubhaft hält. Was die Beschwerde hiergegen vorbringt, stellt sich als Angriff gegen die Beweiswürdigung dar, mit dem eine Verletzung des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht dargetan werden kann. Insbesondere kann von einer „überspitzten und lebensfremden Wortauslegung” durch das Verwaltungsgericht keine Rede sein. Die bloße Tatsache, daß sich die Zeugin am Ende ihrer Vernehmung auf die Benutzung des Wortes „kaufen” festgelegt hatte, brauchte das Verwaltungsgericht nicht daran zu hindern, im Hinblick auf den Ablauf der Vernehmung und die dabei gemachten unterschiedlichen Angaben den Wahrheitsgehalt der Aussage in Zweifel zu ziehen.
Die im Schriftsatz vom 12. Oktober 1999 erhobene Verfahrensrüge ist verspätet (§ 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO) und kann schon aus diesem Grund keinen Erfolg haben.
2. Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gestützten Rügen erfüllen bereits nicht die Darlegungserfordernisse des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO und sind deshalb unzulässig.
Das Tatsachengericht weicht von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab, wenn es in einer entscheidungserheblichen abstrakten Rechtsfrage anderer Ansicht als das Bundesverwaltungsgericht ist, wenn also beide Gerichte die gleiche Rechtsfrage gegensätzlich entschieden haben. Ein derartiger Sachverhalt wird in der Beschwerde nicht dargelegt. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juni 1993 – BVerwG 7 C 27.92 – BVerwGE 94, 16 betrifft den Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 2 VermG und ist deshalb ohne rechtliche Bedeutung für den hier zu entscheidenden Fall. Dasselbe gilt für das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. März 1995 – BVerwG 7 C 48.94 – VIZ 1995, 348. Ebensowenig ist eine Abweichung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Januar 1995 – BVerwG 7 C 42.93 – BVerwGE 97, 286 ordnungsgemäß dargelegt. Die Beschwerde entnimmt dieser Entscheidung die Aussage, eine Abweichung von den allgemeinen Rechtsvorschriften, Verfahrensgrundsätzen oder einer ordnungsgemäßen Verwaltungspraxis im Sinne von § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG sei nur gegeben, wenn der Erwerber diese Abweichung gezielt herbeigeführt und dadurch den Erwerbsvorgang beeinflußt habe. Einen solchen Rechtssatz enthält das genannte Urteil nicht. Vielmehr ist darin ausgeführt, daß bei der Fallgruppe des § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG der Erwerber nicht aktiv an der Manipulation mitwirken, sondern sie nur kennen muß oder hätte kennen müssen. Von diesem Rechtssatz ist auch das Verwaltungsgericht ausgegangen. Schließlich ist auch nicht nachvollziehbar dargelegt, worin eine Abweichung des angefochtenen Urteils von dem Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. April 1993 – BVerwG 7 B 22.93 – liegen sollte; die in dieser Entscheidung gemachten Ausführungen haben keinen Bezug zu den Rechtsfragen des vorliegenden Streitverfahrens.
3. Mit der Rüge, das Verwaltungsgericht habe die Vorschriften über den redlichen Erwerb gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 VermG fehlerhaft angewendet, ist keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe ordnungsgemäß dargelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und 3 VwGO, § 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Franßen, Dr. Paetow, Gödel
Fundstellen