Tenor
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragsteller gegen den Planfeststellungsbeschluss des Antragsgegners vom 11. September 2003 wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5 000 € festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Antragsteller begehren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Antragsgegners vom 11. September 2003 für den Bau der Ortsumgehungen Trebbin, Kliestow und Wiesenhagen im Zuge des Neubaus der Bundesstraße 101 n von Ludwigsfelde-Ost nach Luckenwalde-Nord.
Die Antragsteller sind Eigentümer des Grundstücks Flurstück Nr. … der Flur … auf der Gemarkung K.… Dieses … m(2) große Flurstück soll nach dem Planfeststellungsbeschluss durch eine Zubringerstraße, welche für die Gemeinden K.…, Wiesenhagen, Kliestow und das Gewerbegebiet bei K.… einen direkten Zugang zu der neuen B 101 n bei der Anschlussstelle K.… schafft, diagonal von Westen nach Osten durchschnitten werden. Für den Straßenbau werden dabei … m(2) benötigt; nördlich der neuen Straße verbleibt ein Grundstücksteil von etwa … m(2), südlich eine Restfläche von etwa … m(2).
Gegen den Planfeststellungsbeschluss verfolgen die Antragsteller ihre bereits im Planfeststellungsverfahren rechtzeitig erhobenen Einwendungen weiter, mit denen sie sich insbesondere gegen die Trassenführung der B 101 n wenden und weiter geltend machen, dass die Qualität ihres Grundstücks als Bauerwartungsland verkannt und dessen Entwertung wegen der Durchschneidung mit der Zubringerstraße nicht richtig beurteilt worden sei.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist zulässig, der angegriffene Planfeststellungsbeschluss betrifft ein Vorhaben nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VerkPBG. Die hiergegen von den Antragstellern erhobene Klage entfaltet daher keine aufschiebende Wirkung (§ 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG). Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten gegen einen solchen Planfeststellungsbeschluss (§ 5 Abs. 1 VerkPBG) und ist folglich auch nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO als Gericht der Hauptsache für die Entscheidung über den beantragten vorläufigen Rechtsschutz zuständig.
Der Antrag ist jedoch unbegründet. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses überwiegt das Interesse der Antragsteller an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes bis zur endgültigen Entscheidung in der Hauptsache. Denn die auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtete Klage wird nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich keinen Erfolg haben. Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand des Senats verstößt der Planfeststellungsbeschluss gegen keine Rechtsvorschriften, deren Verletzung die Antragsteller mit der Folge einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Notwendigkeit eines ergänzenden Verfahrens gemäß § 17 Abs. 6c Satz 2 FStrG geltend machen können. Insbesondere lassen die sämtlich auf die Fehlerhaftigkeit der straßenplanerischen Abwägung zielenden Einwendungen der Antragsteller nicht erkennen, dass der Planfeststellungsbehörde ein erheblicher Abwägungsmangel zu Lasten der Antragsteller unterlaufen sein könnte (vgl. § 17 Abs. 6c Satz 1 FStrG). Unter diesen Umständen besteht kein hinreichender Anlass dafür, von der im Gesetz (§ 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG) vorgesehenen Regel der sofortigen Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses abzusehen.
Die Planrechtfertigung des Vorhabens, das in der Anlage zum Fernstraßenausbaugesetz (FStrAbG) in der Fassung vom 15. November 1993 (BGBl I S. 1877) als vordringlicher Bedarf dargestellt ist, stellen die Antragsteller selbst nicht in Frage. Der verkehrliche Bedarf für das Vorhaben steht damit grundsätzlich auch für den beschließenden Senat verbindlich fest (zu dieser Bindungswirkung und etwaigen Ausnahmen hiervon vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2003 – BVerwG 9 A 33.02 – DVBl 2003, 1069; Urteil vom 10. April 1997 – BVerwG 4 C 5.96 – BVerwGE 104, 236 ≪250≫).
Aller Voraussicht nach zu Unrecht beanstanden die Antragsteller, dass dem Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen die Befugnis zur Linienbestimmung nach § 16 Abs. 1 FStrG für das Vorhaben gefehlt habe. Sie stützen sich hierbei auf § 16 Abs. 1 Satz 2 FStrG, demzufolge für den Bau von Ortsumgehungen eine solche Linienbestimmung nicht stattfindet. Dem hält der Antragsgegner entgegen, dass der Neubau der B 101 n vornehmlich der Schaffung einer leistungsfähigen und überörtlichen, durchgängigen Verbindung von Jüterbog nach Berlin diene und nur daneben, aber nicht hauptsächlich die Beseitigung von Ortsdurchfahrten erreichen solle (PFB S. 58). Für die Richtigkeit dieser Annahme spricht einiges. Unabhängig hiervon dürfte der Einwand der Antragsteller gegen die Berechtigung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zur Linienbestimmung nach § 16 Abs. 1 Satz 2 FStrG schon deshalb in der Sache zu Unrecht erhoben sein, weil die am 13. Februar 1998 erfolgte Linienbestimmung zum damaligen Zeitpunkt nach § 2 Abs. 1 VerkPBG in den neuen Bundesländern auch für Ortsdurchfahrten vorgeschrieben war. Dies ergibt sich ohne weiteres daraus, dass der heutige zweite Halbsatz in § 2 Abs. 1 Satz 1 VerkPBG mit seinem Hinweis auf § 16 Abs. 1 Satz 2 FStrG (vgl. BGBl I 1999, S. 2659) in der bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Fassung fehlte (vgl. BGBl I 1995, S. 1840). Dass bei Ergehen des hier angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses im September 2003 auch für Ortsumgehungen von Bundesfernstraßen im Anwendungsbereich des § 1 VerkPBG keine Notwendigkeit zur Linienbestimmung mehr bestand, führt wohl nicht dazu, dass die für das Vorhaben ursprünglich pflichtgemäß erstellte Linienbestimmung ihre rechtliche Bedeutung verloren hat oder auch sonst nicht mehr berücksichtigt werden dürfte. Denn an der kompetenzrechtlichen Grundlage der Befugnis zur Linienbestimmung nach § 16 FStrG durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, die sich letztlich darauf gründet, dass die Verwaltung der Fernstraßen des Bundes durch die Länder im Auftrag des Bundes erfolgt (Art. 90 Abs. 2 GG), hat sich durch die beschriebene Änderung des § 2 Abs. 1 Satz 1 VerkPBG nichts geändert. Auch die Gesetzesmaterialien geben keinen Anhaltspunkt dafür, dass vor dieser Gesetzesänderung bereits erfolgte Linienbestimmungen ihre im Verhältnis zwischen dem Bundesministerium und der Landesstraßenverwaltung bestehende interne Bindungswirkung verlieren sollten (vgl. BTDrucks 14/1517, S. 2; vgl. ferner BVerwG, Beschluss vom 25. September 2003 – BVerwG 9 VR 9.03 –). Schließlich hat die Planfeststellungsbehörde auch zutreffend erkannt, dass die Außenverantwortung für die Trassenwahl in jedem Falle letztlich bei ihr liegt und ein begründetes Abweichen von der durch die Linienbestimmung vorgegebenen Vorzugsvariante in Abwägung aller Belange ihr letztlich möglich ist (PFB S. 58).
Dem Vorbringen der Antragsteller kann auch nicht entnommen werden, dass die von ihnen favorisierte Trassenvariante 2 A für die B 101 n, die ihr Grundstück von einer Inanspruchnahme verschont hätte, sich in jeder Hinsicht als die gegenüber der planfestgestellten Variante 2 B vorzugswürdige erweist, und dass der Planfeststellungsbeschluss deshalb an einem beachtlichen Abwägungsfehler leidet. Die Planfeststellungsbehörde hat die verschiedenen Trassenvarianten in ihre Abwägung mit einbezogen und sich insbesondere vor dem Hintergrund der Einwendungen der Antragsteller im Einzelnen mit der von ihnen geforderten Variante 2 A auseinander gesetzt. Der Planfeststellungsbeschluss führt hierzu aus, dass der Variante 2 B im Ergebnis deshalb der Vorzug einzuräumen sei, weil sie dem Schutzgut Mensch besser gerecht werde. Insbesondere werde durch diese Variante das Außenwohngebiet Freie Scholle weniger belastet. Bei Wahl der Variante 2 A würde diese Siedlung vom Ortszentrum Trebbins abgeschnitten und die Trasse mit der Folge größerer Lärmbelastungen wesentlich näher an die Siedlung herangerückt. Im Falle der planfestgestellten Variante 2 B betrage der Abstand der Siedlung zur Trasse etwa 500 m, im Falle der Variante 2 A wären es nur 250 – 350 m (vgl. PFB S. 59). Der knappe Hinweis der Antragsteller darauf, dass sich die Variante 2 A demgegenüber als die kostengünstigste und umweltverträglichste erwiesen habe, vermag nicht plausibel zu begründen, dass die Bevorzugung des Schutzguts Mensch durch die Planfeststellungsbehörde in der Abwägung bei der Auswahl zwischen den verschiedenen Trassenvarianten im Ergebnis offensichtlich abwägungsfehlerhaft ist.
Die Abwägungsentscheidung dürfte aller Voraussicht nach auch nicht zu beanstanden sein, soweit sie die Antragsteller hinsichtlich des bei der Durchschneidung ihres Grundstücks entstehenden südlichen Restgrundstücksteils auf die Möglichkeit verweist, dessen Übernahme als unwirtschaftliche Restfläche im Enteignungsverfahren zu beantragen (PFB S. 55). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die durch eine teilweise Inanspruchnahme von Grundeigentum bedingten Nutzungsbeeinträchtigungen auf dem Restgrundstück, das dem Eigentümer verbleibt, im Rahmen des Enteignungsverfahrens, ggf. auch durch einen Anspruch auf Übernahme des Restgrundstücks, zu entschädigen sind, ohne dass es hierzu auch nur einer Entscheidung dem Grunde nach im Planfeststellungsbeschluss bedürfte (BVerwG, Beschluss vom 27. August 1993 – BVerwG 4 A 2.93 – Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 24; Urteil vom 14. Mai 1992 – BVerwG 4 C 9.89 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 88, S. 80 ff.; Urteil vom 27. März 1980 – BVerwG 4 C 34.79 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 34, S. 113 f.). In dem über die Verweisung in § 19 Abs. 5 FStrG zur Anwendung kommenden § 7 des Enteignungsgesetzes des Landes Brandenburg ist denn auch unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch des Eigentümers auf Übernahme eines Restgrundstücks, das wegen einer Enteignung nicht mehr in angemessenem Umfang baulich oder wirtschaftlich genutzt werden kann, vorgesehen. Die Antragsteller beanstanden danach im Ergebnis wohl zu Unrecht, dass im Planfeststellungsbeschluss keine verbindliche Entscheidung über einen ihnen möglicherweise zustehenden Übernahmeanspruch getroffen worden ist. Der Planfeststellungsbehörde kann insofern nicht der Vorwurf einer unzureichenden Bewältigung der durch das Vorhaben aufgeworfenen Probleme gemacht werden. Selbst wenn jedoch die Entscheidung über einen etwaigen Anspruch auf Übernahme des südlichen Restgrundstücks dem Grunde nach bereits im Planfeststellungsbeschluss getroffen werden müsste, würde dies im Hauptsacheverfahren allenfalls zu einem entsprechenden Anspruch auf Planergänzung, nicht aber zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses und damit auch nicht zum Erfolg des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage führen.
Schließlich rügen die Antragsteller aller Voraussicht nach auch ohne Erfolg, dass die Planfeststellungsbehörde bei der Abwägung ihr Grundstück fehlerhaft statt als Bauerwartungsland lediglich als “Acker” bewertet habe. Selbst wenn es – was der Antragsgegner im Einzelnen bestreitet – zutreffen sollte, dass der Flächennutzungsplan der früher selbständigen Gemeinde K.…, in dem das Grundstück der Antragsteller ausweislich der Bestätigung dieser Gemeinde vom 11. Juni 1992 als “Bauland” dargestellt ist, sich noch in Kraft befindet, würde dies nichts daran ändern, dass das Grundstück nach den Vorstellungen der Stadt Trebbin, die nunmehr Trägerin der Planungshoheit auch auf dem Gebiet der ehemaligen Gemeinde K.… ist, weder in den Geltungsbereich eines Bebauungsplans noch in einen Vorhaben- und Erschließungsplan einbezogen werden soll, es vielmehr nach dem Entwurf des Flächenutzungsplans der Stadt Trebbin als Fläche für Landwirtschaft dargestellt ist. Dies ergibt sich aus dem im Planfeststellungsverfahren vorgelegten Schreiben der Stadt Trebbin vom 16. Mai 2003. Allein hierauf kommt es in der fachplanerischen Abwägung für die zutreffende Bewertung der gegenwärtig zulässigen Bodennutzung und ihrer realistischerweise in der nahen Zukunft zu erwartenden Entwicklung an. Selbst wenn das Grundstück dennoch als Bauerwartungsland (vgl. § 4 Abs. 2 WertV) einzustufen wäre, hätte dies zwar nach den Entschädigungsgrundsätzen Einfluss auf den Verkehrswert, der im Falle einer Enteignung die Höhe der den Antragstellern zu gewährenden Entschädigung bestimmt (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 1, § 10 Abs. 1 EntGBbg). Die Enteignungsgrundsätze sind aber auf die der förmlichen Enteignung vorangehende Planung nicht anwendbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1985 – BVerwG 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282 ≪285≫) mit der Folge, dass es keinen Abwägungsfehler darstellt, wenn über die Inanspruchnahme des Grundstücks entschieden worden ist, ohne dass zuvor sein Verkehrswert ermittelt worden ist. Deshalb bedurfte es auch nicht der von den Antragstellern mit Schriftsatz vom 19. Januar 2004 beantragten Beiziehung des “von der Beklagten benannten Entwurf(s) eines Flächennutzungsplans”.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 3 GKG.
Unterschriften
Hien, Vallendar, Dr. Eichberger
Fundstellen