Verfahrensgang

VG Greifswald (Entscheidung vom 25.09.2001; Aktenzeichen 6 A 641/97)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 25. September 2001 wird zurückgewiesen.

Der Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 153 387 EUR (entspricht 300 000 DM) festgesetzt.

 

Gründe

Der Kläger wendet sich gegen die Rückübertragung eines Hausgrundstücks an den Beigeladenen nach den Vorschriften des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen – VermG –. Das Verwaltungsgericht hat seiner Klage stattgegeben, weil die Rechtsvorgängerin des Klägers das Grundstück entgegen der Annahme des Beklagten redlich erworben und daher eine Rückübertragung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG ausgeschlossen sei.

Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Es liegen weder die geltend gemachten Verfahrensmängel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor, noch ist die gerügte Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO erkennbar. Schließlich formuliert der Beigeladene auch keine klärungsfähige Rechtsfrage, welche die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen könnte.

1. a) Der Beigeladene sieht eine Verletzung der gerichtlichen Pflicht zur Sachaufklärung nach § 86 Abs. 1 VwGO zunächst darin, dass das Verwaltungsgericht den Einwänden, die in einem vom 4. Februar 1961 datierenden Beschlussentwurf einer nicht näher bezeichneten staatlichen Stelle gegen die Genehmigung des Kaufvertrages geäußert worden seien, nicht näher nachgegangen sei. Diese Rüge geht daran vorbei, dass das Verwaltungsgericht nach eingehender Prüfung des Erwerbsgeschäfts keine Verstöße gegen seinerzeit geltende Rechtsvorschriften und Verfahrensgrundsätze sowie eine ordnungsgemäße Verwaltungspraxis hat feststellen können und sich dabei insbesondere mit dem in dem genannten Beschlussentwurf angeführten Erwerbshindernis der Anhäufung von Grundbesitz in einer Hand auseinander gesetzt hat. Angesichts dessen bestand keine Veranlassung, weitere Nachforschungen zu den Umständen und der Behandlung der Bedenken anzustellen, die im Vorfeld der vom Verwaltungsgericht als korrekt beurteilten behördlichen Genehmigung geäußert worden sind.

b) Ein Sachaufklärungsmangel liegt ebenso wenig darin begründet, dass das Verwaltungsgericht nicht ermittelt hat, warum keine förmliche Wohnraumzuweisung erteilt worden ist. Nach Auffassung des Gerichts wurden die Erwerbsvoraussetzungen aus wohnungswirtschaftlicher Sicht dadurch erfüllt, dass die für die Wohnraumlenkung zuständige Stelle dem Einzug der Familie hinreichend deutlich zugestimmt habe, zumindest sei aber vor dem Hintergrund dieser Zustimmung das Fehlen einer ausdrücklichen Wohnraumzuweisung nicht geeignet gewesen, das Vertrauen der Erwerberin in dem Bestand ihrer Eigentumstellung zu erschüttern. Ausgehend von dieser für den Umfang der Sachaufklärungspflicht maßgeblichen Rechtsauffassung der Vorinstanz ergab sich kein weiterer Ermittlungsbedarf.

c) Verfahrensfehlerhaft war auch nicht die Ablehnung des Beweisantrags des Beigeladenen auf Vernehmung des Zeugen R. Da das Verwaltungsgericht den umstrittenen Erwerb als im Einklang mit den seinerzeitigen Rechtsvorschriften stehend beurteilt hat, in dem Beweisantrag aber eine Umgehung geltender Rechtsvorschriften vorausgesetzt wurde, schied aus der dafür maßgeblichen rechtlichen Sicht des Verwaltungsgerichts die begehrte Beweisaufnahme von vornherein aus. Eine Vernehmung des Zeugen zu den Umständen des Erwerbsgeschäfts musste sich dem Verwaltungsgericht auch nicht unabhängig von den gestellten Beweisanträgen aufdrängen. Ausgehend von der dem Urteil zugrunde liegenden Rechtsauffassung, dass der Verkauf des Grundstücks an die Rechtsvorgängerin des Klägers rechtlich nicht zu beanstanden war, kam es nicht darauf an, ob und inwieweit der Zeuge R. Einfluss auf die behördlichen Entscheidungen zu nehmen versucht hat.

Soweit der Beigeladene in diesem Zusammenhang vorträgt, dass zwischen dem Zeugen und der Rechtsvorgängerin des Klägers eine Schwarzgeldabrede getroffen worden sei, verkennt er, dass eine solche Abrede nicht zur Unredlichkeit im Sinne des § 4 Abs. 3 VermG führt, wenn die verschleierte Zahlung dazu dienen sollte, dem Verkäufer im Ergebnis ein höheres Entgelt zu verschaffen, als ihm nach den einschlägigen Preisvorschriften der DDR zugestanden hätte (vgl. Beschluss vom 6. Januar 1994 – BVerwG 7 B 200.93 – Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 5 – sowie Beschluss vom 18. Mai 2001 – BVerwG 7 B 7.01 – S. 3 des amtlichen Abdrucks). Abgesehen davon ist dieser Vortrag schon deswegen nicht geeignet, einen Verfahrensfehler des Verwaltungsgerichts zu belegen, weil es sich um eine durch den Beigeladenen im Nachhinein ermittelte Tatsache handelt, für die es im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht keinerlei Anhaltspunkte gab.

2. Soweit die Beschwerde neben den Verfahrensrügen darauf gestützt wird, dass das Verwaltungsgericht von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Februar 2001 – BVerwG 8 C 10.00 – (Buchholz 428 § 4 Abs. 2 VermG Nr. 14) abgewichen sei, genügt das Beschwerdevorbringen nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Begründung einer solchen Rüge. Der Beigeladene sieht die Divergenz darin, dass das Verwaltungsgericht entgegen den Ausführungen der herangezogenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht alle in Betracht kommenden Möglichkeiten ausgeschöpft habe, um die für die Beurteilung der Redlichkeit erheblichen Tatsachen aufzuklären. Eine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wird damit nicht dargetan. Der Beigeladene arbeitet keine beiden Entscheidungen zugrunde liegenden und einander widersprechenden Rechtssätze heraus, vielmehr beanstandet er der Sache nach, dass das Verwaltungsgericht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fehlerhaft angewendet habe. Ein solcher Subsumtionsfehler ist jedoch keine rügefähige Divergenz.

3. Schließlich rechtfertigt auch nicht die im Anschluss daran erhobene Grundsatzrüge die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die vom Beigeladenen formulierte Frage,

ob das Gericht trotz seiner Amtsermittlungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO Beweisanträge, die Tatsachen für die Unredlichkeit des Erwerbsvorgangs beweisen sollen, mit der Begründung ablehnen kann, dass das Gericht bereits von der Redlichkeit des Erwerbes ausgeht und die Beweisanträge die Unredlichkeit des Erwerbers voraussetzen,

würde sich – abgesehen davon, dass ihre Beantwortung von den weiteren Umständen des jeweiligen Einzelfalles abhängig ist – in einem Revisionsverfahren nicht in dem Sinne stellen, den ihr der Beigeladene zumisst. Das Verwaltungsgericht hat den auf die Unredlichkeit des Erwerbs zielenden Beweis nicht erhoben, weil es bereits den Rechtsverstoß verneint hat, dessen Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis nach § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG regelmäßig zur Unredlichkeit führt. Es ist demgemäß – wie bereits oben dargelegt – von einer anderen rechtlichen Beurteilung des Erwerbsvorganges ausgegangen als der Beigeladene, dessen Rüge dem Gericht daher zu Unrecht eine vorweggenommene Beweiswürdigung unterstellt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 und § 73 Abs. 1 Satz 1 GKG.

 

Unterschriften

Dr. Franßen, Gödel, Kley

 

Fundstellen

Dokument-Index HI708320

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