Verfahrensgang
VG Braunschweig (Urteil vom 26.09.2008; Aktenzeichen 7 A 67/08) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu bewilligen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 26. September 2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Tatbestand
Rz. 1
1. Der Antrag des Klägers, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu bewilligen, ist abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung aus den folgenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO).
Entscheidungsgründe
Rz. 2
2. Die auf alle Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Rz. 3
a) Der Kläger führt aus, das Urteil des Verwaltungsgerichts weiche erheblich von dem Urteil des beschließenden Senats vom 22. August 2007 – BVerwG 6 C 28.06 – (Buchholz 448.0 § 12 WPflG Nr. 212) ab. Die damit sinngemäß erhobene Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) entspricht nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Rz. 4
Eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nur vor, wenn das Ausgangsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem ebensolchen Rechtssatz abgewichen ist, den eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte aufgestellt hat. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt in diesem Zusammenhang, dass in der Beschwerdebegründung ausgeführt wird, dass und inwiefern das Ausgangsgericht seine Entscheidung auf einen in der genannten Weise widersprechenden Rechtssatz gestützt hat. Eine solche Gegenüberstellung sich widersprechender Rechtssätze enthält die Beschwerde nicht. Der Kläger führt vielmehr lediglich aus, die von ihm derzeit absolvierte Ausbildung zum Sparkassenfachwirt stelle ebenso wie der Vorbereitungslehrgang zur Meisterprüfung, mit dem sich der Senat in seinem genannten Urteil vom 22. August 2007 befasst habe, eine zur Zurückstellung führende Berufsausbildung im Sinne des § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. c WPflG (in der Fassung des Zweiten Zivildienständerungsgesetzes vom 27. September 2004 ≪BGBl I S. 2358≫ nunmehr § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. e WPflG in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. September 2008 ≪BGBl I S. 1886≫) sowie des § 11 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. e ZDG (in der Fassung des Wehrrechtsänderungsgesetzes 2008 vom 31. Juli 2008 ≪BGBl I S. 1629≫) dar, und beschränkt sich damit auf das Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe die im Senatsurteil enthaltenen Rechtssätze im Streitfall fehlerhaft angewendet. Dies genügt den Anforderungen einer Divergenzrüge nicht (Beschlüsse vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 4. April 2007 – BVerwG 6 BN 1.07 – juris Rn. 4).
Rz. 5
b) Die Revision ist auch nicht gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Rz. 6
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Der Beschwerdeführer muss daher gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann.
Rz. 7
Eine solche Rechtsfrage ist dem Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen. Die von ihm aufgeworfene Frage, ob seine Ausbildung zum Sparkassenfachwirt als eine Berufsausbildung im Sinne des § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. e WPflG sowie des § 11 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. e ZDG anzusehen ist, hat keine über den erstinstanzlich entschiedenen Einzelfall hinausweisende Bedeutung und kann daher die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht rechtfertigen. Abgesehen davon würde sich diese Frage in dem vom Kläger angestrebten Revisionsverfahren voraussichtlich nicht stellen. Wie der Senat in seinem vom Kläger zitierten Urteil vom 22. August 2007 ausgeführt hat (a.a.O. Rn. 40 f.), fehlt es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an einer zur Zurückstellung führenden besonderen Härte, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Zurückstellungsgrunds auf ein pflichtwidriges Verhalten des Wehrpflichtigen zurückzuführen sind. Pflichtwidrig ist sein Verhalten dann, wenn es unter Umständen geschieht, die mit den Grundsätzen von Treu und Glauben unvereinbar sind und deshalb die Berufung auf die Zurückstellungsvorschriften als missbräuchliche Rechtsausübung erscheinen lassen. Zwar sind erfolgreiche Bemühungen des Wehrpflichtigen um einen Ausbildungsplatz grundsätzlich nicht zu missbilligen. Anders verhält es sich jedoch dann, wenn seine Einberufung konkret bevorsteht. In solchen Fällen muss sich der Wehrpflichtige auf die bevorstehende Einberufung einrichten und hierauf bei seinen persönlichen Entscheidungen, mit deren Ausführungen er die Voraussetzungen eines Zurückstellungstatbestands schafft, Rücksicht nehmen. Hier war dem Kläger bereits seit dem Schreiben des Bundesamts für den Zivildienst vom 29. November 2007 bekannt, dass er spätestens zum Beginn des Monats Februar 2009 zum Zivildienst einberufen werden sollte. Infolgedessen war er nach Treu und Glauben daran gehindert, kurz vor diesem Zeitpunkt eine neue Ausbildung zu beginnen, welche – wie er mit seiner Klage geltend macht – geeignet war, ihn dem Zivildienst zu entziehen.
Rz. 8
c) Zur Begründung seiner Rüge der Verfahrensfehlerhaftigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) führt der Kläger aus, das Verwaltungsgericht habe rechtserheblichen Vortrag übergangen. Es habe in seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen, dass er im Klageverfahren geltend gemacht habe, seine Einberufung zum Zivildienst verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, die Ermächtigungsgrundlage sei insofern verfassungswidrig und die Beklagte habe – insbesondere im Rahmen der Heranziehungsentscheidung – ermessensfehlerhaft gehandelt.
Rz. 9
Diese Berufung auf einen Verfahrensfehler in Gestalt der Verletzung des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO bleibt gleichfalls erfolglos. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist allerdings nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht den von ihm entgegengenommenen Vortrag der Beteiligten in seine Erwägungen einbezogen hat. Nur wenn besondere Umstände den eindeutigen Schluss zulassen, dass es die Ausführungen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen hat, wird der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt (Beschlüsse vom 5. Februar 1999 – BVerwG 9 B 797.98 – Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4 S. 3 und vom 17. August 2004 – BVerwG 6 B 49.04 – juris Rn. 22 f.). Derartige Umstände sind hier entgegen der Ansicht des Klägers nicht ersichtlich. Im Gegenteil bezieht sich das Verwaltungsgericht in den Gründen des angefochtenen Urteils auf eine von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 26. September 2008, Blatt 88 R der Gerichtsakte handelt es sich um den Beschluss vom 20. Februar 2002 – 2 BvL 5/99 – (BVerfGE 105, 61) – aus der hervorgehe, dass nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts die auf die Heranziehung zum Zivildienst zu übertragende Wehrgerechtigkeit sowohl in ihrer abstrakten rechtlichen Ausgestaltung als auch in ihrem konkreten Verwaltungsvollzug als jedenfalls gegenwärtig noch mit Art. 3 GG und Art. 12 GG vereinbar anzusehen sei. Es bestehe kein Anlass, von dieser Rechtsauffassung abzuweichen. Darüber hinaus verweist das Verwaltungsgericht im Zusammenhang mit dem von dem Kläger gestellten Hilfsantrag auf Aussetzung seiner Heranziehung bis zum 31. Januar 2010 unter anderem darauf, dass insoweit jedenfalls die Voraussetzungen einer von dem Kläger konkludent angedeuteten “Ermessensreduzierung auf Null” nicht vorlägen.
Rz. 10
3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Dr. Graulich, Dr. Möller
Fundstellen