Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang und Grenzen des Prüfungsrechts des Personalrats hinsichtlich der von der Dienststelle getroffenen Auswahlentscheidung
Leitsatz (redaktionell)
Begründet der Personalrat nach BPersVG § 77 Abs 2 die Zustimmungsverweigerung zur Einstellung oder zur Vergabe eines höher zu bewertenden Dienstpostens nur damit, daß er sein eigenes Werturteil über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Bewerbers an die Stelle der Beurteilung durch den Dienststellenleiter setzt, ist dieser nicht zur Einleitung des Einigungsverfahrens verpflichtet.
Normenkette
BPersVG § 69 Abs. 2, § 77 Abs. 2 Nrn. 1-2
Verfahrensgang
Hessischer VGH (Entscheidung vom 24.11.1982; Aktenzeichen BPV TK 12/82) |
VG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 10.05.1982; Aktenzeichen I/V K 947/82) |
Tatbestand
Im Jahre 1981 schrieb die Beteiligte zu 1, die Direktorin der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung, die Stelle eines Sachbearbeiters in der Bundesausgleichsstelle aus, dessen Vergütung nach der Besoldungsgruppe A 9 bzw. der Tarifgruppe Vb MTA erfolgen sollte. Nachdem diese Ausschreibung erfolglos geblieben war, wiederholte die Beteiligte zu 1 die Ausschreibung mit dem Zusatz: "Voraussetzungen: Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst oder 2. Fachprüfung erwünscht". Auf diese Ausschreibung bewarben sich sieben Bewerber, darunter die in der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung tätige Frau S. sowie der ebenfalls dort tätige Herr W., der das 2. Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien abgelegt hatte. Keiner der Bewerber verfügte über die erwähnte Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst oder die 2. Fachprüfung. Nach Erörterung der Bewerbungen mit dem Antragsteller, dem Personalrat bei der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung, teilte die Beteiligte zu 1 diesem mit, sie beabsichtige den Bewerber W. für die zu besetzende Stelle vorzusehen und ihn ab 1. Januar 1982 unter Einreihung in die Vergütungsgruppe Vb MTA mit einer Probezeit von sechs Monaten bei der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung weiterzubeschäftigen. Ihre Bitte um Zustimmung zu dieser Maßnahme lehnte der Antragsteller mit folgender Begründung ab:
"Der PR kann dem Besetzungsvorschlag nicht zustimmen,
da die Mitbewerberin Frau ... benachteiligt
erscheint. Diese Besorgnis wird im Sinne
des § 77.2/2 BPersVG begründet:
Frau ... ist seit 7 Jahren bei der Zentralstelle
für Arbeitsvermittlung mit der Erledigung von Fachaufgaben
der Bundesanstalt für Arbeit vertraut. Die
1. Fachprüfung hat Frau ... vor 5 Jahren mit
'Gut' abgelegt. An der 2. Fachprüfung konnte sie
aus familiären Gründen nicht teilnehmen.
Als Bearbeiterin in der Inlandsvermittlung (VergGr. Vc)
werden ihr überdurchschnittlich gute Leistungen bestätigt.
Sie ist in ihrer jetzigen Tätigkeit u.a. vertraut
mit dem Erstellen und geübt im Überarbeiten von
Anzeigentexten für den Bundesausgleich.
Herr ... hat keinerlei Erfahrung im Umgang mit
Vermittlungsangelegenheiten. Er ist seit gut 5 Monaten
in der Verwaltung der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung
befristet tätig (VergGr. VII). Von seiner
Ausbildung her erscheint Herr ... eher nachteilig
als vorteilhaft überqualifiziert für die vorgesehene
Aufgabenstellung, wo Kenntnisse der Fachsprache
und eine mehr handwerkliche Sprachanwendung
nach vorgegebenen Textentwürfen der Vermittlungsstellen
und nach einzuhaltenden Schema-Richtlinien
überwiegen.
Im übrigen ist der PR der Meinung, daß im Hinblick
auf diesen Dienstposten die Ausbildung des Herrn ...
nicht der 2. Fachprüfung gleichzusetzen ist. Eine
soziale Härte vermag der PR bei Herrn ... nicht zu
erkennen. In den vergangenen Monaten waren bei der
Zentralstelle für Arbeitsvermittlung andere Dienstposten
der Vergütungsgruppen VII, VI und Vc ausgeschrieben,
auf die Herr ... sich nicht beworben hat.
So läuft sein befristeter Arbeitsvertrag mit dem
31.12.81 aus.
Da trotz zweimaliger Stellenausschreibung keine
Bewerbung mit der erwünschten 2. Fachprüfung
eingegangen ist, erfüllt Frau ..., die die
1. Fachprüfung mit 'Gut' bestanden hat, am ehesten
die in der Ausschreibung geforderten
Voraussetzungen."
Die Beteiligte zu 1 teilte daraufhin dem Antragsteller mit, sie habe die Angelegenheit "aufgrund der Weisungen im Runderlaß vom 7. August 1981" der Hauptstelle der Bundesanstalt für Arbeit zur Entscheidung vorgelegt. Nachdem sich diese dahin geäußert hatte, daß die vorgesehene Personalmaßnahme durchgeführt werden könne, weil der Antragsteller keinen unter § 77 Abs. 2 BPersVG fallenden Einwand vorgebracht habe, sagte die Beteiligte zu 1 dem Bewerber W. vorbehaltlich der gesundheitlichen Eignung die Einstellung als Sachbearbeiter in der Bundesausgleichsstelle zu.
Der Antragsteller leitete daraufhin das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren ein mit dem Antrag,
festzustellen, daß die Nichtfortführung des
Mitbestimmungsverfahrens rechtswidrig gewesen
ist.
Das Verwaltungsgericht beteiligte den Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit - den Beteiligten zu 2 - am Verfahren und gab dem Antrag statt. Die Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 gegen diesen Beschluß wies das Oberverwaltungsgericht mit der Maßgabe zurück, daß der Tenor wie folgt lautet:
Es wird festgestellt, daß die Zustimmung des
Antragstellers zu der ihm mit Schreiben vom
17. Dezember 1981 unterbreiteten Personalmaßnahme
nicht als erteilt git.
Die Entscheidung stützt sich im wesentlichen auf folgende Erwägungen:
Bei Anwendung der in dem Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Juli 1979 - BVerwG 6 P 38.78 - entwickelten Grundsätze könne die Zustimmung des Antragstellers zur Einstellung des Bewerbers W. nicht als erteilt gelten. Der Antragsteller habe sich nicht damit begnügt, hinsichtlich der ihm nach § 77 Abs. 2 BPersVG zugebilligten Verweigerungsgründe lediglich den Gesetzestext wiederzugeben. Er habe vielmehr auf § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG verwiesen und hierzu konkrete Tatsachen vorgetragen. Der Antragsteller habe ausdrücklich geltend gemacht, daß durch den Besetzungsvorschlag die Beschäftigte S. benachteiligt werde, ohne daß dies aus dienstlichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt sei. Sein tatsächliches Vorbringen laufe bei objektiver Würdigung eindeutig darauf hinaus, daß er die Bewerberin S. für die ausgeschriebene Stelle besser geeignet halte. Ferner meine er unter Angabe von Gründen, daß es gegenüber dem Bewerber W. keine soziale Härte bedeute, wenn die Stelle mit der Bewerberin S. besetzt werde, zumal sie die in der Ausschreibung geforderten Voraussetzungen am ehesten erfülle. Es möge zutreffen, daß die vorgetragenen Tatsachen sowohl hinsichtlich der Eignung der beiden Bewerber als auch hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals einer ungerechtfertigten Benachteiligung nicht schlüssig seien; sie ließen aber das Vorliegen eines Verweigerungsgrundes nach § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG nicht von vornherein unmöglich erscheinen. Die Bevorzugung weniger geeigneter Bewerber gegenüber besser qualifizierten Beschäftigten könne jedenfalls nach einem Teil der Literatur eine ungerechtfertigte Benachteiligung im Sinne des § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG darstellen.
Demgegenüber könnten sich die Beteiligten nicht mit Erfolg auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 2. Dezember 1981 - P OVG B 19/81 - berufen. Dieses Gericht habe unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausgeführt, daß ein Nachteil im Sinne des § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG allein vorliege, wenn mit einer bestimmten Maßnahme der Verlust einer Rechtsposition oder einer rechtserheblichen Anwartschaft verbunden sei, und eine wirksame Zustimmungsverweigerung deshalb nur angenommen werden könne, wenn der Personalrat Tatsachen vortrage, die eine solche Besorgnis als objektiv begründet erscheinen ließen oder mindestens in dieser Richtung lägen. Insoweit verwechsele das Oberverwaltungsgericht jedoch die Anforderungen an die im Einigungsverfahren festzustellende Benachteiligung mit den Anforderungen an eine wirksame Zustimmungsverweigerung, die den gesetzlichen Tatbestand durchaus verfehlen dürfe. Auch habe das Bundesarbeitsgericht die Verkennung des Begriffes "sonstiger Nachteil" nicht als Grund für die Unwirksamkeit der Zustimmungsverweigerung, sondern nur als einen Fall der Unschlüssigkeit der vorgetragenen Gründe angesehen.
Hiervon abgesehen könne ein Personalrat im Rahmen des § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG prüfen, ob die Grenzen eingehalten seien, die die Einstellungsbehörden nach Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten hätten, d.h. ob nicht andere Bewerber für die Stelle aus unsachlichen Gründen benachteiligt würden. In diesen Zusammenhang gehöre es, wenn der Antragsteller bemängele, daß die Ausbildung des Bewerbers W. der 2. Fachprüfung nicht hätte gleichgestellt werden dürfen. Der Antragsteller hätte sich daher auch auf den Verweigerungsgrund des § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG berufen können.
Gegen diesen Beschluß haben die Beteiligten die vom Oberverwaltungsgericht wegen Abweichung von der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt. Sie beantragen,
den Beschluß des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs
- Fachsenat für Personalvertretungssachen
(Bund) - vom 24. November 1982 sowie den
Beschluß des Verwaltungsgerichts Frankfurt
am Main - Fachkammer für Personalvertretungssachen
(Bund) - vom 10. Mai 1982 aufzuheben und
den Antrag zurückzuweisen.
Die Beteiligten rügen die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere des § 77 Abs. 2 BPersVG. Das Beschwerdegericht habe den Begriff der Offensichtlichkeit verkannt, da ein Nachteil im Sinne des § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG nur dann gegeben sei, wenn mit einer bestimmten Maßnahme der Verlust einer Rechtsposition oder einer rechtserheblichen Anwartschaft verbunden sei. Die gegenteilige Meinung verkenne den Schutzzweck der Vorschrift, der in der Erhaltung des status quo der Beschäftigten liege. Bloße Chancen und Möglichkeiten gehörten nicht zum Besitzstand. Der Personalvertretung stehe nicht das Recht zu, über die Eignung und Befähigung der Bewerber mitzuentscheiden. Daher sei es hier offensichtlich gewesen, daß bereits nach dem Vorbringen des Antragstellers kein Verweigerungsgrund nach § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG vorgelegen habe. Die Erwägung des Beschwerdegerichts, der Antragsteller habe sich auch auf den Verweigerungsgrund des § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG berufen können, gehe schon deshalb fehl, weil er sich tatsächlich nur auf Nr. 2 der Vorschrift gestützt habe. Es müsse in der alleinigen Verantwortung des Personalrats verbleiben, ob und gegebenenfalls welche Ablehnungsgründe er vorbringe. Auch sei es unzulässig, über Art. 33 Abs. 2 GG dem Personalrat wieder die Befugnis einzuräumen, über die Eignung und Befähigung eines Bewerbers mitzuentscheiden.
Der Antragsteller beantragt,
die Rechtsbeschwerden zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluß für zutreffend.
Der Oberbundesanwalt hat sich an dem Verfahren beteiligt. Er bejaht die Frage, ob die Zustimmungsverweigerung des Antragstellers das Einigungsverfahren nach § 69 Abs. 3 und 4 BPersVG ausgelöst hat. Es komme weder darauf an, ob die geltend gemachten Gründe schlüssig seien, noch darauf, ob die Nichtverwirklichung einer Beförderungschance tatsächlich ein Nachteil im Sinne des § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG sei, sondern nur darauf, ob die Verweigerung der Zustimmung das Einigungsverfahren auslösen mußte. Auch das Bundesarbeitsgericht habe seine Ausführungen zur Frage der Benachteiligung erst für das Zustimmungsersetzungsverfahren des Betriebsverfassungsgesetzes gemacht, dem das Einigungsverfahren des BPersVG entspreche.
Entscheidungsgründe
1. Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 ist unzulässig.
Der Beteiligte zu 2 ist nicht befugt, gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts ein Rechtsmittel einzulegen, da er von den Vorinstanzen zu Unrecht am Beschlußverfahren beteiligt worden ist. Die Beteiligung am Beschlußverfahren setzt voraus, daß die begehrte Entscheidung unmittelbar in die sich aus dem materiellen Recht ergebende Rechtsstellung einer Person oder einer Stelle eingreift oder diese berührt (vgl. Beschluß vom 27. Juli 1979 - BVerwG 6 P 38.78 - Buchholz 238.3 A § 77 BPersVG Nr. 3 = PersV 1981, 162). Im vorliegenden Fall begehrt der Antragsteller die Feststellung, daß die Zustimmung zu dem ihm mit Schreiben vom 17. Dezember 1981 unterbreiteten Personalmaßnahme nicht als erteilt gilt. Diese Entscheidung betrifft nur die Beteiligte zu 1, da diese allein für die strittige Personalmaßnahme zuständig ist. Denn nach § 7 Abs. 1 und 2 der Richtlinien des Vorstands für die Führung der Geschäfte durch den Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit vom 17. Dezember 1970 in der Fassung vom 9. November 1972 (Amtliche Nachrichten der Bundesanstalt für Arbeit - ANBA - 1973, 65) in Verbindung mit dem Runderlaß des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit vom 16. Februar 1973 (ANBA 1973, 157) waren die dienst- und arbeitsrechtlichen Befugnisse der Angestellten der Vergütungsgruppe Vb MTA der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung als einer besonderen Dienststelle im Sinne des § 189 Abs. 2 AFG übertragen. Die Rechtsstellung des Beteiligten zu 2 ist auch nicht deshalb berührt, weil die Beteiligte zu 1 gemäß Ziff. 2 Buchst. b des Runderlasses des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit vom 7. August 1981 in Fällen, in denen die ablehnende Stellungnahme des Personalrats zu einer beabsichtigten Personalmaßnahme nach ihrer Ansicht offensichtlich auf keinen Verweigerungsgrund im Sinne des § 77 Abs. 2 BPersVG gestützt ist, vor Durchführung der beabsichtigten Maßnahme die Zustimmung des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit einzuholen hat. Dieser Erlaß dient allein der einheitlichen Handhabung des Verfahrens bei Verweigerung der Zustimmung durch die Personalvertretung nach § 77 Abs. 2 BPersVG, ohne damit die dienst- und arbeitsrechtlichen Befugnisse der nachgeordneten Dienststelle einzuschränken. Auch wenn die Beteiligte zu 1 behördenintern an die Entscheidung des Beteiligten zu 2 gebunden ist, ob die Einleitung des Einigungsverfahrens erforderlich ist, bleibt sie gegenüber der Personalvertretung für die Personalmaßnahme in vollem Umfang verantwortlich.
2. Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1 ist statthaft, weil das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde gegen seinen Beschluß wegen Abweichung von der Entscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts zugelassen hat (vgl. § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92 Abs. 1 und § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG). Auch im übrigen bestehen gegen die Zulässigkeit des Rechtsmittels keine Bedenken.
Das Beschwerdegericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß der Antragsteller weiterhin ein Rechtsschutzinteresse an der begehrten Feststellung hat, obwohl die Beteiligte zu 1 die beabsichtigte Personalmaßnahme inzwischen vollzogen hat. Denn die den Gegenstand des personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahrens bildende Frage, welche Anforderungen an die Verweigerung der Zustimmung des Personalrats zu einer beabsichtigten Personalmaßnahme gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG zu stellen sind, kann sich zwischen den Verfahrensbeteiligten jederzeit erneut stellen. Es ist daher sachgerecht, diese Frage jetzt zu klären und nicht einen Streitfall abzuwarten, bei dessen gerichtlicher Klärung voraussichtlich erneut eine Erledigung der Hauptsache eintreten würde (vgl. Beschluß vom 12. Februar 1986 - BVerwG 6 P 25.84 - und den - zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung bestimmten - Beschluß vom 12. März 1986 - BVerwG 6 P 5.85 -; BAG, Beschluß vom 29. Juli 1982 - 6 ABR 51/79 - (AP § 83 ArbGG 1979 Nr. 5)).
Der Senat ist auch nicht deswegen gehindert, über die Rechtsbeschwerde in der Sache zu entscheiden, weil der vom Antragsteller vor dem Beschwerdegericht gestellte, für das Rechtsbeschwerdegericht maßgebliche Antrag auf die Zustimmungsverweigerung des Antragstellers zu der von der Beteiligten zu 1 beabsichtigten Personalmaßnahme abstellt. Zwar bestimmt im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren neben dem Sachvortrag des Rechtsmittelführers auch der von ihm gestellte Antrag den Verfahrensgegenstand mit der Folge, daß ein Antragsteller, der eine Entscheidung nicht nur über einen bestimmten, konkreten Vorgang, sondern außerdem über die dahinterstehende personalvertretungsrechtliche Frage begehrt, dies spätestens mit seinem in der letzten Tatsacheninstanz gestellten Antrag deutlich machen muß (BAG a.a.O.). Im Hinblick darauf, daß das Bundesverwaltungsgericht diesem prozessualen Erfordernis in der Vergangenheit nur minderes Gewicht beigemessen hat und sich die Verfahrensbeteiligten nicht auf die strengeren Anforderungen einstellen konnten, die der Senat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nunmehr stellt, darf dem Antragsteller kein Verfahrensnachteil daraus entstehen, daß er das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren unter diesen Umständen mit einem Antrag fortführte, der der Sachlage und der Prozeßlage nicht mehr entsprach, weil sich der äußere Anlaß des Verfahrens inzwischen erledigt hat (vgl. Beschluß vom 12. März 1986 - BVerwG 6 P 5.85 -).
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 ist auch begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen und zur Zurückweisung des Feststellungsbegehrens des Antragstellers.
Dem Beschwerdegericht kann nicht darin beigepflichtet werden, daß die Zustimmung des Antragstellers zu der beabsichtigten Personalmaßnahme nicht als erteilt gilt. Die Personalmaßnahme unterlag zwar der Mitbestimmung des Personalrats, weil dem Bewerber W. als einem Angestellten der Vergütungsgruppe VII MTA ein Dienstposten der Vergütungsgruppe Vb MTA, also eine höher bewertete Tätigkeit im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes des § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG übertragen werden sollte. Die Beteiligte zu 1 hat denn auch den Antragsteller zunächst um seine Zustimmung zu dieser Maßnahme gebeten. Die Verweigerung der Zustimmung durch den Personalrat entsprach jedoch entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht den Anforderungen des § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG, wonach die beabsichtigte Maßnahme als gebilligt gilt, wenn der Personalrat nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist die Zustimmung "unter Angabe der Gründe" schriftlich verweigert.
Wie der erkennende Senat zunächst zu dem Katalog der eine Versagung der Zustimmung rechtfertigenden Gründe in § 77 Abs. 2 BPersVG entschieden hat (Beschluß vom 27. Juli 1979 - BVerwG 6 P 38.78 - (a.a.O.)), muß sich der Personalrat bei der Verweigerung der Zustimmung darüber auszusprechen, welcher dieser Versagungsgründe nach seiner Auffassung gegeben ist. Die Verweigerung der Zustimmung ohne jegliche Begründung ist unbeachtlich und nicht geeignet, das Einigungsverfahren nach § 69 Abs. 3 und 4 BPersVG auszulösen. Aber auch dann, wenn der Personalrat Gründe für seine Entscheidung angibt, führt dies nicht stets und zwangsläufig zur Einleitung des Einigungsverfahrens. Die Darlegung einer Rechtsauffassung oder der Vortrag von Tatsachen seitens des Personalrats, aus dem sich ersichtlich keiner der im Gesetz abschließend geregelten Verweigerungsgründe ergibt, kann nicht anders behandelt werden, als das Fehlen einer Begründung. Denn auch in diesem Fall ist es offensichtlich, daß sich der Personalrat auf die ihm gesetzlich zugebilligten Gründe nicht stützen kann. Dieser Rechtsprechung ist das Bundesarbeitsgericht in dem Urteil vom 22. Mai 1985 - 4 AZR 427/83 (RdA 1985, 319 (LS)) beigetreten.
Diese Grundsätze hat der erkennende Senat neuerdings entsprechend auf die Zustimmungsverweigerung in Mitbestimmungsangelegenheiten angewendet, für die das Bundespersonalvertretungsgesetz nicht ausdrücklich die Verweigerungsgründe festlegt (vgl. Beschlüsse vom 4. April 1985 - BVerwG 6 P 37.82 - (Buchholz 238.3 A § 75 BPersVG Nr. 39 = ZBR 1985, 283) und vom 18. April 1986 - BVerwG 6 P 31.84 -). Auch in diesen Fällen muß die Zustimmungsverweigerung bestimmten inhaltlichen Mindestanforderungen genügen. Das Vorbringen des Personalrats muß es zumindest als möglich erscheinen lassen, daß ein Mitbestimmungstatbestand gegeben ist. Eine Begründung, die offensichtlich außerhalb irgendeines Mitbestimmungstatbestandes liegt, vermag nicht die Verpflichtung der Dienststelle auszulösen, das Einigungsverfahren einzuleiten. Die Wirksamkeit der Zustimmungsverweigerung ist jedoch nicht davon abhängig, daß sich der Personalrat auf einen bestimmten gesetzlichen Mitbestimmungstatbestand beruft und die Verweigerungsgründe diesem Tatbestand in rechtlich einwandfreier Weise zuordnet; sie setzt auch nicht voraus, daß die angegebenen Gründe in sich widerspruchsfrei sind. Auch muß die Begründung nicht in dem Sinne "schlüssig" sein, daß bei Vorliegen der vom Personalrat vorgebrachten Umstände ohne weiteres der geltend gemachte Mitbestimmungstatbestand gegeben ist. Die mangelnde Schlüssigkeit der Gründe kann dem Fehlen jeglicher Begründung nicht gleichgestellt werden, weil sonst die Gefahr bestünde, daß der Dienststellenleiter auch abschließend prüft, ob die Weigerung des Personalrats begründet ist und bei Verneinung dieser Frage die beabsichtigte Maßnahme vollzieht. Die Prüfung der so verstandenen "Schlüssigkeit" muß vielmehr wie die der Begründetheit der Zustimmungsverweigerung der Entscheidung im Einigungsverfahren vorbehalten bleiben.
Beruft sich der Personalrat allerdings ausdrücklich auf einen bestimmten gesetzlichen Mitbestimmungstatbestand oder Verweigerungsgrund, so gibt er damit zu erkennen, daß er seine Zustimmung zu der beabsichtigten Maßnahme und nur unter dem damit bezeichneten rechtlichen Blickwinkel verweigern, aus anderen gesetzlichen Mitbestimmungstatbeständen oder Verweigerungsgründen aber keine Bedenken gegen die Maßnahme herleiten will. Unter dieser Voraussetzung darf der Dienststellenleiter die vom Personalrat angeführten Gründe darauf prüfen, ob sie sich dem in Anspruch genommenen Mitbestimmungstatbestand oder gesetzlichen Verweigerungsgrund zuordnen lassen oder ob das offensichtlich nicht möglich ist. Im letzteren Fall darf er über die Verweigerung der Zustimmung hinweggehen, weil der Personalrat mit der für sie gegebenen Begründung offenbart, daß er seine Zustimmung in Wirklichkeit ohne einen vom Gesetz gebilligten Grund verweigert. Ein derartiges Verhalten der Personalvertretung aber wird vom Recht nicht geschützt; es ist vielmehr mißbräuchlich und löst deswegen keine Rechtsfolgen aus (vgl. Beschluß vom 18. April 1986 - BVerwG 6 P 31.84 -).
Im vorliegenden Fall ließ die Begründung, mit der der Antragsteller seine Zustimmung zu der beabsichtigten Personalmaßnahme verweigert hat, nicht das Vorliegen eines Verweigerungsgrundes als möglich erscheinen. Der Antragsteller hat sich insoweit auf die Vorschrift des § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG berufen, wonach der Personalrat seine Zustimmung verweigern kann, wenn die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, daß durch die Maßnahme der betroffene Beschäftigte oder andere Beschäftigte benachteiligt werden, ohne daß dies aus dienstlichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist. In Rechtsprechung und Schrifttum wird überwiegend die Auffassung vertreten, daß dieser Zustimmungsverweigerungsgrund der Erhaltung des status quo der Beschäftigten dient, eine Benachteiligung im Sinne der Vorschrift also nur dann vorliegt, wenn mit der Maßnahme in eine Rechtsposition oder rechtlich erhebliche Anwartschaft eingegriffen wird (vgl. OVG Lüneburg, Beschluß vom 2. Dezember 1981 - P OVG B 19/81 -; Dietz/ Richardi, BPersVG, 2. Aufl., Bd. 2, § 77 RdNr. 61; Grabendorff/ Windscheid/Ilbertz, BPersVG, 5. Aufl., § 77 Anm. 16; Lorenzen/ Eckstein, BPersVG, § 77 RdNr. 47; so auch zu § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG: BAG, Beschluß vom 18. Juli 1978, AP Nr. 1 zu § 101 BetrVG 1972 = NJW 1979, 671). Dieser Rechtsauffassung läßt sich zwar nicht entgegenhalten, daß die Fälle, in denen die Vergabe eines Dienstpostens an den vorgeschlagenen Bewerber einen Rechtsverstoß enthält, bereits durch § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG erfaßt werden. Denn es sind zahlreiche Personalmaßnahmen i.S. der §§ 75 Abs. 1 und 76 Abs. 1 BPersVG denkbar, die keinen Verstoß gegen Rechtsnormen beinhalten, gleichwohl aber die Besorgnis entstehen lassen können, daß Benachteiligungen i.S. von § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG die Folge sein können. Es erscheint jedoch zweifelhaft, ob eine Personalmaßnahme, die in die Rechtsposition oder rechtlich erhebliche Anwartschaft eines anderen Bewerbers eingreift, überhaupt aus dienstlichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt sein könnte.
Diese Frage bedarf jedoch hier nicht der Entscheidung, weil der Antragsteller die Zustimmung zu der beabsichtigten Personalmaßnahme mit der Begründung verweigert hat, daß der von der Beteiligten zu 1 ausgewählte Bewerber W. für die Tätigkeit als Sachbearbeiter in der Bundesausgleichsstelle weniger geeignet sei als die Bewerberin S. Dies ergebe sich nicht nur aus ihren bisherigen fachlichen Leistungen sondern auch bei einem Vergleich der Ausbildung der beiden Bewerber. Dieses Vorbringen läßt sich offensichtlich nicht dem Verweigerungsgrund des § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG zuordnen, weil die Beurteilung der Beschäftigten und Bewerber nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bei der Einstellung und der Vergabe höher zu bewertender Dienstposten allein dem Dienststellenleiter obliegt. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwGE 61, 325 (330) mit Nachweisen) und des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 39, 334 (354)) ist anerkannt, daß den Einstellungsbehörden von Verfassungs wegen (Art. 33 Abs. 2 GG) ein weiter Ermessens- und Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, der gerichtlich nur beschränkt nachprüfbar ist und in den die Personalvertretung mit ihren Einwendungen aus § 77 Abs. 2 BPersVG nicht eindringen kann. Das gilt nicht nur für die Einstellung von Beamten, sondern für alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes, weil Art. 33 Abs. 2 GG insoweit keine Differenzierung vornimmt. Der Personalrat kann die Zustimmung zu einer beabsichtigten Personalmaßnahme somit nur dann verweigern, wenn die Dienststelle bei der Eignungsbeurteilung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist oder allgemeingültige Maßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Diesen Vorwurf hat jedoch der Antragsteller zur Begründung der Zustimmungsverweigerung nicht erhoben. Er hat vielmehr sein eigenes Werturteil über die Eignung der Bewerber an die Stelle der Beurteilung der Beteiligten zu 1 gesetzt und damit die inhaltliche Beteiligung an einem Vorgang beansprucht, der von vornherein der Mitbestimmung der Personalvertretung nicht zugänglich ist. Ob die Zustimmungsverweigerung des Antragstellers den in § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG vorgesehenen Anforderungen entspricht, kann schon deshalb offenbleiben, weil sich der Antragsteller in seiner Äußerung ausdrücklich nur auf Nr. 2 der Vorschrift berufen hat. Davon abgesehen folgt aus der beschränkten Nachprüfbarkeit der Eignungsbeurteilung des Dienststellenleiters, daß auch der Verweigerungsgrund des § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG nicht mit dem Vorwurf begründet werden kann, der Dienststellenleiter habe nicht den geeignetsten Bewerber ausgewählt.
Der Dienststellenleiter wird jedoch in der Regel die vom Personalrat gegen seine Eignungsbeurteilung erhobenen Bedenken nicht ohne weiteres übergehen dürfen. Aufgrund seiner Verpflichtung zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der Personalvertretung zum Wohle der Beschäftigten und zur Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Aufgaben (§ 2 Abs. 1 BPersVG) ist er vielmehr gehalten, die Stellungnahme des Personalrats ernsthaft daraufhin zu überprüfen, ob sie eine Korrektur der getroffenen Auswahlentscheidung erforderlich macht. Wenn er sich der Stellungnahme des Personalrats nicht anzuschließen vermag, sollte er die dafür maßgebenden Gründe der Personalvertretung erörtern, um möglichst doch noch ein Einverständnis zu der beabsichtigten Personalmaßnahme zu erreichen. Führt diese Erörterung jedoch zu keiner Einigung, ist der Dienststellenleiter nicht gehindert, die von ihm beabsichtigte Personalmaßnahme durchzuführen.
Fundstellen
Haufe-Index 543820 |
Buchholz 238.3 A § 69 BPersVG, Nr 9 (L1) |
Buchholz 238.3 A § 77 BPersVG, Nr 6 (LT1,S) |
Buchholz 238.3 A § 83 BPersVG, Nr 34 (S) |
BVerwGE 74, 273-280 (LT1) |
NVwZ 1987, 137-139 (LT1) |
ZBR 1987, 28-29 (LT1) |
Archiv 1987, 79-82 (ST) |
DÖV 1986, 971-972 (LT1) |
DVBl 1986, 952-954 (LT1) |
PersV 1987, 63-66 (LT1) |
Schütz BeamtR ES/D IV 1, Nr 24 (L) |
VR 1987, 25-27 (LT1) |
ZfSH/SGB 1987, 44-44 (L1) |