Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 04.03.1996; Aktenzeichen 5 S 1798/95) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 4. März 1996 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Kläger und die Beigeladenen sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Die Beigeladenen erhielten 1993 eine Baugenehmigung für das bereits errichtete Wohn- und Geschäftshaus. Wegen der fehlenden Abstandsfläche wurde ihnen eine Ausnahme erteilt. Die Baugenehmigung erging entsprechend der Landesbauordnung “unbeschadet privater Rechte Dritter”. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist unstreitig geworden, daß die Beigeladenen die Grundstücksgrenze zum klägerischen Grundstück überbaut haben.
Widerspruch und Klage blieben erfolglos. Das Berufungsgericht wies die Berufung des Klägers als unbegründet zurück. Mit der Beschwerde will der Kläger die Zulassung der Revision erreichen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist – ihre Zulässigkeit unterstellt – nicht begründet. Das Vorbringen der Beschwerde ergibt nicht, daß die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt sind.
1. Das Berufungsgericht stellt fest, daß den Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung zu erteilen sei, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstünden. Nach der Auslegung des Landesbauordnungsrechts prüfe die zuständige Behörde nicht, ob das Vorhaben auch in privatrechtlicher Hinsicht rechtmäßig ist. Das Berufungsgericht bezieht sich für seine Auffassung auf § 59 der baden-württembergischen Bauordnung.
Das Vorbringen der Beschwerde rechtfertigt keine Zulassung der Revision, etwa wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder wegen Abweichung (vgl. § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO). Die Auslegung und Anwendung des § 59 der baden-württembergischen Bauordnung gehört dem irrevisiblen Landesrecht an. Die Beschwerde übersieht mit ihrem Vorbringen diese Begrenzung der revisionsgerichtlichen Zuständigkeit. Im Bereich des irrevisiblen Rechts stellen sich keine klärungsbedürftigen Fragen, die in einem Revisionsverfahrens beantwortet werden können (vgl. § 137 Abs. 1, § 173 VwGO, § 562 ZPO). Aus diesem Grund besteht auch die von der Beschwerde geltend gemachte Divergenz zu den angeführten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts nicht.
2. Zu den Normen des revisiblen Rechts gehört allerdings Art. 14 GG. Sinngemäß ist dem Vorbringen der Beschwerde als klärungsbedürftig die Rechtsfrage zu entnehmen, ob es Art. 14 Abs. 1 GG zulasse, daß die Baurechtsbehörde die privatrechtliche Ausgangslage nicht prüfe. Die Beschwerde hält dies – sollte dieser “Verzicht” gesetzlich bestehen – für eine verfassungswidrige Rechtslage. Auch dieses Vorbringen enthält keine klärungsbedürftige Frage. Es steht dem Gesetzgeber im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG frei, die nachbarschaftlichen Rechtsbeziehungen sowohl privatrechtlich als auch öffentlich-rechtlich zu ordnen. Dementsprechend kann der Gesetzgeber auch die behördlichen Zuständigkeiten bestimmen. Das ist nach Meinung des Berufungsgerichts hier geschehen. Eine Verkürzung der Rechte des Klägers ist dadurch nicht eingetreten. Ihm ist es nach Ansicht des Berufungsgerichts unbenommen, die privatrechtlichen Ansprüche im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen.
Weiterführende und klärungsbedürftige Fragen zur Auslegung des Art. 14 Abs. 1 GG sind dem Vorbringen der Beschwerde nicht zu entnehmen. Die Beschwerde verkennt insoweit auch ihre Darlegungspflicht. Es genügt im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht, nur die Fehlerhaftigkeit der vorinstanzlichen Entscheidung geltend zu machen. Für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache ist vielmehr maßgebend, ob eine klärungsbedürftige Frage besteht. Angesichts der vielfältigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gerade zu Art. 14 Abs. 1 GG ist dies hier nicht ersichtlich. Die Beschwerde setzt sich mit der vorhandenen Rechtsprechung zudem nicht auseinander, um einen ggf. vorhandenen Klärungsbedarf aufzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 14 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Gaentzsch, Berkemann, Hien
Fundstellen