Verfahrensgang
VG Dresden (Urteil vom 03.04.2007; Aktenzeichen 13 K 3564/03) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 3. April 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 3 231 € festgesetzt.
Tatbestand
1. Der Senat konnte über die Nichtzulassungsbeschwerde befinden, die sich allein dagegen richtet, dass das Verwaltungsgericht auch dem Hilfsantrag (festzustellen, dass dem Kläger ein Entschädigungsanspruch nach dem NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz zusteht) nicht gefolgt ist, ohne für das Beschwerdeverfahren die an den geltend gemachten Rückgabeanspruch anknüpfende Beiladung aufzuheben. Weder der Kläger noch die Beigeladenen werden hierdurch sachlich oder hinsichtlich der Kosten beschwert.
Entscheidungsgründe
2. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg. Die Revision ist weder wegen Abweichung (Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) (dazu 2.1) noch wegen der geltend gemachten Verfahrensfehler (Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) (dazu 2.2) zuzulassen.
2.1 Die Revision ist nicht wegen einer Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.
Eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz im Sinne der vorgenannten Vorschrift liegt nur vor, wenn das Berufungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgerückt ist. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt in diesem Zusammenhang, dass in der Beschwerdebegründung ausgeführt wird, dass und inwiefern das Berufungsgericht seine Entscheidung auf einen in der genannten Weise widersprechenden Rechtssatz gestützt hat. Daran fehlt es.
Die Beschwerde macht geltend, das Verwaltungsgericht sei bei der Entscheidung zum Hilfsantrag von dem in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Januar 2005 (– BVerwG 8 C 20.03 – Buchholz 428.42 § 2 NS-VEntschG Nr. 1) aufgestellten Rechtssatz abgewichen, dass allenfalls dann, “wenn offenkundig ist, dass der Wert des Betriebsgrundstücks in der Bemessungsgrundlage für die Entschädigung des Unternehmens berücksichtigt wird, […] auf die gesonderte Grundentscheidung über die Entschädigung kein Anspruch bestehen [kann]”. Sie bezeichnet aber keinen von dem Verwaltungsgericht aufgestellten, dem entgegenstehenden abstrakten Rechtssatz. Der Sache nach wird sinngemäß geltend gemacht, das Verwaltungsgericht, das vielmehr ausdrücklich der Begründung der Beklagten in dem angegriffenen Bescheid beipflichtet, “es sei offenkundig, dass der Wert des Betriebsgrundstücks in der Bemessungsgrundlage für die Anteilsentschädigung berücksichtigt wird”, und daher seiner Begründung den in der herangezogenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht entwickelten Ansatz zu Grunde legt, habe diesen Rechtssatz nicht richtig angewendet. Die Beschwerde macht mithin der Sache nach allenfalls eine fehlerhafte Anwendung nicht bestrittener Rechtsgrundsätze geltend.
2.2 Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
2.2.1 Die Rüge greift nicht durch, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Bewertung,
“der ‘hilfsweise’ gestellte Antrag, die Beklagte zur Entschädigung nach dem NS-Verfolgten-EntschädigungsG zu verpflichten, ist unzulässig. Dieser Antrag war bislang nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens”,
verfahrensfehlerhaft verkannt, dass die Beklagte in dem angegriffenen Bescheid in Nr. 3 des Tenors im Hinblick auf die Ablehnung des Antrages auf Übertragung von 50 v.H. ergänzend festgestellt “Eine gesonderte Entschädigung wird nicht gewährt” und dies unter Hinweis auf den Entschädigungsanspruch wegen der Entziehung der Beteiligung am Bankhaus begründet habe. Hält man es nämlich mit dem Kläger für verfahrensfehlerhaft, weil in sich widersprüchlich, dass das Verwaltungsgericht seine Entscheidung einerseits damit begründet hat, ein Antrag auf gesonderte Entschädigung für das streitgegenständliche Grundstück sei bislang nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens gewesen, andererseits aber in den Gründen ausgeführt hat, eine gesonderte Entschädigung für das streitgegenständliche Grundstück sei unter Nr. 3 des streitgegenständlichen Behördenbescheides vom 15. September 2003, also im Verwaltungsverfahren, abgelehnt worden, so kann hierauf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO beruhen. Denn das Verwaltungsgericht hat sein Urteil auch und damit selbständig tragend verfahrensfehlerfrei (2.2.2) darauf gestützt, dass eine gesonderte Entschädigung für das streitgegenständliche Grundstück zu Recht mit der Begründung abgelehnt worden sei, es sei offenkundig, dass der Wert des Betriebsgrundstücks in der Bemessungsgrundlage für die Anteilsentschädigung berücksichtigt werde.
2.2.2 Soweit die Beschwerde als Verfahrensfehler des Verwaltungsgerichts im Zusammenhang mit dessen Bewertung rügt, dass der Wert des Betriebsgrundstücks in die Bemessungsgrundlage für die Anteilsentschädigung berücksichtigt werde, greift die der Sache nach geltend gemachte Aufklärungsrüge nicht durch. Wer, wie der Kläger, die Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht erhebt, obwohl er – durch eine nach § 67 Abs. 1 VwGO postulationsfähige Person vertreten – in der Vorinstanz insoweit keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat (vgl. § 86 Abs. 2 VwGO), muss, um den gerügten Verfahrensmangel prozessordnungsgemäß zu bezeichnen, substantiiert darlegen, warum sich dem Tatsachengericht aus seiner für den Umfang der verfahrensrechtlichen Sachaufklärung maßgebenden materiellrechtlichen Sicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung in der aufgezeichneten Richtung hätte aufdrängen müssen (vgl. Beschlüsse vom 2. März 1978 – BVerwG 6 B 24.78 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 164 S. 43 f., vom 1. April 1997 – BVerwG 4 B 206.96 – NVwZ 1997, 890 ≪893≫, vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328 und vom 13. März 2003 – BVerwG 5 B 267.02 – juris). Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Prozessbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen von förmlichen Beweisanträgen, zu kompensieren (vgl. Beschlüsse vom 6. März 1995 – BVerwG 6 B 81.94 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265 und vom 10. Oktober 2001 – BVerwG 9 BN 2.01 – NVwZ-RR 2002, 140). Das ist hier nicht geschehen.
Auch musste sich dem Verwaltungsgericht, das auf die Berücksichtigung bei der Festsetzung des steuerlichen Einheitswertes bzw. der Ermittlung des Reinvermögens abgestellt hat, eine weitere Sachaufklärung nach dem Akteninhalt und dem Vorbringen der Beteiligten hier nicht aufdrängen. Auch soweit das Grundstück in den von dem Kläger vorgelegten Unterlagen (Bilanz des Bankhauses zum Stichtag 31. Dezember 1936) nicht aufgeführt sein sollte (die Beklagte hatte mit Schriftsatz vom 22. März 2007 geltend gemacht, dass dies unter einer früheren Bezeichnung des Grundstücks entgegen dem Vorbringen des Klägers tatsächlich der Fall gewesen sei), ergäbe sich weder allein aus diesen Unterlagen noch den Bestimmungen zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Entschädigung für Unternehmen ein hinreichender Anhaltspunkt dafür, dass dieser Wert des Grundstückes tatsächlich nicht bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Anteilsentschädigung berücksichtigt wird. Da für die Prüfung, ob die Aufklärungspflicht verletzt worden ist, die materiellrechtliche Beurteilung des Verwaltungsgerichts selbst dann zugrunde zu legen ist, wenn diese sich als unzutreffend erweisen sollte (stRspr, s. etwa Urteil vom 4. November 1994 – BVerwG 8 C 28.93 – Buchholz 454.71 § 7 WoGG Nr. 1; Beschluss vom 29. November 2006 – BVerwG 7 B 61.06 – juris), läge ein Aufklärungsmangel erst recht nicht vor, wenn – was sich nach dem Begründungszusammenhang des Urteils aufdrängt – das Verwaltungsgericht von der Rechtsauffassung ausgegangen sein sollte, dass die – rechtlich mögliche – Berücksichtigung erst bei einer noch ausstehenden Bestimmung der Bemessungsgrundlage für die anteilige Unternehmensentschädigung zu erfolgen habe; dem Urteil vom 19. Januar 2005 (a.a.O.) ist dabei nicht zu entnehmen, dass die rechtlich angezeigte Berücksichtigung des Wertes des Betriebsgrundstücks in der Bemessungsgrundlage für die (anteilige) Entschädigung des Unternehmens bereits (rechts- oder bestandskräftig) erfolgt sein muss, um eine gesonderte Grundentscheidung über die Entschädigung entbehrlich zu machen.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 Satz 1 GKG und berücksichtigt den auf den Hilfsantrag beschränkten Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.
Unterschriften
Hund, Schmidt, Prof. Dr. Berlit
Fundstellen