Entscheidungsstichwort (Thema)

Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung von Jugendvertretern gemäß § 9 Abs. 4 BPersVG. Kriterien für die Feststellung der Zumutbarkeit. Allgemeiner Einstellungsstopp der Telekom als Einstellungshindernis. Antragsbefugnis der Telekom im Verfahren nach § 9 Abs. 4 BPersVG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für den „Arbeitgeber” handelt in Verfahren nach § 9 Abs. 4 BPersVG derjenige, der die Anstellungskörperschaft gerichtlich zu vertreten hat.

2. Die Frage, ob eine Weiterbeschäftigung von Jugend- und Auszubildendenvertretern nach § 9 Abs. 4 BPersVG zumutbar ist, beurteilt sich u.a. danach, ob Arbeitsplätze im Zeitpunkt der Beendigung der Ausbildung vorhanden und besetzbar sind; Prognosen über den künftigen Arbeitsanfall sind kein zulässiges Abgrenzungskriterium.

3. Ein vom Vorstand veranlaßter und von der Generaldirektion der Deutschen Bundespost Telekom verfügter allgemeiner Einstellungsstopp führt zur Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung gemäß § 9 Abs. 4 BPersVG, wenn zu seiner Abgrenzung eindeutig bestimmte Kriterien verwendet und dabei objektiv nachprüfbare Maßstäbe beachtet werden (wie Beschluß vom 2. November 1994 – BVerwG 6 P 48.93 –).

 

Normenkette

BPersVG § 9 Abs. 2-3, 4 S. 1 Nrn. 1-2

 

Verfahrensgang

VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 03.05.1994; Aktenzeichen PB 15 S 2971/93)

VG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 21.09.1993; Aktenzeichen P 11 K 241/93)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg – Fachsenat für Personalvertretungssachen – vom 3. Mai 1994 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 8 000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Verfahrensbeteiligten streiten über die Frage, ob eine Weiterbeschäftigung von Mitgliedern der Jugend- und Auszubildendenvertretung, die ihre Ausbildung erfolgreich im Bereich der Telekom abgeschlossen haben, unzumutbar ist und das Beschäftigungsverhältnis deshalb aufzulösen ist, weil die Generaldirektion Telekom eine generelle Stellensperre ausgesprochen hat.

Der Beteiligte zu 1 durchlief beim Fernmeldeamt Konstanz von August 1989 bis Februar 1993 mit 36 weiteren Auszubildenden eine Ausbildung als Kommunikationselektroniker und war dort seit Januar 1990 ordentliches Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung. Die Prüfung bestand er am 26. Februar 1993. Mit Schreiben vom 4. Dezember 1992 beantragte er die ausbildungsgerechte Weiterbeschäftigung bei seinem Fernmeldeamt. Er wurde jedoch lediglich in ein ausbildungsfremdes Beschäftigungsverhältnis übernommen, und zwar dies unabhängig vom Ausgang des vorliegenden Verfahrens. Auch sonst wurde beim Fernmeldeamt keiner der 37 ausgebildeten Kommunikationselektroniker ausbildungsgemäß übernommen.

Die Antragstellerin hat am 10. Februar 1993 beim Verwaltungsgericht Freiburg zunächst die Feststellung beantragt, daß mit dem Beteiligten zu 1 ein Arbeitsverhältnis nicht begründet werde. Später hat sie beantragt, das gemäß § 9 Abs. 2 BPersVG begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen. Eine Weiterbeschäftigung sei ihr aus folgenden Gründen unzumutbar: Der Vorstand des Unternehmens Deutsche Bundespost Telekom habe beschlossen, daß im gesamten Unternehmensbereich etwa 4 000 Nachwuchskräfte übernommen werden sollten, und zwar überwiegend Kommunikationselektroniker und Elektromechaniker. In den alten Bundesländern sollten entsprechende Nachwuchskräfte nur in begrenztem Umfang in den Ballungsgebieten München, Frankfurt und Stuttgart eingestellt werden, die bis dahin unter erheblichem Personalmangel zu leiden gehabt hätten. Andere Direktionen in den alten Bundesländern hätten ihre Aufgaben durch Setzung von Prioritäten mit dem vorhandenen Personal zu erledigen. Die sonstigen für Neueinstellungen verfügbaren Mittel seien in den neuen Bundesländern einzusetzen, da dem dortigen Aufbau der Telekommunikation absoluter Vorrang einzuräumen sei. Dementsprechend habe die Generaldirektion Telekom am 20. November 1992 verfügt, für welche Direktionen und in welchem genauen Umfang Übernahmen möglich seien. Insgesamt wurden den Direktionen 1 306 Kommunikationselektroniker zugewiesen. Außer den Direktionen der neuen Bundesländer einschließlich Berlins wurden in den alten Bundesländern nur die Direktionen der genannten drei Ballungsräume von der Stellenbesetzungssperre ausgenommen.

Die Beteiligten haben die Zurückweisung des Antrages beantragt und darauf hingewiesen, daß Ende Februar 1993, zum hier maßgeblichen Zeitpunkt, beim Fernmeldeamt Konstanz 12,1 Kommunikationselektronikerposten nicht besetzt gewesen seien. Mit einem haushaltsrechtlichen Sperrvermerk seien diese Stellen nicht versehen gewesen. Allein das sei entscheidend. Auf nur unternehmensinterne Regelungen könne es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht ankommen.

Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluß vom 21. September 1993 das nach § 9 Abs. 2 BPersVG seit dem 27. Februar 1993 begründete Arbeitsverhältnis aufgelöst, weil der Antragstellerin eine Weiterbeschäftigung der Beteiligten zu 1 aus betrieblichen Gründen nicht zumutbar sei.

Die dagegen eingelegte Beschwerde der Beteiligten hat der Verwaltungsgerichtshof durch Beschluß vom 3. Mai 1994 zurückgewiesen und dies wie folgt begründet: Beim Fernmeldeamt Konstanz sei zum maßgeblichen Zeitpunkt ein auf Dauer besetzbarer ausbildungsgerechter Arbeitsplatz nicht vorhanden gewesen. Das folge aus der gesamtunternehmerischen Entscheidung, die der Vorstand und die Generaldirektion der Antragstellerin mit der Folge getroffen hätten, daß u.a. für den gesamten Bezirk der Direktion Freiburg keine Übernahmequote erteilt worden sei. Diese Entscheidung sei auch dann, wenn sie nicht als Rechtsnorm ergangen sei, in der Weise maßgebend in Rechnung zu stellen, daß daraufhin die Weiterbeschäftigung im Sinne von § 9 Abs. 4 BPersVG unzumutbar sei; denn diese Norm schreibe vor, daß die Frage der Zumutbarkeit unter „Berücksichtigung aller Umstände” zu beantworten sei. Auch liege hier kein Fall vor, in dem dieselbe Stelle, die im Einzelfall über die Einstellungen zu entscheiden habe, einerseits einen Einstellungsstopp ohne haushaltsrechtliche Wirksamkeit verfügt habe, sich aber andererseits allgemeine Ausnahmeregelungen und Ausnahmemöglichkeiten im Einzelfall vorbehalten habe und sich daher über den selbstverfügten Einstellungsstopp hinwegsetzen könne. Im Bereich der Deutschen Bundespost Telekom gebe es keine Trennung zwischen der haushaltsrechtlichen Verantwortlichkeit des Haushaltsgesetzgebers und der Vollzugsverantwortlichkeit der Verwaltung. Allgemeine Festlegungen könnten hier daher auch auf andere für die nachgeordneten Direktionen verbindliche Weise getroffen werden, etwa durch gesamtunternehmerische Entscheidungen des Vorstandes und der Generaldirektion Telekom. Auch seien den Direktionen keine Ausnahmen oder sonstige Entscheidungsspielräume zugestanden worden. Schließlich rechtfertige auch ein hoher Anteil an fremdvergebener Arbeit keine andere Würdigung. Der aktuelle Umfang der Fremdvergabe sei lediglich Folge einer gesamtunternehmerischen Entscheidung, die ihrerseits mittel- und langfristige Entwicklungslinien berücksichtige. Er sei daher nicht geignet, diese Entscheidung zu widerlegen und auf diese Weise im Rahmen der Abwägung nach § 9 Abs. 4 BPersVG zur Annahme von besetzbaren Dauerarbeitsplätzen zu gelangen.

Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1. Er hält die Antragsbefugnis der Deutschen Bundespost Telekom als Arbeitgeber im Sinne von § 9 Abs. 4 BPersVG für nicht gegeben und bestreitet die Zulässigkeit ihrer Vertretung durch die Direktion Freiburg. Daneben rügt er die unrichtige Anwendung des § 9 Abs. 4 BPersVG.

Der Beteiligte zu 1 beantragt,

die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 3. Mai 1994 und des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 21. September 1993 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin abzulehnen.

Zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde trägt er vor: Der Antrag habe nur vom Dienststellenleiter des Fernmeldeamts Konstanz gestellt werden können, und dies nur innerhalb der Frist des § 9 Abs. 4 BPersVG. Der Antrag sei aber auch nicht begründet. Der Gesetzgeber habe die Einhaltung des in § 8 BPersVG geregelten Verbots einer Benachteiligung von Jugend- und Auszubildendenvertretern, soweit es die Übernahme betreffe, nicht irgendwelchen Nachweisen überlassen. Vielmehr habe er sich in § 9 Abs. 2 BPersVG dafür entschieden, eine Benachteiligung von vornherein dadurch zu unterbinden, daß mit dem Verlangen des Auszubildenden auf Weiterbeschäftigung ein Arbeitsverhältnis zustande komme. Diese Grundentscheidung des Gesetzgebers könne nicht durch die Entscheidung einer Verwaltungsstelle, gleichgültig auf welcher Ebene, außer Kraft gesetzt werden. Dazu bedürfe es einer Korrektur der Norm durch eine Entscheidung mit Gesetzeskraft. Mit Recht sei daher die Rechtsprechung bisher davon ausgegangen, daß eine Stellensperre im Rahmen des § 9 Abs. 4 BPersVG nur zu berücksichtigen sei, wenn sie vom Hausgesetzgeber beschlossen sei.

Die Beteiligten zu 2 und 3 haben sich – ohne selbst Rechtsbeschwerde oder Anschlußrechtsbeschwerde zu erheben – den Anträgen und der Begründung des Beteiligten zu 1 angeschlossen.

Die Antragstellerin verteidigt den angefochtenen Beschluß.

Der Oberbundesanwalt beteiligt sich an dem Verfahren. Er ist der Auffassung, auch ein nur „verwaltungsintern” verfügter Einstellungsstopp führe zur Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung, wenn er auf übergeordneten Gesichtspunkten beruhe. Als solche kämen insbesondere haushaltsrechtliche Sparmaßnahmen, Aufgabenveränderungen bzw. -verminderungen, personalwirtschaftliche Gründe oder sonstige, nicht willkürlich angeordnete Organisationsmaßnahmen in Betracht. Insbesondere in den Fällen, in denen, wie hier, eine übergeordnete Dienststelle den Einstellungsstopp anordne, könne diese Einstellungssperre Jugend- und Auszubildendenvertreter nicht wegen ihrer Personalratstätigkeit benachteiligen. Hingegen würde eine Durchbrechung derartiger Einstellungssperren die Jugend- und Auszubildenden-Vertreter unzulässig bevorzugen und daher gegen § 8 BPersVG verstoßen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben das Arbeitsverhältnis des Beteiligten zu 1 zu Recht gemäß § 9 Abs. 4 BPersVG aufgelöst, weil der dahin lautende Antrag zulässig ist und die Weiterbeschäftigung der Antragstellerin nicht zugemutet werden kann.

1. Der Antrag der Antragstellerin ist zulässig. Wird über einen gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BPersVG rechtzeitig gestellten Feststellungsantrag nicht bereits vor Begründung eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 9 Abs. 2 BPersVG rechtskräftig entschieden, so wandelt er sich in einen Auflösungsantrag gemäß § 9 Abs. 4 Nr. 2 BPersVG um (Beschluß vom 30. Oktober 1987 – BVerwG 6 P 25.85BVerwGE 78, 223, und Urteil vom 31. Mai 1990 – BVerwG 6 P 16.88 – Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 8). Dieser Rechtslage hat die Antragstellerin Rechnung getragen, indem sie nur noch den ursprünglich als Hilfsantrag gestellten Auflösungsantrag aufrechterhalten hat.

Gegen die Befugnis des Präsidenten der Direktion Freiburg, für die Deutsche Bundespost Telekom die Anträge auf Feststellung der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung eines Jugend- und Auszubildendenvertreters aus seinem Bezirk bzw. auf Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses gemäß § 9 Abs. 4 BPersVG zu stellen, bestehen entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 1 keine Bedenken. Nach § 9 Abs. 4 BPersVG kann „der Arbeitgeber” diese Anträge stellen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Antragsbefugnis mit einer insgesamt zutreffenden Begründung bejaht. Arbeitgeber des Beteiligten zu 1 im Sinne dieser Vorschrift ist hier der Bund (§ 46 Abs. 1 Satz 1 PostVerfG). Nach § 1 Abs. 2 und § 5 PostVerfG handeln für den Bund im Rechtsverkehr die Unternehmen der Deutschen Bundespost unter ihrem Namen. Das ist hier die Deutsche Bundespost Telekom.

Die demgegenüber vertretene Auffassung des Beteiligten zu 1, Arbeitgeber im Sinne des § 9 BPersVG seien die jeweiligen Leiter der Dienststelle, bei denen die betroffenen Beschäftigten ausgebildet worden seien, weil sie gemäß § 8 der AGO die Telekom außergerichtlich zu vertreten hätten, findet weder in § 9 BPersVG noch im Postverfassungsgesetz eine Stütze. Wird Anträgen nach § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BPersVG stattgegeben, so entfaltet dies zwar privatrechtsgestaltende Wirkung. Maßgebend dafür ist jedoch allein die gerichtliche Entscheidung und nicht eine außergerichtliche Erklärung des Arbeitgebers. In Verfahren nach § 9 Abs. 4 BPersVG handelt daher für den Arbeitgeber allein derjenige, der ihn gerichtlich zu vertreten hat. Auf die vom Beteiligten zu 1 aufgeworfene Frage nach der Befugnis zur außergerichtlichen Vertretung kommt es hierbei nicht an. Denn beim Verwaltungsgericht kann Anträge nach § 9 Abs. 4 BPersVG nur stellen, wer zur gerichtlichen Vertretung befugt ist (Altvater/Bacher/Hörter/Sabottig/Schneider, BPersVG, 3. Aufl., § 9, Rdnr. 6 a; ebenso Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 9 Rdnr. 14 a).

Zutreffend ist der Verwaltungsgerichtshof auch davon ausgegangen, daß die Deutsche Bundespost Telekom hier durch den Präsidenten der Direktion Freiburg richtig vertreten worden ist. Denn in Angelegenheiten der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit wird sie nach § 9 Abs. 4 Nr. 2 der Allgemeinen Geschäftsordnung der Deutschen Bundespost Telekom vom 5. September 1991 (AGO Telekom – Amtsblatt 1992, 346) durch die Präsidenten der Direktionen Telekom für deren Zuständigkeitsbereich vertreten. Das Personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren, in dem hier gemäß § 83 Abs. 1 (Satzeingang) und Abs. 2 BPersVG die Verwaltungsgerichte zu entscheiden haben, ist eine solche Angelegenheit der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit. Diesen Angelegenheiten stehen nach allgemeinem Begriffsverständnis als Angelegenheiten der Verwaltungsgerichtsbarkeit im weiteren Sinne allein diejenigen der besonderen Verwaltungsgerichtsbarkeit gegenüber (Finanzgerichte, Sozialgerichte), um die es hier ersichtlich nicht geht.

2. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde der Beteiligten gegen die dem Antrag stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu Recht zurückgewiesen und dies zutreffend damit begründet, aufgrund der vorliegenden Tatsachen könne der Antragstellerin unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1 gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG nicht zugemutet werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kommt es im Rahmen des Verfahrens nach § 9 Abs. 4 BPersVG nicht darauf an, ob der Arbeitgeber dargelegt und bewiesen hat, daß er den Auszubildenden nicht wegen seiner Mitgliedschaft in einer Personalvertretung oder einer Jugend- und Auszubildendenvertretung von der Übernahme in ein Arbeitsverhältnis ausgeschlossen hat. Der Arbeitgeber muß vielmehr den Nachweis führen, daß und aus welchen Gründen ihm die Weiterbeschäftigung unzumutbar ist. Gelingt ihm dieser Nachweis nicht, d.h. läßt sich dies nicht einwandfrei aufklären, dann trägt der Arbeitgeber den Nachteil der tatsächlichen Unklarheit (materielle Beweislast – vgl. Urteil vom 26. Juni 1981 – BVerwG 6 P 71.78 – BVerwGE 62, 364 und Beschluß vom 2. November 1994 – BVerwG 6 P 6.93). Eine Weiterbeschäftigung ist dem Arbeitgeber dann nicht zuzumuten, wenn keine freien Planstellen oder Arbeitsplätze zur Verfügung stehen (Beschluß vom 15. Oktober 1985 – BVerwG 6 P 13.84BVerwGE 72, 154). Die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung ist weiter dann zu bejahen, wenn ihr gesetzliche oder tarifliche Einstellungshindernisse entgegenstehen oder wenn schwerwiegende, in der Person des Weiterbeschäftigungsberechtigten liegende Gründe gegeben sind, die es ausschließen, dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses abzuverlangen (vgl. Beschlüsse vom 15. Oktober 1985 – BVerwG 6 P 13.84, a.a.O., und vom 24. April 1991 – BVerwG 6 PB 18.90 – Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 9; Urteil vom 31. Mai 1990 – BVerwG 6 P 16.88 –, a.a.O.).

Hier waren Ende Februar 1993, zu dem für die Feststellung der Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung allein maßgeblichen Zeitpunkt der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses (Beschluß vom 15. Oktober 1985 – BVerwG 6 P 13.84 –, a.a.O.), waren nach den bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs freie bzw. besetzbare Stellen beim Fernmeldeamt Konstanz zwar vorhanden, die auch ausbildungsgerecht gewesen sind. Dies hat auch die Antragstellerin nicht bestritten. Trotz der vorhandenen freien Stellen war aber die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1 der Antragstellerin nicht zuzumuten. Der Übernahme in ein ausbildungsgemäßes Dauerarbeitsverhältnis stand die Besetzungssperre entgegen, die für den Vorstand die Generaldirektion Telekom am 20. November 1992 verfügt hatte und die nach dem festgestellten Sachverhalt u.a. den Bezirk der Direktion Freiburg einschloß. Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten, diese Besetzungssperre mache als Teil einer gesamtunternehmerischen Entscheidung des Vorstandes und der Generaldirektion der Antragstellerin die Weiterbeschäftigung der genannten Beteiligten unzumutbar, obwohl es sich hierbei nicht um einen normativen, gesetzlich oder tarifvertraglich begründeten Einstellungstopp handelte, wie er nach der dargestellten Rechtsprechung des Senats sonst vorausgesetzt wird, um die Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung zu begründen (vgl. Beschlüsse vom 15. Oktober 1985 – BVerwG 6 P 13.84, 24. April 1991 – BVerwG 6 PB 18.90 –, a.a.O; Urteil vom 31. Mai 1990 – BVerwG 6 P 16.88 –, a.a.O.), sondern um eine personalwirtschaftliche Maßnahme des Vorstands und der Generaldirektion Telekom. Im Hinblick auf die den Unternehmen der Deutschen Bundespost durch das Postverfassungsgesetz zugewiesene Aufgabenstellung und die Besonderheiten ihrer Unternehmensstruktur sind die vom Senat entwickelten Grundsätze mit der Maßgabe anzuwenden, daß auch ein vom Vorstand veranlaßter und von der Generaldirektion Telekom verfügter allgemeiner Einstellungsstopp zur Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung gemäß § 9 Abs. 4 BPersVG führen kann, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Die von der Rechtsprechung des Senats zur Feststellung der Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung aus objektiven Gründen aufgestellten Maßstäbe (Entgegenstehen gesetzlicher oder tariflicher Einstellungshindernisse, die die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses ausschließen) können nur dort angewendet werden, wo die Stellen im einzelnen durch den Haushaltsgesetzgeber festgelegt werden und der Haushaltsplan von der Exekutive lediglich vollzogen wird. In diesen Regelfällen allgemeiner Verwaltungstätigkeit ist die Bindung insbesondere an den Haushaltsgesetzgeber gerechtfertigt, weil sie eine objektiv nachprüfbare Grundlage für die gemäß § 9 Abs. 4 BPersVG zu treffende Entscheidung schafft. Sie schließt subjektiv wertende oder gestaltende Entscheidungen einzelner Behörden zum Nachteil der Beschäftigten zuverlässig aus.

Diese Grundsätze können aber auf die Telekom in dieser strikten Form nicht übertragen werden. Denn hier gibt es, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, keine Trennung zwischen der haushaltsrechtlichen Verantwortlichkeit des Haushaltsgesetzgebers und der Vollzugsverantwortlichkeit der Verwaltung. Es wird bei der Telekom kein Haushaltsplan im üblichen Sinne aufgestellt. An seine Stelle tritt vielmehr ein Wirtschaftsplan, der für jedes Geschäftsjahr vom Vorstand nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen aufgestellt (§ 38 Abs. 1 und 3 PostVerfG) und vom Aufsichtsrat (§ 23 Abs. 3 Nr. 1 PostVerfG) sowie vom Bundesminister für Post und Telekommunikation im Benehmen mit dem Bundesminister der Finanzen (§ 28 Abs. 1 und 3 PostVerfG) genehmigt wird. Der Wirtschaftsplan hat keine Gesetzesqualität. Er ist lediglich dem Bundeshaushaltsplan als Anlage beizufügen (§ 26 Abs. 1 BHO). Würden die für die sonstige Verwaltung geltenden Grundsätze in unveränderter Form übernommen, so wäre bei der Telekom eine Einstellungssperre, wie sie in der sonstigen Verwaltung erfolgen kann, praktisch nicht möglich. Eine Stellensperre durch den Haushaltsgesetzgeber kann hier nicht vorgenommen werden. Vergleichbare andere gesetzliche Instrumente stehen nicht zur Verfügung. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von demjenigen, der der Entscheidung des Senats vom 13. März 1989 – BVerwG 6 P 22.85 – Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 6 zugrunde lag.

Ein unveränderndes Festhalten an den bisherigen Grundsätzen würde unter diesen Voraussetzungen im Ergebnis dem Zweck des § 9 Abs. 4 BPersVG zuwiderlaufen. Denn mit dieser Bestimmung soll ein totales Einstellungsgebot, das für alle Personalratsmitglieder unabhängig von der allgemeinen Entwicklung der Arbeitsmarktsituation und der Haushaltslage greifen würde, nicht aufgestellt werden. Es soll vielmehr deren Benachteiligung zuverlässig ausgeschlossen werden. Eine derartige Gefahr ist nicht gegeben, wenn seitens des dafür verantwortlichen Unternehmensorgans der Deutschen Bundespost Telekom ein allgemeiner, auf eindeutig bestimmten und objektiv nachprüfbaren Maßstäben beruhender Einstellungsstopp ergeht. Denn in diesen Fällen sind alle Beschäftigten in gleicher Weise von der Maßnahme betroffen, ohne daß eine Benachteiligung von Personalratsmitgliedern zu befürchten wäre.

Die Anerkennung eines von dem Vorstand und der Generaldirektion als den obersten Organen der Telekom verfügten allgemeinen Einstellungsstopps als Grund für die Feststellung der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung im Sinne des § 9 Abs. 4 BPersVG im Bereich der Deutschen Bundespost entspricht auch den durch das Postverfassungsgesetz den Unternehmen der Deutschen Bundespost übertragenen Aufgaben und insbesondere den Organisätionsstrukturen der Unternehmen, wie sie durch das Postverfassungsgesetz vorgegeben sind. Nach dem Postverfassungsgesetz haben im Gegensatz zur sonstigen Bundesverwaltung, bei der die Letztentscheidung über die Bewilligung der Planstellen der Bundeshaushaltsgesetzgeber trifft und bei der die Bundesverwaltung diese Entscheidung lediglich vorbereitet und vollzieht, die zentralen Organe der Deutschen Bundespost den Auftrag, die personalwirtschaftlichen Entscheidungen in gesamtunternehmerischer Verantwortung und nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu treffen. Gemäß § 37 Abs. 1 PostVerfG sind diese Unternehmen so zu leiten, daß die Erträge die Aufwendungen decken. Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 PostVerfG sollen die Unternehmen für die einzelnen Dienste in der Regel jeweils die vollen Kosten und einen angemessenen Gewinn erwirtschaften. Es liegt auf der Hand, daß die Unternehmen nur dann wirtschaftlich arbeiten können, wenn sie auch die notwendigen personalwirtschaftlichen Entscheidungen treffen können. Angesichts eines wachsenden Konkurrenz- und Kostendrucks, dem gerade die Telekom ausgesetzt ist, müssen der Unternehmensleitung auch die notwendigen Instrumente zur Verfügung stehen, um eine angemessene Personalkosten-Nutzen-Relation herzustellen. Dazu können u.U. auch allgemeine Einstellungssperren gehören, wie sie im Jahre 1992 verfügt worden sind.

Zu diesen Erfordernissen stünde es in Widerspruch, wenn die Unternehmensleitung gehindert würde, eine allgemeine Einstellungssperre anzuordnen, die für die Entscheidung nach § 9 Abs. 4 BPersVG vergleichbare Auswirkungen hat wie eine vom Haushaltsgesetzgeber verfügte Besetzungssperre. Derartige Maßnahmen können allerdings nur dann zur Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung führen, wenn neben dem gesetzlichen Auftrag zur Gewinnerwirtschaftung und den Besonderheiten der Unternehmensstruktur der Telekom die Interessen der Beschäftigten und speziell die der durch § 9 Abs. 4 BPersVG geschützten Personen berücksichtigt werden. Denn allein dadurch kann der Gefahr ihrer Benachteiligung so zuverlässig begegnet werden, wie dies vom Gesetzgeber angestrebt wird. Daraus ergeben sich folgende Einschränkungen:

- Die Einstellungssperre muß von der Unternehmensleitung der Telekom verfügt werden, die die gesamtunternehmerische Verantwortung trägt. Die Entscheidung einer nachgeordneten Stelle, etwa des Präsidenten einer Direktion, reicht nicht aus. Sie haben beschränkte, auf ihren Bereich bezogene Entscheidungsbefugnisse und eine entsprechend eingegrenzte Verantwortung. Die Gefahr, daß subjektive Entscheidungen zum Nachteil einzelner Beschäftigter ihres Verantwortungsbereichs getroffen werden, ist größer als bei einer Entscheidung der Unternehmensleitung.

- Die Entscheidung muß aus gesamtunternehmerischen Erwägungen getroffen werden. Das schließt nicht aus, daß – wie in dem zu entscheidenden Fall – sich das Verbot erkennbar aus objektiv nachprüfbaren und nachvollziehbaren gesamtunternehmerischen Gründen auf bestimmte Stellen beschränkt.

- Die für das Besetzungsverbot maßgebenden Erwägungen müssen nicht nur auf objektiv nachprüfbaren und nachvollziehbaren gesamtunternehmerischen Grundlagen beruhen. Die Entscheidung muß auch von der Unternehmensleitung in der Form getroffen werden, daß den nachgeordneten Stellen kein Entscheidungsspielraum mehr verbleibt. Zu diesem Zweck muß der Einstellungsstopp durch eindeutig bestimmte Kriterien eingegrenzt sein.

Diese Kriterien erfüllt die fragliche Verfügung der Telekom vom 20. November 1992. Sie ist von der Unternehmensleitung, dem Vorstand der Telekom, getroffen worden. Ihr liegen ersichtlich gesamtunternehmerische Erwägungen zugrunde. Ausweislich des in den Gerichtsakten befindlichen Schreibens der Generaldirektion an die Regionalen Mittelbehörden vom 20. November 1992 ist diese Maßnahme erfolgt, um dem „nach wie vor bestehenden Kostendruck” zu begegnen. Daß es sich um eine gesamtunternehmerisch orientierte Entscheidung handelt, wird auch von den Beteiligten nicht in Frage gestellt. Die Entscheidung bezieht sich auf den Gesamtbereich der Telekom, auch wenn einzelne Bereiche von der Sparmaßnahme ausgenommen sind. Diese Ausnahmen sind aber ihrerseits nachprüfbar begründet und beruhen auf eindeutig bestimmten und objektiv nachvollziehbaren Abgrenzungskriterien. Ausgenommen sind drei näher bezeichnete Ballungsräume der alten Bundesländer und die Bezirke der Direktionen in den neuen Bundesländern einschließlich Berlins. In einer Anlage zu dem Schreiben sind die vom Einstellungsstopp verschonten Direktionen mit der jeweiligen Bezirksquote namentlich aufgeführt. Den Präsidenten der von dem Einstellungsstopp betroffenen Direktionen sind auch keine Befugnisse zu abweichenden oder konkretisierenden Entscheidungen eingeräumt worden. Sie dürfen nach dieser Verfügung keine Kommunikationselektroniker einstellen. Diese Direktionen sind nämlich in dem als Anlage beigefügten Verzeichnis der Direktionen, denen bestimmte Einstellungsquoten zugewiesen sind, nicht aufgeführt. Ihnen sind auch nicht – etwa in Form von Härteklauseln – Befugnisse eingeräumt worden, Ausnahmen von dem Einstellungsstopp zu machen.

Daraus folgt, daß die Beschäftigung des Beteiligten zu 1 der Antragstellerin nicht zuzumuten ist. Die Gefahr einer Benachteiligung der betroffenen Beteiligten wegen ihrer Tätigkeit in den Jugend- und Auszubildendenvertretungen ist zuverlässig ausgeschlossen. Dem Antrag war deshalb stattzugeben, die Rechtsbeschwerde daher zurückzuweisen. Von der gerichtlichen Entscheidung unberührt bleiben das anderweitig begründete, nicht ausbildungsgerechte Arbeitsverhältnis des Beteiligten zu 1.

Die Feststellung des Gegenstandswertes beruht auf § 10 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 BRAGO 1994.

 

Unterschriften

Niehues, Seibert, Albers, Vogelgesang, Eckertz-Höfer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1215861

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