Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Aktenzeichen 16 A 4828/97) |
Tenor
Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 26. Februar 1999 wird aufgehoben, soweit der Beklagte verpflichtet worden ist, den Klägern für den Monat August 1996 Hilfe zum Lebensunterhalt ohne Anrechnung des zweiten Auszahlungsbetrages des Gehalts für den Monat Juli 1996 (976,57 DM) zu bewilligen. Insoweit wird die Revision zugelassen. Die Beschwerde im übrigen wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.
Gründe
Die Revision kann nur teilweise zugelassen werden. Die von der Beschwerde als alleiniger Zulassungsgrund geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat die Rechtssache nur, soweit es um die Anrechnung eines Betrages von 976,57 DM auf den sozialrechtlichen Bedarf der Kläger (für August 1996) geht.
Das Oberverwaltungsgericht hat das von der Klägerin zu 1 für Juli 1996 bezogene Arbeitsentgelt nach drei Teilbeträgen – entscheidungstragend nach jeweils unterschiedlichen rechtlichen Gesichtspunkten – beurteilt:
- Ein Betrag von 1 065,24 DM, von der Klägerin zu 1 noch im Juli 1996 bezogen, habe den Klägern, da er auf das überzogene Girokonto der Klägerin zu 1 geflossen und von der kontoführenden Sparkasse zum teilweisen Ausgleich des vorhandenen Fehlbetrages verrechnet worden sei, nicht als einsetzbares Mittel zur Bestreitung ihres notwendigen Lebensunterhaltes zur Verfügung gestanden (S. 8 des Berufungsurteils);
- ein Betrag von 600 DM, am 19. August 1996 von der Klägerin zu 1 bezogen, sei zwar alsbald zum – teilweisen – Ausgleich des überzogenen Girokontos verwandt worden (Schuldentilgung), ohne daß dies aber eine mißbräuchliche Herbeiführung einer sozialhilferechtlichen Notlage bzw. Vereitelung von präsenten Selbsthilfemöglichkeiten darstelle (S. 11 unten des Berufungsurteils);
- ein Betrag von 376,57 DM schließlich, von der Klägerin zu 1 ebenfalls am 19. August 1996 bezogen, aber nicht sofort auf ihr Sparkassenkonto eingezahlt, sei Vermögen und damit nach § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG nicht einzusetzen; er müsse außerdem deshalb außer Ansatz bleiben, weil „sich die nachträgliche Auszahlung des Restlohns … als Kompensation einer zuvor erlittenen Schlechterstellung (infolge zwischenzeitlicher, dem Beklagten erkennbarer Einkommenslosigkeit und dadurch notwendig gewordener Neuverschuldung) dar(stelle)” (S. 12 ff., 15 des Berufungsurteils).
a) Diese Beurteilung der Anrechnungsbeträge ist, soweit es um die von der Beschwerde aufgeworfene Frage geht, „ob Arbeitslohn, der … erst am Ende des Erwirtschaftungsmonats oder im Laufe des nächsten Monats ausgezahlt wird, als Einkommen oder Vermögen anzusehen ist”, nicht von grundsätzlicher Bedeutung, weil der rechtliche Unterschied zwischen Einkommen und Vermögen durch das (erst nach der Beschwerdeeinlegung veröffentlichte) Urteil des Senats vom 18. Februar 1999 – BVerwG 5 C 35.97 – (BVerwGE 108, 296) geklärt ist. Danach ist „Einkommen alles das …, was jemand in der Bedarfszeit wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er in der Bedarfszeit bereits hat” (a.a.O., S. 299).
Zwar hat das Oberverwaltungsgericht die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen hiervon abweichend beurteilt, indem es seiner Entscheidung noch die durch jenes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufgegebene sogenannte „Identitätslehre” zugrunde gelegt hat (vgl. S. 14 Mitte des Berufungsurteils). Die Revision kann aber auch wegen dieser Abweichung nur insoweit nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen werden, als das Berufungsurteil auf der Abweichung beruht. Dies ist hinsichtlich des der Klägerin zu 1 noch im Juli 1996 zugeflossenen und sofort verrechneten (Teil-)Betrages in Höhe von 1 065,24 DM nicht der Fall; denn insoweit hat das Oberverwaltungsgericht eine Anrechnung – im Ergebnis zu Recht – abgelehnt.
b) Hinsichtlich des (Teil-)Betrages von 600 DM kann im Revisionsverfahren unter anderem der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage nachgegangen werden, ob Sozialhilfeempfänger, die sich in Erwartung bestimmter Leistungen verschuldet haben, diese zur Schuldentilgung (Kontoausgleich) verwenden dürfen.
c) Hinsichtlich des (Teil-)Betrages von 376,57 DM ist die Revision schon wegen Abweichung des Berufungsurteils von dem Urteil des Senats vom 18. Februar 1999 (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.
Unterschriften
Dr. Säcker, Dr. Rothkegel, Dr. Franke
Fundstellen