Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Entscheidung vom 15.12.1998; Aktenzeichen 9 A 2561/97) |
Tenor
Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 15. Dezember 1998 wird aufgehoben, soweit die Klage gegen die in der Urteilsformel genannten Gebührenbescheide bezüglich der Gebühren für die Untersuchung von Schweinefleisch auf Trichinen abgewiesen worden ist. Insoweit wird die Revision zugelassen.
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu 2/3. Im übrigen folgt die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Kostenentscheidung in der Hauptsache.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 102 446 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beschwerde der Klägerin ist begründet. Der Rechtssache kommt insoweit grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. Das Revisionsverfahren kann zur Klärung der Frage beitragen, ob Gebühren für die Untersuchung des Fleisches geschlachteter Schweine nur nach den Maßstäben des § 24 Abs. 2 Satz 2 FlHG i.V.m. dem dort in Bezug genommenen Gemeinschaftsrecht erhoben werden dürfen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde des Beklagten bleibt ohne Erfolg.
1. Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Berufungsurteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem das Berufungsurteil beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muß in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Berufungsurteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Prüfung des Senats ist demgemäß auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO beschränkt. Die von dem Beklagten vorgebrachten Beschwerdegründe rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.
a) Die Beschwerde wird auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Sache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützt. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt dabei die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muß daher erläutern, daß und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann. Die von der Beschwerde des Beklagten aufgeworfenen Fragen verleihen der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung in dem dargelegten Sinn. Dabei ist mit Blick auf die diesbezüglichen Ausführungen des Beklagten vorab darauf hinzuweisen, daß die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung durch das Oberverwaltungsgericht nicht zwingend zur Zulassung der Revision führt. Das ergibt sich ohne weiteres schon daraus, daß auch nach der Berufungszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht die grundsätzliche Bedeutung in dem soeben umschriebenen Sinne darzulegen ist und die Prüfung durch das Bundesverwaltungsgericht sich auf diese Darlegung beschränkt.
aa) Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin angefochtenen 205 Gebührenbescheide des Beklagten und den Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 1994 jeweils zu einem Teil aufgehoben, weil für die amtliche Schlachttier- und Fleischuntersuchung keine höheren als die gemeinschaftsrechtlich zulässigen Pauschalgebühren erhoben werden dürften. Die gemeinschaftsrechtlich bestehende Abweichungsbefugnis der Mitgliedstaaten sei durch § 24 Abs. 2 FlHG den Ländern übertragen worden. Diese hätten demgemäß durch Landesrecht zu bestimmen, ob sie selbst von der Abweichungsbefugnis Gebrauch machen oder diese auf andere Körperschaften übertragen wollten. Von dieser Befugnis habe das Land Nordrhein-Westfalen keinen Gebrauch gemacht. Das bereits 1969 und damit vor dem Inkrafttreten der bundesrechtlichen Regelung des Fleischhygienerechts erlassene Fleischbeschaukostengesetz des Landes stelle keine Regelung der Gebührenbemessung nach Maßgabe des § 24 Abs. 2 Satz 2 FlHG dar. Die Ausübung einer dem Land durch Bundesgesetz eingeräumten Befugnis setze zwingend voraus, daß das Land eine entsprechende Ermessensentscheidung nach Einräumung dieser Befugnis getroffen habe. § 24 Abs. 2 Satz 2 FlHG enthalte eine zwingende bundesrechtliche Bestimmung darüber, in welcher Weise die Länder die Gebührenbemessung zu regeln hätten, nämlich unter Bindung an die Vorgaben der Richtlinie 85/73/EWG des Rates vom 29. Januar 1985 und der auf der Grundlage dieser Richtlinie erlassenen Rechtsakte der Organe der Gemeinschaft. Die Vorschrift lasse keinen Raum für abweichende landesrechtliche Regelungen. Soweit das Fleischbeschaukostengesetz von diesen Vorgaben abweiche und den kommunalen Körperschaften die Regelung der Gebühren durch Satzungen in Eigenverantwortung ohne Bindung an die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts überlasse, sei das Fleischbeschaukostengesetz wegen Verletzung von Bundesrecht teilweise unwirksam geworden. Bei verfassungskonformer Reduktion seines Inhaltes behalte das Landesgesetz jedoch insoweit Gültigkeit, als es u.a. den Kreisen die Befugnis einräume, die Gebühren durch Satzungen zu regeln und dabei die zwingenden Vorgaben zu beachten. Soweit dies geschehen sei, seien die Satzungen geeignet, Rechtsgrundlage für die Gebührenbescheide zu sein. Soweit die Gebührensätze jedoch über die Pauschalsätze des harmonisierten Finanzierungssystems hinausgingen, seien die einschlägigen Satzungen ungültig und die Gebührenbescheide rechtswidrig.
bb) Vor diesem Hintergrund stellt der Beklagte die Frage, ob aufgrund der bundesrechtlichen Vorgabe eine ordnungsgemäße Ermächtigung für nordrhein-westfälische Kommunen zum Erlaß von Gebührensatzungen mit EG-rechtlich zugelassener Abweichung vom EG-Pauschalgebührenniveau gegeben sei, ohne daß das Fleischbeschaukostengesetz die Abweichungsmöglichkeit explizit ausspreche, sondern sich darauf beschränke, die Befugnis zur Gebührenerhebung auf die Kommunen zu delegieren; es gehe um die Frage, in welcher Weise der bundesrechtliche § 24 FlHG bei Geltung des Fleischbeschaukostengesetzes Anwendung finde.
cc) Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Grundsatzrevision.
(1) Die Frage führt schon deshalb nicht auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, weil das Land Nordrhein-Westfalen inzwischen das Gesetz über die Kosten der Fleisch- und Geflügelfleischhygiene vom 16. Dezember 1998 (GV.NRW. S. 775, ber. GV.NRW. 1999 S. 62) erlassen hat, das gemäß § 6 Abs. 1 hinsichtlich der Satzungen für Amtshandlungen nach dem Fleischhygienegesetz rückwirkend zum 1. Januar 1991 in Kraft getreten ist. Die Frage des Beklagten betrifft daher ausgelaufenes Recht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Rechtsfragen bei auslaufendem Recht trotz anhängiger Fälle regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung, da die Zulassungsvorschrift des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur eine für die Zukunft geltende Klärung herbeiführen soll. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Klärung noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung ist. Für das Vorliegen einer solchen Sachlage ist der Beschwerdeführer darlegungspflichtig (vgl. Beschlüsse vom 12. Dezember 1991 – BVerwG 1 B 157.91 – Buchholz 402.24 § 10 AuslG Nr. 130, vom 20. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 35.95 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 und vom 17. April 1998 – BVerwG 1 B 31.98 – Buchholz 402.240 § 100 AuslG 1990 Nr. 1). Der Beklagte führt zwar aus, daß von der Regelung des Fleischbeschaukostengesetzes vom 24. Juni 1969 (GV.NW. S. 449), geändert durch Gesetz vom 26. Juni 1984 (GV.NW. S. 370) i.V.m. den darauf gestützten Satzungen noch zahlreiche Fälle erfaßt würden. Er befaßt sich aber nicht mit dem rückwirkenden Inkrafttreten der Satzungsermächtigung in § 6 des Gesetzes vom 16. Dezember 1998 und legt namentlich nicht dar, wie sich diese Rechtsänderung auf die für die Veranlagung maßgebenden Satzungen auswirkt, ob auf der Grundlage des novellierten Landesrechts neue Satzungen erlassen werden und ob die bereits erlassenen Heranziehungsbescheide durch das neue Recht “geheilt” werden (vgl. auch Urteil vom 25. November 1981 – BVerwG 8 C 14.81 – BVerwGE 64, 218 ≪223≫). Ohne die in erster Linie das Landesrecht betreffende Darlegung, daß die Novellierung auf die noch nicht bestandskräftigen Heranziehungsbescheide keine Auswirkung hat, kann der Senat nicht erkennen, daß noch eine bedeutsame Zahl von Altfällen auf der Grundlage des Fleischbeschaukostengesetzes zu entscheiden ist. Die grundsätzliche Bedeutung der auf dieses Gesetz bezogenen Frage ist demgemäß nicht dargelegt.
(2) Im übrigen zeigt die aufgeworfene Frage, soweit sie hinsichtlich der Problematik, ob der Landesgesetzgeber die Grenzen seiner ihm bundesrechtlich eingeräumten Regelungskompetenz eingehalten hat, revisibles Recht betrifft, keinen Klärungsbedarf auf.
Bundesrechtliche Grundlage für die Gebührenerhebung war in den hier in Rede stehenden Veranlagungsjahren das Fleischhygienegesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 1987 (BGBl I S. 649) mit den Änderungen durch die Gesetze vom 22. Januar 1991 (BGBl I S. 118) und vom 18. Dezember 1992 (BGBl I S. 2022), die zur Bekanntmachung der Neufassung vom 8. Juli 1993 (BGBl I S. 1189) geführt haben – FlHG –. Nach § 24 Abs. 1 FlHG werden für Amtshandlungen nach dem Gesetz und den zur Durchführung des Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften kostendeckende Gebühren und Auslagen erhoben. Nach § 24 Abs. 2 FlHG werden die nach Abs. 1 kostenpflichtigen Tatbestände durch Landesrecht bestimmt. Die Gebühren sind nach § 24 Abs. 2 Satz 2 FlHG nach Maßgabe der Richtlinie 85/73/EWG des Rates vom 29. Januar 1985 über die Finanzierung der Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch und Geflügelfleisch (ABl Nr. L 32/14) und der aufgrund dieser Richtlinie erlassenen Rechtsakte der Organe der Europäischen Gemeinschaft zu bemessen. Vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Fleischbeschaugesetzes vom 13. April 1986 (BGBl I S. 398), die zu der bereits erwähnten Bekanntmachung vom 24. Februar 1987 unter Änderung der Bezeichnung in Fleischhygienegesetz geführt hat, gab es keine bundesrechtlichen Kostenbestimmungen für alle Amtshandlungen auf dem Gebiet der Fleischhygiene, sondern gemäß § 23 Abs. 1 des Fleischbeschaugesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. September 1981 (BGBl I S. 1045) nur für Amtshandlungen bei der Untersuchung des in das Zollgebiet eingehenden Fleisches. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der Landesgesetzgeber im Fleischbeschaukostengesetz die Gebühren für die übrigen Amtshandlungen auf dem Gebiet der Fleischhygiene dahin gehend geregelt, daß die Kommunen zur eigenverantwortlichen Gebührenregelung durch Satzung ermächtigt waren.
Mit der Inanspruchnahme der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für alle Gebühren im Sinne des § 24 FlHG durch den Bund war insoweit eine Erweiterung des Bundesrechts eingetreten. Nunmehr bestand die Berechtigung des Landes, die Gebührenerhebung zu regeln, nur noch nach Maßgabe des § 24 Abs. 2 FlHG. Das Land mußte danach bei der Festlegung der Fleischbeschaugebühren auch das Europäische Gemeinschaftsrecht in dem dort vorgeschriebenen Umfang berücksichtigen. Zu der daraus folgenden Rechtslage hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 29. August 1996 – BVerwG 3 C 7.95 – (BVerwGE 102, 39 = Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 16) bereits ausgeführt:
“Der Bundesgesetzgeber hat mit dem Fleischhygienegesetz von seiner konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 20 GG Gebrauch gemacht (Art. 71 GG); er hat es aber nach § 24 Abs. 2 FlHG dem Landesgesetzgeber überlassen, kostenpflichtige Tatbestände zu bestimmen. Die Kompetenzregelung ist in der hier einschlägigen Fassung des Fleischhygienegesetzes vom 24. Februar 1987 (BGBl I S. 649) mit der bundesrechtlichen Vorgabe versehen, daß die landesrechtlich zu bestimmenden Gebühren nach Maßgabe der Richtlinie 85/73/EWG des Rates vom 29. Januar 1985 über die Finanzierung der Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch und Geflügelfleisch (Amtsblatt Nr. L 32/14) zu bemessen sind. Diese Richtlinie enthält ihrerseits den Vorbehalt, weitere Regelungen durch ergänzende Ratsentscheidungen zu treffen (Art. 2 Abs. 1). Das ist für den entscheidungsrelevanten Zeitraum durch die aufgrund dieses Vorbehalts ergangene Entscheidung des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 15. Juni 1988 über die Beträge der für die Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch zu erhebenden Gebühren gemäß der Richtlinie 85/73/EWG (88/408/EWG, Amtsblatt Nr. L 194/24) geschehen. Ihrer Berücksichtigung steht nicht entgegen, daß der Bundesgesetzgeber § 24 Abs. 2 FlHG erst in der hier noch nicht anwendbaren Fassung vom 8. Juli 1993 (BGBl I S. 1189) ausdrücklich dahin ergänzt hat, in die Bemessung seien die aufgrund der Richtlinie erlassenen Rechtsakte der Organe der Europäischen Gemeinschaften einzubeziehen. Eine inhaltliche Erweiterung der Bestimmung ist in dieser Änderung nicht zu sehen, vielmehr handelt es sich um eine Bestätigung und Klarstellung des auch nach der hier anzuwendenden Fassung bestehenden Rechtszustandes.
Daß der Bundesgesetzgeber die Überlassung der Kompetenzausübung für den Landesgesetzgeber mit Einschränkungen oder einzuhaltenden Vorgaben versehen kann, unterliegt keinem Zweifel. Insbesondere kann der Bundesgesetzgeber die Kompetenzüberlassung durch Verweisungen auf andere Vorschriften, auch auf Normen und Begriffe des Rechts der Europäischen Gemeinschaften näher bestimmen (vgl. BVerfGE 29, 198 ≪210≫). Gemeinschaftsrecht und nationales Recht der Mitgliedstaaten sind zwar zwei verschiedene Rechtsordnungen (BVerfGE 22, 293 ≪296≫). Die beiden Rechtsordnungen stehen jedoch nicht unverbunden nebeneinander, greifen vielmehr auf mannigfache Weise ineinander. Diese vielfältige Verschränkung von Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht verbietet es, Verweisungen auf Gemeinschaftsrecht anders zu beurteilen als Verweisungen auf nationales Recht (vgl. BVerfGE 26, 338 ≪367≫).
… Macht das Land von seiner Berechtigung Gebrauch, muß es nach § 24 Abs. 2 FlHG durch Rechtssatz festlegen, ob von den in Art. 2 Abs. 1 der Ratsentscheidung genannten ‘durchschnittlichen Pauschalbeträgen’ für Leistungen bei der Fleischbeschau abgewichen werden soll, ob die Voraussetzungen für eine Abweichung erfüllt sind (Art. 2 Abs. 2 d.E.) und wie ggf. höhere Beträge berechnet werden (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. dem Anhang der Ratsentscheidung über die Abweichungen vom Gemeinschaftsdurchschnitt).”
Die gemäß § 24 Abs. 2 FlHG “durch Landesrecht” zu bestimmenden kostenpflichtigen Tatbestände einschließlich der hier erheblichen Bemessung der Gebühren in Abweichung von den gemeinschaftsrechtlich geregelten Pauschalbeträgen erfordern eine Regelung durch Rechtssatz, wie das Bundesverwaltungsgericht in der vorgenannten Entscheidung ausdrücklich ausgeführt hat. Eine unmittelbare Ermächtigung zur Rechtssetzung durch Kommunen enthält die Vorschrift nicht. Eine vor Inkrafttreten der neuen bundesrechtlichen Regelung, die bestimmte materielle Beschränkungen enthält, bestehende landesrechtliche Rechtslage, die auf die Beschränkungen nicht Rücksicht nimmt, wird insoweit der bundesrechtlichen Regelung nicht gerecht. Das landesrechtliche Fleischbeschaukostengesetz vom 24. Juni 1969 i.d.F. des Gesetzes vom 26. Juni 1984 enthält nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine dem § 24 Abs. 2 FlHG und den Rechtsakten der Gemeinschaft, auf die § 24 Abs. 2 FlHG verweist, genügende Ermächtigung der Kommunen zu einer Gebührenregelung der hier einschlägigen Art. Die bundesrechtliche Regelung ist auf Ergänzung durch den Landesgesetzgeber jedenfalls insoweit angelegt, als von den gemeinschaftsrechtlichen Pauschalbeträgen abgewichen werden soll. Sie kann weder vom Regelungsgehalt noch vom Regelungszweck her die erforderlichen Rechtssätze des Landesrechts substituieren.
dd) Der Beklagte hält außerdem für klärungsbedürftig, “ob und inwieweit bei Festsetzung eines einheitlichen Gebührensatzes, obwohl an sich eine differenzierte Auffächerung von Gebührensätzen in verschiedenen Kategorien geboten wäre, die niedrigste Mindestgebühr, deren Tatbestand in jedem Fall verwirklicht ist, aufrechterhalten werden kann”. Dazu führt er aus, das Oberverwaltungsgericht habe, soweit es um Gebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung bei Schafen in den Jahren 1992 und 1993 sowie bei Rindern im Jahre 1993 gehe, die Heranziehungsbescheide vollen Umfangs aufgehoben. Das sei nicht zwingend. Zwar seien die Gebühren für die Untersuchung des Fleisches dieser Tierarten in den entsprechenden Satzungen jeweils mit einem einheitlichen Gebührensatz bemessen worden. Die EG-Pauschalgebührensätze schrieben demgegenüber eine Differenzierung bei Schafen in drei Kategorien sowie bei Rindern in zwei Kategorien vor. Daraus folge, daß zumindest eine Gebührenfestsetzung in Höhe der gemeinschaftsrechtlichen Mindestgebühr gerechtfertigt sei.
Der Beklagte legt die Erheblichkeit der Frage in bezug auf die Gebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung bei Rindern nicht ausreichend dar. Das Berufungsgericht hat nämlich hinsichtlich der Gebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchungen bei Rindern für das Jahr 1993 eine Festsetzung der Gebühren in Höhe von 4,5 ECU/Tier für rechtmäßig erachtet (UA S. 31). Unter diesen Umständen ist nicht deutlich, inwieweit die Beantwortung der aufgeworfenen Frage insoweit Bedeutung erlangen könnte. Hinsichtlich der Gebühren für die Untersuchungen bei Schafen hat das Berufungsgericht aus der von ihm angenommenen Teilunwirksamkeit der “Gebührensatzfestsetzung” die Gesamtnichtigkeit der landesrechtlichen Gebührensätze für Schaf- und Ziegenfleisch angenommen. Die von dem Beklagten aufgeworfene Frage betrifft deshalb die Auslegung einer Satzung durch das Oberverwaltungsgericht, welches aus der von ihm angenommenen Teilunwirksamkeit einer “Gebührensatzfestsetzung” auf die Gesamtnichtigkeit von Satzungsbestimmungen geschlossen hat. Damit wendet sich der Beklagte gegen die Auslegung nichtrevisiblen Rechts. In bezug auf etwaige bundesrechtliche Grundsätze hinsichtlich der Teil- oder Gesamtnichtigkeit von Normen wird eine klärungsbedürftige Problematik nicht aufgezeigt. Außerdem gilt auch hier das oben zur Frage des auslaufenden Rechts Ausgeführte.
b) Der außerdem geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Der Beklagte rügt, das Berufungsgericht habe es trotz entsprechender Anregung unterlassen, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften einzuholen. Das Oberverwaltungsgericht war jedoch hierzu nicht verpflichtet. Nach Art. 177 Abs. 1 EG-Vertrag entscheidet der Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung u.a. über die Auslegung des EG-Vertrages sowie über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe der Gemeinschaft, d.h. auch des von dieser erlassenen Gemeinschaftsrechts. Aus Art. 177 Abs. 2 und 3 EG-Vertrag folgt, daß ein nationales Gericht, dessen Entscheidung noch mit einem Rechtsmittel des innerstaatlichen Rechts angefochten werden kann, zur Anrufung des Gerichtshofs nicht verpflichtet ist (vgl. Beschluß vom 15. Mai 1990 – BVerwG 1 B 64.90 – Buchholz 402.26 § 12 AufenthG/EWG Nr. 7). Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, daß Rechtsmittel in diesem Sinne neben der Revision jedenfalls hinsichtlich revisiblen Rechts auch die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gemäß § 133 Abs. 1 VwGO ist (vgl. Beschluß vom 23. August 1995 – BVerwG 1 B 46.95 – Buchholz 451.20 § 33a GewO Nr. 8, S. 3). Europäisches Gemeinschaftsrecht ist als Bundesrecht im Sinne des § 137 Abs. 1 VwGO zu werten und damit revisibel. Allein der Umstand, daß das Oberverwaltungsgericht von der Einholung einer Vorabentscheidung abgesehen hat, stellt daher keinen Verfahrensmangel dar. Ein Ermessensfehler bei der Entscheidung über das Absehen von einer Vorlage nach Art. 177 Abs. 2 EG-Vertrag ist nicht dargetan.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, soweit die Beschwerde zurückgewiesen worden ist. Im übrigen folgt sie derjenigen in der Hauptsache.
Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 13 Abs. 2 GKG. Sie berücksichtigt die Aufhebung der Bescheide des Beklagten in einer Gesamthöhe von 68 105,94 DM sowie die in den angefochtenen Bescheiden ausgewiesenen Gebühren für die Untersuchung des Fleisches von geschlachteten Schweinen in Höhe von insgesamt 34 340,10 DM.
Unterschriften
Meyer, Hahn, Groepper
Fundstellen