Leitsatz (amtlich)
In Verfahren, die Klagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse für den Bau von Bundesautobahnen betreffen, ist seit 1. Januar 2021 als Vorhabenträgerin die Autobahn GmbH des Bundes, nicht die Bundesrepublik Deutschland gemäß § 65 Abs. 2 VwGO zum Verfahren beizuladen (anders noch BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 2021 - 9 VR 1.21 - juris Rn. 3).
Tenor
Die Autobahn GmbH des Bundes,...,..., vertreten durch die Geschäftsführer, wird zum Verfahren beigeladen.
Gründe
Rz. 1
Die Beiladung der Autobahn GmbH des Bundes ist nach § 65 Abs. 2 VwGO erforderlich.
Rz. 2
Nach dieser Vorschrift sind Dritte notwendig beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies ist nur dann der Fall, wenn die begehrte Sachentscheidung des Gerichts nicht wirksam getroffen werden kann, ohne dass dadurch gleichzeitig und unmittelbar in Rechte der Dritten eingegriffen wird, das heißt ihre Rechte gestaltet, bestätigt oder festgestellt, verändert oder aufgehoben werden (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 9. Januar 1999 - 11 C 8.97 - Buchholz 310 § 65 VwGO Nr. 131 S. 1 und vom 21. März 2006 - 9 B 18.05 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 190 Rn. 11).
Rz. 3
1. Diese Voraussetzungen liegen bei der Autobahn GmbH des Bundes vor. Sie ist als Dritte an dem streitigen Rechtsverhältnis zwischen der beklagten Planfeststellungsbehörde und dem Kläger als Planbetroffenem so beteiligt, dass die Entscheidung auch ihr gegenüber nur einheitlich ergehen kann.
Rz. 4
Gegenstand der Autobahn GmbH sind nach § 5 Abs. 1 Satz 2 des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes (InfrGG) vom 14. August 2017 (BGBl. I S. 3122, 3141), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. Juni 2020 (BGBl. I S. 1528), die ihr nach § 1 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 Satz 1 InfrGG zur Ausführung übertragenen Bundesaufgaben der Planung, des Baus, des Betriebs, der Erhaltung, der vermögensmäßigen Verwaltung und der Finanzierung der Bundesautobahnen. Mit den zur Erfüllung dieser Aufgaben erforderlichen Befugnissen ist die Autobahn GmbH nach § 6 Abs. 1 InfrGG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 1 Abs. 2 der InfrGG-Beleihungsverordnung (InfrGGBV) vom 23. März 2020 (BGBl. I S. 743), geändert durch Verordnung vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3206), beliehen. Zu ihren Aufgaben (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 InfrGG) gehört danach insbesondere der Bau der Bundesautobahnen, der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 FStrG nur erfolgen darf, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Wird der Planfeststellungsbeschluss, wie vom Kläger beantragt, aufgehoben oder für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt, greift die gerichtliche Entscheidung daher gleichzeitig und unmittelbar in das durch die Feststellung des Plans geschaffene und nach § 1 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 InfrGG sowie § 10 Abs. 2 des Fernstraßen-Überleitungsgesetzes (FStrÜG) vom 14. August 2017 (BGBl. I S. 3122, 3144) seit 1. Januar 2021 durch die Autobahn GmbH des Bundes als Vorhabenträgerin (vgl. BT-Drs. 18/11135 S. 101 f. und § 3 Abs. 1 Satz 2 des Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetzes ≪MgvG≫ vom 22. März 2020 ≪BGBl. I S. 640≫ i.d.F. des Gesetzes vom 8. August 2020 ≪BGBl. I S. 1795, 1816≫) wahrgenommene Baurecht ein und lässt es - vorbehaltlich des § 17c Nr. 4 FStrG - entfallen.
Rz. 5
2. Eine Beiladung der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Autobahn GmbH, nach § 65 Abs. 2 VwGO kommt hingegen nicht in Betracht. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 11. Februar 2021 - 9 VR 1.21 - (juris Rn. 3) von der Erforderlichkeit einer solchen Beiladung ausgegangen ist, wird daran nicht festgehalten.
Rz. 6
Die vom Kläger begehrte Sachentscheidung greift nicht unmittelbar in Rechte der Bundesrepublik Deutschland ein. Zwar ist der Bund nach § 5 Abs. 1 Satz 1 FStrG und § 6 Abs. 1 FStrVermG Träger der Straßenbaulast für die Bundesautobahnen. Da er die ihm danach obliegende Aufgabe des Baus der Bundesautobahnen nicht selbst ausführt, sondern ihre Wahrnehmung, wie unter 1. dargelegt, der Autobahn GmbH als Vorhabenträgerin übertragen hat, betrifft der mit der begehrten Sachentscheidung verbundene Eingriff in das durch die Planfeststellung verliehene Baurecht jedoch unmittelbar nur die Autobahn GmbH des Bundes, nicht aber die Bundesrepublik.
Rz. 7
Allerdings bleibt der Bund im Rahmen seiner Straßenbaulast verpflichtet, der Autobahn GmbH die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Finanzmittel zuzuweisen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 und § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 InfrGG). Die nur mittelbaren Auswirkungen der begehrten Sachentscheidung auf diese interne, nur das Innenverhältnis zwischen der Bundesrepublik und der Autobahn GmbH des Bundes betreffende Finanzierungspflicht führen jedoch ebenfalls nicht zu der nach § 65 Abs. 2 VwGO für die Beiladung erforderlichen Beteiligung des Bundes an dem streitigen Rechtsverhältnis zwischen der Planfeststellungsbehörde und dem planbetroffenen Kläger (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. April 1977 - 4 C 3.74 - BVerwGE 52, 226 ≪230≫ und vom 15. April 1977 - 4 C 100.74 - BVerwGE 52, 237 ≪241≫ jeweils zur Finanzierungspflicht des Bundes als Straßenbaulastträger im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung).
Fundstellen