Verfahrensgang
VG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 3 K 1312/96) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 6. März 2001 wird zurückgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 156 050 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Weder kommt der Rechtssache die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch wird der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) in einer den Anforderungen von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargetan. Der benannte Verfahrensmangel liegt nicht im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor.
1. Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
a) Die Beschwerde wirft eingangs die Frage auf,
„ob die generelle Bevorzugung von MfS-Angehörigen bei Wohnraumerwerb als Gegenleistung für Hingabe unrechtsregimestärkender und/oder festigender Leistungen eine personelle Bevorzugung darstellt, die sich noch in die am Grundsatz der Bedarfsgerechtigkeit geprägten Zielsetzung der §§ 11,10 III WLVO 1967 einfügt.”
Die Frage würde sich im angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen; denn das Verwaltungsgericht hat nicht ermittelt, dass MfS-Angehörige beim Wohnraumerwerb generell bevorzugt worden sind, sondern hat im Gegenteil hier keine Anhaltspunkte für eine Mitwirkung oder Einflussnahme der Staatssicherheit gesehen (UA S. 17 f.).
b) Ohne grundsätzliche Bedeutung ist damit auch die zweite Frage des Inhalts, ob in einer solchen Bevorzugung eine sittliche Anstößigkeit des Vermögenserwerbs liege.
c) Die Beschwerde will ferner geklärt wissen, inwieweit die im Beschluss des Senats vom 2. November 1998 – BVerwG 8 B 211.98 – Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 59 – enthaltene Aussage zur materiellen Beweislast auch bei einem Eigenheimerwerb durch MfS-Mitarbeiter zutreffe. Zur Festellung dessen, dass dies der Fall ist, bedarf es keines Revisionsverfahrens. Der Senat hat in dem genannten Beschluss unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausgeführt, dass die materielle Beweislast für den Anspruchsausschlussgrund des redlichen Erwerbs aus den auch für das Vermögensgesetz geltenden allgemeinen Grundsätzen danach denjenigen trifft, der aus dem Restitutionsausschluss für sich günstige Rechtsfolgen herleitet. Beruft sich ein ehemaliger MfS-Mitarbeiter gegenüber dem Restitutionsanspruch auf redlichen Erwerb, so ist kein Grund ersichtlich, dass ihn wegen seiner damaligen Stellung im System der DDR die Nichterweislichkeit eines Umstandes anders treffen sollte.
d) Soweit die Beschwerde mit ihrer Frage geklärt wissen will, ob greifbare Anhaltspunkte für eine Unredlichkeit vorliegen, bezieht sie sich auf die Eigenheiten des vorliegenden Falles, ohne damit einen besonderen Klärungsbedarf aufzuzeigen. In der bisherigen Rechtsprechung angelegt ist die Aussage, dass die Tätigkeit des Erwerbers für das Ministerium für Staatssicherheit allein noch keinen hinreichenden Anhaltspunkt für eine Unredlichkeit des Erwerbs liefert. Die für die Annahme mangelnder Redlichkeit in Betracht kommenden Umstände müssen in dem Sinne „erwerbsbezogen” sein, dass sie den Erwerbsvorgang als solchen betreffen (Beschluss vom 15. April 1998 – BVerwG 7 B 114.98 – Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 54 S. 124 f.). Eine sich aus den Unterlagen der Staatssicherheit ergebende inoffizielle Mitarbeit macht den Erwerb ohne Hinzutreten konkreter Hinweise auf manipulative Einflussnahme noch nicht verdächtig.
2. Die Divergenzrügen sind unzulässig. Sie wären nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benannt hätte, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung u.a. des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Rechtssatz in Ansehung derselben Rechtsvorschrift widersprechen würde. Die Beschwerde entnimmt zwar einigen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts abstrakte Rechtssätze, zeigt aber an keiner Stelle auf, dass das Verwaltungsgericht davon abweichende Rechtssätze aufgestellt hat; und die gerügte fehlerhafte Anwendung höchstrichterlicher Rechtssätze stellt keine Abweichung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dar. Hierzu im Einzelnen:
a) Soweit die Beschwerde als Divergenzentscheidungen die Beschlüsse vom 23. Januar 1995 – BVerwG 7 B 192.94 – Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 13 – und vom 29. Oktober 1993 – BVerwG 7 B 185.93 – Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 3 – anführt, geht es um Erkenntnisse, die vorliegend nicht einschlägig sind. Sie beziehen sich auf die Fragen, ob ein (redlicher) Erwerb eines Grundstücks im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG voraussetzt, dass der Erwerber in das Grundbuch eingetragen worden ist. Im Übrigen vertritt das Verwaltungsgericht dazu keine andere Auffassung.
b) Entgegen der Ansicht der Beschwerde enthält der Beschluss vom 3. Februar 1995 – BVerwG 7 B 221.94 – Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 14 – nicht den behaupteten Rechtssatz, dass „bei fehlender Überschuldung gemäß § 1 II VO 68 … es an einer wirksamen Eigentumsübertragung auf den Erwerber … im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG” fehle.
c) Ebenso verhält es sich mit der Behauptung der Beschwerde, dieser Beschluss enthalte den Rechtssatz, dass „die Veräußerungsbefugnis des staatlichen Verwalters im Falle fehlender Überschuldung dann anzunehmen ist, wenn weder eine Übereinstimmung zwischen Vermögenswert und Forderungshöhe noch eine geringfügige Unterschreitung des Wertes des betreffenden Vermögenswertes die Voraussetzung des § 1 II VO 68 begründet und daher der objektive Tatbestand des § 4 II 1 VermG nicht vorliegt”.
d) Soweit die Beschwerde weiterhin auf den Beschluss vom 22. April 1994 – BVerwG 7 B 188.93 – Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 8 – verweist, hat sie keinen Rechtssatz dieser Entscheidung benannt, und zu dem vorangestellten Leitsatz steht das angefochtene Urteil nicht im Widerspruch.
e) Die Beschwerde meint sodann, der erstinstanzlichen Entscheidung Feststellungen zur ordnungsgemäßen Verwaltungspraxis (§ 4 Abs. 3 a VermG) entnehmen zu können, um damit einen Rechtssatzwiderspruch zu den Urteilen vom 27. Januar 2000 – BVerwG 7 C 39.98 – Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 2 – und vom 27. Januar 1994 – BVerwG 7 C 4.93 – BVerwGE 95, 108 = Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 7 – begründen zu wollen. Doch solche Erkenntnisse gibt das angefochtene Urteil nicht wieder.
3. Die Aufklärungsrügen sind unbegründet. Die Beschwerde wendet sich gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der Erwerb durch Ausnutzung einer persönlichen Machtstellung erfolgt sei. Insoweit zieht sie nur Schlussfolgerungen der Vorinstanz in Zweifel, zeigt aber keinen Mangel im formellen Bereich auf. Der Umstand, dass die Vorinstanz zur Erforschung des Sachverhalts die Beigeladenen informatorisch herangezogen hat (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO), stellt keinen die Aufklärungspflicht verletzenden Verstoß dar. Das Verwaltungsgericht hat die Subsidiarität der Beteiligtenvernehmung nicht verkannt, die nach § 98 VwGO i.V.m. § 450 Abs. 2 ZPO auch im Verwaltungsprozess gilt. Die Vernehmung von Beteiligten ist ein Hilfsbeweis, der voraussetzt, dass der Beweis nicht mit anderen Beweismitteln zu führen ist (Beschluss vom 3. August 1999 – BVerwG 7 B 54.99 – VIZ 2000, 93 m.w.N.). Das Gericht darf also nicht allein auf Grund des Ergebnisses der Beteiligtenvernehmung von einer möglichen Erhebung weiterer Beweise absehen. Das ist hier jedoch nicht geschehen. Die Vorinstanz hat eine Auskunft der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik beigezogen und sodann auf der Grundlage eines Sachverhaltes entschieden, der für die Hinzuziehung anderer Beweismittel keinen Anhalt bot. Zwar vermisst die Beschwerde die Vernehmung von Zeugen, die am Erwerbsvorgang beteiligt waren, hat aber keine konkreten Tatsachen vorgetragen, die das Verwaltungsgericht hätte ermitteln sollen, und die Vernehmung des Führungsoffiziers drängte sich nach der eindeutigen Auskunftslage nicht auf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf §§ 13, 14 GKG.
Unterschriften
Dr. Pagenkopf, Sailer, Postier
Fundstellen