Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterrichtungsanspruch, Gegenstand und Grenzen des – der Personalvertretung
Normenkette
BPersVG § 68 Abs. 2
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Beschluss vom 18.04.1983; Aktenzeichen CB 1/82) |
VG Köln (Beschluss vom 10.09.1981; Aktenzeichen PVB 13/81) |
Tenor
Der Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 18. April 1983 und der Beschluß des Verwaltungsgerichts Köln – Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen – vom 10. September 1981 werden aufgehoben.
Der Antrag wird abgelehnt.
Tatbestand
I.
Der Personalrat beim Arbeitsamt K., der Antragsteller, verlangt von dem Direktor des Arbeitsamts K., dem Beteiligten, ihn regelmäßig darüber zu unterrichten, ob und welchen Angestellten des Arbeitsamts K. höherwertige Tätigkeiten übertragen oder wieder abgenommen worden sind und aus welchen Gründen das geschehen ist. Um dies zu erreichen, regte er im Dezember 1980 bei dem Beteiligten an, eine frühere Übung wieder aufzunehmen, nach der ihm bei Erteilung oder Rücknahme eines Auftrages zur Wahrnehmung höherwertiger Tätigkeiten die Beauftragungskarte des Betroffenen kurzfristig zur Einsichtnahme überlassen worden war. Zugleich erklärte er sich aber auch mit jeder anderen Form der Unterrichtung einverstanden. Der Beteiligte lehnte die Unterrichtung mit der Begründung ab, sie sei technisch nicht durchführbar.
Der Antragsteller hat daraufhin das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet und darauf hingewiesen, daß den Angestellten L., M. und S. höherwertige Tätigkeiten für mehr als 3 Monate zur Wahrnehmung übertragen worden seien. Damit sei der zeitliche Rahmen einer vorübergehenden Übertragung dieser Tätigkeiten überschritten und sein Mitbestimmungsrecht gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG verletzt worden.
Der Antragsteller hat beantragt,
festzustellen, daß der Beteiligte verpflichtet ist, ihn über vorübergehende Beauftragungen mit einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 MTA zu unterrichten,
hilfsweise,
festzustellen, daß der Beteiligte seine Unterrichtungspflicht hinsichtlich der Beauftragung der Angestellten L., M. und S. gegenüber dem Antragsteller verletzt hat.
Das Verwaltungsgericht hat dem Hauptantrag stattgegeben. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten blieb erfolglos, im wesentlichen aus folgenden Gründen:
Das Verlangen des Antragstellers finde in § 68 Abs. 2 Satz 1 BPersVG eine rechtliche Grundlage. Anders als die Pflicht zur Vorlage von Urkunden (§ 68 Abs. 2 Satz 2 BPersVG) beschränke sich die Verpflichtung des Dienststellenleiters zur umfassenden Unterrichtung der Personalvertretung nicht auf Fälle, in denen sie erforderlich sei, um eine selbständige Entscheidung des Personalrats über eine beteiligungspflichtige Maßnahme zu ermöglichen. Das folge aus dem systematischen Zusammenhang der Absätze 1 und 2 des § 68 BPersVG. Absatz 1 führe die allgemeinen Aufgaben der Personalvertretung auf und Absatz 2 bestimme sodann, daß die Personalvertretung zur Durchführung ihrer Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten sei. Daraus sei zu entnehmen, daß sich das Informationsrecht nicht nur auf die mitbestimmungs- und mitwirkungspflichtigen Angelegenheiten beschränke, sondern sich auch auf die allgemeinen Aufgaben der Personalvertretung erstrecke. Der Dienststellenleiter sei daher unabhängig davon zur Unterrichtung der Personalvertretung verpflichtet, ob ein konkreter Bezug der einzelnen Information zu den Aufgaben des Personalrats bestehe. Der Beteiligte müsse den Antragsteller deswegen in dem beantragten Umfang über die Beauftragung von Beschäftigten mit der Wahrnehmung höherwertiger Tätigkeiten unterrichten, wobei offen bleiben könne, ob sich der Unterrichtungsanspruch des Antragstellers aus dem allgemeinen Überwachungsrecht des § 68 Abs. 1 BPersVG oder aus dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit herleite.
Zur Wahrung seiner Beteiligungsrechte bedürfe der Antragsteller der beantragten Unterrichtung hingegen nicht, weil die vertretungsweise oder vorübergehende Übertragung höher oder niedriger zu bewertender Tätigkeiten an einen Angestellten nicht seiner Mitbestimmung unterliege, sofern sie nicht die dauernde Übertragung der Tätigkeit vorbereite. Für diesen besonderen Fall aber sei die Beteiligung des Antragstellers vom Beteiligten sichergestellt.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Beteiligten, mit der er sich gegen die dem angefochtenen Beschluß zugrundeliegende Auslegung des § 68 Abs. 2 Satz 1 BPersVG wendet. Insbesondere greift er die Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts an, der in dieser Vorschrift geregelte Unterrichtungsanspruch der Personalvertretung setze nicht voraus, daß der Gegenstand der Unterrichtung in einer konkreten Beziehung zu den Aufgaben der Personalvertretung stehe. Selbst wenn dem Beschwerdegericht darin gefolgt würde, daß sich der Unterrichtungsanspruch auch aus den allgemeinen Aufgaben der Personalvertretung ergeben könne, so müsse er jedenfalls einen konkreten Bezug zu einer dieser in § 68 Abs. 1 BPersVG genannten Aufgaben haben. Im vorliegenden Fall komme als Anknüpfungspunkt allenfalls die der Personalvertretung in § 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG eingeräumte Überwachungsfunktion in Betracht. Diese Funktion werde jedoch durch das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit begrenzt. Ein an sie anknüpfender Unterrichtungsanspruch bestehe deswegen nur, wenn Anhaltspunkte dafür vorlägen, daß eine beabsichtigte Maßnahme gegen die in der Vorschrift erwähnten Regelungen verstoße.
Hiervon ausgehend sei auch der Hilfsantrag unbegründet, weil die vom Antragsteller erwähnten Einzelfälle keinen Anlaß zu der Annahme gäben, die Vorschrift des § 24 MTA sei gegenüber den vom Antragsteller bezeichneten Beschäftigten nicht beachtet worden.
Der Beteiligte beantragt sinngemäß,
den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 18. April 1983 und den Beschluß des Verwaltungsgerichts Köln – Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen – vom 10. September 1981 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller tritt der Rechtsbeschwerde entgegen und verteidigt den angefochtenen Beschluß.
Der Oberbundesanwalt tritt der Auffassung des Beschwerdegerichts entgegen, es sei zwischen einer weit zu fassenden Informationspflicht des Dienststellenleiters nach § 68 Abs. 2 Satz 1 BPersVG und seiner enger zu verstehenden Verpflichtung zu unterscheiden, die zur Information erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Er meint, § 68 Abs. 2 BPersVG formuliere einen einheitlichen Informationsanspruch, wobei Satz 1 der Vorschrift bestimme, nach welchen Grundsätzen die Unterrichtung der Personalvertretung zu erfolgen habe, und Satz 2 festlege, in welcher Art und Weise sie durchzuführen sei. Dieser Anspruch setze voraus, daß der Gegenstand, über den die Personalvertretung zu unterrichten sei, in einem konkreten Bezug zu den von ihr zu erfüllenden Aufgaben stehe. Diese Voraussetzung müsse auch hinsichtlich eines auf § 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG gestützten Informationsanspruchs erfüllt sein, weil die Personalvertretung weder den Dienststellenleiter allgemein zu beaufsichtigen, noch sämtliche dienst- oder arbeitsrechtlichen Entscheidungen der Dienststelle zu überprüfen habe.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Vorinstanzen haben zu Unrecht festgestellt, der Beteiligte sei verpflichtet, den Antragsteller über vorübergehende Beauftragungen mit einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 des Manteltarifvertrages für Angestellte der Bundesanstalt für Arbeit – MTA – zu unterrichten.
Nach § 68 Abs. 2 Satz 1 BPersVG, auf den sich das Begehren des Antragstellers allein stützen kann, ist die Personalvertretung „zur Durchführung ihrer Aufgaben” rechtzeitig zu unterrichten. Dieser Gesetzeswortlaut besagt eindeutig, daß ein Informationsanspruch der Personalvertretung nur insoweit besteht, als sie Auskünfte von seiten der Dienststelle benötigt, um die ihr obliegenden Aufgaben erfüllen und ihre Beteiligungsrechte rechtzeitig und uneingeschränkt wahrnehmen zu können. Darin liegt keine sachliche „Einschränkung” dieses Anspruchs oder der ihm korrespondierenden Unterrichtungspflicht der Dienststelle, wie das Beschwerdegericht meint. Das in § 68 Abs. 2 Satz 1 BPersVG geregelte Unterrichtungsrecht setzt vielmehr voraus, daß die Personalvertretung eine Aufgabe zu erfüllen hat, die es erfordert, sie über einen bestimmten Sachverhalt zu unterrichten (Beschluß vom 21. Februar 1980 – BVerwG 6 P 77.78 – ≪Buchholz 238.3 A § 68 BPersVG Nr. 2 = ZBR 1981, 70≫). Dem Beschwerdegericht kann nicht darin gefolgt werden, daß dies nur für die Pflicht der Dienststelle gelte, der Personalvertretung die zu ihrer vollständigen Unterrichtung erforderlichen Urkunden vorzulegen (§ 68 Abs. 2 Satz 2 BPersVG), sie im übrigen aber ohne konkreten Bezug zu ihren Aufgaben zu unterrichten sei. Damit würde der Personalvertretung entgegen dem klaren Gesetzeswortlaut ein von ihren Aufgaben losgelöster, umfassender Informationsanspruch eingeräumt, der sich weder aus ihrer Stellung noch aus ihrem Auftrag rechtfertigte; denn die Personalvertretung ist kein Kontrollorgan, dem es obliegt, die Aufgabenerfüllung und den inneren Betrieb der Dienststelle allgemein zu überwachen. Die Dienststelle ist nach alledem nur verpflichtet, der Personalvertretung die Auskünfte zu erteilen, welche diese benötigt, um die ihr im Bundespersonalvertretungsgesetz zugewiesenen allgemeinen Aufgaben erfüllen oder die ihr gesetzlich eingeräumten Befugnisse wahrnehmen zu können. Der Unterrichtungsanspruch der Personalvertretung und ihr Anspruch auf Vorlage von Urkunden sind mithin an die gleichen Voraussetzungen geknüpft.
Hinsichtlich des vom Antragsteller geltend gemachten Unterrichtungsanspruchs sind die dargestellten Voraussetzungen nicht erfüllt. Die vorübergehende oder vertretungsweise Übertragung höherwertiger Tätigkeiten und deren Beendigung unterliegt nicht seiner Mitbestimmung gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG, wie schon das Beschwerdegericht im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluß vom 3. Juni 1977 – BVerwG 7 P 8.75 – ≪BVerwGE 54, 92≫) festgestellt hat. Auch die Aufgabe der Personalvertretung, darüber zu wachen, daß die zugunsten der Beschäftigten geltenden Tarifverträge durchgeführt werden, begründet im vorliegenden Fall keinen Unterrichtungsanspruch des Antragstellers. Denn § 24 MTA (= § 24 BAT), auf den sich sein Begehren stützt, regelt lediglich die tariflichen Folgen der vorübergehenden oder vertretungsweisen Übertragung höherwertiger Tätigkeiten. Die Vorschrift begründet mithin ausschließlich individuelle Tarifansprüche von Beschäftigten, deren Durchsetzung der Personalvertretung nicht obliegt, sondern Sache des betroffenen Beschäftigten ist. Auch unter diesem Blickwinkel besteht daher kein personalvertretungsrechtlich begründeter Anlaß dafür, daß der Beteiligte den Antragsteller jeweils von der vertretungsweisen oder vorübergehenden Übertragung höherwertiger Tätigkeiten an Beschäftigte der Dienststelle und deren Beendigung unterrichtet.
Nach alledem sind weder der vom Antragsteller gestellte Hauptantrag noch dessen Hilfsantrag begründet.
Unterschriften
Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Ernst, Dr. Seibert
Fundstellen