Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 22.05.1995; Aktenzeichen 11 B 94.3241) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. Mai 1995 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 23.000 DM festgesetzt.
Gründe
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Zur Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache gehört nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unter anderem die Bezeichnung einer zu klärenden konkreten Frage des revisiblen Rechts (vgl. etwa BVerwGE 13, 90 ≪91≫). Diesem Erfordernis entspricht die Beschwerdebegründung in den Abschnitten 1 bis 3 (S. 1 bis 4) nicht. Die dazu gemachten Ausführungen erschöpfen sich in Angriffen gegen die tatsächliche und rechtliche Würdigung, die der vorliegende Einzelfall im Berufungsurteil erfahren hat. Auch mit der Rüge der Beschwerde, das in dieser Sache ergangene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs weiche von einer anderen Entscheidung dieses Gerichts in einem „Parallelfall” ab, ist nicht dargelegt, welche über die beiden Einzelfälle hinausgehende grundsätzliche Frage des revisiblen Rechts im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung einer (weiteren) revisionsgerichtlichen Klärung zugeführt werden könnte.
Die von der Beschwerde ferner aufgeführte Frage, „ob bei einem lediglich geringen Verdacht auf gelegentlichen Drogenkonsum der Bescheidadressat zu einer Maßnahme gezwungen werden darf, die er zum Zeitpunkt der Anforderung und zum Zeitpunkt der Widerspruchserfüllung aus eigenen finanziellen Mitteln nicht tragen kann” (Abschnitt 4, S. 8 der Beschwerdebegründung), rechtfertigt gleichfalls nicht die Zulassung der Revision. Soweit die Beschwerde von einem „lediglich geringen Verdacht” ausgeht, stimmt sie nicht mit der berufungsgerichtlichen Tatsachenwürdigung überein, die mangels beachtlicher Verfahrensrügen für das Revisionsgericht bindend ist (§ 137 Abs. 2 VwGO). Soweit sie auf die beschränkten finanziellen Möglichkeiten des Klägers hinsichtlich der Kosten für das angeforderte Gutachten hinweist und daraus auf die Unzulässigkeit bzw. Rechtswidrigkeit der Gutachtenanforderung schließt, übersieht sie, daß es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei einer – wie hier – berechtigten Gutachtenanforderung auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen grundsätzich ebensowenig ankommen kann wie bei anderen Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörde, die im Interesse der Verkehrssicherheit erforderlich sind; Kosten für Gutachten sind gegebenenfalls durch Ratenzahlung zu begleichen (vgl. BVerwGE 71, 93 ≪98≫; Beschluß vom 29. August 1985 – BVerwG 11 B 125.95 –).
Soweit die Beschwerde darauf abhebt, daß die angeordnete Untersuchung wegen der behaupteten, der Behörde aber unbekannten besonders kurzen Haartracht des Klägers „sinnlos” gewesen wäre, so hätte der Kläger darauf bereits in seinem Widerspruch hinweisen und die daraus zu ziehenden Schlußfolgerungen dem Gutachter überlassen müssen. Der bloße Umstand, daß eine generell geeignete und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechende Untersuchungsmethode aus besonderen Gründen, die in der Person des Betroffenen liegen und der Behörde nicht bekannt sind, möglicherweise im konkreten Fall noch nicht zu der erstrebten Aufklärung der Fahreignung, sondern z.B. nur zur Empfehlung einer hier geeigneten Alternativmethode führen kann, macht die behördliche Untersuchungsanordnung nicht rechtswidrig.
Die in Abschnitt 5 der Beschwerdebegründung (S. 8 ff.) sinngemäß gestellte Frage, ob im Rahmen der Anfechtungsklage gegen eine Fahrerlaubnisentziehung eine im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung bestehende Fahreignung zu berücksichtigen ist, rechtfertigt die Zulassung der Revision ebenfalls nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Verfügung, die die Entziehung der Fahrerlaubnis zum Gegenstand hat, die bei Beendigung des Verwaltungsverfahrens – also im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides – bestehende Sach- und Rechtslage maßgebend. Nach der letzten Behördenentscheidung liegende Umstände sind daher nicht für die Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Entziehungsverfügung maßgebend, sondern können sich gegebenenfalls erst für das Verfahren auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis auswirken (vgl. BVerwGE 11, 334 ≪336≫; 42, 206 ≪209≫; 51, 359 ≪361≫; Urteil vom 28. Oktober 1992 – BVerwG 11 C 29.92 – Buchholz 442.16 § 15 b StVZO Nr. 20; Beschlüsse vom 31. Juli 1985 – BVerwG 7 B 123.85 – Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 68 und vom 22. Dezember 1994 – BVerwG 11 B 184.94 –). Daher kommt entgegen der Meinung der Beschwerde auch der Widerruf einer Fahrerlaubnisentziehung im Falle einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage nach Maßgabe von § 49 VwVfG nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 13 Abs. 1 Satz 1, § 14 Abs. 1 GKG (vgl. hierzu den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit – DVBl 1991, 1239 –, Stichworte: Verkehrsrecht/Fahrerlaubnis: 8.000 DM; Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung: 15.000 DM).
Unterschriften
Dr. Diefenbach, Prof. Dr. Bonk, Kipp
Fundstellen