Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 24.06.2003; Aktenzeichen 8 A 02.40090) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 100 000 €festgesetzt.
Gründe
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen ergibt nicht, dass die Revision wegen der behaupteten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen ist.
1. Die Frage,
ob eine erhebliche Erschwerung der Benutzung der Zufahrten und Zugänge im Sinne von § 8a Abs. 4 Satz 1 FStrG auch dann vorliegt, wenn zwar die Zugangsmöglichkeit zum öffentlichen Straßennetz aufrecht erhalten wird, die Zufahrtsmöglichkeit unmittelbar auf eine Bundesstraße aber entfällt und deshalb die Existenzfähigkeit eines bislang an die Bundesstraße angrenzenden Betriebes entzogen oder erheblich erschwert wird und somit die Nutzung des Grundstücks in der bisherigen Art und Weise ausgeschlossen oder erheblich beeinträchtigt wird,
nötigt nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision. Dahinstehen kann, ob sie sich überhaupt in verallgemeinerungsfähiger Weise klären ließe; denn sie würde sich in einem Revisionsverfahren jedenfalls nicht stellen. Nach § 8a Abs. 4 Satz 1 FStrG hat, wenn auf Dauer Zufahrten oder Zugänge durch die Änderung oder die Einziehung von Bundesstraßen unterbrochen werden oder ihre Benutzung erheblich erschwert wird, der Träger der Straßenbaulast einen angemessenen Ersatz zu schaffen oder, soweit dies nicht zumutbar ist, eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Die auf der Tatbestandsseite der Norm angesiedelte Frage der Beschwerde hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zugunsten der Kläger konkludent bejaht. Er ist nämlich davon ausgegangen, dass das Tankstellengrundstück der Kläger die unmittelbare Zufahrt zur B 2 R infolge der Verlegung der Straße in einen Tunnel verlieren wird. Er ist jedoch zu der Auffassung gelangt, dass die Kläger angemessenen Ersatz erlangen, indem das Tankstellengelände einerseits eine Anbindung an eine an die B 2 R anschließende neue Ortsstraße erhalten und andererseits die Auffahrtrampe von der B 2 R zu dieser Ortsstraße in unmittelbarer Nähe errichtet werden soll (UA S. 11). Die Ausführungen zur Angemessenheit betreffen die Rechtsfolgeseite des § 8a Abs. 4 Satz 1 FStrG. Darauf ist die von der Beschwerde aufgeworfene Frage nicht zugeschnitten.
Der Senat geht zugunsten der Kläger davon aus, dass sie in Wahrheit geklärt wissen wollen, ob sich aus § 8a Abs. 4 Satz 1 FStrG ein Entschädigungsanspruch für Umsatzeinbußen ableiten lässt, die aus der Verlagerung von Verkehrsströmen als Folge einer Veränderung des Wegenetzes herrühren. Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil sie sich mit dem Gesetz und auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung ohne weiteres verneinen lässt.
§ 8a Abs. 4 Satz 1 FStrG (= § 8 Abs. 4a FStrG a.F.) trägt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Rechnung, wonach die Unterbrechung oder wesentliche Erschwerung einer Verbindung eines Grundstücks mit der an ihm vorbeiführenden Straße einen Enteignungstatbestand bilden kann (BGH, Urteil vom 29. Mai 1967 – III ZR 143/66 – BGHZ 48, 58 ≪63≫ – “Rheinuferstraße”). Zum Eigentum von Grundstücken an öffentlichen Straßen gehört nämlich die Benutzbarkeit des Grundstücks derart, dass der Eigentümer über die Grenzen seines Grundstücks auf die vorbeiführende öffentliche Straße gelangen kann. Mit der Anordnung in § 8a Abs. 4 Satz 1 FStrG, dass der Träger der Straßenbaulast bei einer Unterbrechung oder wesentlichen Erschwerung des “Kontakts nach außen” einen angemessenen Ersatz zu schaffen oder für den Fall, dass ihm das nicht zumutbar ist, eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten hat, ist den Anforderungen des Art. 14 GG genügt.
Wann eine Ersatzzufahrt angemessen ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Verallgemeinernd lässt sich lediglich sagen, dass eine Ersatzzufahrt nicht erst dann angemessen ist, wenn sie der bisherigen Zufahrt in allen Belangen mindestens gleichwertig ist. § 8a FStrG garantiert nicht eine optimale, sondern nur eine nach den jeweiligen Umständen zumutbare Erreichbarkeit. Aus ihm lässt sich kein Anspruch auf den Fortbestand einer Verkehrsverbindung herleiten, die für eine bestimmte Grundstücksnutzung von besonderem Vorteil ist (BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 – BVerwG 4 VR 7.99 – Buchholz 407.4 § 8a FStrG Nr. 11).
Hat der Träger der Straßenbaulast einen angemessenen Ersatz geschaffen – wie dies nach den Feststellungen der Vorinstanz hier der Fall ist –, hat es damit sein Bewenden. Darüber hinausgehende Ansprüche gibt § 8a Abs. 4 Satz 1 FStrG nicht her. Eine erweiternde oder analoge Anwendung der Vorschrift zum Ausgleich der von den Klägern erwarteten Vermögensnachteile kommt mangels Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht und ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten. Ein Gewerbebetrieb genießt den Schutz des Art. 14 GG nur insoweit, wie der Unternehmer Inhaber einer Rechtsstellung ist, das heißt soweit er gegen die Beeinträchtigung seines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes rechtlich abgesichert ist. Bloße objektivrechtlich nicht geschützte Erwerbsmöglichkeiten, Gewinnaussichten, Hoffnungen oder Chancen fallen nicht darunter (BVerwG, Urteil vom 11. November 1983 – BVerwG 4 C 82.80 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 55; BGH, Urteil vom 29. Mai 1967, a.a.O. ≪61≫). Der unveränderte Fortbestand einer bestimmten Verbindung der Anliegerstraße mit dem öffentlichen Wegesystem bildet daher regelmäßig keine in den Schutz des Anliegers einzubeziehende Rechtsposition. Die Aussicht auf bevorzugte Abnahme der angebotenen gewerblichen Leistung aufgrund der vorgefundenen örtlichen Gegebenheiten kann, wenn sie von entsprechenden betrieblichen Dispositionen des Inhabers begleitet ist, die Qualität einer Rechtsstellung erst dann gewinnen, wenn die diese Entwicklung begünstigende Verkehrslage auf Umständen außerbetrieblicher Art beruht, mit deren Fortbestand der Inhaber verlässlich rechnen darf (BGH, Urteil vom 8. Februar 1971 – III ZR 33/68 – BGHZ 55, 261 ≪264≫ – “Soldatengaststätte”). Als Anknüpfungspunkt für ein solches Vertrauen, das die Zubilligung einer Entschädigung rechtfertigen könnte, taugt vorliegend weder der Anliegergebrauch an der B 2 R noch die Festsetzung der Tankstellennutzung auf dem klägerischen Grundstück im Bebauungsplan Nr. 1323. Dies hat die Vorinstanz überzeugend herausgearbeitet (UA S. 12 – 14); ihren Darlegungen ist nichts hinzuzufügen. Dass die Kläger als Eigentümer und Verpächter des Tankstellengeländes keinen weitergehenderen Vertrauensschutz genießen als der Tankstellenbetreiber als Gewerbetreibender, ist selbstverständlich.
Damit ist auch die weitere Frage beantwortet,
ob die Änderung bzw. Einziehung einer Bundesstraße auf Grund einer Planfeststellung zu einem entschädigungspflichtigen Eingriff in die gemäß Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentumsrechte führen kann, wenn hierdurch die laut Bebauungsplan allein zulässige Nutzung – hier: Tankstelle – aus wirtschaftlichen, mithin tatsächlichen Gründen nicht mehr verwirklichbar ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertentscheidung auf § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Paetow, Rojahn, Gatz
Fundstellen