Entscheidungsstichwort (Thema)
Dienstzeitregelung für Soldaten in gemischten Dienststellen. Befugnisse der Soldatenvertreter zum Begriff der „Angelegenheiten, die nur die Soldaten betreffen”
Normenkette
BPersVG § 38 Abs. 1, § 75 Abs. 3 Nr. 1; SG § 35a Abs. 1, 3
Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 29.06.1982; Aktenzeichen 4 A 2/82) |
VG Koblenz (Entscheidung vom 11.12.1981; Aktenzeichen 4 PV 2/81) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz – Fachsenat für Personalvertretungssachen (Bund) – vom 29. Juni 1982 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Im Januar 1974 schloß der Leiter des Materialamtes des Heeres, der Beteiligte, mit dem örtlichen Personalrat, dem Antragsteller, eine Dienstvereinbarung, mit der für die Beschäftigten des Amtes die gleitende Arbeitszeit eingeführt wurde. Sie galt im Grundsatz für alle bei dem Amt tätigen Soldaten, Beamten, Angestellten und Arbeiter. Der Beteiligte kündigte diese Dienstvereinbarung zum 31. Dezember 1980, um eine neue Dienstvereinbarung mit einer abweichenden Dienstzeitregelung herbeizuführen. Da es hierüber zu keiner Einigung kam, ordnete er mit Stabsbefehl Nr. 10/81 für die beim Materialamt des Heeres tätigen Soldaten eine gestaffelte Regeldienstzeit an. Dieser Stabsbefehl wurde durch den Stabsbefehl Nr. 13/81 vom 25. März 1981 ersetzt, der hinsichtlich der Dienstzeit der Soldaten keine wesentliche Änderung brachte. Den Vorschlag des Beteiligten, für die Beamten, Angestellten und Arbeiter eine entsprechende Arbeitszeitregelung einzuführen, lehnte der Antragsteller ab. Insoweit ist noch ein Einigungsverfahren anhängig.
Der Antragsteller hat daraufhin das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet mit dem Antrag,
festzustellen, daß der Beteiligte mit dem Stabsbefehl Nr. 13/81 vom 25. März 1981 das Mitbestimmungsrecht des Personalrats verletzt habe.
Er hat geltend gemacht, die vorläufige Teilregelung der Dienstzeit für die Gruppe der Soldaten unterlaufe das Einigungsverfahren und führe zur Diskriminierung der Soldaten. Da die Arbeitszeitregelung eine gemeinsame Angelegenheit aller in dem Amt tätigen Beschäftigten sei, habe ihm das Mitbestimmungsrecht zugestanden. Die Voraussetzungen für eine Eilmaßnahme im Sinne des § 69 Abs. 5 BPersVG hätten nicht vorgelegen.
Das Verwaltungsgericht hat den Feststellungsantrag abgelehnt. Die Beschwerde des Antragstellers gegen diese Entscheidung hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen, im wesentlichen aus folgenden Gründen:
Der Stabsbefehl verletze nicht das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers, da er gemäß § 35 a Abs. 3 Satz 3 SG nur die Angelegenheiten der Soldaten betreffe. In derartigen Angelegenheiten hätten die Soldatenvertreter im Personalrat lediglich die Befugnisse eines Vertrauensmannes. Zwar wirke sich die Dienstzeitregelung für die Soldaten auch auf die Angehörigen der anderen Gruppen aus, da sie aus Zweckmäßigkeitsgründen mit der Arbeitszeit der Zivilbeschäftigten koordiniert sein sollte. Diese organisatorischen Notwendigkeiten machten die Dienstzeitregelung für die Soldaten noch nicht zu einer auch andere Gruppen betreffenden Angelegenheit. Während für die Arbeitszeit der Beamten, Angestellten und Arbeiter rechtsförmliche Festlegungen in Gestalt der Verordnung über die Arbeitszeit der Bundesbeamten, der Arbeitszeitordnung und der Tarifverträge bestünden, werde die Dienstzeit der Soldaten ausschließlich durch militärische Erfordernisse bestimmt und frei von rechtssatzmäßigen Bindungen durch Dienstplan und dienstliche Anweisungen festgelegt.
Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Feststellungsantrag weiter.
Der Beteiligte hält die Rechtsbeschwerde für nicht begründet.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg. Der Beteiligte war, wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht verpflichtet, den Antragsteller an der Regelung der Dienstzeit der im Materialamt des Heeres tätigen Soldaten zu beteiligen.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers handelt es sich bei dem Stabsbefehl Nr. 13/81 nicht um eine Maßnahme im Sinne des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG, wonach der Personalrat über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage mitzubestimmen hat. Zwar sind nach der – durch das Gesetz zur Änderung des Soldatengesetzes und des Vertrauensmänner-Wahlgesetzes vom 25. April 1975, BGBl. I S. 1005 in das Soldatengesetz eingefügten – Vorschrift des § 35 a Abs. 1 SG durch die Soldaten in anderen als den in § 35 Abs. 1 und 2 genannten Dienststellen und Einrichtungen der Bundeswehr Vertretungen nach den Vorschriften des Bundespersonalvertretungsgesetzes zu wählen. Gemäß § 35 a Abs. 3 Satz 1 SG gelten die Soldaten als weitere Gruppe im Sinne des § 5 des Bundespersonalvertretungsgesetzes. Sie bilden also eine gleichberechtigte Gruppe neben den Gruppen der zivilen Beschäftigten in der Personalvertretung einer Dienststelle oder Einrichtung. Damit soll eine weitgehende Integration der Soldatenvertreter in die Personalvertretungen bewirkt werden (vgl. die Begründung des Gesetzesentwurfs zu § 35 a Abs. 3 SG, BT-Drucks. 7/1968). § 35 a Abs. 3 Satz 3 SG bestimmt jedoch, daß die Soldatenvertreter in Angelegenheiten, die nur die Soldaten betreffen, lediglich die Befugnisse des Vertrauensmannes haben. Diese Voraussetzungen sind bei der Regelung der Dienstzeit der in den genannten militärischen Dienststellen und Einrichtungen beschäftigten Soldaten gegeben.
Für die Beantwortung der Frage, ob eine Maßnahme lediglich Angelegenheiten der Soldaten betrifft, kann es nicht entscheidend darauf ankommen, ob sie ausdrücklich nur an die Soldaten gerichtet ist. Denn andernfalls hätte der Dienststellenleiter die Möglichkeit, durch eine Beschränkung des Geltungsbereiches einer Anordnung Beteiligungsrechte des Personalrats zu umgehen. Maßgebend ist vielmehr, ob durch eine – wenn auch lediglich an die Soldaten gerichtete – Anordnung des Dienststellenleiters auch die personalvertretungsrechtlichen Belange einer anderen oder der übrigen Gruppen der Beschäftigten unmittelbar berührt werden. Das allgemeine Interesse der anderen Gruppen an einer Angelegenheit genügt jedoch nicht, um sie an der Beschlußfassung zu beteiligen oder eine gemeinsame Angelegenheit anzunehmen. Hiernach kann es nicht zweifelhaft sein, daß die Regelung der Dienstzeit der Soldaten nicht der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt. Während nämlich die Arbeitszeit der zivilen Beschäftigten durch die Verordnung über die Arbeitszeit der Beamten, die Arbeitszeitordnung und durch Tarifverträge geregelt ist, wird die tägliche Dienstzeit der Soldaten durch Befehl festgelegt (vgl. ZDv 10/5 Nr. 309). Ihr Dienst richtet sich in Zeitdauer und Zeiteinteilung allein nach den Erfordernissen der Einsatzbereitschaft, der Ausbildung und den dienstlichen Notwendigkeiten. Dies gilt im Grundsatz auch für diejenigen Soldaten, die gemeinsam mit zivilen Beschäftigten Aufgaben in verwaltungsförmiger Weise erledigen. Daß der Arbeitseinsatz der Beamten aus dienstlichen Gründen über das in der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamten vorgesehene Maß erhöht werden kann, ist demgegenüber nicht erheblich.
Der Hinweis des Antragstellers auf die gemäß § 35 a Abs. 3 Satz 2 SG entsprechend anwendbare Vorschrift des § 38 Abs. 1 BPersVG, wonach über die gemeinsamen Angelegenheiten der Beamten, Angestellten und Arbeiter vom Personalrat gemeinsam beraten und beschlossen wird, geht fehl. § 38 Abs. 1 BPersVG ist lediglich eine Verfahrensvorschrift für den Personalrat. Die Vorschrift begründet keine Beteiligungsrechte des Personalrats sondern setzt sie voraus. Dies folgt bereits aus der Stellung der Vorschrift in dem die Geschäftsführung des Personalrats betreffenden Abschnitt des Bundespersonalvertretungsgesetzes, während sich die die Beteiligungsrechte des Personalrats begründenden Vorschriften im 5. Kapitel des Gesetzes befinden. Durch § 38 BPersVG soll sichergestellt werden, daß Entscheidungen des Personalrats in erster Linie von denjenigen Personalratsmitgliedern getroffen werden, die der oder den Gruppen angehören, welche von der beabsichtigten dienstlichen Maßnahme unmittelbar betroffen sind. Durch die Vorschrift wird demnach als Ausfluß des Gruppenprinzips lediglich bestimmt, welche Gruppen bei Vorliegen eines Mitbestimmungsfalls zur Beratung und Beschlußfassung berufen sind.
Die Regelung der Dienstzeit für die Soldaten ist auch nicht deswegen eine Angelegenheit aller Beschäftigten des Materialamtes des Heeres, weil die Soldaten und zivilen Beschäftigten ihre Arbeit in den gleichen Diensträumen verrichten und häufig zeitliche Absprachen bei der Dienstausübung notwendig sind. Diese arbeitsorganisatorischen Gründe gebieten es nicht, die Dienstzeit der Soldaten an die Arbeitszeit der zivilen Beschäftigten anzupassen. Der Dienststellenleiter ist zwar befugt, soweit dies mit den militärischen Belangen vereinbar ist, die Regelung der Arbeitszeit für die zivilen Beschäftigten auch auf die Soldaten auszudehnen, eine rechtliche Verpflichtung besteht hierzu jedoch nicht. Etwaige Erschwernisse im Dienstablauf durch unterschiedliche Arbeitszeitregelungen werden durch die Vorschrift des § 35 a Abs. 3 Satz 3 SG in Kauf genommen und verstoßen daher nicht gegen die Verpflichtung der Dienststelle und der Personalvertretung, zum Wohle der Beschäftigten und zur Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Aufgaben vertrauensvoll zusammenzuarbeiten (§ 2 Abs. 1 BPersVG).
Schließlich läßt sich ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei der Regelung der Dienstzeit der Soldaten auch nicht daraus herleiten, daß bis zum Erlaß des Stabsbefehls Nr. 13/81 die Arbeitszeit aller Beschäftigten im Materialamt des Heeres übereinstimmend geregelt war. Die Dienstvereinbarung aus dem Jahre 1974 führt nicht dazu, daß der Beteiligte die Dienstzeit der Beschäftigten auch weiterhin einheitlich regeln muß. Soweit sich die Dienstvereinbarung auf die im Materialamt des Heeres tätigen Soldaten bezog, hat der Beteiligte lediglich im Befehlswege die Dienstzeit der Soldaten an die Arbeitszeit der zivilen Beschäftigten angepaßt. Im übrigen war er zu einer Regelung der Dienstzeit der Soldaten durch Dienstvereinbarung nicht befugt, da dies das Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung über den gesetzlich vorgeschriebenen Umfang hinaus erweitert hätte. Die gesetzliche Regelung der Beteiligungsbefugnisse der Personalvertretung ist zwingendes Recht und unterliegt nicht der Disposition der Beteiligten.
Da nach alledem die Mitbestimmungsvorschrift des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, kommt es auf das Vorbringen des Antragstellers, der Stabsbefehl Nr. 13/81 sei keine vorläufige Maßnahme im Sinne des § 69 Abs. 5 BPersVG, nicht an.
Unterschriften
Prof. Dr. Gützkow, Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Ernst
Fundstellen