Entscheidungsstichwort (Thema)
Bodenordnung. Wertbemessung. Verkehrsflächen. Halbteilungsgrundsatz. Nutzung. Nutzungsänderung. tatsächliche Bebauung. Bodenwertbestimmung. Abfindung. Landabfindung. Wertverhältnisse. Bestimmung der Wertverhältnisse. Anfechtbarkeit. Teilentscheidungen. Wertermittlung. Zeitpunkt. Wertänderung. Gleichwertigkeit der Abfindung. neuer Rechtszustand. vorzeitige Ausführungsanordnung. vorläufige Besitzregelung. vorläufige Besitzeinweisung. Bodenordnungsplan.
Leitsatz (amtlich)
1. Im Rahmen der Bodenwertbestimmung nach § 68 SachenRBerG, der im Verfahren nach §§ 64, 53 ff. LwAnpG sinngemäß anzuwenden ist, kommt es bei einem tatsächlich bebauten Grundstück auf die konkrete Nutzung nicht an; unabhängig davon ist grundsätzlich vom hälftigen Grundstückswert auszugehen.
2. Im Bodenordnungsverfahren richtet sich der Zeitpunkt für die Bestimmung der Wertverhältnisse gemäß § 63 Abs. 2 LwAnpG nach den Regelungen des Flurbereinigungsgesetzes. Maßgebend für die Bemessung der Landabfindung ist der Zeitpunkt, in dem der neue Rechtszustand an die Stelle des bisherigen tritt (§ 44 Abs. 1 Satz 3 FlurbG), hilfsweise der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Flurbereinigungsgericht. Eine unanfechtbare Wertfestsetzung ist der Ermittlung des Abfindungsanspruchs regelmäßig zu Grunde zu legen.
3. Die vorzeitige Ausführungsanordnung nach § 63 FlurbG gilt gemäß der Verweisung in § 63 Abs. 2 LwAnpG auch im Bodenordnungsverfahren. Sie wird nicht durch § 61a LwAnpG verdrängt.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; FlurbG §§ 44, 63 Abs. 1, § 65; LwAnpG §§ 53, 61a, 63 Abs. 2, § 64; SachenRBerG §§ 19, 68, 70; VerkFlBerG § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Nr. 1, § 5 Abs. 1, § 11 Abs. 2 S. 2; VwGO § 108 Abs. 2, § 132 Abs. 1 Nrn. 1, 3
Verfahrensgang
OVG des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 18.03.2015; Aktenzeichen 8 K 3/12) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 18. März 2015 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 46 146,87 EUR festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
Rz. 2
1. Die Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) greifen nicht durch.
Rz. 3
a) Eine einen Gehörsverstoß nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO begründende Überraschungsentscheidung liegt nicht vor. Die Beschwerde rügt, das Oberverwaltungsgericht habe für die Klägerin völlig überraschend seiner Entscheidung zu Grunde gelegt, dass ihr Widerspruch gegen den Bodenordnungsplan dem Landesverwaltungsamt nicht erst am 14. Oktober 2009, sondern bereits am 22. Oktober 2008 und damit vor dem 27. Oktober 2008 zugeleitet worden sei. Das Übersendungsschreiben vom 22. Oktober 2008 habe sich in einer Verwaltungsakte befunden, von der die Klägerin keine Kenntnis gehabt habe. Nur deshalb sei das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die formellen Voraussetzungen für die vorzeitige Ausführungsanordnung im Sinne des § 63 Abs. 1 FlurbG erfüllt gewesen seien.
Rz. 4
Ein Gehörsverstoß ist damit nicht dargelegt. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar seine Entscheidung darauf gestützt, dass entsprechend § 63 FlurbG der Widerspruch der Klägerin der oberen Flurbereinigungsbehörde rechtzeitig vorgelegt worden war. Dies konnte der Klägerin aber nicht unbekannt sein. Selbst wenn sie von dem Schreiben vom 22. Oktober 2008 keine Kenntnis gehabt haben sollte, war ihr der Eingang des Verwaltungsvorgangs zu ihren Widersprüchen gegen die Anordnung des Bodenordnungsverfahrens und den 1. Nachtrag zum Bodenordnungsplan am 24. Oktober 2008 jedenfalls mit Schreiben des Landesverwaltungsamtes vom 7. November 2008 an ihren früheren Bevollmächtigten, Herrn Rechtsanwalt W., mitgeteilt worden. Hiervon unabhängig trägt die Beschwerde nicht vor, was sie bei einem Hinweis des Gerichts auf das Übermittlungsschreiben vom 22. Oktober 2008 vorgetragen hätte.
Rz. 5
b) Einen weiteren Gehörsverstoß macht die Klägerin geltend, weil das Oberverwaltungsgericht ihr eine beantragte Erklärungsfrist nicht gewährt habe, obwohl in der mündlichen Verhandlung eine der Klägerin nicht bekannte Karte zur konkreten Nutzung der einzelnen Teilflächen des klägerischen Grundstücks zur Grundlage der Erörterung gemacht worden sei und darüber hinaus das Oberverwaltungsgericht auf die der Klägerin ebenfalls nicht bekannte Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Greifswald zur Bestimmung der Funktionsflächen der Gebäude – Urteil vom 27. April 2005 – 9 K 2/03 – hingewiesen habe. Darauf, dass das Oberverwaltungsgericht im Ergebnis sein Urteil nicht auf diese Entscheidung gestützt habe, komme es nicht an.
Rz. 6
Damit kann die Klägerin ebenfalls nicht durchdringen. Ein Gehörsverstoß liegt nicht vor. Denn der von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Lageplan diente lediglich der Erörterung der landwirtschaftlichen Nutzungen des Flurstücks 10027. Nach den Feststellungen des angegriffenen Urteils, die die Klägerin nicht substantiiert angegriffen hat, waren diese Nutzungen bereits Gegenstand des Bodenordnungsverfahrens und des Widerspruchsverfahrens. Der Lageplan, allerdings ohne die farblichen Markierungen, war schon Gegenstand der Wertermittlung im 1. Nachtrag zum Bodenordnungsverfahren. Dieser Plan ist zudem in der Beiakte A, die dem Klägerbevollmächtigten vorgelegen hat, enthalten (Bl. 139). Davon abgesehen kam es auf die in der Beschwerde angesprochenen weiteren Darlegungen der Klägerin zur Ermittlung erforderlicher Funktions- und zweckdienlicher Flächen der auf dem Grundstück stehenden Gebäude in dem hier vorliegenden Zusammenhang nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht an.
Rz. 7
Zu der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Greifswald vom 27. April 2005 – 9 K 2/03 – musste schon deshalb keine Erklärungsfrist gewährt werden, weil das angefochtene Urteil nicht darauf beruht, denn das Oberverwaltungsgericht hat bei seiner Entscheidung darauf nicht abgestellt. Eine Überraschungsentscheidung liegt darin unbeschadet des vorsorglichen Hinweises in der mündlichen Verhandlung nicht.
Rz. 8
2. Eine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt ebenfalls nicht in Betracht. Dieser Zulassungsgrund würde voraussetzen, dass für die Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechtsfrage revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 – 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91 f.≫ und vom 20. Februar 2002 – 9 B 63.01 – Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 32 S. 2). Daran fehlt es hier.
Rz. 9
a) Die Fragen,
Sind eingebrachte Verkehrsflächen in privater Nutzung im Verfahren nach §§ 64, 53 ff. LwAnpG stets, d.h. auch bei Nichtbeteiligung öffentlicher Rechtsträger, bei der Wertbemessung eingebrachter Grundstücke analog § 5 Abs. 1 VerkFlBerG in Ansatz zu bringen? Ist für die Wertbemessung von Verkehrsflächen stets auf das VerkFlBerG zurückzugreifen?,
bedürfen grundsätzlicher Klärung schon deshalb nicht, weil sie sich auf Tatsachen stützen, die das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt hat. Anders als die Klägerin ist das Oberverwaltungsgericht nämlich ausweislich des Tatbestandes (UA S. 3) davon ausgegangen, dass das Flurstück 10026 Teil einer öffentlichen Verkehrsfläche ist, auch wenn die Klägerin Eigentümerin des Flurstücks ist. Gegen diese Feststellung des Oberverwaltungsgerichts hat die Klägerin keine Verfahrensrüge erhoben. Darüber hinaus bedarf die Frage keiner rechtsgrundsätzlichen Klärung, weil sie sich ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt: Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Bereinigung der Rechtsverhältnisse an Verkehrsflächen und anderen öffentlich genutzten privaten Grundstücken (Verkehrsflächenbereinigungsgesetz – VerkFlBerG) gilt das Gesetz für Verkehrsflächen im Sinne dieses Gesetzes. Dies sind nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 VerkFlBerG die dem öffentlichen Verkehr gewidmeten oder kraft Gesetzes als öffentlich oder gewidmet geltenden Straßen, Wege und Plätze einschließlich Zubehör und Nebenanlagen. Liegen diese Verkehrsflächen im Gebiet eines angeordneten Verfahrens nach dem Flurbereinigungsgesetz oder zur Feststellung und Neuordnung der Eigentumsverhältnisse nach dem 8. Abschnitt des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes und werden in diesen Verfahren auch die Rechtsverhältnisse an öffentlich genutzten Grundstücken geregelt, gilt § 11 Abs. 2 Satz 2 VerkFlBerG. Danach bestimmt sich abweichend von den Regelungen des Flurbereinigungsgesetzes und des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes der festzusetzende Ausgleich nach den Regelungen des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes; das ist insbesondere für die Wertbestimmung der betroffenen Flächen bedeutsam (vgl. dazu Gesetzentwurf vom 11. Mai 2001, BR-Drs. 341/01 S. 45; Heller, in: Prütting/Zimmermann/Heller, Grundstücksrecht Ost, Kommentar 2003 § 11 VerkFlBerG Rn. 6).
Rz. 10
b) Die Frage,
Kommt es für die Annahme des Halbteilungsgrundsatzes des § 68 SachenRBerG im Verfahren nach §§ 64, 53 ff. LwAnpG darauf an, welche Flächen für die zweckentsprechende Nutzung der Gebäude (§ 22 Abs. 3 SachenRBerG) im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes erforderlich waren oder heute erforderlich sind?,
führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision. Wie sich aus § 68 des Gesetzes zur Sachenrechtsbereinigung im Beitrittsgebiet – Sachenrechtsbereinigungsgesetz – SachenRBerG –, der im Verfahren nach §§ 64, 53 ff. des Gesetzes über die strukturelle Anpassung der Landwirtschaft an die soziale und ökologische Marktwirtschaft in der Deutschen Demokratischen Republik – Landwirtschaftsanpassungsgesetz – LwAnpG – sinngemäß anzuwenden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2003 – 9 C 5.02 – Buchholz 424.02 § 63 LwAnpG Nr. 1 S. 3), ohne Weiteres ergibt, kommt es bei einem – wie hier – tatsächlich bebauten Grundstück auf die konkrete Nutzung grundsätzlich nicht an; vielmehr ist unbesehen der konkreten Nutzung vom hälftigen Grundstückswert auszugehen. Entscheidend ist die Grundstücksbebauung, denn nur bei Bebauung rechtfertigt sich die Halbteilung. Das ergibt sich auch aus § 70 SachenRBerG, der eine Ausnahme von diesem Grundsatz regelt. Danach ist ein ungeteilter Bodenwert Bemessungsgrundlage für den Kaufpreis, wenn die Nutzung des Grundstücks geändert wird. Das Gesetz definiert im Einzelnen, wann eine Nutzungsänderung vorliegt. Das Oberverwaltungsgericht hat eine solche Nutzungsänderung nur für einen kleineren Teil des klägerischen Grundstücks angenommen. Soweit die Klägerin möglicherweise geltend machen will, dass ein größerer Teil des Grundstücks als vom Oberverwaltungsgericht angenommen gewerblich genutzt wird, betrifft das nur den Einzelfall und lässt sich nicht mit der aufgeworfenen Grundsatzfrage klären.
Rz. 11
c) Auch die weiteren Fragen,
Ist § 63 Abs. 1 FlurbG analog oder ergänzend im Verfahren nach §§ 64, 53 ff. LwAnpG anwendbar? Kann im Verfahren nach §§ 64, 53 ff. LwAnpG eine vorzeitige Ausführungsanordnung auch im Falle der Zusammenführung von Gebäudeeigentum und Eigentum an Grund und Boden erfolgen?,
lassen sich anhand des Gesetzes und der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung beantworten, so dass sie keiner grundsätzlichen Klärung bedürfen.
Rz. 12
Eine vorzeitige Ausführungsanordnung, wie sie § 63 FlurbG vorsieht, ist im Landwirtschaftsanpassungsgesetz nicht ausdrücklich erwähnt. Hierin liegt aber – entgegen der Auffassung der Beschwerde – keine bewusste Regelungslücke, die einer ergänzenden Anwendung des § 63 FlurbG im Bodenordnungsverfahren entgegensteht. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass sich schon aus der Entstehungsgeschichte des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes die ergänzende Heranziehung des Flurbereinigungsgesetzes ergibt, wie sie in § 63 Abs. 2 LwAnpG zum Ausdruck kommt (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 9 C 11.13 – Buchholz 424.02 § 64 LwAnpG Nr. 14 Rn. 19; vgl. auch Thöne, Die agrarstrukturelle Entwicklung in den neuen Bundesländern, S. 124 f.). Die Auffassung der Beschwerde würde dem Ziel des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes, eine Neuordnung der Eigentumsverhältnisse im ländlichen Raum zu ermöglichen und diese auch zügig durchzusetzen, zuwiderlaufen. Ließe man eine vorläufige Ausführungsanordnung im Sinne des § 63 FlurbG nicht zu, könnten bei einem längeren Aufschub der Ausführung, wenn etwa der Bodenordnungsplan angegriffen ist, erhebliche Nachteile für Beteiligte des Bodenordnungsverfahrens entstehen, denen die vorzeitige Ausführung entgegen wirken will. Sie soll den Beteiligten die Verfahrensvorteile schon dann verschaffen, wenn der Plan noch nicht unanfechtbar ist. Die Regelung gilt daher auch im Bodenordnungsverfahren (ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 4. Juni 2009 – 70 A 1.08 – juris Rn. 17 f.; OVG Greifswald, Beschluss vom 12. Februar 2004 – 9 M 187/03 – RzF – 10 – zu § 63 Abs. 2 LwAnpG). Dem steht § 64 Satz 2 LwAnpG nicht entgegen, da die vorzeitige Ausführungsanordnung keine irreversiblen Rechtszustände schafft, wie sich aus § 63 Abs. 2 FlurbG ergibt (s. BVerwG, Beschluss vom 21. März 1978 – 5 CB 60.75 – RzF – 11 – zu § 63 Abs. 1 FlurbG). Auch aus § 61a LwAnpG (vorläufige Besitzregelung) lässt sich nichts anderes herleiten. Diese Bestimmung ist eine Sonderregelung zu § 65 FlurbG, die die vorzeitige Ausführungsanordnung nicht verdrängen kann. Sie zielt darauf, den Beteiligten „nur” zum Besitz neuer Grundstücke vorläufig, d.h. ausnahmsweise vor Unanfechtbarkeit des Bodenordnungsplans, zu verhelfen, um bis zur Ausführung des Bodenordnungsplans eine geordnete Bewirtschaftung sicherzustellen, ohne dass die weiteren Voraussetzungen der vorläufigen Besitzeinweisung nach § 65 Abs. 1 FlurbG vorliegen (vgl. Gesetzentwurf vom 26. Februar 1991, BT-Drs. 12/161 S. 7, 11; Thöne, Die agrarstrukturelle Entwicklung in den neuen Bundesländern, S. 156 ff.).
Rz. 13
d) Grundsätzlich bedeutsam ist schließlich auch nicht die Frage,
Zu welchem Zeitpunkt sind die Nutzungen und die Wertverhältnisse der eingebrachten Grundstücke zu bestimmen?
Rz. 14
Auch sie lässt sich hinsichtlich der Wertverhältnisse (zu den Nutzungen s. bereits o. zu Frage b) eindeutig beantworten, ohne dass es dafür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Im Bodenordnungsverfahren muss jeder Teilnehmer für die von ihm abzutretenden Grundstücke durch Land vom gleichen Wert abgefunden werden (§ 58 Abs. 1 Satz 1 LwAnpG). Eigene Bestimmungen für die Wertermittlung, insbesondere zum maßgeblichen Zeitpunkt, enthält das Landwirtschaftsanpassungsgesetz nicht. Auf § 19 SachenRBerG kann insoweit nicht zurückgegriffen werden. Zwar ist § 19 Abs. 2 Satz 1 und 2 SachenRBerG, der eine interessengerechte Regelung zur Bodenwertbestimmung bereithält, auf das Bodenordnungsverfahren entsprechend anwendbar (BVerwG, Urteil vom 26. März 2003 – 9 C 5.02 – Buchholz 424.02 § 63 LwAnpG Nr. 1 S. 3; vgl. auch OVG Weimar, Urteil vom 17. Dezember 2003 – 7 F 884/01 – RzF – 9 – zu § 63 Abs. 2 LwAnpG S. 3; OVG Greifswald, Urteil vom 16. April 1998 – 9 K 28/97 – juris Rn. 40 ff.). Nicht anwendbar ist jedoch § 19 Abs. 1 SachenRBerG, wonach der Bodenwert in dem Zeitpunkt zu bestimmen ist, in dem ein Angebot zum Vertragsschluss abgegeben wird. Im Bodenordnungsverfahren fehlt es an einem solchen Angebot zum Vertragsschluss; das Bodenordnungsverfahren enthält vielmehr eigene Regelungen über die Neuordnung der Eigentumsverhältnisse. Damit richtet sich der Zeitpunkt für die Bestimmung der Wertverhältnisse nach den Regelungen des Flurbereinigungsgesetzes (§ 63 Abs. 2 LwAnpG; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 9 C 11.13 – Buchholz 424.02 § 64 LwAnpG Nr. 14 Rn. 19).
Rz. 15
Nach § 44 Abs. 1 Satz 2 FlurbG sind für die Bemessung der Landabfindung die nach den §§ 27 bis 33 FlurbG ermittelten Werte zu Grunde zu legen. Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem der neue Rechtszustand an die Stelle des bisherigen tritt (§ 44 Abs. 1 Satz 3 FlurbG). Das ist nach § 61 Satz 2 FlurbG der in der Ausführungsanordnung festgelegte Zeitpunkt. Ein früherer Zeitpunkt ist dann maßgeblich, wenn eine vorzeitige Ausführungsanordnung (§ 63 FlurbG) oder eine vorläufige Besitzeinweisung (§ 65 FlurbG) ergangen sind. Ansonsten ist in flurbereinigungsrechtlichen Abfindungsstreitigkeiten für die gerichtliche Prüfung grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Flurbereinigungsgericht maßgebend (BVerwG, Beschluss vom 3. November 2006 – 10 B 19.06 – Buchholz 424.01 § 41 FlurbG Nr. 8 Rn. 5 m.w.N.; vgl. auch Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Aufl. 2013, § 44 Rn. 20 ff.). Diese Grundsätze gelten auch im Anwendungsbereich des Land-wirtschaftsanpassungsgesetzes (Wingerter/Mayr a.a.O. Rn. 20; OVG Bautzen, Urteil vom 4. April 2002 – 7 D 35/01.F – juris Rn. 31).
Rz. 16
Bei gestufter Durchführung des Bodenordnungsverfahrens besteht dieses allerdings aus den selbständigen Teilentscheidungen Anordnungsbeschluss (§ 4 FlurbG i.V.m. § 63 Abs. 2 LwAnpG), Feststellung des Ergebnisses der Wertermittlung (§ 27 ff. FlurbG i.V.m. § 63 Abs. 2 LwAnpG) und Bodenordnungsplan (§ 59 LwAnpG; vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 9 C 11.13 – Buchholz 424.02 § 64 LwAnpG Nr. 14 Rn. 13). Hinsichtlich jeder Teilentscheidung tragen die von der Entscheidung Betroffenen die Anfechtungslast (vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 2003 – 9 C 5.03 – Buchholz 424.02 § 64 LwAnpG Nr. 10 S. 13 und vom 19. Januar 2011 – 9 C 3.10 – Buchholz 424.02 § 64 LwAnpG Nr. 13 Rn. 27). Die selbständige Anfechtbarkeit von Teilentscheidungen führt im Ergebnis zu einem gestuften Rechtsschutz, der der Überprüfung einer unanfechtbar gewordenen Teilentscheidung hinsichtlich des durch sie geregelten Rechtsbereichs in einem späteren Rechtsschutzverfahren entgegensteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. September 2009 – 6 C 4.09 – BVerwGE 134, 368 Rn. 25, 28). Dieser Abschichtungseffekt bestandskräftiger Teilentscheidungen bringt es mit sich, dass die Ergebnisse der auf den Feststellungszeitpunkt bezogenen Wertermittlung – nach Eintritt der Unanfechtbarkeit – der Abfindung zu Grunde zu legen sind (BVerwG, Urteil vom 29. April 1976 – 5 C 83.74 – Buchholz 424.01 § 134 FlurbG Nr. 10 S. 2 f.; Beschlüsse vom 31. Januar 1979 – 5 B 72.77, 5 B 76.77 – Buchholz 424.01 § 60 FlurbG Nr. 3 S. 4 und vom 10. Mai 1996 – 11 B 33.96 – juris Rn. 3; OVG Bautzen, Urteil vom 27. Juli 2006 – 7 D 27/04.F. – juris Rn. 23; OVG Weimar, Urteile vom 18. Oktober 2006 – 7 F 465/04 – RzF – 60 – zu § 64 LwAnpG S. 1 f. und vom 28. November 2007 – 7 F 784/06 – RzF – 63 – zu § 64 LwAnpG S. 3; Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Aufl. 2013, § 27 Rn. 10).
Rz. 17
Daraus folgt nicht, dass die nach §§ 27 bis 33 FlurbG ermittelten Werte den ausschließlichen Maßstab für die Bestimmung einer wertgleichen Abfindung bilden. Zusätzlich sind nach Maßgabe des § 44 Abs. 2 bis 4 FlurbG noch weitere den Wert der konkreten Gesamtabfindung mitbestimmende Faktoren einzu-beziehen (BVerwG, Urteil vom 23. August 2006 – 10 C 4.05 – BVerwGE 126, 303 Rn. 14). Zudem sind ggf. spätere Wertänderungen, die nach Abschluss der Wertfeststellung bis zum Zeitpunkt des nach § 44 Abs. 1 Satz 3 FlurbG für die Gleichwertigkeit der Abfindung maßgeblichen Stichtags eintreten, bei der Ermittlung des Abfindungsanspruchs zu berücksichtigen (BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 1979 – 5 B 72.77, 5 B 76.77 – Buchholz 424.01 § 60 FlurbG Nr. 3 S. 4; OVG Bautzen, Urteil vom 19. November 2010 – F 7 C 33/08 – juris Rn. 29 ff.; Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Aufl. 2013, § 27 Rn. 11).
Rz. 18
Hiervon ausgehend ist weder auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bodenordnungsplans abzustellen, wie das angefochtene Urteil annimmt, noch ist als Stichtag für die Bestimmung der Wertverhältnisse der Beschluss zur Einleitung des Bodenordnungsverfahrens in Anlehnung an § 19 Abs. 1 SachenRBerG und § 5 Abs. 1 VerkFlBerG maßgeblich, wie die Beschwerde meint.
Rz. 19
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.
Unterschriften
Dr. Bier, Buchberger, Dr. Bick
Fundstellen